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Quelle: Pixabay

Ich weiß gar nicht, ob ich das hier je thematisiert habe. Sozialer Status, das ist weit mehr als ein vermeintlicher Rang im gesellschaftlichen Ansehen, dieser aber korrespondiert auf fatale Weise mit seinem biologischen Ursprung.

Als soziales, quasi Rudeltier ist es dem Menschen zu eigen, viel Energie auf die Orientierung am Status zu verwenden. Daher ist es am leichtesten, irgendwann ‘seinen Platz’ zu finden und sich dort einzurichten. Es ist schon absurd, durch öffentliche Kommunikation zu suggerieren, jeder müsse nach einem Alpha-Status streben; noch absurder ist es, diesen als etwas Wünschenswertes zu feiern, wo er ersichtlich keine soziale Funktion hat.

Finde deinen Platz

Die intuitive Beziehung auf den sozialen Status hat viele Ausdrucksformen. Erröten etwa, wenn etwas als peinlich empfunden wird oder man sich ‘erwischt’ fühlt. Es mag eine Art Beschwichtigungsreaktion sein. Das permanente Bewerten und bewertet Werden steht am anderen Ende der Skala. Hier geht es ganz offensichtlich um Rang und Namen, und hier wird gekämpft. Bin ich nicht gut genug, muss wenigstens wer schlechter sein.

Dies ist dann auch die Schnittstelle zwischen Status und Moral. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben (ein Grund mehr, Moral als solche abzulehnen). Gut und Böse sind eine Oberfläche des Systems von Belohnung und Strafe. Beides dient dazu, den adäquaten Platz in der Gemeinschaft mit dem adäquaten Verhalten einzunehmen.

Kann weg

Dieses ganze Gewurschtel ist eine wichtige Säule der evolutionären Entwicklung; in einer fortschrittlichen Gesellschaft ist es nur mehr eine absurde Veranstaltung. Je älter ich werde, desto lästiger erscheint mir dieses andauernde schwachsinnige Judgement. Dabei muss ich hart daran arbeiten, es selbst zu lassen. Es ist auch mir so hartnäckig eingetrichtert worden, dass es noch ständig hochsteigt wie eine Gasblase aus dem Sumpf.

Das kann weg. Es war auch einmal einer der Kerninhalte linker Politik, Menschen als Gleiche zu betrachten, und zwar so konsequent, wie das Bürgertum es nie konnte, weil es lediglich den Adel überwinden wollte, keineswegs aber soziale Hierarchie und Dynastien. Veränderung hängt davon ab, dass sozialer Status irrelevant wird. Das bedeutet nicht, dass temporäre funktionale Hierarchien verschwinden, es bedeutet aber, dass niemand den Anspruch hat, etwas Besseres zu sein.

 
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Altbundeskanzler Hauptmann Helmut “Atlantik” Schmidt hatte nicht immer unrecht. Als er etwa darauf hinwies, dass eine Gesellschaft nicht funktionieren könne, wenn nur Rechte eingefordert und keine Pflichten erfüllt würden. Gemeinhin hat dies auch nicht arbeitsteilig zu erfolgen.

In Bezug auf das Recht, sogenannte “Meinungen” zu äußern, mag das undemokratisch klingen, aber entweder man segnet halt ab, was sich so “Demokratie” nennt, und lebt auch damit, dass per Gesetz die Freiheit eben eingeschränkt wird, oder man verdient sich eine andere Form von Demokratie. Eine, in der Meinungen dann erwünscht sind und als hilfreich respektiert werden, wenn sie aus fundiertem Wissen resultieren. Wenn sie demnach durch eigenes Tun (“mein”) zustande kommen und nicht abgepinnt sind. Das wären dann eher “Deinungen”, “Unserungen” oder eben Kopien, für die es keine Freiheit braucht.

Ruhe im Stall!

Da also die meisten Diskutanten, ganz gleich, wo das Ritual stattfindet, das anstelle eines Erkenntnisprozesses stattfindet, keine reale Meinung zu reklamieren haben, spart es Zeit und Nerven, wenn sie schweigen. Es ist dem Wohlbefinden aller zuträglich und ermöglicht erst jene Prozesse, die durch das dumme Gequatschte verdrängt worden sind: Lernen, Fortschritt, Wissen. Im Sinne des Gemeinwohls sind Meinungen daher eben nicht per se zu schützen und als Grundrecht oder ‘Freiheit’ zu verbrämen, sondern einzuschränken.

Das geschieht ohnehin überall, wo die Illusion über eine Gesellschaft wegfällt, die nur in den Fieberträumen jener Schwätzer existiert, die zuallererst jede Idee von ‘Demokratie’ mit Füßen treten. Du reißt das Maul in meiner Kneipe auf? Kannst du machen, sofern du damit zurechtkommst, dass dir wertschätzend der Asphalt vor dem Eingang aus nächster Nähe gezeigt wird. Du weißt es mal wieder besser als der Chef? Willkommen in der ‘Agentur’!

Es ist daher höchste Zeit, uns von diesem Trugbild zu verabschieden, das nur zu Ärger, Zeitverschwendung, Missverständnissen und sinnlosen Konflikten führt. In den meisten Bereichen des Lebens und des Wissens gibt es einen Kanon dessen, was als gültig zu betrachten ist. Wer davon Abweichendes zu kommunizieren gedenkt, hat zuerst gefälligst zu belegen, dass er dafür qualifiziert ist. Kann er das nicht, darf ihm jeder Bürger mit den gebotenen Mitteln Einhalt gebieten.

 
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Am Tag, als Conny Kramer Thomas Anders Larry Flint starb, wurde ich folgenden Umstands gewahr: Eine Schauspielerin wurde entlassen, weil sie schlimme Dinge verbreitet hatte, die ihre profitnehmende Firma Lucasfilm zu ihrer Entlassung veranlasst hat, einhergehend mit einer moralischen Verurteilung wegen eines schrägen Nazivergleichs.

Überhaupt hat die Dame Ansichten, die man bei funktionierendem Verstand nur behämmert und widerlich finden kann. Gleichwohl bin ich entschieden der Ansicht, dass solche Sprallos das Recht haben, ihren Stuss zu äußern, ohne dafür aus ihrer Anstellung zu fliegen.

Höher hängen!

Einschränkend muss zum konkreten Fall gesagt werden, dass mir die Vertragsbedingungen nicht bekannt sind. Sollte sich darin ein Passus finden, der sie auf ein wie auch immer angemessenes Verhalten in der Öffentlichkeit festlegt, da sie eine öffentliche Person ist und sich dies wiederum auf ihr Salär auswirkt, ist sie schlicht Opfer ihrer Dummheit, was in diesem Fall die Konsequenzen wohl berechtigt.

Sollte dem aber nicht so sein, also ein wie auch immer unmoralisches Auftreten ohne Rechtsgrundlage zu arbeitsrechtlichen Willkürentscheidungen führen, so ist das eben entschieden abzulehnen. Es ist nämlich nicht nur so – was moralische Inquisitoren gern vergessen, die sich ob der vermeintlichen Eindeutigkeit eines Falls gern aus dem Fenster lehnen – dass es keine klaren Kriterien für solche Moral gibt und daher eben blanke Willkür herrscht.

Vielmehr ist ein Kerngedanke der Rechtsstaatlichkeit nicht zufällig der, dass Sanktionen nach klaren Regeln von eindeutig zuständigen Institutionen verhängt werden müssen. Auch wenn jemand Gefallen daran findet, ständig wie ein ausgemachtes Arschloch zu kommunizieren, rechtfertigt das nicht, ein Arbeitsverhältnis zum Ersatzstrafgericht zu machen. Im Übrigen bin ich ohnehin dafür, dass jeder jeden nach Belieben beleidigen darf. Der Ventilator, in den du Scheiße schaufelst, bläst nämlich immer in deine Richtung.

 
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Vor Jahren ergab sich hier in den Kommentaren folgender Dialog:

Erzähl mir etwas, und ich vergesse es. Zeig mir etwas, und ich erinnere mich. Lass es mich tun, und ich verstehe.

Genau so funktioniert Religion, und da dürfen wir die ‘Praxis’ der neoliberalen nicht unterschätzen. Das Einüben in Ritualen wie Meetings, Redaktionssitzungen, Konferenzen etc. prägt das “Wissen” durch rituelles ‘Handeln’ ein. Dazu noch eine Spendengala hier und eine Beschimpfung des Plebs dort, fertig ist die perfekte Welt.

Heilige Messen

Das Ganze ist völlig richtig, aber zu eng gefasst. Dass die neoliberale Religion, zumal der Bibel Hayeks, mit allem ausgestattet ist, was so eine braucht, bis hin zu Priestern, die dort “Intellektuelle” genannt werden, hatten wir schon. Die Religiosität eingeübten und wiederholten Wissens geht aber viel weiter als organisierte Ideologien und ihre Propaganda.

Nehmen wir einmal unsere Freunde, die Hardcore-Covidioten: Mancher fragt sich, wie man so einen unfassbaren Humbug glauben kann, und die Antwort liegt bereits in der Frage. Die Strukturen sind religiös, und hierbei ist es nicht das Wichtigste, dass sich ein Hokuspokus verbreitet und an die Stelle der Vernunft setzt – das wäre keine hinreichende Erklärung.

Die Frage ist vielmehr, wie der Hokuspokus dort hinkommt und sich festsetzt, womit wir bei dem oben sind. Es bilden sich Gemeinden. Die Mitglieder finden zunächst aus Unzufriedenheit zueinander, die sie miteinander teilen. Was sie keineswegs teilen, sind die Erklärungen dafür, die sich nämlich gern widersprechen: Covid19 existiert nicht, es wurde von der CIA ausgebracht, es ist harmlos, es wird über Funkwellen verbreitet.

Die Gemeinde

Die Gemeinsamkeiten bestehen darin, dass man Schuldige sucht und findet und dass man sich Geschichten dazu erzählt. Diese haben eine hier bereits mehrfach dargelegte Struktur: Es gibt Helden, Opfer, Autoritäten und Schurken. Dass sich trotz der offensichtlichen Widersprüche und Banalitäten eine Art Einigkeit einstellt, liegt an der gemeinsamen Ausübung der Rituale.

Man identifiziert sich, ein Innen und ein Außen. Es gibt das Gute, das Böse und jeweils Besetzungen für die entsprechenden Rollen. Es gibt feste Rituale (Demonstrationen), lose Zusammenkünfte (Social Media) und Feiertage. Man bestätigt sich gegenseitig im Glauben, identifiziert und verflucht Ketzer oder hält Gericht über sie. In den Strukturen der Leugner sind diese Elemente besonders stark vertreten.

Das heißt derweil keineswegs, dies sei charakteristisch für diese Gruppe(n). Ähnliches findet sich bei vielen anderen, durchaus auch bei solchen, die sich den Kampf gegen die Covidioten zur Mission gemacht haben. Die Gefahr, solcher Religiosität zu verfallen, besteht immer und überall, auch hier im Blog. Das Einzige, das dagegen hilft, ist kritisches, wissenschaftliches Denken. Beides muss gegeben sein. Wer hingegen vorrangig argumentiert, um seine Meinung zu verteidigen, ist schon auf dem Weg in die falsche Richtung.

 
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Die echten Nazis haben etwa jede Stunde einhundert Menschen ermordet, nicht mitgezählt die erschossenen ‘Feinde im Feld’. Einhundert. Jede Stunde. Tag und Nacht. Sommer und Winter. Sonntag bis Samstag. Diese Menschen wurden zuvor willkürlich verhaftet, geschlagen und gefoltert. Mit ihnen, besonders gern mit Kindern, wurden unfassbar grausame Experimente gemacht. Nur mal so grob zur Erinnerung.

Mit den Opfern dieser deutschen Gründlichkeit vergleichen sich heute ernsthaft Leute, weil sie wegen einer Pandemie einen Mund-Nasen-Schutz tragen sollen. Weil Kinder eine Zeitlang nicht zur Schule gehen dürfen. Weil die Bewegungsfreiheit aller Bürger leicht eingeschränkt wird, beschlossen von Regierungen, die von Parlamenten damit beauftragt und von Gerichten überwacht werden, die immer wieder jene Beschlüsse blockieren.

Sie alle haben Klagerecht. Niemand von ihnen wird an Leib oder Leben bedroht. Niemand wird eingesperrt. Sie dürfen öffentlich demonstrieren, obwohl diese Kundgebungen längst überflüssig und epidemiologisch sprichwörtlich Gift sind. Sie nehmen ihre Grundrechte wahr; wenn sie gegen Einschränkungen verstoßen, passiert ihnen so gut wie nie etwas, und wenn, dann bleibt es bei Geldstrafen.

Der Terror

Ihr redet von einer Diktatur, gern “Merkel-Diktatur”, obwohl die Regeln evident von anderen gemacht werden und die Genannte regelmäßig anderer Auffassung ist. Es wurde noch niemand ernsthaft verletzt, geschweige denn getötet. Wer sich von euch mit den Opfern der Nazis vergleicht, ist unzweifelhaft ein blödes Arschloch. Unwürdig jeder Diskussion.

Dann sind da noch die, die an allem und jedem rummäkeln, indem sie allem die Verhältnismäßigkeit absprechen. Indem sie täglich aufzählen, was einem so alles zugemutet wird. Indem sie jede Restriktion mit dem normalen Alltag abgleichen. Hier spricht die so beliebte Mischung aus Dummheit und Ignoranz, die an die Stelle der Einsicht tritt: Es. ist. eine. Pandemie. Menschen sterben, zu tausenden. Nein, das ist nicht normal.

Es kotzt mich an, dass mich Freunde nicht besuchen. Es geht mir auf den Sack, Abstand halten zu müssen. Ich finde es tragisch, dass in einem IT-Entwicklungsland wie der BRD Homeschooling stattfindet. Kurzarbeit ist scheiße, wenn man davon nicht mehr leben kann. Noch viel schlimmer ist es, ein faktisches Berufsverbot zu erleben. Erwähnte ich aber, dass es eine Pandemie ist? Ihr habt das nicht verstanden, das Ding nimmt gerade Anlauf.

Aufeinander zugehen

Wir leiden effektiv darunter, dass die sogenannten “Lockdowns” keine waren oder sind. Das kostet gleichzeitig tausende Leben und noch längere Restriktionen. Ich wäre sehr dafür gewesen, dass es kurzfristig Ausgangssperren gegeben hätte. Das ist aber mit dem GG kaum zu vereinbaren. Es wäre mir durchaus ein bitteres Vergnügen, wenn die vermeintlichen Naziopfer wenigstens mal ordentlich was auf die Fresse gekriegt hätten, um den Unterschied zwischen Schokoladenentzug und Unterdrückung kennenzulernen.

Wirklich will ich dergleichen selbstverständlich nicht sehen, weil ich mir der Konsequenzen bewusst bin. Aber wisst ihr was, Leute? Ihr marschiert doch so solidarisch mit denen, die es gern wieder chic hätten, mit Hakenkreuzen, Willkür und Mord. Gebt euch denen doch mal zu erkennen als jüdische Sozialisten, die auch Merkel stürzen wollen. Das könnte euren Erfahrungsschatz ungemein bereichern.

 
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Kaufe sie jetzt, unsere stylishen neuen Sneaker “Sophie Scholl” aus deiner Lieblingskollektion von Adinike! Farblich perfekt abgestimmt auf das “Impfschande Niemals!”-T-Shirt und das Yolocaust-Käppi. Alles selbstverständlich aus judenfreier Produktion, vegan und G5-abweisend. Lass dich nicht umvolken, zeig die völkische Seite deines Widerstands und sieh dabei einfach megagut aus!

Das ist der Trend: Eine Göre (derer sollen es eine ganze Reihe sein) fühlt sich “wie Sophie Scholl”, sagt sie auf einer Bühne und instrumentalisiert sich für die faschistische Trollarmee, deren Logik diese Aufführung folgt. Wir haben es hier mit dem Königswasser der Nazitrolle zu tun: Helden- und Opfermythos sowie der Gipfel aggressiver Projektion in einer einzigen Geste. Der Nazi geriert sich als Opfer eines Holocaust, den er hintenrum leugnet, und schickt die Unschuld vom Lande vor.

Heldenopfernazijude

Das Umfeld der armen Idiotin hat in die Vollen gegriffen und ein willfähriges Opfer gefunden, das nicht annähernd ahnt, worin die Tat besteht, wie und warum diese Angelegenheit sie geschädigt hinterlassen wird. Sollte sie sich jemals mit der Geschichte des Holocaust befassen, liegt vielleicht ein Trost darin, dass es ihr ganz und gar nicht geht ‘wie Sophie Scholl’ und ihre Peinlichkeit mit nachträglicher Scham vielleicht korrigiert werden kann.

Sie selbst wird meinen, was sie sagt. Sie nämlich meint nicht die historische Person, ihre Hinrichtung oder ein mögliches Ende im KZ (wie Anne Frank, die ebenfalls von der Rechtsaußen-Spralleria in Beschlag genommen wird), wo sie vergewaltigt, in Experimenten verstümmelt, gequält, ausgehungert und vergast worden wäre. Nein, sie meint die Marke Sophie Scholl.

Sie glaubt, das stünde ihr. Sie träumt davon, eine kleine rechte Influenzerin zu werden, die Applaus und vielleicht sogar ein bisschen Geld einheimsen kann, wenn sie sich so darstellt. Der Unterschied zwischen Schein und Sein ist ihr völlig unbekannt. Furchtbares Leiden kennt sie als abgebrochenen Fingernagel und ausverkauftes Haarspray. Das riskiert sie für ihre Überzeugung. Wie Sophie Scholl.

update: Es gab einige Bauarbeiten zu diesem Artikel, da ich aus ursprünglich einem zwei gemacht habe. Sollten jetzt weitgehend abgeschlossen sein.

 
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Nein, du darfst nicht überall mitreden, Thorben-Marie. Dass deine Eltern meinen, du dürftest zu allem eine Meinung haben, ist ein trauriger Umstand. Es gibt aber Dinge, die besprechen Erwachsene unter sich – und “erwachsen” sind sie auch erst dann, wenn sie sich über ein Thema umfassend orientiert haben. Was das wiederum heißt, ist noch ein ganz anderes Thema.

Doch, es gibt Dinge, die sollten ausschließlich unter Experten diskutiert werden. Es ist nicht zielführend, zu Grundproblemen der Physik jemanden zu fragen, der die allgemeine Relativitätstheorie, Quantentheorie oder Unschärferelation nicht kennt. Mit solchem Unwissen hat man den Vorteil, Ufologe werden zu können, aber aus Diskussionen über Dunkle Materie hat man sich dann rauszuhalten.

Mitreden dürfen

Eine zielführende Diskussion ist auf die Kompetenz der Teilnehmer angewiesen. Bei einem Thema wie Fußball etwa fällt schnell auf, ob jemand die Abseitsregel verstanden hat, während in so läppischen Bereichen wie Virologie oder Epidemiologie schon der Mofa-Führerschein ausreicht und zwei Youtube-Videos. Dieses Phänomen hat Geschichte und Methode.

Das Ritual ‘Diskussion’ wird schon im Elternhaus zum bizarren Kult, wo Kinder ständig mit Entscheidungsbefugnissen überfordert werden. Kinder bis zum Grundschulalter sollten im Grunde gar nichts entscheiden dürfen oder müssen (was aus Sicht der damit gestressten Lütten auf dasselbe hinausläuft), danach kann man sie schrittweise in Erwägungen einbeziehen, die sie auch verstehen.

Stattdessen gehen schon im Kindergarten epische Erklärungen los, wenn die Kleinen mal wieder keinen Bock haben zu tun, was gerade angesagt ist. Das bringt gar nichts, es ist sogar Heuchelei, denn am Ende passiert ohnehin das, was zuvor bereits entschieden wurde. Diesen Prozess einfach und kurz zu halten, das nennt sich “Orientierung”. Die Kids werden es euch danken.

Jeder nur ein Kreuz

Auf weiterführenden Schulen, lange bevor irgendein Schüler kapiert hat, was Überprüfbarkeit, Wiederholbarkeit oder Gültigkeit bedeutet, werden sie bereits in das Ritual des Austauschs sinnloser Wortschwalle eingeführt. Sie lernen, was ein Pro und ein Contra ist, dass man das irgendwie formulieren muss und sich gegenseitig ausreden lässt (immerhin!), um am Ende etwas gesagt zu haben, von dem man selber kein Stück überzeugt ist. Wenn man Pech hat, kommt später noch Rhetorik dazu und von der bleibt wirklich etwas hängen.

Zu erkennen, was ist und was nicht ist, spielt in dieser Show keine Rolle. Man muss halt mitreden für das tolle Gefühl, gehört worden zu sein. Dann noch “ja” oder “nein” ankreuzen, fertig ist die Demokratie®. Diese Methode hat den doppelten Vorteil: Politische Prozesse werden mit endgültiger Wirkung von Kompetenz befreit und das Ganze harmoniert bestens mit einem System, in dem vorn gelabert und hinten entschieden wird.

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Dass Vernunft und die ‘Kraft des Arguments’ nicht allzuweit tragen, haben wir hier schon ausgiebig diskutiert. Ich gehe aber noch einen Schritt weiter, um dann den hilflosen Versuch zu machen, vielleicht wieder zwei Schritte zurück zu machen.

Die Erfahrung – beinahe alle Erfahrung – mit Diskussionen zeigt, dass es nicht darum geht, einen Sachverhalt gemeinsam möglichst genau zu beschreiben und zu richtigen Schlüssen zu kommen. Vielmehr ist zu beobachten, dass Diskutanten stets mit allen Mitteln – wider die Vernunft – ihren eingangs erklärten Standpunkt verteidigen. Selbst, wenn dieser auf vielen Ebenen widerlegt wird, ändern sie ihn nicht. Im Gegenteil: Je besser das Argument der Gegenseite, desto eher fühlt man sich davon beleidigt.

Daher wehrt man sich umso heftiger, je näher man der Erkenntnis kommt, dass man falsch liegt. Die Gründe dafür sind vielschichtig und unterschiedlich, darauf will ich im Einzelnen hier nicht eingehen. Festhalten lässt sich aber, dass gemeinhin das Ideal einer Vernunft, die sich auf die Sache bezieht und nach Wahrheit strebt, von Diskutanten weit verfehlt wird. Das liegt m.E. nicht (nur) daran, dass sie es nicht anders wollen, sondern daran, dass sie es nicht besser können.

Anpassen, überleben

Um als Mensch, dessen Fokus stets die bestmögliche Anpassung an eine Umwelt ist, nach den Regeln der Vernunft zu denken (und ggf. zu handeln, sei es auch nur kurzfristig), muss man die Instanz ‘Verstand’ nämlich psychisch abspalten. Es ist eine Art Störung – vermutlich wird auch deshalb ‘Nerdism’ mit Autismus assoziiert. Im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich erscheint das schlimmstenfalls exotisch, denn es kann einem egal sein, welche Zahl oder Formel am Ende herauskommt.

Es ist aber ein ganz anderer Sport, sich als Person mit ihren Erfahrungen völlig zurück zu nehmen und quasi neutral zu erörtern, was richtig und falsch ist, wenn vom Ergebnis das eigene Wohlergehen abhängt. Mit diesem Ansatz fällt man aus der Natur und spaltet jedes Eigeninteresse von der Erkenntnisproduktion ab. Das ist unter Evolutionsgesichtspunkten dumm, andererseits aber die einzige Möglichkeit, sich in komplexen Systemen zu orientieren.

Vereinfacht: Du hast die Wahl, klüger zu werden oder zu überleben. In günstigen Situationen kann beides funktionieren, aber die Anpassungsleistung war stets wichtiger als die Möglichkeit von Erkenntnis. Wo diese nicht unmittelbar nützlich war, war sie Zufallsprodukt. Daher ist es ganz natürlich, sich der Vernunft zu verweigern.

Vernunft, zumal praktizierte, ist etwas für Freaks. Es dürften allerdings solche Freaks sein, denen die Zukunft gehört, denn die neue Regel der Evolution, die für komplexe Systeme eben, lautet: “Du wirst überleben, wenn deine Anpassungsleistungen sich auf das System beziehen, an das du dich anpasst.” Was über Jahrmillionen funktioniert hat, versagt in einer Umwelt, die nach anderen Regeln funktioniert – vor allem denen beschleunigter Abläufe.

Wie dumm muss man sein!

Die bislang erfolgreichen Strategien funktionierten vor allem durch den Mechanismus sterben/aussterben vs. überleben. Alle evolutionär erworbenen Strategien sind ein Teil davon, und sie alle sind auch menschliche. Aus dieser Regel fällt zuerst der Verstand, die Fähigkeit, auf Umwegen zum Ziel zu kommen, wobei auch das noch eine Überlebensstrategie ist. Die Vernunft schließlich bezieht sich auf die Regeln des Spiels selbst, entzieht sich der Anpassung an die Situation und verzichtet auf Überlebensstrategien.

Um erkennen zu können, was ist, sind der Vernunft der eigene Tod und das Überleben sprichwörtlich gleichgültig. Wie dumm muss ein Wesen sein, dass der Vernunft folgt! Es ist also kein Wunder, dass es so gar nicht gelingen will, jemandem Vernunft aufzuzwingen. Argumentieren ist deshalb (jenseits des Nerdism) ein Ritual.

Dass sich durch Vernunft gewonnene Erkenntnisse dennoch durchsetzen können, liegt vor allem an ihrer Vermittlung durch Autoritäten. Nicht der Inhalt wird dabei vermittelt, sondern die Gültigkeit der Erkenntnis. Eine nachgerade unverwüstliche Überlebensstrategie liegt nach wie vor darin, Autoritäten zu folgen.

 
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Es ist nichts Neues daran, dass nichts zu hören ist von Intellektuellen oder vielmehr einer Intellektualität, die helfen könnte, in unsicheren Zeiten die Gedanken zu ordnen, Wege zu weisen, auf denen Lernprozesse stattfinden könnten und womöglich eine Basis schaffen, darüber zu kommunizieren. Es war selten nötiger als heute, aber woher soll es auch kommen?

In diesen Zeiten ist es nachgerade chic, die Basis des Wissens, Wissenschaftlichkeit, zu verleumden und Kommunikation als Duell zu betrachten, in dem der Eifer die Waffe der Wahl ist. Der vermeintliche Inhalt muss laut vorgetragen, täglich mehrfach wiederholt und Abweichler konsequent diskriminiert werden. Der Modus ist nicht die Aussage, sondern die Wertung.

Herren und Diener

Werfen wir einen Blick zurück, wir hatten das auch schon hier, auf so ein ‘Damals’ und einen Kommentar dazu:

Das Jahr 1933 ist die große Zeit des deutschen Opportunismus, noch bevor die entsprechenden Gesetze erlassen oder gar bekannt wurden, beeilen sich viele Intellektuelle, dem autoritären Regime zu gefallen.”

Nun, “Intellektuelle”, das ist auch eine Kategorie, ein Begriff, den jeder in der Gemütlichkeit seiner Vorstellungskraft mit Inhalt füllen kann. Für den Einen sind das Geistesgrößen, denen man folgen kann, die man zumindest aber zitieren kann, um selbst wie eine zu wirken; für den Anderen vielleicht feindliche Spinner unwürdiger Herkunft, die den Menschen die Köpfe verdrehen, um so ihre finsteren Pläne umzusetzen.

In den Frühzeiten der Republik hatten wir gelegentlich immerhin solche mit Substanz, etwa Adorno oder Marcuse, womit wir auch gleich bei der fälligen Reaktion sind, die heute im Internet u.a. von einem kommt, der es chic findet, unter dem Label des Zyklon-B-Herstellers zu firmieren. Da heißt “jüdisch-bolschewistisch” jetzt “kulturmarxistisch” (welch ein schwachsinniger Begriff), sonst ändert sich nix. Aber was hatten die eigentlich zu sagen? Vielleicht mal selber lesen.

Kein Widerstand

Am anderen Ende der Nahrungskette ist der Intellektuelle nur mehr Funktion. Er forscht und reflektiert nicht, er verkündet. Er dient. Er folgt Glaubenssätzen. August von Hayek ist eine Standardreferenz der Neoliberalen. Seine im Kern faschistische Religion wird von Adepten dieses letzten Aufgebots kapitalistischer Wortverwurstung als “Wissenschaft” bezeichnet. Das ist absolut kein Grund, sich von dieser abzuwenden, sondern vielmehr, daran zu erinnern, was Wissenschaft bedeutet.

Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass wenn erst einmal der aktive Teil der Intellektuellen zu einem bestimmten Set an Glaubenssätzen bekehrt ist, der Prozess der allgemeinen Akzeptanz dieser Sätze nahezu automatisch und unwiderstehlich verläuft.

Was noch nicht einleitend bereits eingeordnet wurde an diesem Satz, ist vor allem die Formulierung “der aktive Teil der Intellektuellen“. Wer von dieser quasi definitorischen Religionsausübung abweicht, ist im – hier zulässigen – Umkehrschluss nämlich nicht aktiv. Wie kommt das? Weil eben alle “bekehrt” sind, und wer nicht bekehrt ist, nicht mehr ist. Exakt so wurde das ja auch jeweils gehandhabt.

Was bleibt

Es ist auch infolge dieser unfassbaren Dekadenz einer sogenannten “Ökonomie” erklärbar, warum es so leicht fällt, “Wissenschaft” zu diffamieren. Was die Ökonomie anbetrifft, so hat das, was noch Niveau hat (und nein, Freunde, ich meine nicht die Flassbecks), keine politische oder mediale Repräsentanz. Diese Arbeit ist nicht nur schwierig und frustrierend, sie ist auch pfui, eben wegens Mauerstacheldraht®.

Die Redlichkeit, der organisierte Zweifel, die Mühe und Akribie, die uns etwa in den Stand setzt, 13,8 Milliarden Jahre in die Vergangenheit zu schauen, diese Kunst, den Irrtum als ständigen Begleiter zu akzeptieren und stets seine Überwindung anzustreben in dem Bewusstsein, zuverlässig auf den nächsten zu stoßen, gilt nichts in der Welt der Lautsprecher und Rechthaber. Ganz Gallien? Nein. Es soll da noch Nischen geben.

 
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Einer meiner Lieblingsaufreger ist die holde Projektion, die Kunst also, stets das in anderen zu finden, was man an sich selbst nicht leiden kann, oder auch die, eigene Empfindungen anderen unterzuschieben, um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Hierbei besonders beliebt: “Aber wer denkt denn an die Kinder??!!11!”

Die armen Kleinen mit den großen Kulleraugen, sie leiden. Worunter denn so? Na unter allem, was mir auf den Sack geht: Geschwindigkeitsbegrenzung, Maskenzwang, Rauchverbot, Erbschaftssteuer. Die Armen! Es ist soo traurig! Wer da nicht zur Waffel greift, hat kein Herz. Und vermutlich auch kein Vanilleeis.

Bei Kindern darf auch das ganz große Besteck raus: Weinen, Kratzen, Beißen, Angst und Schrecken, Geigen und Posaunen. Nichts ist verboten, alles muss raus. Das Leiden der Lütten muss ein Ende haben. Dafür werden wir kämpfen bis zum Tod oder Endsieg.

Der Kampf

Die Erwachsenen hingegen haben sich gefälligst … ja, was eigentlich? Zu disziplinieren? Doch eher nicht, das wäre nämlich unrebellisch. Auf jeden Fall irgendwie zu beweisen, ihren Mut zur … ja, was eigentlich? Dummheit?

Von Angst ist die Rede, von Panik gar. Menschen, die sich diszipliniert verhalten und gewisse Maßnahmen befolgen, würden aus Angst so handeln. Uuhuhuu! Es ist zwar ein schwaches Argument, aber nach sieben Monaten durchaus ein valides, dass mir noch niemand begegnet ist, keine Menschenseele, die aus Angst Partys meidet oder den MNS befürwortet. Die machen das ganz unverkrampft. Übrigens auch und gerade Kinder. Mit einer vierstelligen Zahl von denen habe ich aktuell zu tun.

Nun haben wir hier schon mehrfach die Feststellung getroffen, dass Opferrolle und Heldenpose zu den wichtigsten Instrumenten derjenigen gehören, die anderen ständig Angst unterstellen. Ob es sich da wohl um eine weitere Projektion handelt? Was ist nämlich Angst:

Freiheit
® in Angst

Angst ist der vergebliche Fluchtversuch, die erfolglose Beschwichtigung der Übermacht, die Reaktion auf Ohnmacht. Innerhalb der angstbesetzten Reaktion empfindet sich der Ohnmächtige als Opfer, in der vermeintlichen Verarbeitung überhöht es eine vermeintliche Opferrolle oder erhöht sich in eine Projektion der Macht hinein, vom Helden bis hin zur Identifikation mit dem Aggressor.

Na, klingelt da was? Ihr seid Opfer, ohnmächtig gegenüber dem Ungreifbaren, Spielball unsichtbarer Mächte? Ihr versteht die Gesetze nicht, nach denen mit euch verfahren wird, empfindet euch als der Willkür Anderer ausgeliefert: euren Chefs, Behörden, Eigentümern und ihrem Inkasso, Gerichten …

Aber jetzt ist endlich Schluss damit! Rettet die Kinder, verhindert die Diktatur, eint das Volk, kämpft für die Freiheit! Nieder mit der Maske! Wer da nicht mitmacht, hat halt die Hosen voll. Feiglinge. Opfer. Systemlinge. Erkennen die Gefahr für die Freiheit nicht. Ähm … welche Freiheit war das noch gerade? Die, auf notwendige Hygiene zu verzichten?

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