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August 2014


 
Ich war schwimmen mit Kindern. Ich. Schwimmen. Mit Kindern! Wenn man in meinem Alter noch so bescheuert ist, quasi freiwillig dergleichen beizuwohnen, obwohl niemand einem seine geladene Knarre ans Ohr hält, lässt das ja schon tief blicken. Ich meine: Wir können zum verfickten Mars fliegen oder von interstellaren Handelsabkommen träumen, die uns traumhafte Wachstumsraten bescheren. Wir können nicht nur Minicomputer bauen, die man streicheln kann und die immer mehr immer bessere Features bieten, wir können sogar immer schlechtere Minicomputer mit immer mehr Bugs in immer kürzerer Zeit für immer mehr Kohle verhökern. Aber eine Lautstärkeregelung für Staubsauger oder die Scheißblagen kriegen wir nicht hin.

Wie auch, wenn sich Mulithonks wie ich mit solchen Schallterroristen auch noch in die geflieste Hölle eines bekackten echooptimierten Schwimmbades begeben, ohne dass man bis zur Unkenntlichkeit in Kabelbinder gewickelt dorthin gezerrt oder wenigstens vorher erschossen wird, was ja noch in Ordnung wäre. Das heißt doch schon „Hallenbad“, weil es eben hallt wie St. Paul’s. Man muss wohl auf eine nachgerade magische Weise, hinter der sich wie bei aller Magie eine bizarre Psychose verbirgt, betäubt sein. In meinem Fall leider nicht ausreichend, weswegen ich auch immer, wenn ich am Rande solch chlorierter Kleintiertümpel vor mich hin deliriere, an Saufen, Kiffen und weniger gesundheitsfördernde Genüsse denken muss.

Jegliches Grauen wartet hier auf das Auge des Betrachters, um den kurzen Weg durch den Sehnerv ausnutzend dem geplagten Hirn seine toxischen Eindrücke in die graue Masse zu fräsen. Während an einem solchen Ort das Jungvolk von Breifresser bis Hormonopfer seine Adipositas beim Wettwälzen auf dem Luftkissen durchknetet, geben in der abgetrennten Spalte nebenan quietschvergnügte freundliche Wassersportler dem noch nicht ganz bewegungsunfähigen Restgespross Schwimmunterricht. Nett, freundlich, hilfsbereit.

“Ein neuer Tiefpunkt”, wie ich auch ohne die drei Weizen erkenne, die ich mir notgedrungen virtuell, dafür aber intravenös verabreiche. Was soll das?! Zu meiner Zeit, als noch alles seine Richtigkeit hatte, gab es noch echte Trainer. Wenn da ein „Merkel” „eine „Raute“ machte, hieß der nicht Angie und glotzte hohl aus dem Hosenanzug, sondern Max und peitschte seine Opfer buchstäblich über den Rasen. Ein Schwimmtrainer hat dich seinerzeit gescheucht, bis du blau anliefst und zum Abschluss deinen Kopf ins Wasser gedrückt mit der Ansage: “Trink’ aus, wir wollen gehen!”. Danach warst du Kampfschwimmer oder hast nie wieder einen Zehnagel in so eine gekachelte Pissfütze getaucht. Ich habe die weise Entscheidung getroffen, mich fortan davon fernzuhalten.

Das Zeug darin ist sowieso immer zu kalt, wenn es nicht gerade eklig warm ist, definitiv zu nass, schmeckt scheiße und dröhnt kein Stück. Wozu wird dann eigentlich das ganze Gift da reingekippt? Clusterbullshit! Und dann kommen also diese Dealer von halogenisierter Plörre und Puls Hundertfuffzich daher und fixen unsere Kinder mit ihrem Spocht an, bloß weil sie sich keine anständige Murderline leisten können, die zivilisierte Menschen an dieser Stelle vorziehen. Wenn ich diesen brutalen Extremisten eines wirklich gönne, sind es Kinder!

 
1994x

Ich lese gelegentlich meine alten Texte. Das ist eine wunderbare Funktion des eigenen Blogs, das auf dessen Bezeichnung als “Log” hinweist (nein, nicht die Vergangenheitsform von “lüge”; das englische Wort für “Tagebuch”): Man kann sich auf einer zeitlichen Ebene reflektieren, die eigene Entwicklung betrachten, um sich zu schämen, auf die Schulter zu hauen, zu nicken oder sich zu schütteln.

Ich weiß, dass ich sehr lange gezehrt habe von Kommentaren zum vor allem politischen Geschehen. Das ist eine sehr dankbare Aufgabe, weil man sich immer an anderen Texten abarbeiten kann, Personen bewerten oder Aussagen prüfen. Das geht an der Stelle nicht mehr, wo man nichts dergleichen mehr findet, wo sich ein surreales Szenario über den Alltag legt und das Leben zu einer PR-geschönten Kopie der Kopie von Leben wird. Wenn so etwas hier längst nicht nur das Nachmittagsfernsehen, sondern genau so den ‘Qualitätsjournalismus’ und fast die gesamte Kommunikation prägt.

Ich weiß nicht, wann mich diese Krise erwischt hat und das Schreiben ein ganz anderes Gewicht bekam, immer öfter zur Last wurde. Es könnte im September 2009 gewesen sein. Da schrub ich noch über Namen und Parteipolitik, war aber eigentlich bereits fertig damit. Ich wiederhole mich:

quote

Es scheint niemanden so recht zu interessieren, jedenfalls nicht in der Opiumhöhle einer deutschen Medienlandschaft. Das Volk wird eingelullt mit Kuschelbullshit wie “Angie steht auf Richard und Robbie”, während an demselben Tage ein einziger großer Wahlboykott stattfindet – von Seiten der Kanzlerkandidaten. Nachdem Merkel ihr dreistes Versteckspiel mit der Absage der heutigen Elefantenrunde gekrönt hat, hat Steinmeier nachgezogen. Es bleibt also beim Verkündungs- und Stichwortbingo.

Zwar darf man von einem Aufeinandertreffen der Parteichefs bzw. Spitzenkandidaten nicht allzu viel erwarten, aber selbst wenig und mager wären noch eine ganze Menge gewesen im Vergleich zu dem, was uns bislang alles nicht geboten wurde. Die Ausgangssituation wäre sogar äußerst spannend gewesen:

Westerwelle hätte sich fragen lassen müssen, wie er sich auf eine Union festlegen könne und vor allem auf welche. Der aktuelle Steuerporno der CSU etwa – rauf runter, rein raus – kann ihm wohl kaum behagen. Was CDU und CSU überhaupt eint, hätte sicher jemand gefragt. Wie Steinmeier sich den Eismännern der sozialen Kälte anbiedert, mit denen er ja doch irgendwie koalieren will. Was die Grünen eventuell einmal nicht mitmachen und wie die Linke sich in dem Spiel verhält, dessen Zuschauer sie ist. Das sind nur einige wenige Themen, über die eine konzentrierte direkte Auseinandersetzung nicht stattgefunden hat.

Man redet aber lieber “im Zusammenhang”, will heißen: auswendig gelernt, man redet lieber übereinander und setzt eingeübte Schläge und Tritte ins Nichts. Man redet nur über Themen, die zuvor von einem Stab esoterischer PR-Berater freigegeben wurde und nur mit Menschen, deren Unbedenklichkeit schon in die Geburtsurkunde eingetragen ist. Man hat gern recht. Man ist vollkommen unfähig zu jedweder Diskussion.

Die ARD hat den rhetorischen Totalausfällen und Feiglingen vor dem Volk heute eine deftige Klatsche verabreicht, was aber kaum jemand notiert hat. Es wurden, wohl eher aus purer Not, die Elefantenrunden aus früheren Wahlen gezeigt. Nicht nur, daß fast jeder Politiker dieser Generation(en) mehr Format hatte als diese “Elite”. Allein daß diese Sendung zustande kam, ist ein ungemein zynischer Kommentar zur Lage der Nation. Zeigen wir eben historische Wahlkämpfe, wenn es keinen aktuellen gibt. Zeigen wir den Leuten, daß es einmal etwas zu entscheiden gab. Zeigen wir ihnen leidenschaftliche Politik. Stoßen wir sie mit der Nase tief ins Elend des Gehirnwaschsalons 2009.

Was Lobbyisten aus der Gesetzgebung gemacht haben, was Funktionäre aus den Abstimmungsverfahren gemacht haben, haben PR-Berater und journalistische Hofschranzen aus der politischen Kommunikation gemacht. Es wird verkündet und genickt, eingeschärft und geprüft, wiederholt, abgesichert, abgesprochen, noch einmal wiederholt und eingeübt und abgenickt und wieder eingeschärft. Es werden die Begriffe zurechtgebogen und eingeschliffen, tabuisiert und verteufelt, emotional angereichert und nach Effizienzkriterien in der Wählerschaft verklappt. Es werden Alternativen in aufwendigen Verfahren mehrfach ausgesiebt und endgelagert, bis es nur noch eine “Wahrheit” gibt, die dann das oben beschriebene Verfahren durchläuft. Widerspruch ist zwecklos.

Und wenn er dann doch droht, weil es jemanden geben könnte, der etwas sagen könnte oder dazu verleiten könnte, daß etwas gesagt würde, das nicht eingeübt, geprüft und abgenickt ist, dann gehen sie einfach nicht hin. Die Kanzlerkandidaten, alle beide!
Wer sich derart aus dem Kampf verdrückt, wer sich so feige aus dem Staub macht und diejenigen im Regen stehen läßt, die er zu führen beansprucht, dem wird in diesen Zeiten zum Dank noch eine Limousine gestellt, anstatt ihm die Pistole zu reichen. Gerechter wäre es, der Anfang einer kleinen Gerechtigkeit, wenn man nachher wenigstens notieren dürfte: “Auf der Flucht abgewählt”.

 
Ich bin ein Aufklärer. Viele Menschen wissen nicht, wie sie sich richtig im Netz bewegen, was wichtig ist was unwichtig und wie man die Dinge hier sehen muss. Ich helfe ihnen gern dabei. Einige Beispiele, wie man auf andere reinfallen kann und worin meine Aufklärungsarbeit besteht:

Jemand glaubt, er könne etwas, das ich nicht kann.

Schreiben zum Beispiel. Jemand kommt lockerer daher als ich. Oder kompetenter. Besser informiert oder besser vernetzt. Kann Dinge schneller auffassen oder in fundiertes Hintergrundwissen einordnen. Und bildet sich natürlich was drauf ein.

Na und? Ich kann auch schreiben. Okay ich weiß nicht so gut wo die Kommas, hinkommen. Ich wahr in der Schule oft krank und kann seiddem nicht gut rechtschreibung. Aber ich kann trotzdem mitreden. Die “Informationen”, die ich brauche, habe ich in Nullkommanix von Wikipedia und aus den Blogs, die ich gut finde. Wer das nicht kennt und sich damit nicht befasst, ist sofort entlarvt! “Hintergrundwissen”, dass ich nicht lache! Nur Sektengründer arbeiten mit sowas. Ich kann doch auch alles ganz einfach erklären. Seht ihr, schon wieder gewonnen! Wer mir zu flapsig kommt,. ist ein Clown, und wer mich nicht witzig findet, ist ein Spießer. Lasse ich sie dann sofort wissen.

Fotografieren zum Beispiel. Die Fotos werden von vielen gelobt.

Pah, sieht ein Blinder, dass die mit Photoshop bearbeitet sind, kann ja jeder. Ich habe damals noch analog fotografiert und sogar einmal selbst entwickelt. Wer das nicht kennt, hat keine Ahnung. Alles Kitsch hier. Lasse ich die anderen sofort wissen.

Unterhalten zum Beispiel, reden, komisch sein.

Wenn das Taug hätte, käme das im Fernsehen, und überhaupt: Ich mache doch nicht die Glotze aus, um mir hier doch wieder Geflimmer anzutun. Lasse ich sie gern wissen, diese Hobbyanimateure.

Jemand ist beliebt und zieht viele Nutzer an

Ja, wie macht der das wohl? Macht die Leute von sich abhängig. So etwas geht nur mit Techniken, die auch Parteien und Kirchen einsetzen. Wer das nötig hat, hat’s nötig. Mache ich denen auch gleich klar und ihren unkritischen dummen Anhängern sowieso.

Jemand wird dauernd nach seiner Meinung gefragt

Wahrscheinlich ist der das alles selber. Kommentiert sich selbst unter verschiedenen Nicks. Stellt sich Fragen und beantwortet die dann. Das kann absolut jeder. Solchen Leuten mache ich ihre Irrelevanz täglich deutlich. Womöglich macht der das auch noch unter seinem Klarnamen. Wer so eitel ist, gibt ganz klar zu erkennen, dass er sich nur größer machen will als er ist. Außerdem haben diese Narzissten keine Ahnung vom Internet, wie kann man nur so blöd sein? Ich schreibe doch auch unter Pseudonym. Kann der Amateur gern von mir lernen.

Jemand stellt unmoralische oder sogar verbotene Inhalte ins Netz

Der muss ja wissen, was er tut, also erzähle ich es ihm. Immer wieder, denn ein bisschen Ordnung muss ja sein. Natürlich – natüürliich macht er das anonym, der Feigling! Wenn er wirklich dahintersteht, warum dann anonym? Ist ja lächerlich!

Das sind nur einige wenige Beispiele, wie mein Widerstand dafür sorgt, dass das Internet nicht ganz zu einem Tummelplatz von Unwissenden und ihren Verführern verkommt. Ich werde hier bald ein anschauliches Beispiel geben, wie ich jemanden widerlegt, entlarvt und bloßgestellt habe. Also Leute, denkt immer dran: Nicht bloß reden!

 
Ich hatte neulich das Missvergnügen mit jemandem von einer Krankenkasse zu telefonieren in dem Ansinnen, über die Kostenbeteiligung an einer Therapie zu sprechen, die die Gesetzliche noch vor einigen Jahren voll finanziert hat. Seitdem nicht mehr, ohne auffindbare Begründung, und als ich bemerkte, da habe wohl jemand den Rotstift kreisen lassen, antwortete der Mann: „Die werden sich dabei wohl etwas gedacht haben“.

Ich erwähne das hier nicht, weil ich mich über derartige Stereotypen ärgere, die solche Bücklinge ernsthaft für Argumente halten. Ich erwähne es wegen des Phänomens dieser Zeitgenossen, die hier in den Diskussionen immer wieder herumspuken als „Blödmichels“, „Lemminge“, „Bürger Blöd“ und ähnliches.

Sein und Handeln

Es ist mir dabei einerseits völlig klar, dass Menschen, die sich beizeiten so verhalten, vermutlich in der Mehrheit sind und es sich schon allein daher verbietet, sie in Bausch und Bogen für untauglich zu erklären. Ich kann es andererseits genau so wenig durchgehen lassen, dass sich geistige Funktionsmöbel im Schutz eines vermeintlichen Common Sense immer wieder zu Richtern und Henkern aufschwingen. Das Eichmännchen ist der unterdrückte Unterdrücker, der nur seine Pflicht tut, sich stets im Einklang mit der Obrigkeit wähnt und seine Zugfahrpläne eifrig auf Pünktlichkeit trimmt, egal ob andere darunter leiden und womöglich zu Tode kommen.

Diese Mentalität beginnt nicht im Extremfall, den unser oben genannter Exekutor vielleicht gar nicht bemerkt. Es sind für ihn nur Formalitäten, während es am anderen Ende ums Überleben geht. Was soll er da selber denken? Auch Faschismus beginnt nicht in Auschwitz, wie schon öfter hier vermerkt; er endet nur dort. Widerstand seinerseits beginnt nicht im militanten Kampf gegen die grausame Diktatur, sondern ist der tägliche Widerspruch gegen Ungerechtigkeit und Erniedrigung. Mitmachen ist das Gegenteil. Was zählt, ist hier nicht der Erfolg, sondern der Beitrag.

Wie verfahre ich aber mit den Micheln, den Eichmännchen? Entschuldige ich sie, weil sie ja Mitmenschen sind und und lasse ihnen ihre kleine Macht, mit der sie ihre Mitmenschen wiederum behandeln wie Stückgut? Oder bekämpfe ich sie, weil sie der Unmenschlichkeit täglich Tür und Tor öffnen? Ich schlage an dieser Stelle vor, zunächst eine Unterscheidung zu treffen zwischen Idioten und Nützlichen Idioten. Letzteres ist ein feststehender Begriff. Er bezeichnet eben jene Mitmacher, austauschbare Söldner beliebiger Herrschaften, im Gegensatz zum Idioten – ehedem Inbegriff für den angeboren Schwachsinnigen. Es ist eigentlich ganz einfach: Sie sind nicht so, sie handeln so. Für ihre Taten muss man sie verantwortlich machen.

Eine Frage der Ethik

Aber selbst ein Mörder ist nicht nur ein Mörder. Er ist ebenso vielleicht ein Handwerker, Vater, Autofahrer. Die Tat macht ihn zwar zum Mörder, aber damit sind nicht seine Eigenschaften verändert, er hat lediglich auf eine Weise gehandelt, die ihn eben zu einem solchen macht. Nicht anders ist es mit den Micheln und Eichmännchen (übrigens auch mit Autofahrern und Vätern). Wenn sie sich verhalten wie welche, ist es auch grundsätzlich richtig, sie so zu nennen. Die Hampelmänner, die einem mit Stammtischweisheiten kommen wie der da oben, die schwadronieren: „Mach ich’s nicht, macht’s ein anderer“ oder „das haben wir schon immer so gemacht“, „da kann ja jeder kommen“, darf man für diese Haltung durchaus verachten.

Allerdings: Jeder Tag ist ein neuer Tag. Ein Tag, an dem wieder neue Entscheidungen zu treffen sind. Man kann sich dann wieder entscheiden, sich zu ducken, zu funktionieren und wegzuschauen. Es ist nicht leicht, aber es muss das Ziel sein: wissen wollen, was man tut und Entscheidungen treffen, die man auch dann akzeptieren kann, wenn man selbst davon betroffen ist. Dazu muss man weder Kant lesen noch Philosophie studieren.

 
buta

Wir müssen uns deutlich machen, dass ein Finanzierungsvorbehalt nicht einfach vorgebracht wird, weil niemand über Alternativen nachdenkt. Das bedeutet aber auf der anderen Seite nicht, dass es allein deshalb schon Alternativen gibt, weil man gern welche hätte. Im Ringen um Möglichkeiten und Entscheidungen ist die freiheitliche Demokratie darauf angewiesen, dass bei allem Mut und aller Entschlossenheit das Augenmaß nicht verloren geht. Die Märkte sind äußerst sensibel gegenüber politischen Entwicklungen, und wie wir gerade in den vergangenen Jahren gesehen haben, wäre es töricht, sie zu vernachlässigen oder gar Politik gegen die Märkte zu machen. Das führt zu gar nichts. Wer heute versucht, durch bürokratische Hürden die heimische Wirtschaft zu schwächen, hat die Globalisierung nicht verstanden und ist nicht zukunftsfähig.

Nachhaltigkeit kann nicht durch mehr Staat gewährleistet werden, denn gerade in Zeiten der Krise bedeutet mehr Staat weniger Markt, weniger Wachstum und weniger Freiheit. Wer kann das wollen? Es ist auch niemandem damit gedient, wenn ausgerechnet jetzt der Standort Deutschland durch steigende Lohnnebenkosten belastet wird. Die Gewerkschaften, die mit großem Einsatz und großer Disziplin moderate Lohnabschlüsse mitgetragen haben, um das zarte Pflänzchen Wachstum nicht zu gefährden, hätten sicher auch wenig Verständnis dafür, wenn die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Ende des Tages weniger in der Lohntüte haben, weil wir sie mit höheren Staatsausgaben bestrafen.

Zukunft schaffen!

Anhand der überbordenden Staatsverschuldung nicht nur hierzulande, sondern gerade in den Nachbarstaaten können wir sehen, dass “Staat” gleichbedeutend ist mir Ausgaben. Sollen noch mehr Schulden gemacht werden oder vielleicht die Konjunktur endgültig durch höhere Steuern abgewürgt werden? Sollen wir auf Kosten künftiger Generationen und zu Lasten der Leistungsträger den Besitzstandwahrern jeden Wunsch erfüllen, den sie äußern? Was sagt wohl die hart arbeitende Krankenschwester dazu, wenn wir ihr dafür hintenrum das Geld aus der Tasche ziehen? Nein, wir müssen der privaten Wirtschaft ein gutes Investitionsklima bieten. Damit sorgen wir für Wachstum und Arbeitsplätze, nur so schaffen wir Zukunft für uns und folgende Generationen.

Wir müssen uns auch darüber im Klaren sein, dass der Finanzstandort durch falsche Schuldzuweisungen und populistische Maßnahmen gefährdet wird. Die Investoren ziehen weiter, wenn man ihnen nicht ein gesundes Geschäftsklima bietet. Natürlich muss es Regeln geben, aber das darf nicht dazu führen, dass wir diejenigen enteignen, die mit ihrem Einsatz und ihrer Risikobereitschaft bei uns investieren wollen. Wir sollten uns darüber freuen, wenn in diesem Land gute Gewinne gemacht werden, dann davon profitieren alle, insbesondere die Arbeitnehmer. Die wissen das auch ganz genau, denn auch hier reicht wieder ein Blick über den Gartenzaun: Während die anderen mit Minuswachstum und Massenarbeitslosigkeit zu kämpfen haben, kann hier schon in einigen Jahren wieder Vollbeschäftigung herrschen.

Also: Runter mit den Staatsschulden, runter mit den Steuern, runter mit den Staatsausgaben, mehr Freiheit für alle, rauf mit Wachstum und Beschäftigung! Für eine gemeinsame Kraftanstrengung von Politik, Arbeitnehmern und Arbeitgebern – darauf müssten wir uns doch alle einigen können!

Anhaltender Applaus von CDU/CSU, FDP, SPD und Grünen.

 
Ich hatte dieser Tage einige Gespräche mit jemandem, der sich erklärtermaßen nicht sonderlich “für Politik interessiert”. Der Mann hat hier und da seltsame Ansichten, und als ich jung war, hätte ich ihm vermutlich Tiernamen gegeben und ihn für hoffnungslos unwürdig erklärt. Stattdessen nahm ich seine Erlaubnis über uninteressante Dinge zu sprechen wahr, um ihm einige interessante Informationen zu geben; prüfbare Informationen, die er dann tatsächlich auch ganz interessiert aufnahm.

Derselbe sprach mich heute ganz von selbst auf das Thema Ukraine und Konvoi an; da hatte ich noch gar nicht zur Kenntnis genommen, was gleich noch folgen wird. Ehrlicherweise sagte ich, dass ich nur zwei Quellen hätte, aus denen ich Informationen dazu hätte, nämlich das, was die versammelte Journaille so recherchiert hatte: Die Ukrainische Regierung und Ria Novosti. Was soll ich mit solchen ‘Informationen’? Die meisten benennen dabei nicht einmal Poroschenkos Kriegspartei, und im Internet Zeitung lesen kann ich eh selber. Dazu brauche ich keine Zweitverwerter.

Abschreiben, verkünden, vollstrecken

Einen Schritt zurück kurz: Ich hatte mir eh gestern schon folgendes notiert:
In Spanien gibt es einen Ebola-Verdachtsfall“, meldete die FR. Soso, einen “Verdachtsfall”, und das ist dann eine Meldung? Wieso? Es kann nur einen Grund geben: Klingt gefährlich, erregt Aufmerksamkeit. Hat aber null Inhalt. Kann man da nicht warten, bis sich das bestätigt hat oder eben nicht? So geht Qualitätsjournalismus.

Die nächste: “IS-Miliz soll 700 Stammesangehörige getötet haben“, steht in der Sueddeutschen und einem Dutzend anderer Medien, wird auch im Radio erzählt. “Soll”, könnte, hat vielleicht, vielleicht auch nicht. Ist das eine Meldung? Und was habt ihr für mich dahinter? Waren es vielleicht mehr oder weniger als 700? Vielleicht hat das gar nicht stattgefunden? Oder es hat etwas stattgefunden, man weiß aber nicht, wer, wo und was genau? Q-Journalismus halt.

Derweil hört man nach der gespielten Empörung der Propaganda überhaupt nichts mehr vom Flugzeugabsturz in der Ukraine. Nicht einmal Fragen. Der “Spiegel”, das Hetzblatt für transatlantische Gemütlichkeit, hatte doch so auf die Trommel gehauen. Was ist denn nun, ihr Superreporter? Kuhjournalismus ist, und die Viecher wieder im Stall. Auf jedem Dorf kriegst du Watschen, wenn du so einen Mist verzapfst und dann so tust, als hättest du nie etwas gesagt.

Suche nach dem Tiefpunkt

So ist es auch derselbe Stall, aus dem ernsthaft ein zweifelnder Leser, der nach Belegen für Behauptungen fragt, abgespeist wird mit der Gegenfrage: “Gibt es eigentlich konkrete Belege, dass dem nicht so ist?
So denken sie da. Es wird etwas verkündet, in der Regel auf Befehl aufgeschrieben oder stumpf abgeschrieben, und daran hat man gefälligst nicht zu zweifeln, bis das Gegenteil bewiesen ist. Der Leser ist hier dummer Untertan, sonst nichts.

In Grunde kann man sich solche Beispiele schon schenken, denn es gibt keinen Journalismus mehr. Wahrscheinlich wird dieser Nützliche Idiot noch einen Preis verliehen bekommen für seine treuen Dienste, so wie Obama den Friedensnobelpreis und Kleber den Hans-Joachim-Friedrichs-Preis. Diese Farce kann nämlich kein Ende finden, solange kulturell und intellektuell noch ein Stein auf dem anderen steht. Da gibt es immer etwas, das man noch nicht ganz ruiniert hat. Am Montag. Am Kiosk.

 
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Eine der bizarrsten Geschichten der DDR und ihres greisen Elferrats, sprich: Politbüro, ist die vom Nutzen und Wehe des Rock’n Roll. Da taten sie sich nichts, die Nazibürger mit ihrer Abneigung gegen “Negermusik”, ihre bundesrepublikanischen Nachfolger, die den Rock’n Roll in ihrem muffigen Kleinbürgerdasein so verdammten wie ihre Eltern den Jazz, und die Spießer des DDR-Establishments, die nur eine Funktion in der westlich-dekadenten Popkultur sahen: von den Problemen des kapitalistischen Alltags abzulenken.

Bevor der Rock’n Roll aufgekauft und zu einer Veranstaltung für zynische Manager und ihre tatsächlich hirnentkernte Konsumentenjugend wurde, verschaffte sich in Musik und dem Kult darum ein anderes Bedürfnis Ausdruck. Jugend, die sich finden wollte, die nicht einfach gehorchen wollte; das Gefühl, einer definierten Gruppe anzugehören, erlebtes Kollektiv und auch quasireligiöse Gemeinschaft.

To be, to do tobedobedoo

Ein anderes Feld: Bis heute hält sich unangefochten ein Kult, der zwar wie alles andere durchkapitalisiert ist, aber nach wie vor von denselben Atavismen getragen wird wie oben Genanntes: Fußball. Es gibt da nicht nur die Weltmeister aus der Championsleague. Bis hinein in die Kreisklasse gibt es noch Fans, die am Wochenende ihre Vereine unterstützen, zusammen hocken, singen und sich im Kreis der Ihren geborgen fühlen. Wenn sie nicht gerade dem Kreis der anderen aufs Maul hauen, was die andere Variante ist.

Diese Bedürfnisse sind nicht totzukriegen, und einer der dümmsten Versuche, eine ‘sozialistische’ Vorzeigegesellschaft zu errichten, war der Zwang, der gegen eine Musikkultur ausgeübt wurde, die keineswegs niveauärmer war als das offiziell gepflegte Lipsi- und Schlagerwesen. Interessanterweise wurde der Fußball auch dort kaum angetastet; es war vielmehr so, dass es gewisse Überschneidungen gab zwischen der Angehörigkeit zu staatlichen Einrichtungen und der Anhängerschaft bestimmter Vereine.
Sehr bemerkenswert übrigens auch die Rolle der Hooligans und Ultras im Kampf gegen Ägyptens Mubarak.

Diese und andere Phänomene, die an primitive Gesellschaften erinnern, werden von Nazis reichlich bedient, worin auch eine ihrer Stärken liegt. Rummtata, Corpsgeist, Feindbild schweißen zusammen und fühlen sich gut an, wenn man doof genug ist, die Kehrseite zu ignorieren und überhaupt nicht zufällig eine Abneigung hat gegen dergleichen oder Bedenken gegen irgendetwas. Das Bedürfnis ist da, man kann das nicht durch Zwang ändern, selbst wenn man das wollte.

Das Recht der Eingeweide

Daher ist es auch wichtig, in der ewigen Frage, ob nun das Sein das Bewusstsein verstimmt oder umgekehrt, nicht zu vergessen, dass es da noch Instanzen jenseits von beidem gibt. Es wäre hier unklug, die Bedürfnisse einfach dem ‘Sein’ zuzuschlagen, um Recht zu behalten. Es gilt, den Menschen mit seiner Umwelt in einen Einklang zu bringen, und in diesem Sinne sind seine Bedürfnisse, die er aus grauer Vorzeit mit sich herumschleppt, sowohl Mensch als auch Umwelt.

Es hat Versuche gegeben, dergleichen zu entwerfen, hier ist z.B. Herbert Marcuse zu nennen und sein Begriff des ‘Eros’. Allgemein sind solche Bestrebungen in der Ästhetik zu finden und in der Kunst, aber man sollte sich verdeutlichen, dass es sich hier nicht um eine abgehobene Kultur des Schönen handelt, sondern eher um den Anspruch der Eingeweide. Ein Anspruch, der sehr berechtigt ist und den zu ignorieren nur dazu führt, dass ihn andere wahrnehmen und für sich nutzen.

Gerade linke Modelle, Versuche echter Solidarität, haben hier das Zeug zur Alternative. Wo es gelingt, sich zusammen zu raufen und der ewigen Konkurrenz eine Struktur zuverlässigen Miteinanders entgegen zu setzen, ist endlich einmal die solidarische Einstellung der Linken vorn. Tatsächlich würde dies auch ungemein gestärkt durch Arbeitsbedingungen jenseits von Konkurrenz und Ausbeutung. Dies ist ein Teil der Geschichte, die man erzählen kann. Dazu müssen einige allerdings auch ihre aggressive Abneigung gegen vermeintlich primitives Rudelverhalten ablegen. Das braucht nämlich seinen Raum und nimmt ihn sich im Zweifel ohnehin.

 
Demokratie ist ein Problem. Es hat sie vielleicht nie gegeben; das hat mit vielem zu tun, unter anderem mit Geld. Zunächst aber ein kurzer Blick auf die ‘moderne Demokratie’ und ihren Anspruch:

Wenn die bürgerlichen Revolutionen nur den Adel stürzen sollten und stattdessen ein reiches Bürgertum an die Macht bringen sollten, waren sie erfolgreich. So werden es vielleicht liberale Extremisten sehen. Das ist aber keine Demokratie, es sei denn, ‘das Volk’ bestehe eben aus denen, die sich Macht kaufen können. Es widerspräche auch vielen politischen Ansätzen, schon der Gewaltenteilung, die ein Hinweis darauf ist, dass Machtballung eben nicht mehr stattfinden sollte. Erst recht widerspräche das dem Gleichheitsgrundsatz. Auf den Fahnen stand keineswegs von Anfang an: “Schweine sind gleicher”.

Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg belebte sich ein Anspruch an Demokratie, der sie stark machen sollte gegen Unrecht, Grausamkeit und Willkür. Die Rechte aller Menschen sollten gestärkt werden, insbesondere die der Arbeiter, und in der BRD war man sich anfangs sogar über die Parteigrenzen hinweg einig, dass die Zukunft sozialistisch zu sein hätte. Das stand sogar im Parteiprogramm der CDU.

Staat, Bande, Gewalt

Wie wir wissen, kam es sehr schnell anders. Der Wunsch wurde nach wie vor gepflegt, der Anspruch offiziell aufrecht erhalten, aber von Anfang an wurden Einschränkungen gemacht zugunsten einer wirtschaftlichen Doktrin. Die Menschen wurden nie gefordert für sich selbst einzustehen und ihre Selbstbestimmung wahrzunehmen. Sie wurden durch anfangs stattliche Löhne und ein sogenanntes “Wirtschaftswunder” auf materiellen Gewinn gepolt. Dass das Volk, selbstbestimmte Staatsbürger, der oberste Souverän sei, stand immer nur auf dem Papier. Es kam in der öffentlichen Debatte nie das Thema auf, wie das zu verwirklichen wäre und was alle Einzelnen dazu hätten tun müssen.

Die staatliche und wirtschaftliche Ordnung, die an die Stelle einer organisierten Selbstbestimmung trat, nimmt immer mehr mafiöse Züge an, wie es überall auf der Welt geschieht, wenn sie kollabiert. In Deutschland macht sich das ‘nur’ in Form von Verkrustung und zunehmender unverhohlener Korruption bemerkbar, in Südeuropa geht es regional auf mexikanische Verhältnisse zu, in Nordafrika und im Nahen Osten kann man sehen, wo das endet.

Mafiöse Verhältnisse etablieren sich überall; Eine Mischung aus Geldmacht und offener Gewalt bestimmt die Szene, wobei die Gewalt stets dem Geld folgt. Das ist kein Zufall, sondern schiere Logik. Geld ist flüssige Macht. Wer Geld hat, verfügt über andere, wer nicht genug davon hat, lässt über sich verfügen. Diese Basis mafiöser Macht herrscht dabei in geordneten Lohnverhältnissen genau so wie in kriminellen Banden. Brutalität mag helfen, in solchen primitiveren Strukturen nach oben zu kommen, aber sie steht letztendlich immer im Dienste der durch Geld bestimmten Hierarchie.

Dosierbare Macht

Es wird häufig argumentiert, auch jenseits kapitalistischer Strukturen habe es immer Macht und Gewalt gegeben. Das stimmt, aber einiges ist fundamental anders: Es mag religiöse Macht geben oder religiös ‘legitimierte’ – was übrigens nicht nur im Feudalsystem so war oder im Absolutismus, sondern durchaus auch in ‘modernen’ kapitalistischen Gesellschaften. Auch in jenen folgte die Gewalt den Hierarchien. Demokratie hat ja aber gerade den Anspruch, keine hierarchische Gesellschaft mehr zu sein, sondern eine der Gleichen. Das Paradoxon liegt aber vor allem im Fluss der Macht unter der Bedingung formaler Gleichberechtigung.

Erst diese macht alle und jeden zu ‘Handelspartnern’, erst so ist das System vollkommen durchlässig für Geld. Erst auf diese Weise erreicht die flüssige Macht jeden Winkel. Geld ist im Kapitalismus im Gegensatz zu allen vorläufern kalkulierbare, dosierbare Macht, die in den Händen derer Liegt, die es haben. Obendrein vermehrt es sich dort unentwegt. Wie kann unter solchen Bedingungen auch nur die Idee aufkommen, es sei eine Demokratie möglich? Eine Zeitlang, wie zum Schein, sah es so aus für alle, die es nicht genauer wissen wollten. Inzwischen wissen wir, dass diese Phase vermeintlichen Glücks allzu kurz war. Wer Selbstbestimmung will und dass die reale Macht beim Volke bleibt, muss sich von der Geldwirtschaft verabschieden.

 
adiEs ist öde. Nach Broder und Fleischhauer springen weitere Printproleten aus der Deckung, aktuell Mohr und Weimer, die einen ‘linken’ Hoppeditz verbrennen, sich an einer Witzfigur abarbeiten, die man kaum als menschliche Karikatur erkennt, geschweige denn mit irgendwelchen lebenden Menschen in Verbindung bringen kann. Die ‘Linken’, von denen diese rechten Heulsusen schwadronieren, sind einfach böse und hassen alles Gute, Punkt. Solche ‘Linke’ haben nie Gründe zu tun, was sie tun und zu denken, was sie denken, sondern sie sind einfach so, weil sie’s sind. Diese ‘Linken’ erfinden daher einfach Rassismus, Ungerechtigkeit, Not und Elend, um nachher den Kapitalismus, Amerika und die Juden (!) dafür verantwortlich zu machen. Genau wie Hitler, diese linke Bazille!

Es ist völlig sinn- und zwecklos auf derlei Gekeife einzugehen. Ich versuche im folgenden stattdessen einmal, mich in ein solches Dumpfhirn einzufühlen und beschreibe auf dieser Droge, was ein Rechter ist:

Sexbesessen

Die Rechten sind vor allem schwul. Natürlich können sie sich das nicht eingestehen, weshalb sie erst recht aggressiv homophob daherkommen, was ihr Kreiseln aber noch einmal beschleunigt, weil sie ja gegen die Russen sind. Die Russen wiederum sind aber Putin, so ein Mist! Der schwule rechte Uniformliebhaber, in dessen geistiger Umkleidekabine es nach glänzender Männerhaut riecht, kommt von der Palme gar nicht mehr herunter, wenn er, seine Männlichkeit zwischen die Schenkel zwingend, den starken Führer des Ostens betrachten muss. Nicht nur, dass der ‘Gute’ im Westen der falschen Rasse angehört; er wird auch noch durch diesen Traum von einem Mann konterkariert, den man einfach hassen muss, weil man ihn nie als Führer wird lieben dürfen.

Ambiguität macht aggressiv. Ausgerechnet das Ziel geheimer Triebe leistet sich einen unverschämten offenen Schwulenhass, was wiederum darauf hindeutet, dass er vermutlich selbst nicht abgeneigt wäre. In der politischen ‘Debatte’ ist es derweil wichtig, ihm genau das vorzuhalten, sich also zum homophilen Gutmenschen kastrieren zu lassen, um den Russen zu attackieren. Wer soll da noch wissen, wo oben und unten ist? Und wenn er eines noch weniger abkann als Unzucht und Kommunismus (der den Russen einfach genetisch anhaftet), dann ist es Komplexität. Gott, ist das unübersichtlich!

Für gegen für!

Allein schon, dass der Russe ein Kapitalist ist, stört ihn. Ja selbst wenn alle Russen eben Putin sind (der Übersicht wegen), ist der Russe Kapitalist, und nicht nur der. Selbst der ausdrücklich kommunistische Chinese ist einer. Die Rechten putinverstehen Russland nicht, weil sie eben keinen Kommunismus wollen. So sind sie. Alle. Weil der Russe der Feind des Amis ist, lieben sie lieber den Ami, auch wenn deren Chef ein – und das darf man noch nicht einmal sagen! Denn der Ami ist Kapitalist und der Russe ist der Konkurrent. Also eigentlich Kommunist, daher die Sympathie der Linken, so weiß er.

Die Rechten kommen mit der linken Wertewelt nicht zurecht, weil sie gegen die Schwulenehe sind und gegen Putin. Gegen Kommunismus und gegen Putin. Gegen Ausländer und Durchrassung, aber für Amerika und Obama. Für Demokratie, für die Nation und für Überwachung durch Fremdrassische. Der Rechte an sich ist ein revolutionärer Chaot und zerbricht an der heilen Welt linker Moral, wo man sich mit ein bisschen Logik noch zurecht findet. Das findet er spießig. Vor allem aber ist er heimlich links, weil er eigentlich weiß, dass die Linken die Guten sind. Das wiederum kann er sich nicht verzeihen und muss es durch Sadomasochismus kompensieren. Also verlangt er härtere Strafen. Vor allem für Kinderschänder, denn Kinder sind unschuldig. Süß. Zum Knuddeln. So zart und rein …

p.s.: Ja doch, der Rechte ist ein Mann. Seit wann haben Weiber bei der Rechten etwas zu melden? Die dürfen eine Raute machen und das Maul halten. Den Rest erledigen die wirklich wichtigen Leute.

 
Mit Fußballtrainern und Journalisten ist das so eine Sache: Egal welchen Stil sie pflegen, was sie damit erreichen und ob sie wiederholt unter Beweis stellen, dass sie eigentlich nichts taugen, sie tauchen bald im nächsten Club auf und machen weiter. Sie werden stets gut bezahlt, wenn sie einmal in eine gewisse Gehaltsklasse aufgestiegen sind, und die meisten von ihnen haben noch nie belegt, dass es ohne sie nicht vielleicht besser ginge. Vor allem sind sie austauschbar.

Im Journalismus war es einmal so, dass es gewisse Linien gab, hie “Stern” und “Spiegel”, dort “Bild” und “FAZ”, wenn es um die Einordnung im Parteienspektrum ging; hie “Bild” und “Stern”, dort “FAZ” und “Spiegel”, wenn es um Niveau ging. Da konnte auch nicht jeder einfach überall – man stelle sich vor, Augstein Senior und Axel Springer hätten zum Spaß die Plätze getauscht! Die Republik hätte für Jahre die Orientierung verloren.

Jeder kann alles

Inzwischen geht das durch die Drehtür: Matussek zur “Welt”, Blumencron zur FAZ, Malzahn zur “Welt” (alle vom “Spiegel”), Blome von Springer zum “Spiegel”, Steingart vom “Spiegel” zum Handelsblatt, Kleber sollte zum Spiegel, blieb aber für eine knappe halbe Million im Jahr beim ZDF. Mascolo sollte vom “Spiegel” zu Springers, ging aber dann zu einem “Rechercheverbund” von NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung, Mohr (vom “Pflasterstrand Cohn-Bendits über die TAZ) ging vom “Spiegel” zur FAZ. Das sind nur ein paar Beispiele, die mir bekannt sind.

Die schreibenden Adabeis tummeln sich überdies in NATO-Clubs wie der Atlantik-Brücke, dort zum Beispiel Kai Diekman, Tina Hassel, Claus Kleber, Ingo Zamperoni, Stefan Kornelius und ein ganzer Haufen von USA-Korrespondent/innen und für Außenpolitik zuständige Journalisten. Die Mischung macht’s: Der eine war sowohl Geschäftsführer der INSM als auch ‘Fachjournalist’, der nächste “moderiert” bei der Atlantikbrücke, noch ein anderer – Kai Diekmann – ist vom “Young Leader” zum Vorstandsmitglied der Brücke avanciert und ist Chef der Bildzeitung.

Die Herren und Damen kommen bei artgerechter Pflege auf sechsstellige Gehaltssummen plus Nebeneinkünfte, die Upperclass der Mittelschicht und somit das Nützlichste, was sich ein echter Herr vorstellen kann – so lange sie die richtigen ‘Meinungen’ produzieren. Was sie nicht produzieren, ist Hintergrund, Zusammenhang, offene Debatte. Was sie scheuen, ist Kritik, weshalb sie einander auch seltenst attackieren, es sei denn, einer wäre zum Abschuss freigegeben. Ich bedaure das seit Jahren und kann es nicht verstehen, dass der Stuss, den viele da ablassen, nicht von der Konkurrenz abgewatscht wird.

Man kennt sich

Nun, es gibt eben fast keine. Jeder muss Angst haben, dass es künftige Kollegen sind, die man angreift, und da verschanzt man sich lieber im selben Graben und zieht sich eine papierne Decke übern Kopf. Darunter steckt immer ein feiger Hanswurst, meist sind’s mehrere. Wer es anders hält, riskiert viel, vor allem den Vorwurf, ein Nestbeschmutzer zu sein, einer der ausschert, einer der seine Meinung über den großen Konsens der Gatekeeper stellt und womöglich glaubt, der Leser sollte mehr wissen.

Solche Nestbeschmutzer, wenn ich sie erwische, will ich hier outen, heute ist Stephan Hebel reif, der ohnehin regelmäßig durch kaum abgeschliffene Meinung auffällt. Den Mann wird niemals auf einem Panzer durch die Wüste fahren, und vermutlich werden auch die Schnittchen verdammt schnell knapp, wenn er sich dem Buffet nähert. Gute Türsteher lassen so etwas gar nicht erst hinein. Reinhard Mohr schreibt gegorenen Meinungsmüll. Hebel kippt ihm den vor die Füße. Weil er’s kann.

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