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Juni 2019


 
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Eine der vielen Fragen, die der deutsche Journalismus auf seinem Weg zur Hölle sich nicht effektiv stellt, ist die nach dem Grund für den Verlust seiner Autorität. Das hieße nämlich zuallererst, sich dieser Autorität gewahr zu werden. Journalismus war, solange er ‘funktionierte’, Autorität, auch und gerade dort, wo er liberal war.

Man könnte das aufziehen anhand der verinnerlichten Zensur, die von Preußen bis hin zu den Alliierten gewisse Selbstbeschränkungen erwartete, wobei diese wiederum die Beschränkung des Personals durch Verlag und Chefredaktion nach sich zieht. Man kann es auch festmachen am Tendenzschutz, der dem Verlag das Recht einräumt, die politische Richtung seiner Veröffentlichungen festzulegen.

Chefsache

Schließlich sind die Hierarchien in den Verlagen steil und hart. Heute haben wir eine Landschaft, in der obszön bezahltem Spitzenpersonal Schreibsklaven gegenüber stehen, die von ihrem Job nicht leben können. Aber schon zu den ‘Glanzzeiten’ etwa eines “Spiegel”, herrschte Chef Augstein über eine Riege weiterer Hähnchen, die ihrerseits hoch über dem Bodenpersonal kreisten. Das “Sturmgeschütz der Demokratie” war vor allem militärisch organisiert. Demokratisch war es nie.

Aus Preußentum und Faschismus hervorgegangen, war auch Adenauers Deutschland autoritär, eine Disziplin, in der die DDR tadellos mithielt. Die Grundhaltung deutscher Zeitungsleser, so kann man grob sagen, hat sich bis zur Jahrtausendwende nicht geändert. Was gedruckt wurde oder in der “Tagesschau” kam, wurde als Wahrheit betrachtet, Dies verdankte sich vor allem der Untertanenmentalität in publizistischen Fragen, nicht etwa der Qualität der Beiträge.

Das Abdrucken handverlesener Leserbriefe war das Maximum an Demokratie, das der Journalismus kannte. Nach 1989 kam noch einmal ein dankbares, weil ahnungsloses Publikum dazu. Kurz darauf brach die Hölle los: Die im Osten hatten bemerkt, dass sie vereimert wurden und das Internet bot plötzlich echte Quellenvielfalt. Darauf war offenbar niemand im Betrieb vorbereitet.

Nach der Trennung

Die aktuelle Generation von Chefjournalisten hat noch den Anspruch auf Autorität, ohne sie je ausfüllen zu können. Zudem wird ihnen diese ohnehin nur mehr vom rapide aussterbenden Teil ihres Publikums zugebilligt. Die Sturmgeschütze wurden folgerichtig verlassen und es folgte ein Rückzug in den Bunker, aus dem auf Verschwörungstheoretiker und Feindversteher geschossen wird.

Das ist in aller Kürze der stand der Dinge. Die Fehler wurden schon lange vor dem Störfeuer aus dem bösen Internet gemacht. Außer in einigen mutigen Experimenten hatte Journalismus nie etwas mit Demokratie am Zettel, und selbst jene Experimente (vor allem die TAZ) wurden zugunsten einer geschäftigen Hochnäsigkeit eingestellt. Das Resultat ist nicht bloß ein Umsatzproblem. Es ist flächendeckendes Desinteresse. Eine Ganze Generation guckt lieber Filmchen bei YouTube.

 
dg

Anlässlich seines Neunzigsten gab es kürzlich die unvermeidlichen Elogen auf Jürgen Habermas, einem treuen Begleiter des deutschen Narrativs, der als Herrprofessor die Instanz war für schlaues Zeugs, das niemandem wehtut. Nun, auf meiner Seite war der Schmerz gelegentlich erheblich, und schlau fand ich das Gequatsche schon gar nicht.

Nach Kant und Nietzsche waren es Denker der Frankfurter Schule, die mich geprägt haben: Adorno, Horkheimer und Marcuse. Eine ähnlich einschlagende Wirkung hatte danach nur noch Foucault. Ich kann von deren Schriften aus dem Stand stundenlang begeistert dozieren, sie zitieren und erklären, was mich daran fasziniert. Aber Habermas?

Er dürfte von denjenigen, die mich nie interessiert haben, derjenige sein, von dem ich am meisten gelesen habe. Seine Leistung: Als Nachfolger Adornos hat er alles kassiert, was die Alten an kritischem Potenzial aufgebracht hatten und durch die matschige Restauration eines Vernunftbegriffs ersetzt, der mit der Demokratisierung der Naziherrschaft nicht in Konflikt geriet.

Scheinriese

Man muss ja nur seinen weitgehend unbekannten Kollegen Wolfgang Fritz Haug lesen, um den Unterschied zu erkennen. Haug hat von Anfang an aufgezeigt, dass es stinkt im Staate; Habermas hat lieber an die von ihm verwaltete Vernunft appelliert. Haug ist Marxist, Habermas Sozialdemokrat, die Karrieren vorprogrammiert – wenn man davon absieht, dass Haug eigentlich aus dem Lehrbetrieb hätte entfernt werden müssen. Ob Haug als ‘Linke’-Mitglied inzwischen auch als Sozialdemokrat gelten muss, mag ich hier nicht bewerten.

Was mir aufstößt, sind zwei Dinge, die mich zu dieser Einlassung bewegen: Inhaltlich kann ich mich an nichts, aber auch gar nichts Substanzielles erinnern, und zwar auch und gerade in Habermas’ Äußerungen zum Tagesgeschehen, für die er so hochgelobt wird. Ich kenne auch niemanden, der das könnte. Ein Ereignis, anlässlich dessen man sich von ihm durchgerüttelt fühlte? Eine scharfe Kritik? Ein relevanter Änderungsvorschlag? Nichts. Dafür ist der Betrieb seinem Star offenbar dankbar.

Damit verbunden ist zweitens das völlige Fehlen eines radikalen Zweifels, wie er noch seine Vorgänger prägte. Kein Zweifel am Denken selbst, am System, an den Grundlagen der Herrschaft oder der Gedanke, dass alles, was als ‘Demokratie’ auftritt, eigentlich etwas anderes meinen könnte. Stattdessen Appelle an eine Vernünftigkeit, die angesichts früherer Theorien und späterer Praxis bestenfalls Rührung hervorrufen. Die Sonne steht tief im Denkerland.

 
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Was ist ein Grundgesetz? Da stellen wir uns mal ganz dumm … ein Grundgesetz hat zwei Sorten Löcher. Die Einen schreiben jeden Schwachsinn hinein und durch die anderen geht seine Wirkung flöten. Es ist sehr schwer; so schwer, dass man es nicht unter dem Arm tragen kann. Wenn es ums Geld um Menschenrechte®, Freiheit® und das Gute® geht, schaut man nicht so stur hinein, das stört nämlich bloß die Verantwortung®.

Nein, das ist gar nicht lustig. Hatten wir zuletzt eben die Großkoalitionäre, die zeitweise beliebig Quatsch in die Verfassung sudeln konnten, eine Klientel, die ohnehin nicht weiß, was ein Gesetz ist und statt Regelungen zu treffen lieber PR-Titel in die Gesetzbücher schmiert, droht jetzt die Steigerung in Form Grüner Vorschriftenwut. Man kann jede Dummheit noch überbieten.

Ganz doll wichtig

Eine “CO2-Bremse” wollen sie im Grundgesetz stehen haben. Man darf sich hier überhaupt nicht mehr fragen, ob diese Ideologie auf Kindergartenniveau überhaupt den Unterschied kennt zwischen einer Verfassung und einem Parteitagsbeschluss. Man muss sich dem pädagogisch nähern, um das zu verstehen. Wenn sie etwas ganz dolle wichtig finden, dann muss das an eine ganz dolle wichtige Stelle, und die ist das Grundgesetz. Was man da reinschreibt, das passiert auch.

Kleine Kinder und religiöse Fanatiker glauben noch, dass man etwas nur mit entsprechender Autorität sagen und daran glauben muss, dann tritt es auch ein. Der infantile Pietismus der Grünen bedient beide Kategorien. Am besten beschließen wir dann noch das Ende vom Tierleid, schöne neue Elektroautos, bezahlbaren Wohnraum in allen Großstädten und dass wir uns alle liebhaben.

Solche Amateure, Traumtänzer und Moralfuzzis eint mit den anderen Christizisten und ‘Konservativen’, dass sie die Gesetzgebung als Vehikel ihrer kruden Weltsicht missbrauchen – sie glauben, man muss das Böse nur verbieten, dann verschwindet es. Wenn das nicht so klappt, muss man es noch doller verbieten (härtere Strafen, Fummeln am Grundgesetz). Was sie unterscheidet, ist dass die Schwarzen immerhin lesen können. Man hätte das Buch ja wenigstens mal zur Hand nehmen und bis Art. 20a blättern können.

 
mb

Ich war schon als sehr junger Kerl recht aufmerksam und gegen den Strich gebürstet. In meiner Siedlung lebten einige nicht ganz irrelevante Leute, daher war es ganz selbstverständlich, dass die Stasi allgegenwärtig war. Sehr lustig zu beobachten, wie sich einige bemühten, unauffällig zu wirken, während andere das genaue Gegenteil taten. Am besten gefiel mir aber, dass die Geschichte offenbar so eine Art Kreiswichsen war. Jeder beobachtete jeden.

Ich galt als aufmüpfig, daher taten die meisten so, als ignorierten sie mich. Ein paar waren auch von der appellierenden Sorte. Sie sprachen gern von Sozialismus, meiner Zukunft und beides in Kombination. Ich war nicht sonderlich interessiert. Das musste sich eines Tages ändern, dals ich ganz offen gefragt wurde, ob ich kooperieren wolle. Ich bat mir Bedenkzeit aus.

Das verwirrte den Offizier, der noch ein paarmal nachhakte; ich gab ihm aber zu verstehen, dass ich weder wüsste, was ein guter Sozialist sei noch viel Pflichtgefühl verstünde. Ich müsse einfach nachdenken, und wir verabredeten uns für einen Folgetermin. Als wir uns wiedersahen, fragte ich, ob ich Mitarbeiter werden könne. Nicht irgendein Spitzel, der doofe Fragen beantwortet, sondern eben hauptamtlich. Ich hatte ohnehin wenig Lust zu arbeiten, und die Idee schien mir einige Probleme gleichzeitig zu lösen.

Karriere

Beim ersten Gespräch mit seinem Vorgesetzten wusste ich schon wesentlich mehr über Sozialismus, Pflicht und all diesen Kram. Schließlich besuchte ich eine Schule und hatte das oft genug gehört. Nicht gar so schwierig. Außerdem hatte ich technisch einiges drauf. Kurzum: Sie konnten mich trotz gewisser Bedenken gebrauchen. Also habe ich ein paar Jahre gefrickelt und gemacht und mir den großen Apparat von innen angeguckt, bis Helmut kam und die Meisten von uns entlassen wurden.

Ich habe trotzdem Freunde, und die haben mich natürlich gefragt, wieso und warum. Ich sei doch gar nicht so, blabla. Dabei ist meine Karriere eigentlich selbsterklärend. Wie gesagt, bin ich mit den Kollegen, Zuträgern und Beobachtern groß geworden, Was machst du dann also? Schlägst ihnen die Tür vor der Nase zu, legst dich mit ihnen an, verbaust dir alle Optionen und wirst trotzdem bespitzelt? Wo ist der Sinn?

Oder du machst dich zum Spaten, lässt dich abhorchen, wirst dann erst recht bespitzelt und hast nichts davon? Uncool. Alternative: Du guckst dir das von innen an, lernst die Leute kennen, die dich bespitzeln und die Leute, die du bespitzelst, weißt, wen sie bespitzeln und man respektiert sich gegenseitig. Ab und zu ein Zückerchen, nichts zu Intimes, und wenn jemand ein Problem hat, kannst du dir überlegen, ob du es ausnutzt oder hilfst.

Abschaum

Meistens hat man sich geholfen, denn wir waren ja nicht blöd. Das macht die Arbeit leichter, und es ist immer besser, jemand schuldet dir was als umgekehrt. Kurzum: Ein schräges Theater, in dem die Rollen klar verteilt sind. Ab und an, wenn ein Fetter wen auf dem Kieker hatte und der das Spiel nicht verstand, flogen Späne. Da hielt man sich raus, so gut man konnte. Meistens kannte jemand wen, der wen kannte und konnte noch rechtzeitig warnen. Wenn wer die Warnung nicht ernst nahm … tja.

Dann kam wie gesagt Helmut, Birne, der Kanzler der Einheit und das, was der Westen so “Dienste” nennt. Ein paar von uns sind übernommen worden, darunter vor allem Wendehälse, aber auch ganz harte Jungs, die zum guten Schluss noch mal die Nazis abschnorcheln mussten. Habe ich nie verstanden, das Motiv. Wieder andere haben der Bundesregierung ein paar Sachen aus dem Archiv gezeigt, damit sie keinen Stress machen. Trotzdem sind viele wegen – man fasst es nicht – Landesverrats verurteilt worden. Das hat das Verfassungsgericht dann aber später zurückgenommen. Hatten wir auch nicht anders erwartet. Verbindungen eben.

Für die Westpresse sind wir seit Jahrzehnten der schlimmste Abschaum, während sie von ihren eigenen Leuten nichts wissen wollen. Ich bin ja nicht leicht zu ekeln, aber von denen würde ich keinem die Hand geben. Übrigens auch nicht den ganzen Schleimern, die gar nicht genug Dreck über Freunde und Kollegen auskippen konnten. Wo du die überall triffst, das glaubst du gar nicht. Ich habe immerhin etwas mitgenommen aus der Sache: Man macht sich einfach keinen unnötigen Stress, und was man weiß, das weiß man. Damit kommst du auch als Arsch der Woche zumindest jederzeit zu einem Job. Das ist ja alles, was bei euch zählt.

 
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Sie jammern und jammern, lassen ihre Anwälte von Gericht zu Gericht ziehen, um sie am eigenen Ast sägen zu lassen mit Ideen wie ‘Leistungsschutzrecht’ und ‘Urheberrecht’, während sie noch so blöd sind, selbst ständig dagegen zu verstoßen: Journalistische Verlage. Nun wundern sie sich, dass nicht nur ihre Papierabonnenten aussterben, sondern auch für ihre Online-Auftritte niemand zahlen will. Ach was!

Ich will bei der Gelegenheit einmal mit dem Qualitätssterben anfangen, das ich in den vergangenen Jahren erlebt habe. Nicht dass man vorher von der Wucht ihrer Größe erschlagen worden wäre, aber es geht immer noch drunter und sie haben jede Türkante gemeistert, egal, wie tief sie lag. Als das anfing mit dem Online-Journalismus haben sie noch viel ausprobiert, das hat sich inzwischen erledigt und zu einer Ödnis entwickelt, die man kaum öder erfinden kann.

Damals …

Von den Zeiten, als Experimente wie TAZ oder Pardon erschienen, will ich nur kurz sprechen. Erstere hatte linken bis linksradikalen Charme, war extrem debattenfreudig und auf nichts festgelegt. Krude Pornographie-Zitate trafen auf radikalen Feminismus, diverse linke Strömungen beharkten sich und irgendwo muss ja auch der bürgerliche Ton hergekommen sein, der die TAZ heute zu einer von vielen macht. Es gab echte! Meinungsvielfalt.

Im Netz hatte ich über die Zeit einige Favoriten, lange gehörte die Frankfurter Rundschau dazu. Die war häufig gegen den Strich gebürstet, zwar sozialdemokratisch, aber wach, nicht nur über Hessen fand ich hier Infos, die es woanders nicht gab, und sie hatten dort sogar den Mut, mein Blog zu verlinken (wenngleich das recht fix wieder korrigiert wurde). Auch dieses Angebot wurde ‘erfolgreich’ umstrukturiert.

Ausgerechnet die FAZ hat es dann gewagt, sich Debatte ins Haus zu holen, weil ihr der Unfall Frank Schirrmacher passiert ist. Debatte kriegst du, wenn du andere Meinungen gelten lässt und die eigene nicht für das Maß aller Dinge hältst. Zweifel ist das wichtigste Mittel guten Journalismus’. Zweifel an allem, auch an dem, was man gerade für wahr und richtig hält.

Deckel drauf

Was haben wir inzwischen? Zentralredaktionen. Einer der Todesstöße. Sie haben es ja sogar geschafft, Zentralredaktionen für ihre Lokalteile einzurichten. Überall dasselbe, wortgleich, bildgleich und obendrein meist von der Agenturmeldung abgeschrieben. Wer braucht das? Wer soll dann auch noch “mehrere Abos” abschließen? Kidding me? Oder für ein ‘Nachrichtenmagazin’, das neben fünf Meldungen über Frauenfußball Kindergeschichten (“bento”) serviert, die sich dem Niveau der “Bravo” von unten nähern?

Im Hintergrund ist das Bild kein besseres; die ‘politischen’ Kräfte von Grün bis AfD sind allesamt neoliberal und außenpolitisch macht es sich sogar ‘die Linke’ inzwischen bei den Atlantikern gemütlich. Diese Klientel wird nur mehr mit Propaganda eingedeckt, allem voran die unsägliche Verdachtsberichterstattung.

Es soll ein Krieg geführt werden? Der Böse soll ja Böses getan haben, das muss reichen. Was Saddam seine WMD ist Assads Giftgas oder Irans Tankerangriffe. Hinter all dem steckt ohnehin Putin® und wenn nicht, dann “freut” es ihn eben, was auch böse ist. Für diese Hetze soll man also auch noch zahlen? Ja nee ist klar. Dann kaufe ich auch lieber ein Fußball-Abo fürs Fernsehen.

 
wa

Ich zitierte es schon einmal: “Würde”, das ist laut Schiller “Ruhe im Leiden”. Sei nicht jämmerlich, stehe aufrecht, selbst wenn dir ein paar Extremitäten fehlen und dir das Blut aus dem Ohren spritzt. Das ist das deutsche, das abendländische, das bürgerliche Subjekt – das sich selbst unterwerfende Dingsbums Mensch.

Weniger würdig, aber absolut zeitgemäß, erwünscht und gepflegt, sind diverse Varianten davon: der Kampfhahn, der Pfau, der Alphagünther, aber auch der buckelnde Radfahrer. Konkurriere, unterwirf – dich und andere -, verwende alle deine Antriebe und Fähigkeiten darauf, deinen Platz zu finden, zu behaupten und zu wahren. In der kapitalistischen Gesellschaft ein Spiel, das nie endet und, während es “fairer Wettbewerb” sagt, den Kampf bis aufs Blut meint.

Auf die Knie

Diese ‘Kultur’ des Unterwerfens, der Beherrschung und vor allem Selbstbeherrschung ist älter als der Kapitalismus, kommt aber in diesem auf unschönste Weise zur Entfaltung. Dass sie in diesem Umfeld gar nicht danach fragt, ob es vielleicht auch anders ginge, liegt auf der Hand. Dabei könnte es durchaus schöner sein.

In einer Gesellschaft, die nicht den permanenten Kampf anpreist und das gegenseitige Niedermachen zum Ideal erhebt, wäre der Umgang mit sich selbst und der ganzen Geschichte ein anderer. Das hätte unter anderem Auswirkungen auf Begriffe, die man außerhalb ihres Zwangs auch schon heute völlig anders interpretieren könnte. Ich nehme mir mal den des “Sozialismus’” zum Beispiel:

Wie sinnig ist es, eine Partei in ein kapitalistisches Parlament zu entsenden und dort ‘Sozialismus’ anzustreben? Was soll das sein? Der drölfhundertste Versuch, eine Arbeiterschaft, die inzwischen gar nicht mehr existiert, zu Gewinnern an ihrer eigenen Ausbeutung zu machen? Wie wäre es stattdessen, Sozialismus als wissenschaftlichen Versuch zu wagen, die Gesellschaft zu kreieren, in der man leben möchte? Sozialismus als organisierter Versuch einer Gemeinschaft?

Untermenschen

Das ist praktisch in einer kapitalistischen Gesellschaft auch vergebens, aber dafür haben wir ja die Theorie. Das ‘Subjekt’ eines solchen Versuches wäre dann aber nicht mehr das Konkurrenzäffchen, sondern ein Mensch, der mit sich, seiner kulturellen wie biologischen Geschichte und seiner Umwelt in Einklang zu leben versuchte.

Auf der Ebene des Einzelnen bedeutet dies, sich seiner Antriebe, nicht zuletzt der quasi tierischen, gewahr zu werden und sie weder zu unterdrücken noch im Sinne der Herrschaft loszulassen, sondern sie zu befrieden. Eine Gesellschaft, in der Aggressionen gegen andere gelenkt werden und die so ‘sublimiert’, dass es immer Minderwertige für die allgemeine Psychohygiene braucht, bleibt barbarisch. Sie predigt “Recht” und “Disziplin” und meint Unterdrückung.

 
hk

Ich sitze mit meinen Töchtern beim Essen, plötzlich gibt es einen Knall in der Diele. Die Tür wurde eingetreten. Drei Typen in Anzügen, breit wie Kleiderschränke, betreten die Küche. Zwei stellen sich hinter die Mädels und ziehen ihnen schwarze Stoffsäcke über die Köpfe. Der dritte spricht mich an:

“Guten Tag der Herr!” Sein Kinn allein ist breiter als mein Stuhl. “Wir haben gehört, Sie schreiben so nette ….”
“Sonette?”, sage ich, als ob das etwas ändern würde, “Ich schreibe keine Sonette.”
“So nette Artikel im Internet”, fährt der mit dem Kinn fort, “linkes Zeugs und so. Unser Auftraggeber steht auf linkes Zeugs. Deshalb lässt er Ihnen einen schönen Gruß ausrichten. Sie haben eine Reise gewonnen.”

Schanghait

Ich stehe wie immer über den Dingen und antworte souverän: “Äh, wer, was, wieso …” und frage mich spontan, ob wohl wieder wer einen Podcast aufzeichnet.
“Jemand steht auf Sie. Sehen ja auch verdammt gut aus”, scherzt sein Kumpel, der etwas kleiner ist, also eher Würfelform hat. “Wenn Sie uns also bitte folgen würden … und damit Sie auch gar nicht erst auf die Idee kommen, den Helden zu spielen, leisten wir den beiden Hübschen hier noch ein wenig Gesellschaft.”

Es wird dunkel, als sie auch mir eine Kapuze überstülpen. Mit werden die Hände gebunden und ich werde durch den Flur auf die Straße geführt, wo ein Auto auf uns wartet. Es ist ein Sechszylinder, vermutlich ein enteigneter BMW, wie ich beim Losfahren höre. Der Fahrer hat es eilig. Clever und professionell frage ich, wohin sie mich bringen, aber ich sitze offenbar allein im Fond, der obendrein mit einer Art Schallschutz versehen ist. Meine Stimme klingt extrem dumpf, wenn ich spreche.

Wir sind etwa eine Stunde unterwegs (ich habe ein sehr gutes Zeitgefühl), als wir anhalten und die Tür geöffnet wird. Man führt mich über einen langen Fußweg in ein Gebäude, dann eine Treppe hinauf. Eine Tür schließt sich hinter mir, dann werden mir Fesseln und Kapuze abgenommen. Im Gegenlicht erkenne ich die Silhouette eines Mannes.

And The Winner Is …

Seine Stimme kommt mir bekannt vor, als er zu mir spricht, sanft und bestimmend: “Ich mache es kurz und klar: Sie werden gleich durch diese Tür dort gehen. Man wird Ihnen eine Frage stellen und Sie werden mit ‘ja’. Antworten. Nur dieses eine Wort, sonst nichts. Es ist ganz einfach und gar nicht so schlimm. Wenn Sie das tun, wird Ihren Töchtern nichts passieren. Haben Sie das so weit verstanden?”

“Ja”, sage ich knapp. Er darauf: “Gut, damit wäre die Generalprobe ja bereits bestanden. Ach, und noch etwas: Herzlichen Glückwunsch!”
Die Tür öffnet sich, es ist sehr hell, Applaus brandet auf. Ich werde gefragt: “Nehmen Sie die Wahl an?”, denke nicht lange nach und antworte pflichtbewusst mit “Ja”. Wieder Applaus. Die Stimme von eben ruft in ein Mikrophon: “Wir haben einen neuen Vorsitzenden, Genossinnen und Genossen.” und jetzt sehe ich auch das Gesicht dazu. Es ist Thorsten Schäfer-Gümbel. Ich bin auf dem Parteitag der SPD.

 
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Ich pflege durchaus die schlimme Kultur, mir dumme Filme und Serien anzuglotzen, um mein Hirn zu sedieren. Nun gibt es dort Trends, die einem mehr oder weniger gefallen können, nicht zuletzt, weil sie es einem unmöglich machen, vor sich hin zu dämmern. Wie bereits einige Male erwähnt, war Uena selig aufgefallen, dass, wo einmal Forschergeist und Abenteuerlust Serien wie Star Trek haben entstehen lassen, in diesen Zeiten die Zombieapokalypse dominiert.

Ebenso nervig fallen Designkatastrophen auf, die vor allem ‘historische’ Verfilmungen völlig zerstören, so dass man sich mit Inhalten gar nicht mehr beschäftigen muss. Ob Antike oder Mittelalter, stets haben die Darsteller perfekte Zähne, sind durchtrainiert oder schlank gehungert, und wenn ihre Klamotten sich nicht eh strahlend weiß in die Waschmittelreklame einpassen, dann sind sie in albernster Weise auf gebraucht gebrasselt. Die Straßen sind gefegt, man sieht weder Müll noch Scheiße.

Schöne Geschichte

Dieser Geschichtsklitterung durch furchtbare Bewusstlosigkeit gesellt sich inzwischen eine weitere hinzu, weil verblödete Ideologen der verwöhnten Mittelschichtskinder ihren Genderama-Spralleria-Dung auch noch quer zu jeder Wissenschaft in die Produktionen pressen müssen. Das fängt schon bei pillepalle Phantasiebegriffen wie “Gender” an und nimmt dann schamlos den ganze Heile-Welt-Schmonzes, in dem wir uns gefälligst alle liebhaben, mit.

Geht es in Sci-Fi noch klar, dass etwa Homosexuelle ihre Beziehungen offensiv ausleben, Schwarze zu Helden werden und Frauen dominieren, so hat das in historischem Kontext (der fängt insofern in der Gegenwart an) nichts verloren. Es ist wirklich nicht zu fassen, dass die selbst ernannten Opferschützer glauben, indem man die Kämpfe, die Diskriminierungen und Demütigungen der ‘westlichen’ Kultur gegenüber Minderheiten und Frauen einfach leugnet, wäre irgendetwas gewonnen. Anstatt die Welt so darzustellen, wie sie war, wird sie so manipuliert, wie sich die Ideologen das eben wünschen. Rückwirkend und quer durch alle Genres.

Immer druff

Gerade die aktuell jüngeren Generationen kranken an der Frühdemenz, die sie glauben lässt, alles wäre schon immer so gewesen wie sie es jetzt erleben. Der Mangel an Zusammenhang im Denken und in der Informationsverarbeitung, das zerfallende Wissen, das quasi jedem nahelegt, doch zu glauben, was er will, ist epidemisch. Sogenannte ‘Linke’ meinen ernsthaft, das sei ein Werk rechter ‘Populisten’. Derweil gehen sie selbst hin und betreiben dasselbe Geschäft. Die Welt ist eine Erzählung, und jeder erzählt das Märchen, das ihm am besten gefällt. Der Rest ist Fake News, Feindpropaganda.

Die Krönung vom Ganzen ist aber, dass der American Way of Solving Problems dabei stets unangetatset bleibt: Haben Helden zwar inzwischen weiblich, farbig und schwul zu sein, so bestimmt ihre Heldenhaftigkeit sich weiterhin dadurch, dass sie aus dem Weg räumen, was sie als böse® erkannt haben. Was das ist, wer das ist und was man mit denen macht, bestimmen sie in einem Aufwasch. Niemals hingegen kämen diese Helden auf die naheliegende Idee, einfach zu leben und leben zu lassen. Einmal im Heldenleben nachgeben. Wie doof wäre das denn!

 

Wie dumm muss man auch sein, sich auf die Brücke zu schleichen und den Käpt’n vom Ruder zu treten, wenn der Kahn bereits unter Wasser liegt? Welch eine Karriere, was für eine Partei!