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Mai 2018


 
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Was wäre ich ohne mich? Vermutlich eine Ansammlung von Marotten, Eigenschaften und kultivierten Routinen, die ein sich als vermeintlicher Chef aufführendes sogenanntes “Ich” zusammen zu halten versucht. Also eigentlich würde sich nix ändern, bis auf den Glauben an eine ‘Identität’, aber das ist etwas für Philosophen, die falschen obendrein, also lassen wir das.

Als richtiger säge ich weiterhin fröhlich an dem Ast, auf dem mein innerer Möchtegern-Chef es sich gemütlich gemacht hat. Heute mithilfe des hassenswerten Machos, Antifeministen, selbstverliebten Journal-Befüller und im Nebenberuf Juristen Thomas Fischer. Der hat nämlich mal wieder Probleme, und ich kann ihm helfen.

Härtere Strafen®

Ich kann das nicht, weil ich “Boston Legal” in zwei Sprachen komplett absolviert habe oder erstaunliche Erfolge bei der angewandten Lektüre von Gesetzen und Urteilen habe, sondern weil ich gelernt habe, dass das Flugzeug “Mensch” durchaus besser dran ist ohne seinen gleichnamigen Piloten. Wie immer biete ich keine Komplettlösung an, sondern wieder nur Analyse – das Zeug, das einem so bitter schmerzlich jeden Spaß an Allmachtsphantasien nimmt.

Wenn Fischer sich also über den Mob echauffiert, der härtere Strafen fordert, indem er sich an dem diesem zuarbeitenden Personal abarbeitet, wird das Elend nur zu deutlich: Was interessieren den aufgeklärten Geist angebliche ‘Motive’ eines zu verurteilenden Täters? Wie kann ein sogenanntes “Strafmaß” sich danach bemessen, was jemand angeblich wollte?

Ach Göttchen

Nun, das Strafrecht, eine der Säulen der Vermenschlichung Gottes (oder andersherum: Apotheose), es will ‘gerechte’ ‘Strafen’ finden für “Täter” (früher “Sünder”, so auch heute noch in öffentlichen Beschwichtigungsritualen sogenannten Journalismus’). Es will die ‘Schwere’ einer ‘Schuld’ feststellen, hat sich mithin ausgerechnet als Korinthen scheißende Instanz für Regeln voll und ganz der Mythologie verschrieben.

Wie schon bei anderen Gelegenheiten, empfehle ich auch hier wieder dringend, dieses depperte Menscheln einzustellen und entweder zur meinetwegen auch christlichen Scharia zurückzukehren oder sich endlich weltlich zu geben anstatt eine halbseidene Religiosität aufrecht zu erhalten. Will heißen: Was Täter und Opfer angeblich denken, fühlen und wollen, ist irrelevant. Die Tat ist zu beurteilen, nicht der Täter.

Das wusst’ ich nicht …

Liegt einer Tat etwa eine Gefahr inne, ist es egal, ob ich diese ignoriere, bagatellisiere oder mit voller Absicht herbeiführe (btw.: „heraufbeschwören“ ist auch so ein Omm-Omm; als gehe es da um Geister). Ich fahre gegen den Nachbarproll mit Zweihundert durch die Fußgängerzone, hoffend, dass er es nur auf Hundertneunundneuzig bringt? Wen interessiert es, ob ich dann damit rechne, dass ein Passant als Gulasch unter meinem Scheibenwischer landet? Ist es wirklich besser, wenn ich nachweisen kann, echt so dämlich zu sein, dass es mich überrascht?

Zum Thema “Vergewaltigung” werde ich mich in diesem Kontext nicht äußern, denn es ist kontraproduktiv, ein Problem wie das des Strafrechts ausgerechnet anhand von Tatbeständen zu erläutern, die als Ausnahme der Ausnahme dazu eben nicht taugen. Selbst wenn es gelänge, ließe es sich nicht auf andere Delikte übertragen. Daher will ich es bei der Frage belassen, was denn gewonnen ist, wenn man die Tat nicht wirklich objektiv, nämlich als Tat und nicht als Sünde eines Täters beurteilt?

 
jg

Bürgerliches Recht im Allgemeinen ist eigentlich eine rationale Veranstaltung. Man kann sich seiner als Instrument bedienen, wenn man kann, sofern nicht Dinge dazwischen kommen wie aggressiver Lobbyismus oder eine Dekadenz, die unsere Zeit leider auszeichnet. Dazu später mehr. Wie man sich des Rechts sicher nicht bedient, hat Tom Wellbrock demonstriert, nebst einer inzwischen schon notorischen Ignoranz, die mir gegenüber stets in eine Art Intellektuellenhass umschlägt. Es ist egal, was ich sage, ich werde sofort als ‘Theoretiker’ nicht nur etikettiert, sondern diffamiert. Nun bin ich deswegen nicht beleidigt, es ist nur zu vermerken, dass diese gute deutsche Tradition auch bei den Landmirabellen gepflegt wird.

Im vorliegenden Fall gibt Wellbrock eine Petition ein, die den Bundestag darauf festlegen soll, Kriegseinsätzen nur noch zuzustimmen, wenn die Bevölkerung zuvor über die Grenzen von Verwaltungseinheiten abgestimmt hat. Er weiß das nicht, denn er verwendet den juristischen Begriff “Volksbefragung” in völliger Unkenntnis darüber, was er bedeutet. Zudem kann man den Bundestag auch nicht auf ein Abstimmungsverhalten festlegen. Darauf hingewiesen, erweist er sich als wenig dankbar. Das Bemühen, so wird festgestellt, ziele ja auf Zustimmung ab, ähnlich einer Demonstration. Eine virtuelle Demo von Ahnungslosen, die einem Schmarrn zustimmen – Hauptsache, es wird nicht theoretisiert.

Dekadent

Dieser Umgang mit rechtlichen Dingen muss dem Laien zugestanden werden, er sollte sich dann allerdings mit Publikationen dazu und dem eingewobenen Stolz zurückhalten, es sei denn, Fremdschämen wäre ihm ein Indikator für Erfolg. Damit, und das ist leider überhaupt kein Scherz, begibt er sich aber unmittelbar in Konkurrenz zu welchen, die ihm turmhoch überlegen sind, allen voran der POTUS und sein Team. Debilität als politische Ressource, wie tragisch genial! Desaströse Grammatik, unkontrolliertes Getippe und Stammtischniveau generieren demnach – Zustimmung. Kann also klappen.

Wo das alles endet, ist dann noch weniger witzig. Der Rechtsstaat ist auf einer Flanke bereits derart ruiniert, dass er keinem noch so geringen Anspruch mehr gerecht wird. Er lebt nur mehr davon, dass Volk sich ihm noch reichlich beugt, sei es aus Furcht oder weil es nicht Besseres kennt. Da, wo er am dringendsten gebraucht würde, ist er verrottet und stinkt über den Marktplatz. Der nicht enden wollende Skandal um die Geheimdienste und ihre Verbrechen ist um eine weitere Anekdote reicher.

Obszön

Es ist obszön, was sich der tiefe Staat herausnimmt und erbärmlich, was sich diejenigen bieten lassen, die ihn kontrollieren sollen. In bester Trollmanier lässt sich der Ausschuss in einer Anhörung erzählen: “Das Ihnen zu sagen, erlaubt mir das Gesetz über das Parlamentarische Kontrollgremium nicht.” – in dem das glatte Gegenteil steht, nämlich:

Es [das Kontrollgremium] kann Angehörige der Nachrichtendienste, Mitarbeiter und Mitglieder der Bundesregierung sowie Beschäftigte anderer Bundesbehörden nach Unterrichtung der Bundesregierung befragen oder von ihnen schriftliche Auskünfte einholen. Die anzuhörenden Personen sind verpflichtet, vollständige und wahrheitsgemäße Angaben zu machen.”.

Möglicherweise ist ihnen das aber zu gefährlich. Zumindest Zweien, die sich anschickten, ihren Job ernst zu nehmen und damit drohten, ihn zu tun, ist es nicht gut bekommen. Die Herren heißen Tauss und Edathy und ‘gelten’ seitdem als “pädophil”. Man möge beschließen, dass Mitglieder dieses Gremiums künftig vor der Aufnahme ihrer Arbeit auf solche Schwachstellen überprüft werden. Das wäre doch einmal eine Petition.

Original Bild oben (bearbeiteter Ausschnitt): Immanuel Giel (by Wikimedia Commons), CC BY 3.0

 
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Wie der Zufall es will – für Feynschmecker: die Koinzidenz – sprechen eher politisch motivierte Einzeltäter jüngst häufiger über Fußball. Okay, da war dieser unerhört irrelevante Kotau zweier Fußballer vor ihrem Sultan, der ein in Fachkreisen nicht unbekanntes Missverhältnis zum Ausdruck brachte zwischen dem Genie dieser Herren in dem ihnen eigenen Metier und dem in Bezug auf allgemeinere Bildungsangelegenheiten. Geschenkt!

Selbstverständlich wird auch wieder die Gelegenheit wahrgenommen, unliebsamere Themen unterzugraben – „Burying“ heißt diese Kunst und wird auch diesmal wieder zu einer Welle von Gesetzen führen, die während einer WM stickum durch den Bundestag gekickt werden. Sollte dies erstmals nicht der Fall sein, verrät es immerhin das Nichts, das wir von dieser Gröko erwarten dürfen.

Volxspocht

Kollege Sokolowsky schreibt gar über den endlich absolvierten Abstieg des HSV und ich echauffiere mich ernsthaft über die unerhörte Dummheit, das Genie eines Mario Götze nicht zu erkennen. Herr Löw hat ganz erstaunliche Kenntnisse über die Techniken autoritären Gehabes, umso weniger von den Ressourcen infrage kommender Mitarbeiter. Es bleiben ja genügend übrig, an denen nicht einmal er zweifelt oder die beides können – Kicken und Ärsche lecken. Aber auch das soll mir nur als Einstieg dienen.

Ich bin tatsächlich nicht nur fanatisierter Beobachter der Auftritte eines bestimmten Vereins, ich gehe inzwischen auch wieder gelegentlich ins Stadion – übrigens nicht zu den Spielen meines ‚Fanvereins‘, sondern ein paar Klassen darunter, wo die Jungs noch nicht so gedopt sind, das man mit dem Gucken nicht mehr nachkommt. Ich tue dies, weil es im Grunde die Konsequenz dessen ist, was ich beim Gros der Patienten dieser planetarischen Station beobachte im Hinblick darauf, was sie für ‚Politik‘ und ‚Diskussion‘ halten.

Ich stehe mit einem Freund auf der Tribüne (ein Fan sitzt nicht); einer der Unsrigen legt, vom Gegner bedrängt, eine ansehnliche Flugeinlage hin. Wir machen den Herrn Schiedsrichter darauf aufmerksam, dass der Gegner ein blöder Wichser® ist und daher auf Freistoß zu erkennen. Zu unserer Überraschung folgt der Schiri dieser Aufforderung. Kurzer Blick zum Nebenmann, der sagt: „Das war gar nichts, was ein Idiot!“, weiter geht‘s.

Wie es sich gehört

Wir haben immer recht. Wir foulen nie, wir zeigen die nötige Härte. Der Gegner ist ein Treterverein von Pussies, die sich dauernd fallen lassen. Gewinnen wir, gehört sich das so; gewinnt der Gegner, war‘s der Schiri, unerhörtes Glück, Niedertracht oder – der Regelfall – all dies und Schlimmeres. So geht Fußball, wenn du Fan bist. Das kommt von „Fan“ wie „Fanatiker“.

Auf der Tribüne ist das geil. Vor dem Fernseher ist es anstrengend, strukturiert aber den Abend und lässt Gefühle zu, die sonst unerwünscht sind. Und wisst ihr was? Man kann trotzdem eine Wissenschaft draus machen, von wegen Systeme, Personal, Geschichte, Trainingsmethoden etc.. Hier kann ein Mann noch ein Mann sein und sogar eine Frau kann ein Mann sein. Keiner fragt, woher du kommst, es sei denn, du verläufst dich in der Kurve.

Wo ich genau dieses Gehabe gar nicht brauche, muss ich nicht sagen, oder? Tja, aber Fußball diffamieren – ihr Wichser!®

 
Ich droh’ dir, Dobrindt, mit dem Drohbrief hier
und denen, die doof sind, droh’ ich so wie dir:
Ich dreh’ euch ‘ne Nase und drück’ auch die Daumen,
verdreh’ euch die Köpfe und schüttel’ die Pflaumen,
ich grab’ euch ne Grube und stell’ euch ein Bein
und ihr fallt auf eure Suppe selbst herein.

Warum droh ich dem Dobrindt,
ob nicht and’re auch so sind?
Holz’ gegen Scholz, keil’ gegen Heil,
wend’ mein Feuer gegen Scheuer und hab’ Spaß mit dem Maas?

Ob der Schröder öder
oder Söder blöder
Oder Seehofer eh doofer
wär’ oder was?

Was weiß ich, warum wer,
wie das kam, wie das kam?
Mag ja stimmen, doch die Stimmen
bestimmen so’n Kram.

Die sind drin in meinem Kopf
und müssen dringend da raus,
drum droh’ ich dem Dohbrindt,
also mach’ dir nix draus!

Ob die Merkel das merkt,
ob den Trump das bestärkt,
der Erdogan sich eher so an
den Putin ran wanzen kann,

ist mir doch mal Latte
den von Anfang an hatte
ich nur das eine Ziel
und man ahnte es schon:
es war diese bil-
lige Alliteration.

 
rl

Die Sonne scheint, es lingt Früh-, und es reicht. Der Betrieb in diesem unerhört erfolgreichen Land, in dem wir arm und zahlreich sterben, will einem den Abend schon am Morgen trüben; ich mache aber nicht mit dabei. Anders gesagt: diese Gesellschaft ist so trostlos, dass man schon aus Trotz in die nächstbeste Utopie fliehen muss. Beginnen wir mit einem Beispiel für eine völlig verkrustete kaputte Politik:

Dieser Bericht hier über die ‘Wahl’ eines Gewerkschaftsbosses bietet alles, was die Farbe “Aschgrau” zum Leuchten bringt. Der Vertreter der Vertreter einer Simulation ihrer selbst, der Funktionär der Funktionäre eines Vereins degenerierter Tarifexperten, wird ordnungsgemäß abgenickt. Es gibt einigen vor Müdigkeit kaum hörbaren Unmut über die näheren Umstände, und wie immer ist die SPD dabei. Wo einst für einige Jahre “dein starker Arm” Arbeiterinteressen durchzusetzen vermochte, spielt eine Kaste von Schlipsträgern heute ein Spiel, gegen das die Bürokratie im Finanzamt Unna-Südwest der reinste Rock’n Roll ist.

Im Stehen eingeschlafen

Das interessiert kein Schwein mehr und definiert den Begriff “total” in Form politischer Irrelevanz. Das sind also diejenigen, die quasi alle Lohnabhängigen als solche vertreten in diesem Land. Ich fürchte, das kann man einem Journalisten erzählen, einem Abgeordneten von irgendwas oder bestenfalls einem geistig eingeschränkten selbständigen Frisör, aber niemandem, der in die Kategorie “lohnabhängig” fällt. Diese Eierköpfe vertreten nicht einmal mehr sich selbst, sondern nur mehr den Sessel, in dem vor Jahrzehnten einmal wer saß, der gelegentlich etwas zu sagen hatte.

Womit wir beim Problem sind. So unverzichtbar Marxens Analyse (die meinetwegen auch von Helmut Kohl sein könnte, soweit der Inhalt derselbe bliebe) des Kapitalismus für die Theorie ist, so wenig trägt sie zu einer positiven Praxis bei. Sie befähigt dazu, bestimmte Fehler nicht mehr zu machen (vor allem den einer ‘Sozialdemokratie’), aber sie schafft keine alternativen Strukturen oder Organisationen – schon gar nicht im Rahmen eines Narrativs, das ausgerechnet ‘Kommunismus’ mit Unterdrückung gleichsetzt.

Murray Bookchin etwa hat andere Wege aufgezeigt, die auch bedingt funktionieren. Dass seine Ideen in den Kurdengebieten recht erfolgreich umgesetzt wurden, liegt an Bedingungen, die selten gegeben sind: Eine bereits vorhandene Organisation, eine Art Identität und gemeinsame Gegner, mithin quasi alles, was verbindet. Das lässt sich nicht auf andere Situationen übertragen. Vor allem braucht es Ressourcen, um etwas aufzubauen. Die sind gemeinhin nicht vorhanden, wo eine bestehende Eigentumsordnung aka “bürgerlicher Rechtsstaat” es verhindert.

Es ist unsere Welt

Wie neulich bereits angemerkt, fehlen Zusammenschlüsse derer, die eigentlich eine starke gemeinsame Basis haben, gemeinsame Interessen – als Ausgebeutete und von Ausbeutung Bedrohte, als Ausgeschlossene von der Rallye um die letzten Profite und (zukünftig) Arme. Man hatte scheinbar einmal verstanden, warum Gewerkschaften so wichtig sind und warum die Nazis sie nach ihrem Putsch unverzüglich verboten haben: Sie waren die Organisation der Mehrheit.

Es braucht wieder solche Organisationen, und zwar nicht als ‘Tarifparteien’ und auch nicht als Parlamentsvereine, sondern als Mehrheit, die sich nicht ins Korsett von Profitinteressen zwingen lässt auf einem Trip mit der Wahnvorstellung, Profitnehmer und Profitgeber hätten dieselben Ziele. Organisationen, denen man politische Streiks erst gar nicht verbieten kann, weil sie deutlich machen, dass jeder Streik politisch ist und es keinen Arbeitszwang geben kann. Die das Unmögliche fordern, weil sie die Macht dazu haben. Ich weiß, ich bin bekloppt.

 
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Quelle: Worldmapper (CC BY-NC-SA 4.0)

Einige entsetzliche Dinge haben sich am heutigen Tage ereignet, die mich am Leben verzweifeln lassen – vor allem an der Moral der Menschen. Wie kann man nur, frage ich mich, wohlwissend, dass es darauf keine Antwort geben kann – an dem Tag, an dem der HSV als letztes Gründungsmitglied aus der Fußball-Bundesliga absteigt, einen “European Song Contest” veranstalten? Werden wir demnächst an Karfreitag den CSD feiern? Was ist nur aus der Pietät der Menschen geworden in diesem Land?

Also sitze ich hier und öffne meine zweite Flasche Fusel, obwohl ich schon seit gestern Morgen besoffen bin. Ohne das ganze Kiffzeugs gäbe ich eine echt traurige Figur ab. Vielleicht tröstet es mich ja, dass im Fernsehen heute “die schönsten Fernsehmomente Deutschlands” gezeigt werden und ein “deutsches Jahrhunderttalent” im Schach entdeckt wurde. Deutschland geht es also gut. Deutschland. Deutschland. Deutschland. Ach, und bald ist ja Fußball-WM beim Dopingputin. Da ist auch wieder Deutschland.

Experten: Deutschland …

Schauen wir kurz beim Deutschlandexperten rein, beim Fleischhauer-Jan. Der findet, klagen gegen Abschiebung sollten Geld kosten. Die nämlich “explodieren”, weil sie nix kosten. Der Asylant an sich kommt eigentlich nur hierher, weil er gern mal für lau klagen will, und nicht etwa, weil wir bei ihm daheim ganz andere Sachen explodieren lassen für unser Geld®. Dabei wird ihm dann auch noch geholfen, leck mich am Arsch, und zwar von, ja da schlägt es doch vierzehn, An-wäl-ten!

Aber nicht mit dem Fleischhauer Jan, dem Rechtsexperten für das Gute! Wir erinnern uns: In Sachen Strafrecht ist für ihn Karl Binding das Maß der Dinge, jener große deutsche Autor des Standardwerks “Die Freigabe der Vernichtung lebensunwerten Lebens“. Der Jan weiß noch, was gute Zeiten waren. In Rechtsdingen ist er eine Instanz des deutschen Journalismus.

Es macht mich manchmal echt müde, wenn ich so durch die Medien surfe, macht aber nix, so lange genügend Koks auf dem Spiegel wartet. Wenigstens sind wir hier immer sicherer. Nach CSU-Land kriegt auch NRW jetzt sein Polizeiermächtigungsgesetz, was auch dringend nötig ist. Zuletzt hatte sich doch allzu oft gezeigt, dass die Bullen zu blöd sind, ihre Aussagen anständig abzusprechen an der Arbeit der Polizei häufiger gezweifelt wurde. Da hilft jetzt der Gesetzgeber. Danke, Gesetzgeber!

… und der Dope

Zum Schluss noch einmal zurück zum Fußball und ins böse Putinland. Hajo Seppelt darf nicht zur WM einreisen. Dieser verdammte Diktator und seine antidemokratische Pressezensur! Deutschlands fanatischster Russenhasser im Sportjournalismus kritischster Dopingexperte soll seine vorbildlich investigative Arbeit nicht tun dürfen. Wir sollten auch dieser Diktatur endlich den Krieg erklären Demokratie und Menschenrechte bringen.

Der Säzzer, der ein rechter Zyniker ist, meint dazu, das sei ja auch wirklich unsouverän, wenn man diesen Hajo davon abhält, sich zum Seppelt zu machen. Wir haben schließlich auch Anspruch auf gutes Entertainment für unsere Rindfunkgebühren – genau wie auf guten Dope, verdammt nochmal!

 
Ich muss mit einer Eloge auf Kay Sokolowsky und seinen ‘Abfall’ beginnen, der nicht der diesjährige Preisträger des “Underdog” ist. Ich muss das tun, weil die Stimmen es mir befehlen und weil er der logische Preisträger wäre, käme ihm nicht die Grätsche einer skandalösen letzten Verleihung dazwischen. Er wäre sogar ein sehr guter, in jeder Hinsicht, entspricht sein Blog doch allen relevanten Kriterien, zumal dem des Gefallens der Entscheidungsinstanz Säzzer.

Nicht nur ist es gute Tradition gewesen, dass eines der jüngeren Mitglieder der hiesigen Blogroll hinabsteigt und mit der Töle Gassi geht; so gut wie alles, was bisher gelobt wurde an den Ausgezeichneten, trifft auch auf Kay Sokolowsky zu. Allem voran seine Schreibe, die ihresgleichen sucht. Seine Texte sind fast durchweg aus der tl;dr-Liga, dennoch lese ich sie alle, vollständig und aufmerksam (vor allem Letzteres ist nicht selbstverständlich). Sie sind voller Witz, Leidenschaft und Zähigkeit, präzise, analytisch und von brutaler Ehrlichkeit.

Die es nicht wurden

Mitunter bin ich irritiert von der Leidensfähigkeit, mit der er Niederungen durchquert, in denen ich es, allein mit einem Text, keine zehn Minuten aushielte. Bisweilen fühle ich mich wie in einem Film, in dem der Schurke endlich von seinen Opfern voll was auf die Fresse kriegt, dann wieder hinabgezogen in die tiefste Hölle jener Warenwelt, von der er, selbst nur virtuell getrennt, ein schmerzhaft klares Bild malt. Wieso habe ich eigentlich fünf Jahre gebraucht, um in zu entdecken? Schande über mich!

Zum letzten Mal sei auch erwähnt, dass Pantoufle einen guten zweiten Platz gemacht hat, wie jedes Jahr, was ihm einen Ehrenpreis eintrüge, hätte das nur irgendetwas mit Ehre zu tun – oder wenigstens mit Preis. Es wäre aus unterschiedlichen Gründen schlicht inzüchtig gewesen, ihm den Hund offiziell anzuvertrauen. Nein, nicht, was du jetzt denkst. Ist ja widerlich. [Anmerkung zur ursprünglichen Version, die ggf. in den Feedreadern gelandet ist: Der Betreiber dieses Blogs ist entweder senil oder aktuell nicht ganz auf der Höhe. säzzer]

Kommen wir also zum unvermeidlichen ultimativen Preisträger, jenem Überlebenden, der den Underdog noch persönlich kannte. Die Idee zu dieser letzten Konsequenz ist so alt wie der Preis selbst, und ich habe keine Ahnung, wie ich die Spannung so lange habe aushalten können, dass sie schon seit vielen Jahren vollständig geschwunden ist. Ganz im Sinne seiner Schöpfungsgeschichte, Zischbumm Tadaa etcetera, danach kann nichts mehr kommen: Der Underdog 2018.

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Das Wagenknecht-Monster

Der “freitag” hielt es jüngst für einen gelungen Scherz, dass Sahra Wagenknecht eine “linksnationale Partei” gründen wolle. Derweil entlarvt der “Focus” sie als unverbesserliche Kommunistin, die – Skandal – an den Ideen von Karl Marx festhält.

Darf man als Deutscher noch Brot essen? Wie die Nachrichtenagentur Tasskaff herausgefunden hat, soll sich die linkssozialistische Kommunistin Sahra Wagenknecht von Brot ernähren. Damit hat sie geschafft, was selbst islamistischen Terroristen nicht gelungen ist: 78% der Deutschen schmeckt ihr Brot nicht mehr. ¹

Nahles kann Partei

Der “Spiegel” schrieb zu Andrea Nahles jüngst: “Die 47-Jährige ist jetzt die mächtigste Frau der SPD.”, was zynisch ist, denn aus einer aktuellen Umfrage geht hervor: Wenn in Deutschland der Kanzler direkt gewählt würde, würden sich nur 13 Prozent der Wähler für Nahles entscheiden. Aber immerhin, sozenmächtig:

Gleich drei sieben Parteivorsitzende wurden vom Steinschlag in den Ruinen der Partei (SPD) erledigt, und Nahles steht noch immer nicht ganz jetzt an der Spitze. Sie wird wissen, warum. Es ist aussichtsreicher, zu warten. Es ist aussichtsreicher, sich mit allen und jedem zu verbünden, zu verabreden und zur rechten Zeit auf die Bühne und vors Mikrophon zu treten. Die Seilschaften der SPD funktionieren noch gut, die Intrigensolidarität bestimmt das Tagesgeschäft. In solchen Zeiten werden solche Charaktere befördert.
Daß sie “Partei kann” bedeutet, daß sie Risiken kalkuliert, weiß, wer wo was sagt und immer gerade die richtige Strippe in die Hand nimmt, wenn das Blitzlicht aufleuchtet. Dass sie abends ihr Geschwätz vom Morgen nicht mehr interessiert, sieht man ihr nach, weil man von ihr nur dann eine Meinung erwartet, wenn sie zuvor genügend Claqueure dafür gesammelt hat. In der Regel reicht ein Statement im Sinne dessen, was sich just als Mehrheit der zuständigen Gremien abzeichnet.
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Uns geht’s gut!

“Die deutsche Wirtschaft wächst derzeit so stark wie seit zwölf Jahren nicht mehr. Auch die Finanzkrise ändert daran nichts. Die Krise kommt auf dem Arbeitsmarkt an. Sogar junge Menschen ohne Abschluss haben wieder Chancen.”

Ähm, nein, ihr geht es ja so gut wie “seit Langem”, “seit zehn Jahren”, “seit Jahrzehnten” nicht mehr oder gar “wie nie zuvor”. ³

Managermoral meets Strafrecht

Tzia, und dann haben wir da noch diesen fiesen Manager-Skandal um Martin Winterkorn (VW).

Die “Eliten” in Deutschland machen schwere Zeiten durch. Ein ums andere Mal lassen sich Top-Manager dabei erwischen, wie sie in kriminelle Machenschaften verwickelt sind:
Zumwinkel bei Steuerhinterhinterziehung, die Siemens-Leute wie schon zuvor Peter Hartz bei Korruption, Telekommanager bei der Bespitzelung von Journalisten und Mitarbeitern. Im Einzelhandel werden die Beschäftigten überwacht. Gewerkschafter werden gekauft, wechseln, wie bei der Bahn/Transnet ins Management. Nicht wenige Manager, die mittelbar oder unmittelbar mit solchen Machenschaften zu tu haben, “beraten” Kanzler und Regierung. Politiker werden Vorstände und Aufsichtsräte bei Firmen, die sie zuvor begünstigt haben. Ein Konglomerat von Interessenvertretern, Vorteilsnehmern und Maklern geht in den Ministerien ein und aus.

Die kursiv gesetzten Textstellen sind allesamt zehn Jahre alt, aus einem einzigen Monat, dem Mai 2008. Fragt da noch irgendwer, warum ich diesen Zirkus nicht mehr ernst nehme? Da mache ich doch lieber mein Murmeltier besoffen.

Quellen:
Eins
Zwei
Drei
Vier

 
udokiezf

Anlässlich der Mauscheleien beim ersten Grimme Online Award habe ich den “Underdog” ins Leben gerufen, den unkorrumpierbaren Medienpreis der beratungsresistenten ein-Mann-Jury “Säzzer”. Nachdem mir kein geringerer als der damals amtierende Weltherrscher seinen Preis “Bloghorny” im Gegenzug zu dem von mir einmalig ausgelobten Publikumspreis zugeschanzt hat, hat die aus dieser Ehre destillierte Motivation für elf weitere Jahre und Auszeichnungen gereicht.

Nachdem ich im letzten Jahr schon mit eher kühler Leidenschaft ans Werk gegangen war, erwies sich die Wahl auch erstmalig als unerfreulich. Bereits damals fasste ich den Entschluss, den Underdog nur noch ein Mal, nämlich diesmal, zu verleihen. Ich bitte euch also wie jedes Jahr, Blogs zu nominieren, die euch gefallen, von denen ihr glaubt, sie hätten mehr Aufmerksamkeit verdient oder sie bräuchten unbedingt ein paar Trolle, von denen sie sich erzählen lassen, warum sie eigentlich die Luft nicht wert sind, die sie der Kühlung ihres Rechners wegatmen.

Der Preisträger steht freilich wie so oft bereits fest – sollte es nicht auf dem letzten Meter doch noch gelingen, die Jury zu kaufen (Vorschläge auch indiskret willkommen, ab 20.000.000 DM in kleinen Scheinen). Aber wir wissen ja, dass es hier nicht ums ‘Siegen Lernen’ geht, sondern ums allgemeine solche, ums Kennenlernen und vielleicht ums Laufenlernen. Wohlan denn, her mit euren Vorschlägen, die der Säzzer zu seinem digitalen Frühstück in den Kaffee dippen wird.

Die bisherigen Preisträger:

2007: Kiesow (dauerhaft down)
2008: Hokey’s Blog
2009: Der Morgen (nicht mehr betrieben)
2010: Notizen aus der Unterwelt
2011: Die roten Schuhe (nicht mehr betrieben)
2012: daMax (pausiert)
2013: Alarmknopf (nicht mehr betrieben)
2014: Kiezneurotiker (gelöscht)
2015: Die Wahrheit über die Wahrheit
2016: Radikale Heiterkeit
2017: dame.von.welt (Auszeichnung abgelehnt)

 
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Vor ziemlich genau 6 Jahren schrieb ich meinen meistkommentierten Artikel. Die Trickserei mit den Statistiken zur Arbeitslosigkeit interessiert(e) offenbar sehr viele Menschen. Dabei gibt es einige Aspekte, die mir deutlich wichtiger erscheinen als die Propaganda, die mit diesem Zahlenbrei veranstaltet wird. Beginnen wir einmal mehr mit dem “Konzept für eine Politik zur Überwindung der Wachstumsschwäche und zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit”.

Das war der Originaltitel des sog. “Lambsdorff-Papiers”. Worum es geht, steht tatsächlich drüber, wenn auch ein bisschen um die Ecke: “Überwindung der Wachstumsschwäche”, anders Formuliert: Die gesunkenen Profitraten mussten korrigiert werden. Keynes hatte versagt. Die Neoliberalen der 80er Jahre waren vielleicht noch heimliche Marxisten und wussten immerhin, dass nur Lohnarbeit Wert schafft, so verbanden sie ihren Anspruch auf höhere Profite mit mehr Lohnarbeit – und billiger solcher.

Bündnis für Profit

Propagandistisch war das auch ein großer Wurf, denn fortan konnte jeder Trommelschläger “Arbeitsplätze” sagen, wenn er “Profit” meinte. So können seitdem auch Sozialdemokraten zu demselben Fetisch beten ohne unangenehm aufzufallen. Der Schachzug war politisch nahezu genial, denn um die deutschen Gewerkschaften zu schwächen, konnte man es nicht auf jahrelange Streiks ankommen lassen wie in England – das wäre eine politische Katastrophe gewesen.

Nein, man musste sie dazu animieren, sich aktiv zu korrumpieren und künftig selbst um effizientere Ausbeutung zu betteln. Es ging ja um Arbeitsplätze®, und etwas Schlimmeres als Arbeitslosigkeit gibt es nicht für Arbeiter. Im globalen Wettbewerb®, so wussten die Arbeitnehmervertreter®, kann man gar nicht billig genug sein. Allerdings war das Ganze zum Erfolg verdammt, denn wenn es nicht hilft, steht man ganz schön blöd da: Lohnverzicht predigen, wenn dann doch nichts dabei herumkommt?

Tja, dumm gelaufen, wie eine meiner Lieblingsgrafiken zeigt. Der Arbeiter an sich sollte Sturm gelaufen sein, als er erkannte, dass das alles für die Katz war. Ganz Gallien? Nein. Es wurde nachjustiert mithilfe des großen Arbeiterführers Schrödergerd. Dessen Förderer hatten erkannt, dass nicht nur die Arbeitslosigkeit weiter angestiegen war, sondern dass selbst groteske Fälschungen der Vermittlungsstatistiken nicht halfen.

Synergien

Also wieder mal aus der Not eine Tugend gemacht: Hartz machte aus dem Arbeitsamt eine Agentur für Sklaverei und Propaganda, die vier Fliegen mit einer Klappe schlug: Künftig wurden die Statistiken ganz legal so absurd angelegt, dass “Arbeitsloser” nur mehr war, wer durch diverse Siebe schlüpfte. Zweitens wurden die Daumenschrauben derart angezogen, dass der Druck auf die Arbeiter die Löhne weiter senkte.

Drittens wurde Beschäftigung, von der niemand leben kann, zum Arbeitsplatz® und viertens war ab sofort jeder selber schuld, sprich eigenverantwortlich®, der dann noch arbeitslos war. Wenn also derzeit ausgerechnet die technischen Jobkiller aka “Digitalisierung” als Segen gepriesen werden und von Vollbeschäftigung® gefaselt wird, schwant mir Übles. Meine Kristallkugel zeigt mir vollstationäre Qualifizierungszentren. Der Spaten ist selbst mitzubringen.