Vor Jahren ergab sich hier in den Kommentaren folgender Dialog:
“Erzähl mir etwas, und ich vergesse es. Zeig mir etwas, und ich erinnere mich. Lass es mich tun, und ich verstehe.”
“Genau so funktioniert Religion, und da dürfen wir die ‘Praxis’ der neoliberalen nicht unterschätzen. Das Einüben in Ritualen wie Meetings, Redaktionssitzungen, Konferenzen etc. prägt das “Wissen” durch rituelles ‘Handeln’ ein. Dazu noch eine Spendengala hier und eine Beschimpfung des Plebs dort, fertig ist die perfekte Welt.”
Heilige Messen
Das Ganze ist völlig richtig, aber zu eng gefasst. Dass die neoliberale Religion, zumal der Bibel Hayeks, mit allem ausgestattet ist, was so eine braucht, bis hin zu Priestern, die dort “Intellektuelle” genannt werden, hatten wir schon. Die Religiosität eingeübten und wiederholten Wissens geht aber viel weiter als organisierte Ideologien und ihre Propaganda.
Nehmen wir einmal unsere Freunde, die Hardcore-Covidioten: Mancher fragt sich, wie man so einen unfassbaren Humbug glauben kann, und die Antwort liegt bereits in der Frage. Die Strukturen sind religiös, und hierbei ist es nicht das Wichtigste, dass sich ein Hokuspokus verbreitet und an die Stelle der Vernunft setzt – das wäre keine hinreichende Erklärung.
Die Frage ist vielmehr, wie der Hokuspokus dort hinkommt und sich festsetzt, womit wir bei dem oben sind. Es bilden sich Gemeinden. Die Mitglieder finden zunächst aus Unzufriedenheit zueinander, die sie miteinander teilen. Was sie keineswegs teilen, sind die Erklärungen dafür, die sich nämlich gern widersprechen: Covid19 existiert nicht, es wurde von der CIA ausgebracht, es ist harmlos, es wird über Funkwellen verbreitet.
Die Gemeinde
Die Gemeinsamkeiten bestehen darin, dass man Schuldige sucht und findet und dass man sich Geschichten dazu erzählt. Diese haben eine hier bereits mehrfach dargelegte Struktur: Es gibt Helden, Opfer, Autoritäten und Schurken. Dass sich trotz der offensichtlichen Widersprüche und Banalitäten eine Art Einigkeit einstellt, liegt an der gemeinsamen Ausübung der Rituale.
Man identifiziert sich, ein Innen und ein Außen. Es gibt das Gute, das Böse und jeweils Besetzungen für die entsprechenden Rollen. Es gibt feste Rituale (Demonstrationen), lose Zusammenkünfte (Social Media) und Feiertage. Man bestätigt sich gegenseitig im Glauben, identifiziert und verflucht Ketzer oder hält Gericht über sie. In den Strukturen der Leugner sind diese Elemente besonders stark vertreten.
Das heißt derweil keineswegs, dies sei charakteristisch für diese Gruppe(n). Ähnliches findet sich bei vielen anderen, durchaus auch bei solchen, die sich den Kampf gegen die Covidioten zur Mission gemacht haben. Die Gefahr, solcher Religiosität zu verfallen, besteht immer und überall, auch hier im Blog. Das Einzige, das dagegen hilft, ist kritisches, wissenschaftliches Denken. Beides muss gegeben sein. Wer hingegen vorrangig argumentiert, um seine Meinung zu verteidigen, ist schon auf dem Weg in die falsche Richtung.
Februar 8th, 2021 at 17:34
Zitat : “… kritisches, wissenschaftliches Denken. Beides muss gegeben sein. Wer hingegen vorrangig argumentiert,… , ist schon auf dem Weg in die falsche Richtung.”
Womit setzt sich “kritisches, wissenschaftliches Denken” denn dann auseinander . . . mit der “Mutter aller Zahlen”? Sind “Argumente” nicht richtige bzw. falsche Prämissen und damit die Voraussetzung für logisch richtige wie auch logisch falsche Schlüsse!? Ist es daher nicht doch bedingt richtig, sich mit Argumenten konfrontieren zu lassen bzw. Andere, die nicht zwingend Idioten sind, weil sie andere Voraussetzungen postulieren oder priorisieren, mit Argumenten zu konfrontieren?
Meinungen (intuitiv) sind selbstverständlich nicht der Endpunkt, allerdings stets ein wichtiger Ausgangspunkt für kritisch, wissenschaftlichen Diskurs, meine ich.
Februar 8th, 2021 at 18:03
“richtige bzw. falsche Prämissen und damit die Voraussetzung für logisch richtige wie auch logisch falsche Schlüsse!?” sind Argumente seltenst. Ich weiß auch nicht, on Prämissen überhaupt richtig oder falsch sein können.
‘Argumente’ sind rhetorische Mittel, um eine Meinung durchzusetzen. Sie können logisch sein oder absurd, falsch oder nicht falsifizierbar. Was hingegen einer logischen Überprüfung standhält, ist aus meiner Sicht wissenschaftlich.
Februar 8th, 2021 at 19:00
Bravo, flatter, soviel Vernunft hätte ich gar nicht von dir erwartet. Gruß
Februar 8th, 2021 at 19:20
Wir haben das Ergebnis, wir brauchen nur noch die Studie dazu. Ich verschenke ein i und ein b.
Heil Corona oder gesegnet sei der, der da kommt im Namen der Virusbekämpfung…
Februar 9th, 2021 at 02:46
OT: mars ist also doch arrakis:
“Den Anfang nahm die arabische Marsmission im Jahr 2014, als der Emir von Dubai, Muhammad bin Raschid Al Maktum, den Plan vorstellte, zum 50. Geburtstag der Emirate im Jahr 2021 eine Marsmission durchzuführen”
und ausgerechnet der berichtende “wissenschaftliche journalismus” aus der favoriten-liste links leistet sich dann solche heuler;
“Für einen Umlauf benötigt sie dann rund 55 Stunden – das entspricht etwa einem Marstag”
aua!
Februar 9th, 2021 at 08:30
»Das Einzige, das dagegen hilft, ist kritisches, wissenschaftliches Denken.«
Aber weil sich Covidiotismus in Form einer missionarischen Religion manifestiert, lässt sich ihm rationales empirisches Denken eben nicht entgegensetzen. Henry Coswell beurteilte »Die religiöse Manie als die vorherrschende Form von Geisteskrankheit«, was freilich eine gar zu garstige Diagnose ist und statt Geisteskrankheit besser Verblendung heißen sollte – indes sich beides nicht durch kritische Wissenschaft kurieren lässt. Gegen Religion nützt kein Rezept und gegen Covidiotie keine Vernunft, weil die davon Befallenen dagegen immun sind. Religiöse Glaubenseinstellungen lassen sich durch wissenschaftliche Gegenbeweise niemals widerlegen.
Februar 9th, 2021 at 10:20
@nömix
flatter hat allerdings nicht geschrieben, dass er antiwissenschaftliches Denken mit wissenschaftlichem Denken widerlegen möchte. Dem entgegensetzen lässt sich kritisches, wissenschaftliches Denken aber schon. Dann hängt es vom jeweiligen Individuums ab, sich für das eine oder andere zu entscheiden.
Februar 9th, 2021 at 10:36
Als ob jemand diese Entscheidung bewusst in allen Lebenslagen treffen könnte – Unfug.
p.s.: Man ist ja schon froh, wenn man die 1000 Neurotransmitter bei sich selbst so erleben kann, dass ein halbwegs behagliches Gesamtgefühl dabei herauskommt.
Februar 9th, 2021 at 11:46
Der neueste heiße Scheiß oder wie man Ahnungslosen das Gefühl gibt, die Wissenschaft stünde hinter ihnen: vdmeta.com
Aus den faq:
Who is @CovidAnalysis?
We are PhD researchers, scientists, people who hope to make a contribution, even if it is only very minor. You can find our research in journals like Science and Nature. For examples of why we can’t be more specific search for “raoult death threats” or “simone gold fired”. We have little interest in adding to our publication lists, being in the news, or being on TV (we have done all of these things before but feel there are more important things in life now).
Sind wir es nicht alle gewohnt, dass im Kapitalismus Menschen füreinander eintreten und den anderen nur das Beste des Besten wollen? Wie selbstlos von denen.
Da glaube ich einfach alles!!1!
Außer…Ich sehe mir die Studien einzeln an. Aber hey, wen interessieren schon Details?
Und wer weiß schon genau, wie das mit den Zellen funktioniert?
Dr. Vanessa Schmidt Krüger jedenfalls nicht, sodass sich auch ihr Arbeitgeber distanziert: MDC statement on private videos of a staff member
Februar 9th, 2021 at 12:23
@#6-8: Sicher ist Vernunft keine Alternative zur Religiotie. Man könnte sich aber vorstellen, die Bemühung über Verunft als Kultus dezent zu verstärken. Bei uns nennt man deren Kirchen “Schulen”. Die werden teils ernshaft von Kirchen betrieben, es gbt Religionsunterrricht usf.. Furchtbar.
Die Idee der ‘Befreiung des Eros’ (Marcuse) ging übrigens auch in diese Richtung (ja, nach meiner kapriziösen Interpretation). Vernunft muss Kult werden und sich mit dem Eros verbünden, dann hat sie eine Chance.
Februar 9th, 2021 at 15:03
@2 Zitat: „ … sind Argumente seltenst. Ich weiß auch nicht, on Prämissen überhaupt richtig oder falsch sein können.“
Argumente gelten zumindest wissenschaftlich immer als Prämissen/Voraussetzungen für bestimmte Aussagen/Urteile. (siehe auch math. Funktion, Funktion=Begriff)
Ohne, auf theoretisch definierten Begriffen beruhende, logisch als wahr bzw. unwahr qualifizierte Prämissen (Axiome und Postulate) gäbe es keine Logik, d.h. keine wahren bzw. unwahren, wiederum wissenschaftlich, praktisch überprüfbaren Schlüsse und damit auch keine verifizierbare Wissenschaft. Danach kommen Zweifel oder gar Verzweiflung. Heraklit lehrte einst sinngemäß „Vielwisserei lehrt noch keinen Verstand“. Dies ließe sich fortsetzen durch „Vielfältiger Verstand führt nicht zwingend zu wirklicher Vernunft.“ Zweifelndes, sich seiner Begrenztheit bewusstes Wissen, (selbst)kritisch gegenständlicher Verstand und wesentlich reflektierende Vernunft/Verständnis schließen Religiosität im weiteren Sinne übrigens nie restlos aus, da jedes, auch wissenschaftlich polemisches Denken auf mehr oder weniger, stets wenigstens geringfügig subjektiven Annahmen beruht, die im Falle von theoretischem Konsens bzw. Dissens entweder lediglich gemeinsam als „objektiv wahr“ bzw. gegenseitig als „subjektiv falsch“ betrachtet werden. Das Wesen von Wissenschaftlichkeit besteht dabei sowohl in anerkannter Beweisbarkeit als auch ggf. Zweifel nicht ausschließender Widerlegbarkeit, während religiöse Dogmen praktisch meist weder beweisbar noch widerlegbar sind.
Februar 9th, 2021 at 15:05
Yo, aber wenn wir hier von “Argumenten” sprechen und in diesem Kontext von “Prämissen”, dann eben nicht von logischen, sondern rhetorischen (bestenfalls diskursiven), und die können eben jeder Logik Hohn sprechen.
p.s.: Derweil kann ich auf beliebigen Prämissen logische Strukturen aufbauen; die Prämissen oder Axiome selbst werden dabei nicht auf Wahrheitswerte überprüft, sondern eben vorab auf ‘wahr’ gestellt.
Februar 9th, 2021 at 16:25
@Rainer
Wer spricht denn von “allen Lebenslagen”. Aber zu einer Entscheidung zwischen antiwissenschaftlchem und wissenschaftlichen Denken wird sich doch selbst das postmoderne Individuum noch aufraffen können, oder.
Und dem Glauben zu verfallen, “die Wissenschaft stünde hinter einem” ist natürlich Humbug, weil antiwissenschaftlich
Februar 9th, 2021 at 16:35
@12 Verstanden, Anmerkung . . . ich meine allerdings, dass beide Sichtweisen sich nicht so apodiktisch voneinander trennen lassen (sollten). Selbstverständlich lassen sich Syntax (Beziehung zwischen Zeichen) und Semantik (Beziehung zwischen Zeichen und Bezeichnetem) jederzeit pragmatisch aneinander vorbeiredend demolieren, verzerren und „verhöhnen“ (Pragmatik als 3. Zeichenaspekt, Beziehung zwischen Zeichen, Bezeichnetem /=Semantik/ und Bezeichnendem bzw. miteinander in Konflikt befindlichen Bezeichnenden). Mir scheint allerdings, dass gerade auf Deinem Portal nicht jede kritische (einschränkende=ein-o. ausgrenzende, grenzwertige, grenzwertende) Anmerkung so aufgefasst werden muss, da „WIR“ wenigstens hier fast immer lernbereit von einem „Einander-verstehen-Wollen“ ausgehen dürfen sollten, wenn das manchmal auch als befremdlich oder langatmig empfunden werden mag. Dass zum Beispiel die Virusthematik + deren begriffsbildende, politische Wahr-nehmung bzw. -zurückweisung hier anscheinend nicht mehr diskutierbar polarisiert erscheint u. selbige Antagonismen wie auf der Straße zeitigt, wundert und schreckt mich in beide Richtungen immer wieder, wo es eigentlich doch um ein uraltes, ethisch existentielles Menschheitsproblem geht, dass von allen Generationen vor uns mit viel mehr Schicksalsergebenheit und Rationalität sowie weniger aggressiv politisch getragen wurde als heute.
Februar 9th, 2021 at 16:56
Das mag wohl auch daran liegen, dass “vor uns” die Gesellschaft autoritärer geprägt war. Die Aggression fand da auf anderen Ebenen statt.
Februar 9th, 2021 at 18:23
Von welcher Wissenschaft redet man hier, gibt es denn “die Wissenschaft”? Meint man jene die für Auftraggeber Studien anfertigt mit gewünschtem Ergebnis oder jene die von der Allgemeinheit finanzierten Forschungsergebnisse den Konzernen selbstlos zur Profitmaximierung hinterherschmeisst, oder jene…?
Um einmal von der theoretischen Betrachtung wegzukommen: was in dieser Krise wirklich deutlich wird ist die Unfähigkeit der meisten Mitmenschen zu grundlegenden demokratischen Handlungsweisen. Unterschiedliche Standpunkte zu akzeptieren, zu verstehen um verschiedene Blickwinkel einnehmen zu können um letzten Endes richtige Entscheidungen zu treffen. Vielleicht sogar neue Wege zu finden wenn man politisch bzw. gesellschaftlich in einer Sackgasse steckt. Unter Standpunkte verstehe ich natürlich nicht oberflächlich gebildete Meinungen, sondern Standpunkte, die resultieren aus jahrelanger Facharbeit bzw. Erfahrung.
Den bedeutungsschwangeren Satz “nach dieser Krise wird alles anders sein” werden wir wohl vermutlich noch ganz anders interpretieren lernen. Was schon jetzt absehbar ist, den tatsächlichen Zustand unserer Gesellschaft und Zivilisationsdecke.
Februar 9th, 2021 at 19:44
Deshalb spreche ich hier gebetsmühlenhaft von “Wissenschaftlichkeit”, die eben benennbaren Kriterien folgt. Korrupte ‘Wissenschaft’ ist demnach keine, weil sie die Kriterien nicht erfüllt.
Was “demokratische Handlungsweisen” sind, weiß ich nicht. Die Kriterien, die du anlegst, versteje ich auch nicht. Wo soll solches ‘demokratisches Handeln’ dann stattfinden? Demokratie ist aus miner Sicht ein Anspruch an die Verfasstheit einer Gesellschaft, und die ist realiter obendrein eine Eigentumsordnung.
Der Satz “nach dieser Krise wird alles anders sein” ist derweil m.E. schlicht Blödsinn, es sei denn, er meint das Endstadium des Kapitalismus, was man wohl ausschließen darf.
Februar 9th, 2021 at 21:45
Kritisches und wissenschaftliches Denken ist nicht das primäre Problem. Das Problem ist die fehlende Zeit, um sich all diesen Dingen entsprechend zu widmen. Da viele Fachgebiete ineinander übergreifen, ist das Ganze ja so vielfältig. Was ich über den Nanokosmos weiß? Gar nichts. Als Laie würde ich ihn als ziemlich klein und unübersichtlich beschreiben. Sich nun dem Studium der Mikrobiologie zu widmen, in all ihren Zweigen, dafür gibt es keine freien Zeit-Fenster. Nicht zu vergessen sind dann noch die Geisteswissenschaften, die ihr Übriges tun. Thesentheorie.
Februar 9th, 2021 at 21:55
Auch wahr ist: Wenn ich ein Jahr die Zeit habe, mir stundenlanges Gesabbel von irgendwelchen rechten Schwachköpfen auf youtube anzuhören, dann hätte ich jetzt im dritten Semester IrgendwasSinnvolles der Fernuni Hagen sein können.
Es geht nicht um Erkenntnisgewinn, wenn die Schnitzel ewig in der gleichen Panade gewälzt werden.
Februar 9th, 2021 at 22:22
Erkennen und Gewinnen. Auch wenn die Scheisse da gar kein Schnitzel ist.
Februar 9th, 2021 at 22:57
@flatter: Wem oder welcher Institution kannst du denn das Etikett oder das Gütesiegel “Wissenschaftlichkeit” anheften in Deutschland? Das aktuell oft zitierte RKI hat zu anderen Zeiten ganz wissenschaftlich einer Rassenlehre angehangen, ganz zu schweigen von seinem Namensgeber und seiner Arbeit in Afrika. Wie unabhängig ist Wissenschaft von Politik, wie sehr folgt sie dem Zeitgeist, ist sie ethisch, ist sie moralisch?
Was machen wir wenn Forscher feststellen die Menschheit ist schlecht für diesen Planeten? Diese Faktenbasis dann als Grundlage nehmen für die ZeroHuman Initiative? ^^
@R@iner: Ich glaube die rechten Schwachköpfe sind heutzutage gar nicht mehr so leicht zu erkennen. Bomberjacke und Glatze taugt als Erkennungszeichen nicht mehr. Wohl eher der feine Zwirn der ganz legal an der Börse mit Lebensmittel spekuliert, seine Waffenlieferungen an beide Seiten sendet, seine Interventionen als humanitäre Einsätze tarnt, neue Märkte erschliesst durch das zerbomben kompletter Länder… ach ich vergass, das wird ja mittlerweile von der Demokratischen Mitte vereinnahmt. Ich glaub der Adorno hat’s kommen sehen.
Nun denn, ein Hoch auf den Meinungskorridor. Soll er vergehen und wieder zu einem Festsaal sich gegenseitig bereichernder Lebensentwürfe werden.
Februar 9th, 2021 at 23:25
Schrieb ich doch schon wieder: Für Wissenschaftlichkeit gibt es Kriterien – oder wieso können wir 13,8 Milliarden Jahre in die Vergangenheit gucken? Selbst die kapitalistische Wissenschaft ist darauf angewiesen – solange sie nicht Bullshit kommuniziert. Das wiederum ist Kapital mit all seiner Religiosität, da übernehmen dann die PR-Fuzzis.
Woher kommen wohl die Impfstoffe? Aus Wissenschaftlichkeit im Dienst des Kapitals, Ausnahmen siehe Kuba. Wissenschaftlichkeit ist immer unabhängig, bloß die Resultate dummerweise nicht. Solange es Kapitalismus gibt, entscheidet das Sein über das Bewusstsein und scheißt auf Wissenschaftlichkeit, sobald sie die Resultate geliefert hat. Die Muskelkraft des Sklaven entstammt auch nicht seiner Ausbeutung. Ich klinke mich an dieser Stelle mal aus, um mich nicht dauernd zu wiederholen.
Februar 10th, 2021 at 09:06
@Heiko: Was du betreibst, ist whataboutism.
Jedes Mal, wenn hier über Wissenschaftlichkeit geredet wird, begegnen einem die gleichen Gedanken:
- aber die Wissenschaft ist doch korrupt
- aber die Wissenschaft ist doch ein Herrschaftsinstrument, das nicht allen zugute kommt
- aber es wird doch nur danach geforscht, was später monetären Gewinn bringt
- aber der hat doch einen Doktorgrad
- aber die, die keinen Doktorgrad haben, dürfen doch auch mal etwas sagen
- aber früher unter Hitler/Lenin/Stalin war diese Institution doch…
- wer wissenschaftlich denkt, ist totalitär, kalt und herzlos
- wer wissenschaftlich denkt, denkt nur, dass er wissenschaftlich denkt
- Einbildung ist auch Bildung
- aber guck doch mal da hinten: Die Strohpuppe
- aber der eine Wissenschaftler wird ausgeschlossen, weil er eine andere Meinung hat
…
Ich glaube, ich bin dann auch raus aus diesem Themenkomplex.
Dann soll der verfickte Apfel halt nach oben fallen, Rechtsanwälte dürfen selbstverständlich Virologie erklären, deutsche Blogger sind die besten Staatskundler des Planeten und die Wahrheit findet man auf Telegram und youtube.
Irgendwie sind wir am Arsch.
Februar 10th, 2021 at 09:56
Einer aus der Praxis: Wie ich einmal gecancelt werden sollte
Die Gründer des „Netzwerks Wissenschaftsfreiheit“ wollen gegen eine angeblich weit verbreitete „Cancel Culture“ vorgehen. Damit könnten sie in den eigenen Reihen anfangen
Endlich unternimmt mal jemand etwas gegen diese linksgrünbolschewistische Meinungsdiktatur!!1!
Das Manifest müsst ihr mal lesen…Überall Opfer. “Und dann haben sie noch das Zigeunerschnitzel in der Mensa umbenannt…mimimi.”
Februar 10th, 2021 at 18:38
OT/2. Gegen die Meritokratie
Wie konnte aus einer Schreckensvision eine global akzeptierte Norm werden? Warum Leistung als moralische Grundlage der Gesellschaft nicht funktioniert.
Februar 11th, 2021 at 08:10
Rainer und Heiko: Nach langem Zögern hier meine 50 Cent. Trotz meines vierstelligen IQ ist es mir nur schwer möglich, dieser akademischen Diskussion zu folgen, weil mir der Bezug zur Realität anhand konkreter Beispiele fehlt.
Zur Tradition der med. Wissenschaft erinnere ich nur an “Medizin gegen die Menschlichkeit” Mitscherlich), “Hippokrates in der Hölle” (Cymes) und “Tiere sehen Dich an – das Potenzial Mengele” (Wollschläger). Wollschläger beschäftigt sich z. B. auch mit Tierversuchen, die immer noch im Med.-Studium zur Abgewöhnung von Skrupeln Praxis sind.
Ohne private Investitionen (Pharmaindustrie) wird heute jenseits des kostenlosen Erkenntnis-Gewinns durch Doktorarbeiten keine Forschung mehr betrieben. Rein öffentlich finanzierte Studien sind die Ausnahme. Ohne Aussicht auf fette Profite wird kaum ein Pharmaunternehmen ein Studienprojekt auflegen.
Beispiel: Sprint-Studie zum Blutdruck von 2015 – “120 ist das neue 140″ und schon sind über eine Mrd. Menschen therapiepflichtig. Bei vielen Studien muss man sich nur mal die Zahl und die Namen der mitwirkenden, renommierten Mediziner ansehen, die Interessenkonflikte anmelden.
Warum gibt es keine Studien über Spontanremissionen bei schweren Erkrankungen? Da es diese Fälle gibt, könnte doch mal untersucht werden, welche Gemeinsamkeiten bezüglich Alter, Geschlecht, Ernährungsweise, Selbstmedikation, Stressituationen usw. in der Kohorte bestehen. Hat aber niemand Interesse dran. Gründe sind offensichtlich.
Februar 11th, 2021 at 11:44
Auch das ist klassischer Whataboutism (“Warum gibt es keine …”). Es geht zudem ebenfalls nicht auf die Kommentare zuvor resp. “Wissenschaftlichkeit” ein. Es ist kein wissenschaftlicher Aspekt, Studien zu finanzieren oder nicht und es ist auch keiner, ob man Experimente mit Menschen macht.
Februar 11th, 2021 at 18:02
Am besten nicht mehr miteinander reden und schreiben, dann kann man sich auch nicht mehr missverstehen. Der Andere ist halt immer der Blöde der nix versteht. Wie sagte einst dieser nicht ganz unbekannte Amerikaner: “Wenn sie glauben mich verstanden zu haben, dann habe ich mich falsch ausgedrückt”.
Für die Zukunft als Leitfaden für ein 5min Gespräch: 1h lang die Begriffe klären, 1h lang von allem distanzieren und dann trotzdem 5min lang aneinander vorbeireden. ^^
Februar 11th, 2021 at 19:12
@Heiko: Naja, aber irgendwie ist es doch schon komisch, dass alle Physikbücher des Planeten die gleichen Inhalte haben, die Religionen aber strittige Punkte aufweisen.
Die einen haben haben es also geschafft, sich auf etwas zu einigen, die anderen nicht.
Wenn man doch nur eine Ahnung davon haben könnte, woran das liegen mag?
Februar 11th, 2021 at 20:00
@Heiko: Ist dir Diskurs zu anstrengend? Du hättest es lieber harmonisch? Naja, dafür gibt es ja dann diese Institutionen, in denen Widerspruch schon deshalb nicht stattfindet, weil nur einer redet. Blöd nur, wenn man zu den Anderen gehört.
Februar 11th, 2021 at 20:58
Recht interessantes Interview: “Eine laute Minderheit kann die leise Mehrheit zum Schweigen bringen”
[..] Dabei hat sich ergeben, dass Menschen Argumente abhängig von der Stärke ihrer Einstellung umso positiver bewertet haben, je mehr die Aussagen ihrer Einstellung entsprechen. [..]
Nein!
Februar 12th, 2021 at 01:11
Doch! Und diese laute Minderheit ist auch so überaus praktisch, weil sie die Verantwortungslosigkeit und die Unwissenschaftlichkeit des regierungsamtlichen Handelns so wirkungsvoll zu überdecken vermag:
- die ‘Sommerpause’ wurde nicht genutzt, der ‘Tanz’ fand nicht statt
- es gibt und gab keinen ‘Lockdown’, nach wie vor nicht
- die C-TAP Initiative wird nicht unterstützt
- stattdessen werden ‘Grenzen’ geschlossen
uswusf…
Februar 12th, 2021 at 09:12
Ich erinnere mich, dass letzten Sommer ein paar Leute aus Südkorea zwecks Beratung nach D-land kamen. Einer meinte sinngemäß im Interview: “Es gibt bei euch immer noch Flugverkehr, die Bahnen fahren, der öffentliche Nahverkehr fährt, die Fabriken sind auf, die Schulen sind auf. Das wird nichts.”
Und es ist *Trommelwirbel* nichts geworden.
Februar 12th, 2021 at 11:09
Trump Was Sicker Than Acknowledged With Covid-19
Eine Frage wäre: Wann hat die nyt davon gewusst?
Februar 12th, 2021 at 11:51
Hier ist noch ein schöner Kurzessay zum Thema hier: ‘The Real World And The Narrative World‘. Ich hätte nicht viel hinzuzufügen.
Februar 12th, 2021 at 11:57
@Peinhart: Speziell für dich habe ich den hier: The Money Theory of the State
Dein Text ist nicht schlecht, mündet aber auch in dieses “Wenn die Menschen nur das richtige Bewusstsein hätten”-Dings.
Februar 12th, 2021 at 12:13
Ist das etwa nicht der Punkt, nicht das ‘Einfache, das so schwer zu machen ist’…? Wobei uns ‘Wissenschaftlichkeit’ aber auch helfen kann?
Februar 12th, 2021 at 13:50
C: Hey Florian, da haben sie irgendwo 293 Menschen zu etwas befragt.
F: Na und? Bei dem Stichprobenumfang ist es doch beinahe egal, um welche Gesamtheit es geht. Die Aussagekraft geht gegen Null.
C: Ja schon, Florian, aber möchtest du nicht trotzdem einen Artikel daraus machen? Oder sollen wir wieder den Praktikanten deine Arbeit machen lassen?
F: Okay Chef, wenn’s denn sein muss: Hartz-IV-Empfänger gegen Abschaffung von Sanktionen
C: Danke, Florian! Die Überschrift ist echt zackig – Das muss man dir lassen.
“Auch wenn dies kein repräsentatives Meinungsbild aller Grundsicherungsempfänger in Deutschland darstellt, gibt es einen Hinweis auf die Einstellung auch unter den potenziell Betroffenen von Sanktionen.”
*lol*
Februar 12th, 2021 at 14:24
@Peinhart: Das steht doch quasi auch schon hier, insb. im ersten Absatz ;-)
Februar 12th, 2021 at 17:05
Aber das kann man doch gar nicht oft genug sagen! :p Zu #38 – einsichtige Sklaven sind fast so gut wie glückliche. Und überhaupt: FoxNews hauled out evangelical financial advisor Dave Ramsey to denounce any stimulus checks, suggesting that poor people would just blow the money: “I don’t believe in a stimulus check because if $600 or $1400 changes your life you were pretty much screwed already. You got other issues going on.”(CP)
Wobei es ja inzwischen fast völlig egal ist, wo in diesem System noch Geld injiziert wird – es ist ohnehin ratzfatz ganz oben. Aber doch nett, wenn sich vorher noch jemand was zu essen kaufen kann dafür, oder den Rausschmiss aus der Wohnung noch ‘n Monat rauszögern.
Der MMT-Text ist gut, besten Dank. Aber warum speziell für mich…?
Februar 14th, 2021 at 07:42
One of the most important rationalist skills is “noticing your confusion”.
Socratic Grilling
Der Typ kann noch mehr: 5-HTTLPR: A Pointed Review
Februar 14th, 2021 at 12:34
Letzteres ist ein fieses Beispiel dafür, wie anstrenged das mit der Erkenntnis ist. Besserwissen gewinnt.
p.s.: Bei den besprochenen Studien handelt es sich um eine Schnittmenge (mindestens) dreier komplexer Felder: Genetik, Neurotransmitter, Verhalten, in denen jeweils kaum Eindeutigkeit herzustellen ist. Bei der Genetik ist vielen offenbar nicht beizubiegen, dass der Weg, einzelne Faktoren zu isolieren, nicht zielführend ist. Betreffs Neurotransmittern wird nicht bloß mit einer Handvoll herumgemacht, während drumherum noch hunderte andere am Werk sind; es ist auch kaum zu erkennen, welcher welche Effekte im Zusammenspiel mit welchen anderen hat. Auf der Ebene des Verhaltens (und Empfindens) ist es schon schwierig, überhaupt zu bemerken, ob gemessen wird, was gemessen werden soll. “Stress” etwa kann der Proband völlig anders empfinden als die Studie definiert. Hier hilft nur fleißiges filtrieren, um zu vorsichtigen Aussagen zu kommen.
Was ganz sicher nicht hilft, ist das Verwechseln von Korrelation und Kausaliät, eine weit verbreitete Krankheit.
Februar 14th, 2021 at 14:31
“Besserwissen” ist ein Begriff derer, die sich nicht vorstellen können, dass andere wirklich mehr drauf haben.
Meiner Erfahrung nach bekommt man eher auf die Fresse, aber seltener Medaillen.
Februar 16th, 2021 at 21:25
Hier noch einer zum Thema:
We’re talking [about] people who appear rational in their daily lives, capable of grasping and accepting empirical research results when they’re at work, repairing their cars, balancing their checkbooks, making medical decisions. They can gauge distances and reverse park, and figure out their remote control devices. Their brains are normal. They realize there is an objective world outside their own minds. But they are unfazed by multiple vote recounts and court judgments. Their brains reject certain objective facts, as though programmed to shut them out.
Wobei das Gemeinsame dieser ‘Church of Trump’ mit unserer hiesigen ‘Viruslast’ eben darin zu bestehen scheint, dass ein zwar diffuses, aber insgesamt ja nicht gänzlich unbegründetes Gefühl, ein ‘Opfer’ zu sein, dem irgendwie übel mitgespielt wird, gepaart mit kognitivem Unvermögen sie Aufstellung nehmen lässt an dieser alten Linie von ‘Schuldigen vs Märtyrern’, und das auch noch an völlig unpassender Stelle.
Februar 19th, 2021 at 10:22
Forschung, Fake und faule Tricks | Doku | ARTE (yt, 1:37h)