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2013


 
c3sIch habe auf dem Chaos Communications Congress in Hamburg einige nette Menschen und einige sehr feyne Projekte kennengelernt, von denen mir vor allem eines am Herzen liegt, weshalb ich auch in der Zeit der sauren Gurken, Partyigel und Silberzwiebeln mal kurz ein bisschen Stress mache.

Es geht um C3S, den Versuch, der GEMA Konkurrenz zu machen, sie in die Schranken zu weisen, eine Alternative zu bieten, Die GEMA-Vermutung von Tisch zu schubsen, anderen Lizenzformen eine Chance zu geben, kurz: Wo die GEMA für die Musikmafia die Schutzgelder Industrie und deren Kapital die ‘Rechte’ mit allen Mitteln durchsetzt, will C3S künftig den Künstler/innen die Möglichkeit verschaffen, die Kontrolle über ihre Werke zu behalten.

Ich berichte das jetzt, zwischen den Jahren, wo ihr alle fett unter den Ruinen einer gestrippten Extanne euren Hangover souverän mit den Resten von gestern bekämpft, weil es eilt. Bis zum 06.01.2014 wird nämlich jeder Dollar, mit dem ihr das Projekt unterstützt, durch die Förderung des Landes Nordrhein-Westfalen verdoppelt. Aber eben nur das, was bis zum 06. Januar eingeht. Klick aufs Logo oder hier entlang direkt zum Mitgliedsantrag.

Ein Monopol fällt

wenn ihr also vielleicht noch ein paar Mark von Tante Käthe zu Weihnachten bekommen habt oder einen kennt, der beim Aufräumen Bargeld gefunden oder die RTL-Spendengala verpasst hat oder einen kennt, der einen kennt, schüttelt ihn kurz durch, sammelt das Geklimper auf und tut etwas wirklich Gutes. Etwas, das im recht wahrscheinlichen Erfolgsfall sofortige Wirkung entfalten kann, weil dann u.a. die GEMA-Vermutung kollabiert.

Hier geschieht etwas, das gemeinhin als unmöglich gelten darf: Ein Monopol verliert sein Monopol, obendrein eines, das für jede(n) sichtbar und weithin bekannt die Rechte vieler einschränkt, um wenigen die vollen Taschen noch weiter zu machen, und zwar nicht, weil ein anderer Kapitalsack daherkommt, sondern weil die Betroffenen selbst sich organisieren. Ich liebe es und werde mir daher erlauben, höchstselbst ein paar Dollar aus den Weihnachtsspenden, für die mich bei dieser Gelegenheit noch einmal herzlich bedanke, noch vor dem 06. Januar dorthin umzuleiten.

Also: Ruft eure Freunde und Feinde an, schreibt Mails, bildet Banden, lest Imperative! Vor dem 06. Januar.

p.s.: Habe ich den 06.Januar erwähnt?

p.p.s.: Rutscht gut rüber!

 
nophone

Workshop “Revolution ohne Smartphone”, 30C3

Mein Korrespondent in Hamburg-Hackburg hat weitere Berichte übermitteln können von Veranstaltungen, die er inkognito zu besuchen imstande war. Ich kann mich des Eindrucks nicht ganz erwehren, dass er allmählich glaubt, ich hätte ihn zum schieren Vergnügen dorthin befohlen, besucht er doch nicht nur Gameshows wie ein sogenanntes “Hacker Jeopardy”, von dem er ganz stolz mitteilt, er habe womöglich die erste Runde überstehen können. Die Irrelevanz treibt unheimliche Blüten.

Nein, die jüngste Datei enthält überdies Informationen über den “Künstler” Aram Bartholl, der seine Daseinsberechtigung durch Werke und “Performances” sich zu verdienen vermeint, welche sich mit jenen Substanzen beschäftigen, mithilfe derer das technopathische Publikum seine ruinierten Synapsen stimuliert. Google, Datenspeicher, sogenannte “Maps” von Killerspielen, “Barcodes”, “Chatbubbles”, “Captchas” – und Schlimmeres. Man muss das alles nicht kennen, denn es verwirrt bloß die Räume der Parallelwelt virtueller Rechtsfreiheit mit der Welt der Normalbürger, penetriert den Alltag mit psychedelischen Albträumen computersüchtiger Spinner. Aber lest selbst:

Parallelwelt Nerdiversum

Ich bin heute Morgen in diese Veranstaltung gestolpert; die Nacht war lang gewesen und für meinen Guide noch länger. Es stand für mich nichts auf der Agenda, also bin ich einfach nach einem rotgeränderten Frühstück in diesen Saal getrottet, habe mich auf einen Rasiersitz fallen lassen und mich angeschickt, unauffällig offenen Auges zu schlafen. Es wollte mir nicht gelingen, denn der Mann auf der Bühne hat etwas geliefert, was mir bei den ganzen netzpolitischen Aufklärungsmessen fehlt: Ideen, andere Präsentationsformen, Spaß, Ernst und Denkanstöße. Und das soll dann Kunst sein?

Langatmige Zusammenfassungen sind verzichtbar, besucht die oben verlinkte Website. Sollte ich noch einen Videostream finden, wird der in den Kommentaren nachgereicht. Ich bin tatsächlich sehr inspiriert und ganz glücklich, diesen Impuls mitnehmen zu können. Wenn es – was hier viele noch nicht so sehen, aber ich habe da kaum Zweifel – genug und zu viel ist mit Aufklärung, Diagnosen, Analysen und Worten dazu, braucht es andere Ausdrucksformen. Es braucht eine Kunst, viele Künste, die Menschen erreicht und aufmerken lässt, wo das ganze Gequatsche nahezu nutzlos geworden ist. Doch, da geht noch was.

 
ccc1

Mein Korrespondent in Hamburg hat folgenden Bericht unter Einsatz seines Lebens gekabelt. Er wurde u.a. dabei erwischt, wie er fotografierte! Ihr glaubt, das sei völlig normal? Ihr glaubt vermutlich auch, Gravitation sei normal. Am Ende glaubt ihr auch noch an das Christkind oder “Privatsphäre”?

Wir befinden uns in … nun, die einen sagen “Geek Woodstock”, die anderen “Nerzfarm”. Oder so. Man verschanzt sich hinter Rechenmaschinen und seltsamen Manieren, trägt T-Shirts mit Hinweisen auf die Retrozeit und trinkt Limo aus dem Barrique. Wir hören die Eröffnungsrede von einem künstlerischen Bloggerhackeventmanager. Ich verstehe ihn nicht. Aber dafür bin ich hier, ich Noob. Schlau sabbeln über Sachen, in denen ich mich halbwegs auskenne, war gestern. Nutzlos.

You all are Popes

Nach einem Kinotrailer des CCC (1984-2012), wobei die es nicht einmal fertigbringen, die Leinwand an einem Stück aufzuhängen, kommt es also zur Eröffnugsrede. Herr Pritlove, ein Brite mit deutschem Akzent, diagnostiziert: “Dieses Jahr lachen wir nicht mehr“. Dies im Rahmen der Erklärung, warum der diesjährige Chaos Communicatin Congress kein Motto hat. Der schlimmste Alptraum ist wahr geworden, lächerliche Hollywood-Szenarien von allmächtigen Geheimdiensten nicht nur wahr, sondern öffentlich geworden.

Totale Überwachung also. Ist noch Kuchen da? Und was kommt heute Abend im Fernsehen? So viel zu Gravitation. Relevanz. Relationen. In dieser Parallelwelt gibt man sich also entsetzt über Zustände, die in der wirklich wahren Wirklichkeit gar keine Rolle spielen. How nerdy! Schatz, ich will auch sowas haben!

Das Resultat? Die 1984 als kleine Gruppe gestartete Avantgarde, deren Rat ignoriert wurde, war zwischenzeitlich eine Bewegung geworden – deren Rat ignoriert wird. Bis hierher widerspricht sich der Mann also wohltuend. Galgenhumor. Was dann kommt, erdet das Auditorium wieder. Wir seien alle Päpste. Wir sollen Teil der Lösung sein. Neue Standards für das Netz etablieren. Nicht dem Geld folgen. Durchhalteparolen; kein gutes Zeichen.

 
crow

Ein Problem, an dem ich immer wieder stoße, ist dass nicht bloß so etwas wie Vernunft keine große Rolle spielt in der Politik und dem Leben allgemein, sondern dass der Glaube an Vernunft, an die Kraft des Arguments, an die Suche nach dem Richtigen, tatsächlich reine Glaubenssache ist. Damit geht meine Skepsis noch über das hinaus, was manchen als “Dialektik der Aufklärung” bekannt ist. Vernunft, Aufklärung, Rationalität schlägt also nicht nur unter bestimmten Bedingungen in Mythologie um. Sie ist vielmehr eine religiöse Anschauung unter anderen. Nicht bloß die neoliberale Konfession des Kapitalglaubens ist also religiös strukturiert, sondern auch das Vernünfteln allgemein.

Dazu muss man im Grunde nur zur Kenntnis nehmen, dass eine Minderheit annimmt, sie habe die höhere Einsicht, der sich andere verschließen. Das Problem ist also, dass diese Anschauung selbst dann quasi religiös bleibt, wenn sie völlig richtig ist. Man muss sich deutlich machen, dass in den vergangenen Jahrhunderten so etwas wie Astrologie oder Debatten über die Ähnlichkeit von Krankheiten mit Wettererscheinungen oder Pflanzen eine hohe Form der Vernunft darstellten. Man wusste es nicht besser, verlachte aber diejenigen, die noch älteren Formen der Vernunft anhingen.

Es kommt noch dicker: Politik in Form des Parlamentarismus, des Redeforums also, versteht sich als Entscheidungsfindung auf Basis von Argumentationen. Doch, ausdrücklich sogar. Das ist die Grundidee des Parlaments. Man muss kein Genie sein, um nach kurzer Analyse der Zustände festzustellen, dass Reden und Begründungen dort nur noch Teil eines absurden Rituals sind. Da ist jede katholische Messe vernünftiger.

Das Ritual bestimmt die Wirklichkeit

Dies wiederum hat aber auch Auswirkungen auf jene Vernunft, die den höchsten Ansprüchen gerecht wird. Sei sie noch so wach, maßvoll und selbstkritisch, sie bleibt in ihrer politischen Form weiterhin Argumentation. Sie bringt gute Argumente hervor, beständige, richtige, plausible, überprüfbare. Es bleiben dennoch Argumente, und wer an die glaubt, ignoriert die Wirklichkeit.

Die schlechteste Form des Arguments ist die offene, unverhohlene Lüge. Ein Sprichwort sagt, es sei zu anstrengend zu lügen, weil man sich all die Geschichten nicht merken kann, die man anderen auftischt. Selbst das ist aber nicht wirklich, denn die anderen vergessen sie ebenfalls. Sie verdrängen sie, ignorieren sie und helfen oft dem Lügner bei der Verzerrung der eigenen Weltsicht. Dabei hat das Etablierte eine Gravitation. Der Status Quo krümmt den Raum. Das, was ist, saugt das Mögliche in sich auf und lässt es verschwinden. Wer Veränderung versucht, kämpft gegen diese Kraft an.

Daher ist Argumentieren auch ein Sport für Leute, die nichts Besseres zu tun haben. Doch, so sehe ich das wirklich. Machen wir uns nichts vor: Du kannst noch so brillant sein, geduldig, präzise und wach; die meisten lassen ihr Weltbild null beeinflussen von Diskursen und hauen Argumente nur raus, weil das ein Ritual ist. Darauf setzen die Machtprofis, PR-Fuzzis und korrupten Stellvertreter längst auf. In der Fabel vom Wolf und dem Lamm fehlt nur noch ein Wähler, der ergänzend anmerkt, der Wolf habe “sicher seine Gründe”, sonst würde er nicht so handeln können und man wählte ihn ganz sicher ab.

 
merkrind

 

 

Merkel.

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stratfrat

Nach vier Wochen Pause – der letzte Artikel ist vom 22. November – geht es in den nächsten Tagen mit Inhalten weiter. Ich habe in dieser Zeit einiges sortieren können. Tatsächlich habe ich mich auch gefragt, ob ich überhaupt weitermachen soll. Nicht zuletzt, weil ich trotz Blogpause das zwanghafte Gefühl nicht ganz loswurde, ich müsste unbedingt etwas veröffentlichen. Weil ich scheinbar nie ganz abschalten kann. Ich bezweifle aber, dass das wirklich am Bloggen liegt.

Was mich überzeugt, sind zuerst natürlich all die Leute, die mir deutlich gemacht haben, dass auch wenn ich selbst mein Geschreibsel für überflüssig halte, das nicht unbedingt für andere ebenso ist. Das bestätigte sich nicht zuletzt dadurch, dass ich das Mehr an Zeit u.a. mit dem Lesen von Blogs zugebracht habe und immer ganz gespannt auf die nächsten Artikel war. Als Mrs. Mop ihren Rückzug erklärte, hatte ich dann Gelegenheit, auch von dieser Seite aus zu erfahren, wie das ist, wenn man weiß, dass man vergeblich warten wird.

Solider Grund

Ich fand auch einen Artikel recht motivierend, der sich mit dem Teil des Netzes befasst, den ich eher meide und der nicht alles bleiben darf, was die Zukunft noch bietet. Nee. Blogs sind wichtig. Wenn schon nicht für die politische Entwicklung, dann doch zumindest für Menschen, die nicht allein mit dem ekligen Mampf des Mainstreams gestopft werden wollen. Da draußen gibt es Leute, die wollen lesen. Ich kann schreiben. Das ist Grund genug es zu tun, solange ich morgens noch aufstehe.

Es wird sich einiges ändern, und zwar vor allem in meiner bräsigen Birne. Ob man das da draußen merkt, weiß ich gar nicht. Mein Timing wird sich ändern. Ich werde für einige Artikel länger brauchen, auch mal sorglos ein paar Tage nichts veröffentlichen, die Frequenz wieder nach meiner Inspiration ausrichten und nicht nach dem Bestreben, möglichst viele Leser zu halten. Es wird vielleicht hie und da auch extremer werden. Vielleicht kann man mit Argumenten niemanden überzeugen, aber es ist mir ein Bedürfnis, gelegentlich Statements abzugeben. Wer’s nicht glauben will, der soll halt nichts gewusst haben. Sie kommen uns eh irgendwann holen.

Schließlich ist es nicht das Medium, das die Zeit macht. Schreiben kann sehr deprimierend sein. Ähnlichkeiten mit der Wirklichkeit sind aber weder zufällig noch beabsichtigt, sondern unvermeidlich. Einige von uns haben immerhin noch so viel Rock’n Roll in sich, dass wir trotzdem zu lachen, zu singen und zu saufen haben. ¡No Pasarán!

 
lynn

Die Archivdatenbank wird hiermit für angebunden und gültig erklärt. Anbei eine Dokumentation der Arbeiten. (Ich konnte den Kaffeefilter nicht mehr sehen.)

 
Mach’s gut, Missis. Blogspot lässt mich nicht kommentieren, daher von hier aus ein Mach’s gut, danke für die Schuhe und möge sich etwas Sinnvolleres finden.

 
dish

Das ist so leer hier. Mal ein wenig Füllstoff reinschäumen: “Wer macht das alles weg?” ist doch die Frage. Der Koch hat immer den ganzen Ruhm für sich. Nach ihm das Stilleben.

Sollte das so funktionieren wie ich mir das vorstelle, gibt es jetzt hier eine frische Datenbank und im Keller ein Archiv. Ich werde das bald in der Sidebar verklinken.

Mit der neuen DB ist leider der Umstand verbunden, dass ich alle Erstkommentare freischalten muss, das kann jeweils etwas dauern, schlimmstenfalls ein paar Tage.

Die bisherigen Links auf feynsinn.org bzw. die hiesigen Artikel funktionieren jetzt natürlich nicht mehr; die Adresse muss jeweils von Hand in https://archiv.feynsinn.org/?p=xyz verändert werden.