Demokratie ist ein Problem. Es hat sie vielleicht nie gegeben; das hat mit vielem zu tun, unter anderem mit Geld. Zunächst aber ein kurzer Blick auf die ‘moderne Demokratie’ und ihren Anspruch:
Wenn die bürgerlichen Revolutionen nur den Adel stürzen sollten und stattdessen ein reiches Bürgertum an die Macht bringen sollten, waren sie erfolgreich. So werden es vielleicht liberale Extremisten sehen. Das ist aber keine Demokratie, es sei denn, ‘das Volk’ bestehe eben aus denen, die sich Macht kaufen können. Es widerspräche auch vielen politischen Ansätzen, schon der Gewaltenteilung, die ein Hinweis darauf ist, dass Machtballung eben nicht mehr stattfinden sollte. Erst recht widerspräche das dem Gleichheitsgrundsatz. Auf den Fahnen stand keineswegs von Anfang an: “Schweine sind gleicher”.
Spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg belebte sich ein Anspruch an Demokratie, der sie stark machen sollte gegen Unrecht, Grausamkeit und Willkür. Die Rechte aller Menschen sollten gestärkt werden, insbesondere die der Arbeiter, und in der BRD war man sich anfangs sogar über die Parteigrenzen hinweg einig, dass die Zukunft sozialistisch zu sein hätte. Das stand sogar im Parteiprogramm der CDU.
Staat, Bande, Gewalt
Wie wir wissen, kam es sehr schnell anders. Der Wunsch wurde nach wie vor gepflegt, der Anspruch offiziell aufrecht erhalten, aber von Anfang an wurden Einschränkungen gemacht zugunsten einer wirtschaftlichen Doktrin. Die Menschen wurden nie gefordert für sich selbst einzustehen und ihre Selbstbestimmung wahrzunehmen. Sie wurden durch anfangs stattliche Löhne und ein sogenanntes “Wirtschaftswunder” auf materiellen Gewinn gepolt. Dass das Volk, selbstbestimmte Staatsbürger, der oberste Souverän sei, stand immer nur auf dem Papier. Es kam in der öffentlichen Debatte nie das Thema auf, wie das zu verwirklichen wäre und was alle Einzelnen dazu hätten tun müssen.
Die staatliche und wirtschaftliche Ordnung, die an die Stelle einer organisierten Selbstbestimmung trat, nimmt immer mehr mafiöse Züge an, wie es überall auf der Welt geschieht, wenn sie kollabiert. In Deutschland macht sich das ‘nur’ in Form von Verkrustung und zunehmender unverhohlener Korruption bemerkbar, in Südeuropa geht es regional auf mexikanische Verhältnisse zu, in Nordafrika und im Nahen Osten kann man sehen, wo das endet.
Mafiöse Verhältnisse etablieren sich überall; Eine Mischung aus Geldmacht und offener Gewalt bestimmt die Szene, wobei die Gewalt stets dem Geld folgt. Das ist kein Zufall, sondern schiere Logik. Geld ist flüssige Macht. Wer Geld hat, verfügt über andere, wer nicht genug davon hat, lässt über sich verfügen. Diese Basis mafiöser Macht herrscht dabei in geordneten Lohnverhältnissen genau so wie in kriminellen Banden. Brutalität mag helfen, in solchen primitiveren Strukturen nach oben zu kommen, aber sie steht letztendlich immer im Dienste der durch Geld bestimmten Hierarchie.
Dosierbare Macht
Es wird häufig argumentiert, auch jenseits kapitalistischer Strukturen habe es immer Macht und Gewalt gegeben. Das stimmt, aber einiges ist fundamental anders: Es mag religiöse Macht geben oder religiös ‘legitimierte’ – was übrigens nicht nur im Feudalsystem so war oder im Absolutismus, sondern durchaus auch in ‘modernen’ kapitalistischen Gesellschaften. Auch in jenen folgte die Gewalt den Hierarchien. Demokratie hat ja aber gerade den Anspruch, keine hierarchische Gesellschaft mehr zu sein, sondern eine der Gleichen. Das Paradoxon liegt aber vor allem im Fluss der Macht unter der Bedingung formaler Gleichberechtigung.
Erst diese macht alle und jeden zu ‘Handelspartnern’, erst so ist das System vollkommen durchlässig für Geld. Erst auf diese Weise erreicht die flüssige Macht jeden Winkel. Geld ist im Kapitalismus im Gegensatz zu allen vorläufern kalkulierbare, dosierbare Macht, die in den Händen derer Liegt, die es haben. Obendrein vermehrt es sich dort unentwegt. Wie kann unter solchen Bedingungen auch nur die Idee aufkommen, es sei eine Demokratie möglich? Eine Zeitlang, wie zum Schein, sah es so aus für alle, die es nicht genauer wissen wollten. Inzwischen wissen wir, dass diese Phase vermeintlichen Glücks allzu kurz war. Wer Selbstbestimmung will und dass die reale Macht beim Volke bleibt, muss sich von der Geldwirtschaft verabschieden.
August 12th, 2014 at 22:04
“Die Menschen wurden nie gefordert für sich selbst einzustehen und ihre Selbstbestimmung wahrzunehmen.” Ich frage Dich immer wieder: Wollen die Menschen das? Wieso erst nach ‘gefordert’ und nicht ganz von selbst?
“Sie wurden durch anfangs stattliche Löhne und ein sogenanntes “Wirtschaftswunder” auf materiellen Gewinn gepolt.” Ja, das ist sicher ein ganz wichtiger Punkt (wobei ein ‘relatv’ hätte mir noch gefallen: … anfangs relativ stattliche Löhne …). Das war dann aber die Schmierseife schlechthin!
“Es kam in der öffentlichen Debatte nie das Thema auf, wie das zu verwirklichen wäre und was alle Einzelnen dazu hätten tun müssen.” Warum kam’s nie dazu? Einerseits: Abgewürgt/fehlgeleitet, andererseits: Wollen das die Menschen? Wie hieß es doch ’68? “Geh doch rüber …”
Zur Gewaltenteilung braucht’s viel: Einer der teilt, einer der einen Teil auch übernehmen will – und Verantwortung -, ein Regelwerk das auch durchgesetzt und ggf. sanktioniert wird … Von allem war ein bisschen, und dann kam die Schmierseife, der Wohlstand. Der Rest ergibt sich dann von selbst.
August 12th, 2014 at 22:06
Zwei unleugbare Fuckten:
1.) Masse – dumm wie Brot
2.) es gibt gerissene Psychopathen, zwar nicht wie im Kino allein gegen den Rest der Welt, die sammeln sich eher – in Logen, im K*****-Puff, in Amt und “Würden”… auch das bekannt
-> Weltverschwörung. nur eine Frage der Zeit.
Aber Tyrannei so offensichtlich, nö! meh!
Aber wenn man den Massen irgendeine Welt vorgaukeln könnte und dann die “Lösung” parat hat, dann werden sie es – per Mehrheitsbeschluss – freudig herbeisehen.
So hat das ja auch beim Adolf geklappt, denn die Leute, die ihn installiert haben (klappt natürlich nur weil Fucktum 1 traurige Realität ist), haben ja auch die “Protokolle” geschrieben, die Banken gegründet, UND UND UND …
Und dann kam halt als “Lösung” der NS und zwar
DEMOKRATISCH legitimiert.
Klasse oder; richtig schön krank.
Aber wir zahlen ja auch mit 17 € ukrumm monatlich unsere eigene Verblödung, da bekommen “wir” auch unsere eigenen Versklavung noch hin, oder?
August 12th, 2014 at 22:27
@Vogel: “Ich frage Dich immer wieder: Wollen die Menschen das? Wieso erst nach ‘gefordert’ und nicht ganz von selbst?”
Demnächst in einem eigenen Posting dazu.
August 12th, 2014 at 23:44
Wieso bleiben die Mastviecher in ihren Ställen, Pferchen, Weiden? Richtig! Weil es ihnen dort besser geht als draußen! Was kümmert uns der Schlachttag wenn wir heute eine volle Futterkrippe haben?
Ob es wohl einen Versuch wert wäre, die Stalltüren aufzumachen und das Vieh mit kalter Luft und entbehrungsreichem Leben nach draußen zu locken?
Ich weiß, ich weiß …
Unzulässiger Vergleich und doch kommt er mir gar nicht so schlecht vor … manchmal.
August 12th, 2014 at 23:46
Unserem Schlachtvieh stehen die Informationen zur Verfügung.
August 13th, 2014 at 00:47
“Wer Selbstbestimmung will und dass die reale Macht beim Volke bleibt, muss sich von der Geldwirtschaft verabschieden.”
yep. so ist das. an dem punkt scheiter ich meist bei meinen gesprächspartnern, die mir mit der angeblichen systemfrage kommen. immerhin ist aus “immer” schon “meist” geworden.
August 13th, 2014 at 08:24
@5 flatter: Unserem Schlachtvieh stehen die Informationen zur Verfügung.
Stimmt. Und doch sind sie überwiegend nicht informiert!
August 13th, 2014 at 11:01
Die Menschen beziehen ihre Informationen wohl immer noch zuerst aus dem eigenen Erleben. Emotionals Erleben inbegriffen, und das ist nun einmal selbstbezogen. Ich meine aber, die Selbstbezogenheit fließt unaufhörlich in ein kollektives Erleben ein. Somit verhält es sich anders …als beim Schlachtvieh.
Oder etwas anders gesagt: wer sich zum Schlachtvieh zählt oder andere zum Beobachtungsgegenstand namens “Schlachtvieh” degradiert, sollte zur Muh- und Mähdiskussion wechseln.
>>> Von der Geldwirtschaft verabschieden…
…ist für mich nicht vorstellbar, weil zu komplex, oder besser, der erforderliche Übergang dahin ist mir nicht vorstellbar. Was gleichzeitig heißt: die Entwicklung einer Wirtschaftstheorie, die dahin führt, ist vorstellbar, und wünschenswert darüber hinaus.
Im übrigen finde ich Tomasz Konicz und @ Peinhard gleichermaßen lesenswert und muss nicht unbedingt herausfinden, wer von beiden ein Stück weiter in den Nebel hinausschauen kann.
August 13th, 2014 at 11:22
“der erforderliche Übergang dahin ist mir nicht vorstellbar”
Das ist immer das Problem. Amerika wurde trotzdem endtdeckt.
August 13th, 2014 at 11:58
OT: Oh Leutz, ich wollte doch nur einmal wieder sagen, dass Peinhart einen für mich sehr schönen Schreibstil pflegt.
Nicht mehr und nicht weniger. Kein Bitte. Kein Danke. No Gods. No Masters.
August 13th, 2014 at 12:09
Mir stellt sich die Frage, ob es sowas wie ‘eine hierarchielose Gesellschaft unter Gleichen’ überhaupt geben kann.
Denken wir uns Geld als Macht weg und setzen eine ‘Wissensgesellschaft’ als gegeben, bleibt doch der Punkt, daß Wissen nie absolut sondern interpretierbar ist, somit Interessenskonflikte weiterhin bestehen und nach Ausgleich suchen. Da greift dann das Mehrheitsprinzip der Demokratie und an Stelle von Geld (als kalkulier- & dosierbare Macht) kommt Meinungsmacht/Deutungshoheit ins Spiel. Selbst wenn Wissen und Informationen allen verfügbar sind, müssen sie erstmal vermittelt und verstanden werden – sind also auch manipulierbar. Das ist dann mit Sicherheit nicht so leicht zu kalkulieren und zu dosieren wie heutzutage mittels Geld, aber doch möglich.
Ob sich daraus, quasi zwangsläufig, wieder Hierarchien entwickeln, wäre für mich im Zweifel der Knackpunkt.
Nötig wäre wohl der Wille aller die Gleichberechtigung aller anderen anzuerkennen, somit selbst Verzicht zu üben, eben den auf Macht & Hierarchien.
August 13th, 2014 at 12:11
@Stony: Gute Frage. Prantl hierzu bei Telepolis: “Wir brauchen die Volksgesetzgebung als zweiten gesetzgeberischen Strang”
Eine andere wäre, wie es an den Rändern der geldbefreiten Zonen aussähe. Gäbe es Außenhandel?
August 13th, 2014 at 12:21
Hier, passt: http://denkstil.blogspot.de/2014/04/das-paradoxon-der-freiheit-karl-r-popper.html
August 13th, 2014 at 12:21
@Stony: Natürlich ist mit der Abwesenheit von Geld noch lange keine Selbstbestimmung etabliert. Ich habe da oben die Wörter “kalkulierbar” und “dosierbar” kursiv gesetzt, weil das ein (!) entscheidender Aspekt ist. Man kann in einer solchen Gesellschaft Macht maßgeschneidert einsetzen. Offene Gewalt kauft man sich für den Fall, dass Bestechung (und Erpressung) nicht hinlangt. Das hast du in keiner anderen Machtkonstellation. Zudem gibst du Machtpotential weiter ab einer gewissen Schwelle, indem nämlich die gekauften selber Macht kaufen können. Natürlich schaust du dir vorher genau an, wen du protegierst. So wird Macht gezielt nach Ideologie und Nutzen vererbt.
Wissen hingegen vermehrt sich durch Kommunikation. Deshalb wird beides ja auch beschnitten und überwacht; in dieser Gesellschaft, um Profit zu sichern. In einer anderen wäre das nicht nötig. Vor allem ist eines wichtig: Kapitalistische ‘Demokratien’ zwingen alle zum Mitmachen. Das hast du sonst wiederum nur in wohlorganisierten Tyranneien, deren Bestand meist von kurzer Dauer ist.
August 13th, 2014 at 12:25
@vera: Ja, klar. Diesem Sachverhalt mussten sich auch Libertäre jeder Couleur stellen.
p.s.: Ideen gibt’s: mundraub.org
August 13th, 2014 at 12:39
Vorstellbar wäre sogar ein Planet, wo Amerika noch nicht entdeckt wäre (:-)
Zur Geldwirtschaft, ihrer Ausformung hin zu einer absoluten “Wirtschafts”groteske und noch weiter hin zu einer weltumspannenden Gefahr: es gibt da zum Beispiel den genial einfachen Gedanken einer einheitlichen Flattax über alle(!!!) Geldbewegungen zur Finanzierung eines Gemeinwesens, nenne man es von mir aus Staat. Die Idee stammt aus dem Weißgarnix/Wiesaussieht-Forum, (womit gesagt ist: nicht von mir) …(:-)
Es gibt nur eine einzige Steuer und einen einzigen Steuersatz. Den zahlt der Staatsalimentierte für seine Portion Fertigsuppe und der Zigfachmilliardär bei seiner Fondsanlage gleichermaßen. Oder letzterer behält seine Milliarden und sieht zu, wie sie auf einer Festplatte zielsicher verrotten, weil sie dort nur virtuelles Scheinkapital sind.
Ich will mich hier nicht ausbreiten; vielleicht findet sich dieser und jener, der sich in das Ding hineindenkt und es aufzunehmen bereit ist. Gruß an @Holger, den Erfinder, der auch bei der Begriffsbestimmung von “Kapital” ein ganzes Stück weiter war als ich.
August 13th, 2014 at 12:44
Das sind immer solche Phantasien über eine Steuerdiktatur, einem Konstrukt, das endlich in niemandes Interesse mehr ist – weder der Mächtigen noch der Abhängigen. Und wozu? Um das System vermeintlich zu retten unter stetigem Ignorieren der anderen Probleme des Kapitalismus? Hirnfick.
August 13th, 2014 at 12:50
OT: Apropos Steuern und Schulden: In meiner Stadt haben sie letzte Woche festgestellt, dass die jahrelang propagierte 1 Milliarde Schulden laut aktueller Statistik des Bundes doch mehr als zwei Milliarden sind. Äh…Rücktritte und Entlassungen gab es bisher noch nicht, soweit ich weiß.
August 13th, 2014 at 13:26
@ flatter
Danke. Hirnfick also…
Dann meine ich ohne Sehergabe, dass sich Dein Blog, gereinigt von jedweden Abweichlern, zu einem reinen Sekten-Informationsblättchen weiterverwickeln wird.
August 13th, 2014 at 13:31
Tja, so ist es wohl. Solange es Geld gibt wird und kann es keine Demokratie (im eigentlichen Sinne) geben. Aber die These geht eigentlich noch viel weiter: Solange Marktwirtschaft vorherrscht (und die hat man, wenn es Geld gibt) so lange kann es keine Demokratie geben. Sprich: Demokratie und Marktwirtschaft sind unvereinbare Gegensätze.
Leider kann sich ein Wirtschaften ohne Geld niemand vorstellen. Oder aber es will sich niemand vorstellen.
Das eine Demokratie nicht hierarchisch wäre ist übrigens nicht ganz richtig. Wenn auch der Kern der demokratischen Bewegung ansatzweise gegen die radikale Hierarchie (Politik von oben nach unten) gerichtet war. Die Hierarchie in der Demokratie ist eine modifizierte: Der Wille der Bevölkerungsmehrheit soll den der Minderheit dominieren. Hier ist also durchaus eine Hierarchie festgelegt. Der Mehrheitswille soll herrschen. Die Minderheit muß sich dem beugen.
Gleichzeitig gibt es in vielen Verfassungen ein Diskriminierungsverbot (das ist wieder antihierarchisch) welches ein willkürliches Behandeln von Minderheiten verhindern soll.
August 13th, 2014 at 13:37
@Bruchmüller: Jetzt übertreibst Du aber. Mir persönlich erscheinen manche Fragen, die flatter in den Raum stellt, in der Dimension recht groß geraten. Jetzt habe ich aber einen Kumpel, der auch Philosoph ist. Von daher weiß ich, dass das dazu gehört.
Abgesehen davon erwarte ich hier keine praktikablen Rezepte, kann also auch nicht enttäuscht werden.
…und wenn überhaupt niemand mehr solche Fragen aufwirft, dann isses doch auch irgendwie scheiße.
August 13th, 2014 at 13:55
@Bruchmüller: wenn ich (!) eine (!) Idee ablehne, führt das direktemang in Sektenbildung? Das nennt man wohl “Projektion”. Wenn du im übrigen Führer suchst, die deine Ideen gut finden sollen, bist du hier vermutlich eh verkehrt.
August 13th, 2014 at 14:14
@FetteBeute: Selbst wenn man diesen rudimentären Begriff von Demokratie pflegt, ist diese nicht mit Geldwirtschaft zu vereinbaren, in der Tat. Die Konstellation Mehrheit/Minderheit würde ich noch nicht Hierarchie nennen. Letztere ist eine Gesellschaftsformation, die auf Abstufungen und Befehlsketten angewiesen ist, dazu bedarf es mehr als nur einer dominierenden Mehrheit, das funktioniert vermutlich sogar nur mit einer dominierenden Minderheit und sowieso am besten in Pyramidenform.
August 13th, 2014 at 14:25
@ Bruchmüller
Es ist wohl so, dass bei vielen Foristen die eigene Position zu Themen ziemlich gefestigt ist und dementsprechend die Bereitschaft wenig ausgeprägt , sich mit anderen “abweichenden” Meinungen noch zu beschäftigen. Da wird dann oft sehr schroff abgeblockt.
Habe ich selbst bei mir auch beobachtet. Die Gefahr der Sektenbildung besteht für mich dann, wenn man sich in seinen Auffassungen nur noch gegenseitig bestätigt. Diese Gefahr sehe ich hier noch nicht.
Was mich an diesem Thema gerade stört ist , dass es wie die Neuauflage eines Themas erscheint, das in den bisherigen Auflagen kaum Erhellendes befördert hat.
Für mich persönlich wirken diese “grossen Würfe” zur Zeit unwirklich, weil sich in meine Gedanken immer mehr apokalyptische Vorstellungen einschleichen.
Ich sollte endlich meine nervösen Finger von der Tastatur nehmen.
August 13th, 2014 at 14:31
@Rainer
Nein, diese Frage ist nicht zu groß geraten.
Es ist wie mit jemandem der bis zum Hals in der Scheiße steht. Da hilft dann auch kein Parfüm mehr.
Was augenblicklich in der Diskussion immer wieder passiert ist genau das: Man macht Vorschläge zur Symptombekämpfung. Alles nach dem Motto: Wenn die Scheiße am dampfen ist, dann brauchen wir mehr Parfüm.
Oder was man auch oft hört: Wir brauchen wieder einen Krieg, dann geht es der Wirtschaft wieder besser. (Übrigens in diesem marktwirtschaftlichen System durchaus keine falsche Aussage; der Wahnsinn kann auch Sinn machen)
Die marktwirtschaftlichen Probleme lassen sich weder durch Reichensteuern, durch ein Schwundgeldsystem, durch gerechtere Verteilung noch durch Flat-Taxes oder Kriege oder sonstige Placebos lösen – bestenfalls lassen sich die Probleme lindern.
Der zu beschreitende Weg würde tendenziell weg vom affektierten Wirtschaften (Marktwirtschaft) hin zum rationalen Wirtschaften führen (wenn man ihn denn gehen wollte). Planwirtschaft mit einem Wort.
Aber halt keine zentralistische. Und definitiv eine ohne Geld (denn eine mit Geld wäre nur eine verkorkste Marktwirtschaft).
Und definitiv eine in der die Produktionsmittel allen Menschen der Gesellschaft zur Verfügung stehen würden. So ginge das. Aber keiner will das.
Also geht das Elend weiter.
August 13th, 2014 at 14:36
@FetteBeute: Witzigerweise lavieren ±15 Mio. Menschen in D-land bereits mit minimalen Mitteln durch den Monat. Wie ich oben beispielhaft erwähnte, geht es den Städten und Kommunen ganz genau so.
Natürlich sollte man fragen, ob das einen Sinn hat und ob das politisch gewollt ist.
August 13th, 2014 at 14:46
@FetteBeute #25 und R@iner #26
Bei dieser Diskussion wird fast immer außer Acht gelassen, daß sich die Spielregeln durch die anstehende Ressourcenknappheit rapide ändern werden, hoffentlich wird es nicht noch unmenschlicher.
Und Kriege beschleunigen auch den Öko-kollaps, das kann sich die Menschheit alles gar nicht mehr leisten.
August 13th, 2014 at 14:53
@Rainer
Die Verelendung der Menschen (hier in D ja noch relativ harmlos) hat auch marktwirtschaftliche Ursachen. Wenn zu viele Menschen da sind (Überangebot) sinkt deren Wert. Angebot und Nachfrage definieren den Tauschwert von Waren. Auch den Tauschwert eines Menschen.
Sind zu viele Menschen auf dem Markt, dann kann man auch einen entsprechend niedrigen Preis für diese durchsetzen. (Da hilft übrigens auch ein Mindestlohn nur sehr wenig; denn: wer wagt es schon gegen den Sklaventreiber zu klagen? Kaum jemand.)
Marktwirtschaftlich gesehen braucht man dieses Überangebot auch nicht.
Fazit: Solange man in marktwirtschaftlichen Kategorien denkt unterstützt man (mindestens indirekt) die Entwertung des Menschen.
August 13th, 2014 at 14:56
Ach. (Sorry, aber wir müssen nicht bei Stunde 0 anfangen.)
August 13th, 2014 at 15:01
@Revolutinho
Das Thema “Ressourcen” ist tatsächlich ein Schlüsselthema.
Spielt alerdings in der Marktwirtschaft eine untergeordnete Rolle, da eine Verknappung tendenziell die Preise und damit die Profite der Rohstofflieferanten steigert.
In der Marktwirtschaft geht man davon aus, das (wenn bestimmte Rohstoffe weg sind) anschließend alternative Märke entstehen. Die Rohstoffe die man verheizt hat sind dann halt weg und es gibt Alternativen. Hauptsache Profit.
Zusammenfassend: Man wirtschaftet affektiert ohne über das nachzudenken was man gerade tut. Es ist die dumme Art des Wirtschaftens. Und deshalb ist die Marktwirtschaft auch so beliebt. Jeder kann mitmachen. Man muß nicht mal großartig nachdenken über das was man gerade tut.
August 13th, 2014 at 15:07
@R@iner
Und die Frage wäre auch zu beantworten, ob diese +/- 15 Millionen systemstabilisierend sind oder das Potential enthalten, es zu gefährden.
Da wir gerade Besuch aus Deutschland hatten und ich noch unter dem Eindruck/Schock von teilweise heftigen Diskussionen stehe, bin ich ziemlich ernüchert.
Dort wo ich Probleme sehe, scheinen diese gar nicht zu existieren. Hartz IV ist z.B. die Lösung und ehrenamtliche Arbeit zur Aufrechterhaltung kommunaler, nicht mehr finanzierbarer Angebote, eine tolle Idee.
Gut, selber ist man nicht betroffen und die eigene Bulle (Blase) wird nicht verlassen.
Erstaunlich auch die Naivität zu den Lebensverhältnissen hier. Da gibt es Vorstellungen, dass in den Kleinstädten die Geschäfte nur in den Sommermonaten geöffnet haben, so als wenn im Herbst ein Schild am Ortseingang angebracht wird: Im Winter geschlossen.
Das ist sicherlich nicht representativ, aber oft hat’s mich einfach umgehauen und ich hab mich gefragt, was lässt sich mit solchen Menschen anfangen.
August 13th, 2014 at 15:14
Ich habe hier den Anspruch erhoben, sich mal vorzustellen, wohin das führt, wenn der Hartzgeschädigte für seine Fertigsuppe einen Cent Steuern zahlt, und der Fondsmanager für die Bewegung von 10 Milliarden eben dann 100 Millionen. Ob das zu einer Einebnung irrer Vermögensverhältnisse zugunsten der vielbesungenen Gleichheit führen kann. Gut, bei Abschaffung des Geldes geht das nicht. Sehe ich ein.
Es empört mich, wenn man die Gedanken anderer (es sind nicht meine, hatte ich geschrieben), wenn man also das Zutun und Mitdenken anderer einfach als Hirnfick wegbügelt.
August 13th, 2014 at 15:14
@Troptard: …was lässt sich mit solchen Menschen anfangen.
Mit Mitläufern? Ganz klar: Ein Unterdrückungssystem errichten.
@Bruchmüller: Das führt z.B. zu das: 95.000 Euro für 27 km/h zu schnell
Auf lange Sicht würde es keine Zigtillionäre mehr geben, würde man diese Vorgehensweise auf alles übertragen. Dann wird Geld sinnlos (->Hirnfick?!). Wer wird also dagegen sein?
August 13th, 2014 at 15:16
@27
Ressourcenknappheit und Klimaveränderung sind in der Tat ein Thema, was nur allmählich in die Diskussionen der Linken eindringt.
Inzwischen wird auch erkannt, dass dies die Möglichkeiten auf emanzipatorische Veränderungen stark beeinträchtigen könnte.
August 13th, 2014 at 15:20
@Troptard
“Hartz IV [...] ist ein tolle Idee.”
Ich vermute jetzt mal das war ironisch von dir gemeint.
Trotzdem möchte ich mal den historischen Kontext herstellen. Da kommt diese tolle Idee her:
“Der Reichsarbeitsdienst ist zur Durchführung gemeinnütziger Arbeiten bestimmt.“
– Reichsarbeitsdienstgesetz vom 26. Juni 1935
August 13th, 2014 at 15:22
@FetteBeute: In anderen Ländern wäre man glücklich über H-IV. In Spanien z.B. gibt es nach 2 Jahren garnix mehr vom Staat.
August 13th, 2014 at 15:27
@Bruchmüller: “die Gedanken anderer” – wenn du das auf eine persönliche Ebene ziehst, bin ich draußen. Mich interessiert der Inhalt, die Sache, und wenn ich das für groben Unsinn halte, sage ich das. Wenn mir jemand meine Ansichten um die Ohren haut, hat er entweder recht und ich lerne daraus, oder er lebt eben in einem anderen Umiversum und wird hier nichts Gutes finden. Tut mir aber nicht weh. Aber noch einmal: Heftige Kritik an der Sache als persönliche Beleidigung aufzufassen, ist eine Sichtweise, die keine Diskussion weiter führt.
August 13th, 2014 at 15:28
@Rainer
Aber sollten wir denn vom Staat was wollen? Und sollte uns der Staat etwas wegnehmen?
Die entscheidende Frage ist doch: Wozu braucht heute irgendjemand den Staat wenn er sich nicht als Sklave andienen kann?
Und die Ursache ist doch die: Weil er keinen Zugriff auf Produktionsmittel etc hat. Man kann seine Existenz schlichtweg nicht (außerhalb der Sklaverei) bestreiten weil einem die Möglichkeit dazu verwehrt wird. Das ist der Dreh- und Angelpunkt.
Ich finde es beschämend für die betroffenen Menschen das sie es gut finden vom Staat durchgefüttert zu werden. Was für eine demütigende Situation. So etwas kann man doch nicht gut finden.
August 13th, 2014 at 15:46
@FetteBeute: Ich hatte nicht geschrieben, dass mir so etwas gefallen würde. Ansonsten stimme ich dir zu.
p.s.: Eins noch: Eine längere Diskussion über den Sinn des Staates hatten wir hier mal. Ich weiß aber gerade nicht, unter welchem Stichwort man sie im Archiv finden kann.
August 13th, 2014 at 15:49
@ FetteBeute #30 und Troptard #34
Da ist was dran.
Nur können wir uns auch diese dumme Denkweise übers Wirtschaften auch immer weniger leisten bzw die emanzipatorischen Veränderungen müßten schnell Fahrt aufnehmen.
August 13th, 2014 at 15:53
@8Bruchmüller oder andere zum Beobachtungsgegenstand namens “Schlachtvieh” degradiert
Na endlich! Auf diese politisch korrekte Watsche habe ich schon gewartet.
August 13th, 2014 at 15:59
@Revolutinho
Damit die Sache fahrt aufnimmt:
Dazu müsste man die kapitalistischen Strukturen aushebeln. Wikipedia ist da für mich ein kleines Vorbild. Diese Plattform hat es tatsächlich geschafft den profitorientierten “Konkurrenten” ziemlich zuzusetzen. Mit Lexikas kannst du heute keinen Profit mehr machen. Was ist passiert?
Die Achillesverse der kapitalistischen Betriebe ist die Profitorientierung. Wenn du also dasselbe produzierst (in derselben oder einer besseren Qualität) und das gleichzeitig gemeinschaftlich tust (wie beispielsweise Wikipedia) dann kannst du die Kapitalisten auch tot kriegen.
Freilich hatte es Wikipedia noch relativ einfach. Die notwendigen Produktionsmittel (Server, Bücher aus Bibliotheken etc.) sind relativ günstig verfügbar.
Es gibt tatsächlich also anscheinend praktische Beispiele für erfolgreiches gemeinschaftliches Wirtschaften das nicht profitorientiert ist.
August 13th, 2014 at 16:17
@32 Bruchmüller
Wobei das System der Besteuerung in der Marktwirtschaft vollkommen systemfremd ist.
“Steuern sind eine Leistung für die es keine Gegenleistung gibt.”
Dieses systemfremde Element wird mehr oder weniger akzeptiert, weil der Staat im kapitalistischen System zahlreiche Aufgaben übernehmen muss, um die Kapitalverwertung am Laufen zu halten und damit auch seine eigene Existenz abzusichern.
Keinesfalls ist die Steuererhebung als Instrument gedacht, Ungleichgewichte in der Vermögensentwicklung zu nivellieren.
Finanz- und Unternehmerkapital und Löhne werden dabei vom Staat in ihrer Wertigkeit auch vollkommen unterschiedlich betrachtet.
Das auszublenden würde auch bedeuten, der Staat hätte einen neutralen Standpunkt gegenüber seinen Wirtschaftssubjekten, den er aber nicht einnehmen kann, weil seine eigene Existenz von einer gelingenden Kapitalverwertung abhängt und das nicht nur in seiner nationalen Beschränktheit, sondern international.
Wenn es dem Staat nicht gelingt sein nationales Kapital so zu fördern, dass es die Aussicht verspricht seine internationalen Gläubiger jederzeit bedienen zu können, über Staatseinnahmen, dann passiert das, was wir aus Südeuropa kennen.
Der Geldhahn wird zugedreht Das können wir drehen und wenden wie wir wollen, Steuerpolitik im Kapitalismus als Umverteilungspolitik bleibt auch für mich nur ein nicht einlösbarer Wunsch.
August 13th, 2014 at 16:30
@ FetteBeute #42
Ja, Wikipedia ist ein gutes Beispiel für den Umbruch der Strukturen, und dazu noch transparent bzgl der Verfasser der Artikel – auch wenn die Betriebe mittlerweile Wikipedia als Marketinginstrument für die eigenen Produkte erkannt hat.
August 13th, 2014 at 16:32
@35
Da hast Du wohl nicht genau gelesen. Hartz IV ist die Lösung und ehrenamtliche Tätigkeit zur Aufrechterhaltung kommunaler Leistungen “eine tolle Idee.
Diese Aussagen sind meinen Besuchern aus Deutschland entsprungen, stammen nicht von mir.
Als ich den Einwand brachte, das Zwangsarbeit in Deutschland, aufgrund der Erfahrungen mit dem Nationalsozialismus, von allen Parteien durchgängig abgelehnt wurden, hat man mich abgestraft.
” Wir können es nicht mehr hören, diesen ewigen Verweis auf die deutsche Vergangenheit.”
Inzwischen ist es soweit, so traurig das ist, aber ich lege keinen gesteigerten Wert mehr auf den Besuch von früheren Freunden aus Deutschland.
Mit der Entfernung scheinen auch die Unterschiede zu wachsen.
August 13th, 2014 at 16:36
@Troptard
Ja, es war mir nicht ganz klar ob du zitierst oder Ironie einsetzt. Aber jetzt kann ich es verstehen.
August 13th, 2014 at 16:37
@Troptard
Wenn man fragen darf: In welchem Land befindest du dich gerade?
August 13th, 2014 at 16:45
@37, flatter
Es ist nur so, dass das unterschiedlich ankommt.
Mich kannste abwatschen und ich stehe immer noch!
Glücklicherweise gibt es hier einige, die Dich entschärfen.
August 13th, 2014 at 16:56
@47
Meine Familie und ich leben in Südfrankreich ,zwischen Avignon und Nimes.
Inzwischen haben wir ein kleines Unternehmen aufgebaut, welches allerdings sehr abhängig ist von Touristen.
Wir können davon leben und müssen uns nicht staatlichen Stellen zur Offenbarung ausliefern .
August 13th, 2014 at 17:09
Weil hier jetzt so oft Staat und Freiheit geschrieben wurde, möchte ich auf diesen Vortrag verweisen:
http://www.youtube.com/watch?v=P3JwsgBTnmg
Eine Quintessenz des Vortrages: “Freiheit, Eigentum und Kapitalismus, dass ist ein und dasselbe.”
Letztens waren Utopien hier hoch im Kurs der Diskussion und beim Spiegelfechter ist man mit solchen Ansichten Esoteriker.
Da der Übergang vielen nicht vorstellbar ist, der Verweis auf diesen Ausschnitt des Vortrages:
http://www.youtube.com/watch?v=eShcRgPOgdg&list=PL9896F5F53A12805F&t=2h13m40s
August 13th, 2014 at 17:12
@ Troptard (43)
Der Titel heißt “Demokratie vs. Geld” und schien mir damit in Richtung Zukunftsgestaltung gedacht zu sein. Nochmal zu Geld: bei 10 gebauten Einfamilienhäusern und 20 Familien muss eine anerkannte Anspruchsregelung gegeben sein.
Dass eine Flattax über ausnahmslos alle Geldflüsse nicht auf dem Weg über Petitionen erreicht werden kann, setze ich mal als weit verbreitete Erkenntnis voraus. Ich meine, sie würde nivellieren, ohne 1 Stunde Anstrengung mit deren 10 gleichzusetzen. Aber ich kann langsam auch nachvollziehen, dass sowas beim Großraumdenken anmutet wie ein Schnipsel, das aus dem Papierkorb gefallen ist.
August 13th, 2014 at 17:26
@Guest
Ja, aber der Spiegelfechter (und die Nachdenkseiten) wollen nur die “bessere Marktwirtschaft” (sprich: mehr Keynesianismus). Dort wird gerne gegen Alternativen polemisiert. Höhepunkt der Polemik war kürzlich in einem Spiegelfechter-Blog-Beitrag die Frage: “Ja welche Alternativen habt ihr Kritiker der Marktwirtschaft denn? Da ist ja nix.”
Lustigerweise hat das gerade ein Wirtschaftswissenschaftler (Jens Berger) gefragt. Dessen Aufgabe wäre es eigentlich (als Wissenschaftler) solche Alternativen zu entwickeln. Es ist ja nicht Aufgabe des Ottonormalverbrauchers dies zu tun.
Gerade die Wirtschaftswissenschaften sind leider heutzutage ein Totalausfall. Man fragt sich schon wozu die entsprechenden Leute an den Hochschulen überhaupt beschäftigt werden. Auf solches Personal kann man echt verzichten.
August 13th, 2014 at 18:46
Bisschen unsortierte Esoterik, sorry: Dass Geld sich in unserer Gesellschaft so höchst unterschiedlich verteilt, liegt an einem offenen Bekenntnis zur Ungleichheit, auch bekannt als ‘Leistungsprinzip’. Die Menschen seien nun mal nicht gleich in ihren Fähigkeiten, also müsse man sie auch verschieden entlohnen. Ironischerweise lautet eine weitere Begründung dafür, dass dieser ‘Anreiz’ gerade die Selbstbestimmung des Einzelnen fördere und fordere, im Sinne einer ‘Verwirklichung’ seiner je eigenen Anlagen. Da stellt sich die Frage, ob man Selbstbestimmung überhaupt ‘fordern’ kann, da eine Forderung schließlich immer Kriterien und ‘Maßgaben’ benötigt, um ihre Erfüllung anzuzeigen, in diesem Falle über die gesellschaftliche Belohnung mit Geld. Vielleicht ist alles, was man in dieser Hinsicht tun kann, einer solchen Verwirklichung Raum zu geben, sprich Freiheit.
Daran schliesst sich die Frage an, wieviel Freiheit es geben kann in einer arbeitsteiligen Gesellschaft. Wohl nicht soviel, wie der Liberalismus glaubt, der angesichts dieser hochkomplexen Vernetzung Aller mit Allen allen Ernstes ‘unabhängige Produzenten’ halluziniert. Die Themen Freiheit und Gleichheit und ihr Verhältnis sind mitnichten abgearbeitet, am Ende handelt es sich dabei vielleicht nur um zwei Aspekten eines im Grunde gleichen, wie es uns die Physik zB bei Raum und Zeit oder Energie und Materie nahezulegen scheint.
Geld ist inkarniertes Schlaraffenland. ‘Ich will alles und zwar sofort’ ist sein Credo und das eines jeden dezidierten ‘Marktteilnehmers’. Diese ‘Universalität’ macht seine Faszination aus, es ist die ‘Alleinheit’ aller Warenvielfalt und somit auch der ‘Bedürfnisse’. Dass Bedürfnisse grundsätzlich unbegrenzt seien daher auch ein folgerichtiges Dogma der ganzen Veranstaltung. Wenn wir aus dem Geld raus wollen, wartet also auch noch das Thema der Bedürfnisse in ihrer jeweiligen Endlichkeit und konkreten Bestimmtheit.
Ich fürchte, ich entwickle da gerade eine Abneigung gegen alles Totale, Absolute, Universelle, Unendliche, wie neulich auch schon angedeutet… Fuck Hegel! ;)
Eine Nachfrage noch an den werten Hausherrn: Wer Selbstbestimmung will und dass die reale Macht beim Volke bleibt, muss sich von der Geldwirtschaft verabschieden. – In welchem Sinne wird hier ‘Volk’ verwandt, wovon ist es abgegrenzt…?
August 13th, 2014 at 18:47
@52, Fette Beute
Spiegelfechter und Nachdenkseiten sind für mich Seiten, die der Teufel vermeidet wie das Weihwasser.
Bewerten darf ich sie deshalb nicht. Aber mir ist auch nicht die Fixierung auf den Staat entgangen.
Nun lässt sich das heute für den Alltagsverstand nicht mehr so einfach entwirren. Konsequent wäre es, das auf die Entwertung der Ware Arbeitskraft auch eine Entwertung des Kapitals folgen würde.
Also Massenvernichtung von Banken und Unternehmen, eine sog. Gewitterbereinigung. Da so eine Bereinigung für die Volkswirtschaft nicht berechenbare Folgen nach sich ziehen könnte, bewegt die Politik sich zwischen Versuch und Irrtum.
Wirtschaftspolitik zwischen Keynes und Liberalismus.
Dort Geld reinpumpen und an anderer Stelle wieder absaugen.
Nach einem Plan sieht das alles nicht aus. Eher nach hilflosem “mal sehen ob’s funktioniert.” Wenn nicht, versuchen wir was anderes.
Und die Nachdenkseiten verbreiten den Glauben, dass liesse sich alles regulieren, wenn der Staat sich seiner Verantwortung nur bewusst wäre.
August 13th, 2014 at 19:16
@Troptard
Der sozialistische Ansatz würde die vorhandenen Ressourcen (dazu gehört auch die Arbeitskraft) den Bedürfnissen der Menschen gegenüberstellen. Auf- und Abwerten müsste man garnix. Anschließend würde gemeinschaftlich das produziert werden was gebraucht wird.
Leider will das niemand oder es hat schlichtweg niemand verstanden.
Dazu benötigt man kein Geld. Man braucht dazu nur die Produktionsmittel. Und man muß wissen was man will. Gerade letzteres ist nicht so einfach.
Rationales Wirtschaften würde voraussetzen das man einen Überblick über seine Bedürfnisse hat.
Beispielsweise (mal herausgegriffen): Wieviele Kalorien verbrate ich im Jahr? Weiß das jemand für sich selbst? Ich weiß es nicht einmal für mich.
In der Marktwirtschaft (affektiertes Wirtschaften) ist alles relativ einfach. Wenn ich was zum Futtern benötige gehe ich in den nächsten Supermarkt und kaufe das Teil ein. Einfach so. (Vorausgesetzt ich habe das benötigte Geld; andernorts lässt man bekanntlich die Leute einfach verhungern)
D.h.: Ein planwirtschaftliches System ist wesentlich kopflastiger. Das wird nicht jedermann zusagen. Dafür hätte man eine relativ hohe Stabilität und Sicherheit.
August 13th, 2014 at 20:18
Zum angesprochenenen Thema Bedürfnisse (mit Bezugnahme auf 51, 53 und 55):
Ich fände es gar nicht so uninteressant in einer Gesellschaft zu leben, die sich tatsächlich an Bedürfnissen orientiert. Die ganz basalen Bedürfnisse sind dabei relativ unumstritten (sauberes Wasser, ausreichend Ernährung, Kleidung, Wohnung, medizinische Versorgung, soziale Integration, Bildung, you name it). Details (brauche ich nun im Schnitt 2038 kcal oder 3147 kcal am Tag, brauche ich täglich Macumar oder nicht, brauch ich eine Brille oder nicht) sind da relativ uninteressant, da in der Regel einigermaßen planbar. Einen “Puffer” einzubauen für unvorhergesehene Produktionsschwankungen (gerade bei Lebensmitteln, deren Produktion z.B. sehr klimaabhängig ist) oder nur ungenau kalkulierbaren Bedarf (Medikamente), halte ich für eine kluge Idee. Wenn die von Peinhart angesprochene durch Geld vermittelte schlechte Unendlichkeit von Bedürfnissen wegfällt, dann kann man solche Puffer auch ohne Ressourcenverschleuderung realisieren (z.B. auch Überschüsse bei nicht oder nur langsam verderblichen Waren in der zukünftigen Produktion berücksichtigen). Man muss keine Tonne Lebensmittel pro Person vorhalten, da das Bedürfnis danach (anders als das durch Geld vermittelte) nicht unendlich sein kann.
Falls es doch mal Knappheiten geben sollte – der Kapitalismus wird uns, so er denn endlich verrecken möge, ein unschönes Erbe hinterlassen, befürchte ich -, dann wäre es eine reale Möglichkeit in einer besseren, nicht kapitalistischen Gesellschaft, dass dennoch die Bedürfnisse im Vordergrund stünden. Und nicht neue “anerkannte Anspruchsregelungen” nach wer weiß welchen Kriterien (vllt. zur Abwechslung mal Anzahl der Nasenhaare oder Schuhgröße?).
Wenn es 10 Häuser gibt und 20 Familien, dann muss man sich den Platz halt so lange teilen, bis es 20 gibt. Oder sich andere, weniger vereinzelte Wohn- und Lebensformen als “mein Haus, mein Auto, mein Boot” ausdenken. In der (auch viele reaktionäre Elemente enthaltende, daher m.E. nicht uneingeschränkt als Vorbild zu nehmenden) Lebensform der Familie ist so eine Utopie ja z.T. schon angelegt. Angenommen, so ein “Einfamilienhaus” hat 3 Zimmer, aber eine Familie 4 Mitglieder, da beschließt man ja auch nicht, dass einer eben auf der Straße leben muss.
Und sich dann, wenn man nicht permanent seinen (im Kapitalismus notwendigerweise – allein um sich gegen Eventualitäten absichern zu können in einer vereinzelten und konkurrenzbetonten Gesellschaft) unendlichen materiellen Bedürfnissen hinterherhecheln muss, fragen zu können, wessen man eigentlich bedarf – das wäre spannend. Ein Buch lesen, eins schreiben, gemeinsam mit der Familie essen oder gemeinsam mit den Freunden trinken, jeden Morgen im See schwimmen, viel schlafen, einen Garten anlegen, nachdenken, nicht nachdenken, eine neue Sprache lernen oder ein Instrument? Vielleicht irgendwas, was mir so wie es jetzt ist beim besten Willen nicht einfallen kann, weil die Gesellschaft einen mitsamt seinen Bedürfnissen zurichtet und verkrüppelt? Wäre schön, das herausfinden zu können, ich glaube nicht, dass ich da, was mich selbst angeht, auch nur annähernd eine Ahnung habe.
August 13th, 2014 at 21:47
Zunächst die positive Nachricht für mich:
Der Kapitalismus hat aus seinem inneren Zwang zur Produktivitätssteigerung die Voraussetzungen geschaffen, die uns westlichen Menschen erlauben würde, mit relativ geringem zeitlichen Aufwand alle materiellen Grundbedürfnisse zu befriedigen.
Und ich verhalte mich jetzt einfach mal so, als wenn keine weiteren existenziellen Probleme daraus resultieren würden.
Ich übertrage das, was ich bei mir vorfinde einfach auf den gesamten Globus, auf die gesamte Menschheit.
Und ich unterstelle weiterhin, dass der Mensch alle Möglichkeiten in sich trägt das zu werden, was der “Olle Marx”
den allseitig entwickelten Menschen genannt hat.
Die für mich schlechte Nachricht:
Leider hat sich der “Olle Marx” geirrt. Irren ist menschlich und der Irrtum aus einer begrenzten Zeitperspektive verständlich! Die Geschichte drängt nicht in ein höheres Stadium der Menschheitsentwicklung. Das er irren könnte, hat er aber auch nicht ausgeschlossen.
Der Kapitalismus hat sich bisher als ziemlich anpassungsfähig erwiesen und bisher hat er es immer wieder verstanden, seine Apokalypse zu verhindern und neuen Saft für seine weitere Zukunft daraus zu saugen.
Obwohl ich diesmal mehr als skeptisch bin, das ihm das gelingt, was ihm nach dem Zweiten grossen Massaker an der Menschheit gelungen ist, so wird es nicht ohne Sterbehilfe zu schaffen sein.
Wenn das gelingt, dann haben wir genug Zeit uns Gedanken zu machen, was unser Leben menschlicher macht.
Ich habe bereits jetzt keine Probleme damit.
August 13th, 2014 at 21:55
@Peinhart: Gute Frage. Ich suche häufig nach einem halbwegs passenden Begriff für Individuen/Menschen/Einzelne/Bürger …
Meist hinkt alles. Der Volker wurde zitiert der bürgerlichen Behauptung wegen, Staatsgewalt gehe von diesem aus und natürlich des Begriffs “Demokratie” wegen. Das Volk sind insofern grob gedacht alle Betroffenen. Selbst wenn man darüber diskutiert, dass sie ihre Macht verleihen dürfen (was ich mir nur sehr eingeschränkt vorstellen kann), ist es umso wichtiger, dass sie sie nur dann verleihen, wenn sie sie sicher sehr bald zurückbekommen. Ganz sicher darf es demnach keine Staatsmacht geben und schon gar keine Macht ohne jede Legitimation durch alle, der sich alle anderen unterzuordnen hätten. Die Vorstellung ‘Volk über Staat’ lese ich als Umkehr des Obrigkeitsprinzips. Historisch ist diese bürgerliche Forderung nie eingelöst worden.
August 13th, 2014 at 22:01
@Amike: Ein schöner Kommentar. Danke.
August 13th, 2014 at 22:32
@55
Habe ich überlesen, möchte aber noch mal kurz darauf eingehen.
Ernährung, und dann nach einer veralteten Kalorienlehre, würde ich nicht in eine Planung einbeziehen.
Ich selbst esse maximal zwei mal am Tag, häufig auch nur einmal am Abend (Kalorien interessieren mich bei meiner Ernährung überhaupt nicht).
Ich vermute, dass man mit so einer Planung wohl mehr kaputtmachen kann, als Menschen dafür gewinnen.
Also gerade in diesem Bereich mehr nach individuellen Bedürfnissen als nach Tabelle.
Und die Ernährungsbasis würde ich persönlich auch weitgehend in private Inititative übergeben, sofern dafür Bereitschaft besteht. Vorstellbar wäre für mich die private Selbstversorgung, sofern Land vorhanden ist und das unter umweltschonenden Bedingungen.
August 13th, 2014 at 23:46
@flatter (14)+(23):
Sorry für die späte Antwort, mußte direkt los zur Lohnschufterei.
Daß mit Abschaffen des Geldes Selbstbestimmung ein Selbstläufer wird, hatte ich auch nicht im Sinn. Was mich beschäftigt ist eher eine Frage, deren Formulierung mir nicht wirklich leicht fällt; das ist so ein diffuses mehrteiliges Bild, das ich da im Kopf habe.
Im Kern dreht es sich darum, ob es, um mal mit Nietzsche zu sprechen, sowas wie einen “Willen zur Macht” gibt und wenn ja wo der herkommt.
Der Mensch, als Säugetier, kommt ja – im Gegensatz zu anderen Spezies – recht unfertig (wenn auch nicht als ‘leeres Blatt’) auf die Welt. Schon um rein auf der biologischen Ebene überlebensfähig zu sein, bedarf es eines nicht unbedeutenden Teils unserer Zeit der Fürsorge. Weitet man das noch auf die soziale Ebene aus, verlängert sich diese nochmals. Autorität ist da imo etwas zwangsläufiges und wird quasi ‘mit der Muttermilch’ als Muster aufgesogen. Mit diesem Muster ist man dann schnell bei ‘Hierarchie’ und ‘Macht’.
Daß man dieses (wie auch andere) Muster durchbrechen kann, würde ich grundsätzlich nicht in Frage stellen.
Was ich zur Frage stellen will ist allerdings, was es dazu bedarf. Und zwar nicht nur in Hinblick auf das einzelne Individuum (Intellekt und Wille, kurz gesagt), sondern auch und gerade hinsichtlich der verschiedenen sozialen Organisationsstrukturen – bis hin zu gesamtgesellschaftlichen (sowohl national als auch global).
…
Nötig wäre ein Beschneiden, bzw. die Kontrolle von Wissen in einer “Wissensgesellschaft” ohne Geld sicherlich nicht, womöglich aber verlockend – Macht (als ‘Profit’) im Sinne der Durchsetzung eigener, oder meinetwegen ‘bestimmter’ Interessen.
Das wäre, im Gegensatz zur kapitalistischen Gesellschaft, selbstredend kein ‘Muss’, sondern ein ‘Kann’ – wenn auch eines mit Fragezeichen, zumindest für mich, bis hierhin.
Ein Punkt über den hinwegzudenken ich momentan nicht in der Lage bin – ich hoffe ich konnte ihn deutlich genug ausführen.
August 13th, 2014 at 23:53
Wat. ist ja der Meinung, dass andere Produktionsbedingungen das Problem lösen würden, wobei ich ihr nur eingeschränkt zustimme. Vor allem das, was du ansprichst, Atavismen, stehen dem ggf. im Wege. Ich hoffe, das morgen in einem Artikel anzusprechen. Wenn nicht (hinreichend), erinnere mich bitte wieder daran.
August 14th, 2014 at 00:06
OT: Der “Standard” ist längst einer meiner Favoriten. Heute etwas dazu, warum die Moslems alle fanatisch sind.
August 14th, 2014 at 00:39
ha! vom standard komm ich gerade.
August 14th, 2014 at 00:42
Werde ich, falls ‘nötig’, gerne. Bin gespannt.
Beim Widerspruch ‘Bewußtsein bestimmt Sein’ versus ‘Sein bestimmt Bewußtsein’, imo elementar in dieser Hinsicht, stehe ich auf Seiten Ersterer, obschon beide, in gewisser Hinsicht, eine nachvollziehbare Perspektive sind; letztlich aber (zu ‘Ende’ gedacht?)- analog vllt. zu ‘Qualität vs. Quantität’ – das eine wohl eher als Bestandteil des anderen aufzufassen ist.
August 14th, 2014 at 07:50
@vera (13)
Danke für’s Link. Schöner Blog, geiler Post über die Streichelphone-Schoiße!
August 14th, 2014 at 07:55
@flatter (9)
““der erforderliche Übergang dahin ist mir nicht vorstellbar” – Das ist immer das Problem. Amerika wurde trotzdem endtdeckt.” Ja, das ist immer das Problem (sry für’s fette). Um bei Amerika zu bleiben: Und wieviele haben vorher nach ‘Indien’ gesucht und sind nicht angekommen?
Und zum Übergang: Im Vergleich zu den Gefährdungen in der Transition ist das Vorher und Nachher ein Kindergeburtstag. Binse??
August 14th, 2014 at 08:04
@ flatter (17)
Ich erinnere mich an die Diskussion um den “Neuer Fiskalismus” hier im Kommentariat (Verbrauchssteuer, Gero Jenner) – ich halte das immer noch für einen Weg, wenn man reformieren wollten, tuen, täte, könnte (Quatsch, s.o.) … habe aber jezz so richtisch Deine Einwände von damals verstanden. Ja, kammer so sehn, wie Du’s siehst, Erlaubnis erteilt ;-)!
August 14th, 2014 at 08:32
@ Amike (56)
Ich finde auch, dass Du da einen schönen Kommentar geschrieben hast. (Bis auf die Kriterien Schuhgröße, Nasenhaare) Nochmal zu den 20 Familien und zehn neuen Häusern.
Bis weitere 10 gebaut sind müssen halt 10 Familien vorerst in den alten bleiben und nicht etwa auf der Straße hausen.
…
Leider sehe ich aber, dass inzwischen die neuen Häuser schon wieder eingestürzt sind.
August 14th, 2014 at 08:53
@Stony #61 – Der Mensch ist ein gesellschaftliches Wesen. Punkt. Wir pflegen Individualismus und Freiheit als Selbständigkeit und Unabhängigkeit misszuverstehen bzw zu ‘überziehen’. In einer arbeitsteiligen Gesellschaft ist aber niemand selbständig und niemand unabhängig, ganz im Gegenteil kann er das gar nicht sein. Wir alle sind ein Leben lang auf das Sein und Tun anderer angewiesen, wenn auch in den ersten und natürlich prägendsten Jahren ganz besonders, in denen das Nehmen das Geben, jedenfalls nach unseren gewohnten ‘materiellen’ Gesichtspunkten, überwiegt.
Wie sehr allerdings auch Eltern von ihren Kindern abhängig sind, merken diese zB wenn das Kind ernstlich krank wird oder gar stirbt. Da wird sozusagen – jetzt wird’s voll esoterisch ;) – eine andere ‘Seins-Ebene’ angesprochen, eine, die zumindest uns europäischen Menschen im Zuge des ‘Vernunftprogramms’ sowie noch weitergehend des Konkurrenzprinzips systematisch abhanden gekommen ist bzw in unserer Wahrnehmnung keine gesellschaftliche, sondern nur eine rein private ‘Funktion’ erfüllt. Empathie. ‘Nächstenliebe’.
Diese Seite unseres Wesens hängt, sträflich vernachlässigt, sozusagen schlaff herunter, wer sich auf sie beruft, wird üblicherweise als Weichei oder – sic! – ‘Gutmensch’ diffamiert. Wer ‘gutmenschliche Ziele’ dennoch zu verwirklichen sucht, nimmt daher gerne Zuflucht zu vorgeschobenen Nützlichkeitserwägungen, dem gesellschaftlich anerkannten Diskurs. Es sei doch auch materiell unterm Strich für alle besser, wenn usw. Vielleicht sollten ‘wir’ auf solche Volten auch mal ganz ‘offensiv’ verzichten… Gerne wird das Potential aber auch ‘abgeleitet’, in Haustiere etwa oder ‘libidinös besetzte’ Konsumgegenstände. Letzteres liebt der Kapitalismus natürlich besonders.
Der Begriff der Autorität ist ebenfalls verstümmelt bzw ‘überzogen’, es wird gerne als Recht bzw geradezu Pflicht zur Repression mißverstanden. ‘Grenzen setzen’ ist aber eben im Kern – und wie ja auch der Ausdruck nahelegt – kein Beschneiden des Bereichs des anderen, sondern ein Abstecken des eigenen. Dem Heranwachsenden können auch ‘Räume’ aufgezeigt werden, die ‘frei’ sind und nicht schon von anderen besetzt, dh ‘Beschneiden’ ist nicht notwendigerweise immer nur die andere Seite von ‘Abstecken’. Es gab ja 68ff auch eine Bewegung in diese Richtung, die aber leider als ‘antiautoritäre Erziehung’ mE fatal falsch gelabelt wurde, nicht wenige haben aber auch damals schon darauf hingewiesen, dass es richtigerweise ‘antirepressiv’ hätte heißen müssen.
Ist das in etwa die Ebene, auf die du hinauswolltest?
August 14th, 2014 at 09:05
@flatter #58 – Vorschlag: ‘Volk’ ist ‘Gruppe’. In wie auch immer gezogenen ‘Grenzen’ erstreckt sich das menschliche Dasein gesellschaftlich vom Individuum über verschiedenste Gruppen bis hin zur ‘Weltgemeinschaft’. Jede dieser ‘Entitäten’ hat ein Recht auf Selbstbestimmung unter Beachtung der Grenzen anderer. Wie sie das ‘intern’ löst, ist ihre Sache. ‘Volk’, oder auch ‘Nation’, wäre dann ein kruder Vorläufer einer solchen Auffassung. Zu simpel?
August 14th, 2014 at 09:54
Geld ist doch nur ein abstraktes Medium zum Austausch unterschiedlicher Arbeitsleistungen. Darüber kann zwar Macht liquide organisiert werden, aber nach seiner Abschaffung würde etwas anderes gefunden, das die gleiche Funktion erfüllt.
Macht beruht also nicht auf Geld, sondern auf dem, was mit Geld ausgedrückt werden kann: Besitz und Gewalt. Um also absolut gedachte Selbstbestimmung des einzelnen zu ermöglichen, müsste man sich auf die Abschaffung von Besitz einlassen und gleichzeitig die Ausübung von Gewalt in Kauf nehmen. Darüber würde aber wieder Macht organisiert werden und es wäre mit der Selbstbestimmung – zumindest der Schwächeren – schon wieder vorbei.
Peinhart hebt ja sehr schön auf die gegenseitige Abhängigkeit in einer arbeitsteiligen Gesellschaft ab, ebenso auf das Gleichgewicht von Freiheit und Gleichheit. Und in seinen Gedanken kommt eigentlich schon zum Ausdruck, dass absolut gedachte Selbstbestimmung Freiheit und Gleichheit gleichermaßen unmöglich machte.
In #58 erwähnst Du mE richtigerweise, dass die bürgerliche Forderung nach Umkehrung des Obrigkeitsprinzips nie eingelöst wurde. Und woran liegt das? Weil sich das kapitalistisch wirtschaftende Bürgertum von Adel und Klerus emanzipiert hat, um dessen Stelle einzunehmen, nicht aber »das Volk« ranzulassen bzw. »mitzunehmen«. So gründet sich der bürgerliche Staat eben auch auf dem Schutz des Eigentums und verleiht ihm im Gegenzug für dieses Schutzversprechen Macht in Form des Gewalt- und Steuermonopols. Macht ist insofern eine Leihgabe, die allerdings nicht zurückgegeben wird/werden muss, denn »gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen …« (GG Art. 20, 4)
Wenn also über die Verwirklichung von Selbstbestimmung nachdenken willst, solltest Du die hochkomplex arbeitsteilige Gesellschaft nicht außer Acht lassen und gleichzeitig jegliche Totalität ausschließen. Und natürlich erkennen, dass es zu kurz gesprungen ist, auf die Abschaffung von Geld zu kommen, anstatt über Besitzverhältnisse zu reden.
August 14th, 2014 at 10:36
Dass die Eigentumsverhältnisse ebenfalls radikal zu ändern sind, setze ich tatsächlich bereits voraus, was vielleicht nicht immer klug ist ;-) Natürlich hilft es wenig, das Geld abzuschaffen und Großgrundbesitz und Privateigentum (Disclaimer: das ist immer noch Eigentum an Produktionsmitteln, nicht die Zahnbürste; hörst du das, Wikipedia?!) zuzulassen. Dennoch ein Nachtschlag: Nur Geld suggeriert, man könne sukzessiv selbst mächtig werden. Großgrundbesitz z.B. bleibt davon abhängig, dass Scheregen ihn schützen. Das tun die nur gegen Lohn oder weil sie Angst haben. Organisiere das mal ohne Geld!
August 14th, 2014 at 10:40
@Peinhart(71): Im Grunde hast du recht, es geht aber eher um literarische Fragen. In so kurzen Texten stehe ich ständig vor der Entscheidung, welchen Aspekt ich betonen soll; der Rest kommt zu kurz. (Der Esoteriker sagt, hier wird Nichtidentisches produziert.) Von daher eben diesmal die Ahnlehnung ans GG und die dortige Formulierung. Ist auch nicht immer optimal, was ich schreibe und oft bin ich froh, dass ich nicht nach der perfekten Formulierung suche. Hält den Verstand beisammen.
August 14th, 2014 at 10:45
@flatter – Hält den Verstand beisammen.
Kann ich aber sowas von nachvollziehen. Andererseits – vielleicht sollten wir ihn auch ruhig einmal bisschen zerfliessen lassen. ;)
August 14th, 2014 at 10:59
»Nur Geld suggeriert, man könne sukzessiv selbst mächtig werden. Großgrundbesitz z.B. bleibt davon abhängig, dass Scheregen ihn schützen. Das tun die nur gegen Lohn oder weil sie Angst haben. Organisiere das mal ohne Geld!«
Darum schrieb ich ja zu Beginn, dass bei Abschaffung des Geldes ein anderes Medium gefunden werden würde, das die gleiche Funktion erfüllt. (Las ich nicht neulich irgendwo hier in den Kommentaren den Hinweis auf geldlose Systeme bspw. im Knast – oder war’s auf einem anderen Blog?)
Nomadische Gesellschaften verfügen über keinen Besitz (mal abgesehen von ihren lebensnotwendigen Dingen und Gütern zum Austausch). Sesshaftigkeit hingegen führt zur Inbesitznahme, also Besitz, und macht letztlich besessen davon. – Aber mit diesem Hinweis erntet man in unserer materialistisch-westlichen Welt wohl kaum mehr als Augenrollen …
August 14th, 2014 at 11:15
OT: Es ist ein…Nestbeschmutzer: Telepolis, “Es geht letztlich nur darum, die Akte so schnell wie möglich vom Tisch zu haben”
Ex-Staatsanwalt steigt aus dem Justizsystem aus und prangert nun Missstände offen an [..]
August 14th, 2014 at 12:18
@Peinhart(70): Im Grunde, Ja.
Die Frage halt, wie sich der Mensch denkt. Was heutzutage, stark beeinflußt von der substanzmaterialistischen Sichtweise der Naturwissenschaften, scheinbar ‘alternativlos’ im Nützlichkeisgedanken und dem Vernunftprogramm abendländischer Philosophie mündet.
Ich will das gar nicht zu sehr bewerten, habe allerdings gewisse Schmerzen damit, weil aus solchen Positionen heraus auch problemlos eine Welt entwickelt werden kann, wie wir sie jetzt sehen und die noch deutlich schlimmer (für die Masse) werden könnte.
Was mich dabei nicht losläßt ist die Frage, welche animalischen ‘Überbleibsel’ aus der Genese des Menschen heute noch wirkmächtig sind und wie die Gegebenheiten und Strukturen unserer Biologie Einfluß auf unser Denken und Vorstellen nehmen, also unsere sozialen Gefüge “determinieren”. Ob und falls wie, diese ‘überwindbar’ sind, bzw. halt auch inwieweit das überhaupt sinnvoll oder möglich wäre.
Letztendlich was man mitdenken muß, wenn man neue Gesellschaftsentwürfe entwickeln will – quasi das ‘Gepäck’, das wir auf eine solche ‘Reise’ mitnehmen werden, ob wir wollen oder nicht.
August 14th, 2014 at 13:41
Genau, darauf zielt der neue Artikel ab,
August 14th, 2014 at 18:19
@flatter(62)
“Wat. ist ja der Meinung, dass andere Produktionsbedingungen das Problem lösen würden, …”
Wat. hat auch schon mal was von Dialektik gehört. Du doch sonst auch. Also stell Dich mal nicht so an, mein ‘Gutster’ ;)
August 14th, 2014 at 18:59
Ich wollte dich nur herbeirufen ;-)
August 14th, 2014 at 20:29
@R@iner
Wieso OT? Das iss doch mitten im Thema, mitten aus’m Leben!
Ohne Worte – aber so denkt man sich das: Die Vermögen- und Machthaber verkomplizieren die Dinge – sie haben ja ein Heer von Lobbyisten, die dafür sorgen und die Mittel für ein Heer von Anwälten, die dann die Rosinen … – und schlagen dem Staat, der Gesellschaft die Gegenwehr aus der Hand: “Die Verarmung des Staates als strategisches Mittel” (H. Giersch, ca. ’92?)