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Vor Jahren ergab sich hier in den Kommentaren folgender Dialog:

Erzähl mir etwas, und ich vergesse es. Zeig mir etwas, und ich erinnere mich. Lass es mich tun, und ich verstehe.

Genau so funktioniert Religion, und da dürfen wir die ‘Praxis’ der neoliberalen nicht unterschätzen. Das Einüben in Ritualen wie Meetings, Redaktionssitzungen, Konferenzen etc. prägt das “Wissen” durch rituelles ‘Handeln’ ein. Dazu noch eine Spendengala hier und eine Beschimpfung des Plebs dort, fertig ist die perfekte Welt.

Heilige Messen

Das Ganze ist völlig richtig, aber zu eng gefasst. Dass die neoliberale Religion, zumal der Bibel Hayeks, mit allem ausgestattet ist, was so eine braucht, bis hin zu Priestern, die dort “Intellektuelle” genannt werden, hatten wir schon. Die Religiosität eingeübten und wiederholten Wissens geht aber viel weiter als organisierte Ideologien und ihre Propaganda.

Nehmen wir einmal unsere Freunde, die Hardcore-Covidioten: Mancher fragt sich, wie man so einen unfassbaren Humbug glauben kann, und die Antwort liegt bereits in der Frage. Die Strukturen sind religiös, und hierbei ist es nicht das Wichtigste, dass sich ein Hokuspokus verbreitet und an die Stelle der Vernunft setzt – das wäre keine hinreichende Erklärung.

Die Frage ist vielmehr, wie der Hokuspokus dort hinkommt und sich festsetzt, womit wir bei dem oben sind. Es bilden sich Gemeinden. Die Mitglieder finden zunächst aus Unzufriedenheit zueinander, die sie miteinander teilen. Was sie keineswegs teilen, sind die Erklärungen dafür, die sich nämlich gern widersprechen: Covid19 existiert nicht, es wurde von der CIA ausgebracht, es ist harmlos, es wird über Funkwellen verbreitet.

Die Gemeinde

Die Gemeinsamkeiten bestehen darin, dass man Schuldige sucht und findet und dass man sich Geschichten dazu erzählt. Diese haben eine hier bereits mehrfach dargelegte Struktur: Es gibt Helden, Opfer, Autoritäten und Schurken. Dass sich trotz der offensichtlichen Widersprüche und Banalitäten eine Art Einigkeit einstellt, liegt an der gemeinsamen Ausübung der Rituale.

Man identifiziert sich, ein Innen und ein Außen. Es gibt das Gute, das Böse und jeweils Besetzungen für die entsprechenden Rollen. Es gibt feste Rituale (Demonstrationen), lose Zusammenkünfte (Social Media) und Feiertage. Man bestätigt sich gegenseitig im Glauben, identifiziert und verflucht Ketzer oder hält Gericht über sie. In den Strukturen der Leugner sind diese Elemente besonders stark vertreten.

Das heißt derweil keineswegs, dies sei charakteristisch für diese Gruppe(n). Ähnliches findet sich bei vielen anderen, durchaus auch bei solchen, die sich den Kampf gegen die Covidioten zur Mission gemacht haben. Die Gefahr, solcher Religiosität zu verfallen, besteht immer und überall, auch hier im Blog. Das Einzige, das dagegen hilft, ist kritisches, wissenschaftliches Denken. Beides muss gegeben sein. Wer hingegen vorrangig argumentiert, um seine Meinung zu verteidigen, ist schon auf dem Weg in die falsche Richtung.