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August 2020


 
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Wenn ich mich schon wiederhole, dann substanziell: Ich kann diese Spezies nicht leiden, der anzugehören ich verflucht bin. Mehr noch: Als mit den Gesetzen der Physik Vertrauter habe ich keine Hoffnung auf irgendeine Erlösung durch Aliens. Dieses Billiguniversum ist auf Lichtgeschwindigkeit limitiert, und bei der Lektüre der publizistischen Erzeugnisse dieser Tage ist das extrem deprimierend.

“Tausende” las ich zuletzt quasi täglich. Wer schreibt so etwas? Tausende hier (Berlin), tausende da (Weißrussland). Es gibt nicht viele Ausdrücke, die ganz unabhängig von Inhalt und Hintergrund Propagandamittel sind. “Tausende” ist einer davon. Das muss eigentlich jeder Schmierfink zumindest ahnen, der sich dessen bedient. Zwischen zweitausend und einer Million minus eins liegt die ganze Welt, der Unterschied zwischen Macht- und Ohnmachtsdemonstration.

Der beste Text der Menschheitsgeschichte

Es geht ja nur mehr um Symbolik und großes Tamtam, um die sicher folgende Enttäuschung einzuleiten. Ich nutze selten Youtube, heute weiß ich wieder, warum. Egal, was du suchst und worum es geht, es ist alles “epic“, “best ever“, “AMAZING” und sowieso “!!!!!“. Ich empfinde das als Belästigung. Wer so etwas mitmacht, ist ein Idiot unter Idioten.

Und dann diese Bilder. Aber die Kinder!!! Wenn einem nichts mehr einfällt, um seine irrelevante Meinung auf das Level ‘unangreifbar’ zu hieven, dann sucht man sich ein paar traurige Kinderaugen, projiziert seinen unmaßgeblichen Dung auf das vermeintlich ohnmächtige Opfer und versteckt seine Interessen dahinter. Das kann ja wohl niemandem egal sein, da muss man sofort etwas tun vieleausrufungszeichen

Ich gucke gern

Wenn du nur in Bildern denken kannst, gibt es Möglichkeiten: Male Bilderbücher. Kommuniziere in Emojis. Werde Fotograf. Aber lass das mit den Texten, das beißt sich nämlich. Die Penetranz des Bildes verwüstet den Text. Jeden Text. Deshalb schreien sie auch alle nur noch Judenstern, Hitler, Kinderschänder, Kampf bis zum Tod. Ach ja, und “Wer denkt denn an die Kinder?!“, längst ein Running Gag im Netz.

Es ist kein Unterschied zwischen Propaganda und Gegenpropaganda. Es ist auch keiner zwischen Mainstream- und Alternativmedien. Es gibt keine “Gegenöffentlichkeit”. Was es gibt, ist hirnloses Geschrei aus allen Kanälen und die theoretische Option, sich von einem Zweifel zum nächsten vorzutasten, der immer unsicheren Erkenntnis entgegen. Aber das schreibe ich auch schon wieder für diejenigen auf, die das ohnehin wissen.

 
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Bildquelle: Wikimedia Commons / Colin Smith

Nein, es ist trotz der aktuell naheliegenden Themen nicht die Rede von überrechtlichem Notstand; aber mit dem kann man ganz gut einsteigen. Eine gute Gesetzgebung – oder auch Regelung sozialer Beziehungen jenseits des Bürgerlichen Staats – geht sparsam um mit den Festlegungen. Will man also dem Gegenteil noch irgend akzeptabler Zustände beim Metastasieren zuschauen, nehme man sich das deutsche Steuerrecht vor. Je weniger, je einfacher, desto besser, denn man kann nicht alles im Vorhinein bestimmen.

Katastrophen gleich welcher Art etwa kann man organisatorisch vorbereiten, aber was wo wie im akuten Fall geregelt werden muss, kann man nicht wissen, weil man Art und Umfang des Notstands nicht vorab definieren kann. Es braucht daher Ressourcen, über die im Notfall verfügt werden kann, Instanzen, die organisieren und die Kommunikation mit den direkt oder indirekt Betroffenen. Das ist auch ganz allgemein empfehlenswert, aber schon bei den Ressourcen deutet sich an, dass die Eigentumsordnung dem entgegensteht.

Nur das Beste

Gesetze also müssen sich aufs Wesentliche beschränken und nicht für jede frische Idee oder die Interessen Einzelner zugänglich sein. Sie bieten den Rahmen einer Rechtsgesellschaft, der allgemein akzeptiert werden muss und dürfen nicht zum Instrument herrschender Gruppen oder Personen werden. Die Gefahr, dass gerade das geschieht, liegt in der Möglichkeit von Sondergesetzen und dem Herumschrauben am Gesetzeswerk aufgrund von Stimmungen und kurzfristigen Einflüssen.

Wie so oft, erweisen sich hier die Bürgerliche Gesellschaft, ihr Staat und der politische Umgang damit als eine Fehlerkette, die nicht zufällig in der sozialdemokratischen Variante ihre Reinform findet. Das ergibt sich wie so oft nicht aus dem Hass gegen eine politische Strömung, sondern aus der Analyse der Strukturen. Dass die Sozialdemokratie gerade untergeht, hat sie durchaus mit ihrem Staat gemein. Der wird zwar gern benutzt, aber kaum mehr respektiert.

Sozialdemokratie ist der naiven (oder bereits senilen) Ansicht, man könne den Staat und seine Gesetze dazu benutzen, den Massen, den Arbeitern, Arbeitnehmern, Angestellten, okay, den höheren Angestellten ein auskömmliches und angenehmes Leben zu sichern. Man könne durch Gesetze jeweils auf den akuten Zustand des Kapitalismus so reagieren, dass dieser den Menschen diene.

Dem deutschen Volke

Was dabei herumkommt, ist ein Filz von Gesetzen (insbesondere Wirtschafts- und Steuerrecht), der ein reges Eigenleben führt und im Endeffekt strikt dem Lobbyismus folgt. Würde sie je allerdings ihr seit über einem Jahrhundert gebrochenes Versprechen wahrmachen, wie könnte sie das? Sie könnte es nur, indem sie rigide Sondergesetze erließe, die enteignen, brutal umstrukturieren und mit der gesetzlichen Eigentumsordnung jede Rechtssicherheit zerstören.

Das will sie freilich nicht, das kann sie nicht, aber wenn es darauf ankommt, so hat sie immer wieder unter Beweis gestellt, wird sie gegen jeden Anstand alles (mit)machen, um die Eigentumsordnung zu erhalten. Ja, bis jemand kommt, der die Eier hat, zuerst Sondergesetze zu erlassen, um dann die Rechtsordnung komplett in die Tonne zu treten – um einmal mehr Volk und Nation zu retten.

 
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Der Rückfall in Mythologie ist immer ein Symptom dafür, dass wer in der Moderne nie angekommen ist oder sie nicht mehr erträgt. Das Erstarren des Systems ohne auch nur die Aussicht oder große Idee einer Alternative leistet den Kräften Vorschub, die ihre Aktivitäten am besten gleich ganz auf die symbolische Ebene verlegen. Der Kapitalismus ist übermächtig, also erklärt man ihn implizit oder ganz offen für alternativlos, um eben irgendwelche Symbole zum Kulturkampf aufzublasen und das für Politik zu halten.

Ein Sportclub, der Jahrzehnte lang “Chiefs” hieß, also “Häuptlinge”, verbietet seinen Mitgliedern, Federn im Haar zu tragen. Das sei antirassistisch und löse Probleme, denken jene, die sich mit solchen nutzlosen Aktionen billige Aufmerksamkeit verschaffen. Auf der anderen Seite verklären selbsterklärte Helden und Opfer mit ganz großer Geste die Papiermaske zum Judenstern und die Pflicht zum Tragen dieses Schutzutensils in bestimmten Arealen für einen Holocaust. Kleiner geht’s nicht, und zwar nicht bloß, wie hier schon beschrieben, wegen der Inflation in der Aufmerksamkeitsökonomie, sondern auch, weil Mythologie stets aufs Ganze geht.

Geisterglaube

Es geht in den Narrativen der Mythologen immer um die ganze Welt, die geheimen Zirkel der Allmächtigen, den Kampf auf den Tod, totale Vernichtung oder den eben solchen Triumph. Wie schön, dass uns die Elendsphase des Kapitalismus eine weltweite Pandemie beschert, denn damit ist ja schon das endgültig Globale des Ereignisses gesichert. Jetzt muss nur noch der heldenhafte Kampf her. Der funktioniert paradoxer Weise sehr gut angereichert mit nationalem Pathos oder wenigstens solcher Ignoranz. Die Verschwörung ist zwar global, aber erst in nationales Geschehen zerlegt, kann man sich damit effektiv gegen allzu komplexe Befunde immunisieren. In Amerika sterben sie hunderttausendfach? Aber hier doch nicht; trotzdem werden wir noch schlimmer geknechtet!

Dasselbe haben wir längst unter denen, die ihre Nische im Kapitalismus polstern, sprichwörtlich Sicherheitszonen fordern, wo ihnen kein Leid mehr geschehen kann, während die wütende Ausbeutung Failed States, Hungertote und Fenstersprünge als alltägliche Kollateralschäden hinnimmt. Da kann man nichts machen. Für den Fall aber, dass eine Handvoll transsexueller Menschen sich durch die deutsche Sprache beleidigt fühlt, muss diese zur Unleserlichkeit geändert werden, das ist dann der große Freiheitskampf der ‘Linken’.

Darunter und buntgemischt tummeln sich Homöopathen, Esoteriker, Spiritualisten und komplette Spinner, sodass man beinahe die traditionellen Anhänger unsichtbarer Wesen vergisst. Deren Organisationen sind allerdings so eng mit dem Establishment verbunden, so korrupt, kriminell und widerwärtig, dass ihr Einfluss langsam, aber immerhin, nachlässt. Dummerweise aber ausgerechnet dort nicht, wo die öffentliche Kommunikation bestellt wird: in der Mittelschicht und ihrer politischen Vertretung, die durchsetzt ist von Pfaffen und Kirchenfunktionären und die obendrein von einer ‘christlichen’ Partei dominiert wird.

Das große Märchen

Im Grunde ist also das Establishment ein guter Grund und Anlass, umso aufgeklärter dagegenzuhalten. Die Dekadenz ist aber zu weit fortgeschritten, und mangels Aussicht auf positive Veränderung wird das Vakuum vorläufig besetzt durch Endzeitpropheten und andere Märchenerzähler. Deren Vorteil liegt auf der Hand: Sie haben für jeden Geschmack eine Story zu bieten und laufen auf der Höhe ihrer Widersprüche erst zu ganz großer Form auf, wo rational orientierte Geister schweigen und grübeln.

Der ganze Salat wird vorzüglich angerichtet in den Schüsseln, wo jeder Depp sich ein Kostüm seiner Fa­çon umhängen kann, um – der kaputte Zustand wird ja herzzerreißend adäquat durch die Kulturindustrie gespiegelt – als einer von tausend Superhelden oder rülpsendes Ekelpaket der Zombieapokalypse herumzuschlurfen. So weit, so elend, und wie immer ist der Clou der Angelegenheit, dass sich niemand angesprochen fühlt. Man hat sich schließlich informiert!

 
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Wenn ich mir so zuhöre in meinen bisherigen Ausführungen zum Thema, komme ich zu dem Schluss, dass kein Mensch Gleichheit will. Menschen sind nicht gleich und wollen nicht gleich sein. Sie wollen auch gar nicht als Gleiche alle mitentscheiden. Vielmehr mögen viele – unter unterschiedlichen gesellschaftlichen Realitäten – durchaus gern andere machen lassen – solange sie nicht völlig entmündigt werden.

Der Gedanke der Gleichheit in der Bürgerlichen Gesellschaft bzw. ihrer Revolution war ohnehin negativ definiert: Es sollte eben keine Fürsten mehr geben, die über ihren Untertanen standen. Das deutet in der Tat auch schon darauf hin, dass der Grundgedanke nicht nur feudale oder absolutistische Dynastien ablehnte. So etwas wie Geldadel war durchaus nicht Teil des Narrativs. Die neue Gesellschaft sollte weniger ungleich werden.

Hierarchien

Das Gegenteil hat sich ergeben, nicht weniger ungleich und noch viel mächtiger als je ein Königshaus gewesen ist. “Gleichheit” meinte weniger Ungleichheit, meinte das Recht, als Mensch unter Menschen leben zu dürfen und niemandem zu gehören. Es sollte die Knechtschaft abschaffen und nicht durch die Schuldknechtschaft für alle ablösen. Die Theorie war idealistisch, in die Idee verliebt, ohne die Bedingungen der Realität zu erkennen. Das musste scheitern.

Der Kommunismus ging in der Theorie endlich noch den entscheidenden Schritt weiter und hatte sogar ein Organisationsprinzip parat, das Selbstbestimmung ermöglichen sollte, nämlich über die Räte, wobei das so gedacht war, dass die Kommunen souverän entscheiden sollten und nicht eine zentrale Hierarchie über ein Weltreich. Der Leninismus hat insofern den Kommunismus auf den Kopf gestellt und alle seine depperten Ideen mit der Stabilität militärischer Hierarchien durchgesetzt.

Es deutet sich an, dass sich dies als das zentrale Dilemma erweist: Bestimmte Strukturen, und zwar eben hierarchische, sind effizienter und stabiler als andere. Wer also den Ausweg aus der systembedingten Fremdbestimmung und Ungleichheit sucht, muss Wege finden, gesellschaftliche Strukturen stabil zu machen ohne Hierarchien zu zementieren. Dabei kann es sich gleichzeitig erweisen, dass in Organisationsstrukturen Hierarchien unerlässlich bleiben.

 

Diskutiert wird derzeit eine freiwillige Selbstverpflichtung
der Autoindustrie, sich an Gesetze zu halten.
 

          #einfachmalabschalten

 
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Ich habe vor zehn Jahren den einen oder anderen Opener eröffnet, in dem es um sinnlose Verbote und das Prinzip Divide-et-impera ging. Wie das so ist hier draußen und in den angeschlossenen Funkhäusern, gibt es Themen, die sind nicht diskutierbar, weil eben jeder seine ‘Meinung’ mitbringt und bis auf den Pfeil im Kopf verteidigt. Dazu gehören beispielhaft Veganismus, Homöopathie und Rauchen.

Nichtraucher sind im Recht. Immer. Und weil das so ist, sind die anderen im Unrecht. Obendrein sind sie unmoralisch und gefährden die Gesundheit der anderen. Spaßig ist daher der Gedanke an die Schnittmenge derer, die sowohl (womöglich militant) gegen Rauchen als auch gegen Maskenpflicht und ähnliche Maßnahmen sind. Da lacht die Dissonanz.

Eine schmauchen

Ich will aber heute auf etwas anderes hinaus, nämlich auf die Grenzen der Gesundheit und Reservate für den Rock’n Roll. Wenn man mal in vergangene Jahrzehnte und Jahrhunderte schaut, da wurde gequarzt und gesoffen, geknastert und gekaut, dass es eine Freude ist. Ja richtig, das ist ja auch der wichtigste Zweck der Drogen, dass man Spaß damit hat.

Wie ist da nun der Trend? Es darf nicht mehr geworben werden und nicht mehr konsumiert, es sei denn im Dunkeln, daheim und allein. Es ist erwachsenen Menschen nicht zuzumuten, selbst zu entscheiden, ob sie sich dem bösen Feinstaub aussetzen. In der Kneipe dürfen sie nicht, hinterm Volkswagen müssen sie. Ja, selbst in Biergärten ist es ihnen regional nicht mehr erlaubt. Würde man also Rauchern erlauben, sich irgendwo bei Pils und Kippen zu treffen, wäre das arme Nichtraucherlein gefährdet, sich dazu zu gesellen und zu riskieren.

In den Staub!

Das muss verhindert werden! Warum? Nicht wegen der Gesundheitsgefahr, hörens‘ auf, das hat in der Geschichte noch nie wen interessiert, wo nicht die Puritaner und Pietisten den nicht gar so Bescheuerten ihren Sadomasochismus aufzuzwingen wussten. Lebensgefahr? Gesundheit? Wen interessiert, wie es Kaffeepflückern geht? Erntehelfern allgemein? Schlachthaussklaven? Gesundheit?! Komm, Toni, mach’ noch mal ne Rutsche klar!

Nein, es geht um Müßiggang. Da sind sie sich völlig einig, die Religioten, Arbeitsfetischisten und Ausbeuter. Nichts soll man ihm lassen, dem Nutzviech. Es soll sich selbst unter Knute und Kandare begeben, die Peitsche gleich mitbringen und sich fit halten für die nächste Runde im Mehrwertmotor. COPD macht lahmarschig, das können wir nicht gebrauchen.

Widerstand?!

Das, liebe Freunde, ist ein fast unwidersprochener Akt der Unterwerfung. Dagegen gab es keine Demos, obwohl es der Gastronomie, der gemeinen Thekenklette und nicht zuletzt der Kunst geselliger Zusammenkunft schwersten und irreparablen Schaden zugefügt hat. Dreifacher Gewinn fürs System, denn wir sind nicht nur freiwillig angeleint und fit für den Profit, wir haben uns auch nichts mehr zu sagen.

Statt des guten alten Stammtischs, an dem es regulierend bei allzu krassen Ausfällen wenigstens noch was auf die Fresse gab, regiert nunmehr der intellektuell wie somatisch anorektische Troll mit seinem martialischen Gerotze aus dem heimischen Rippstrick heraus. Wo wart ihr, als sie uns das angetan haben? Aber jetzt seid ihr im Widerstand oder was?

 
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Wir müssen nur diesen Auswuchs in der Mitte einhegen, dann ist das ein Super System.

Ich war heute beim Bäcker. Vor mir die Tante des Grauens. Das ganze fucking Programm, Eröffnung durch den tödlichen Pass: “Haben Sie etwas mit Körnern? Oder Dinkel?” Selbst ich, der das ganze Gesundgewese meidet wie die Lebenslust den Protestanten, weiß, dass drei Viertel der verdammten Produkte unter diese Kategorien fallen, und selbstverständlich zählt die BFV der Tante sämtliche auf.

Das war dann aber erst der Vorwaschgang, denn soo sicher ist sich die Extension ihrer geschmacklosen Handtasche ja gar nicht. Es könnte ja auch etwas mit Roggen oder Weizen sein. Oder Brot. Kurzum: Die Verhandlungen dauern mehrere Tage, ich komme am besten nächste Woche noch mal wieder. Dann eben keine Brötchen.

Feierabend

Letzteres kenne ich noch aus anderen Zeiten, denn selbst wenn du nur ‘zwei normale’ nimmst, musst du dir das erst mal leisten können. Popelige Brötchen vom Bäcker, nicht vom Discounter, wo unter diesem Label gepresster Staub firmiert – für viele ein Luxus. Für diejenigen, die es normal finden, sich das leisten zu können, weil sie es ‘sich verdienen’ oder, besser noch, ‘wer sind’, ist das eine Frage von Schuld und Sühne. Wer arm ist, ist halt dumm, faul oder beides.

Zudem ist Armut ja gar keine, weil die nämlich so definiert wird, dass entweder die halbe Welt oder nur die am Hungertuch arm sind. Wie gut, dass es keine aussagefähigen Modelle gibt, die man nicht mit einem Satz abtun kann, um weiterhin auf den Pöbel mit seinen “Pils und Kippen” zu spucken. Auch das kann Sozialdemokratie, wie wir wissen, aber es gibt ja auch noch die Guten, die Basis, die ‘Linken’; Lacher vom Band.

Es läuft, auch darauf weist der verlinkte Artikel hin. Was gern übersehen wird: Wer einmal arm ist, bleibt es auch. Da sind ein zwei Beispiele von Leuten, die es doch wieder ‘geschafft haben’, nur für jene ein Gegenargument, die zu doof sind für Statistik. Oder vielmehr zu borniert. Was gerade absteigt wegen Corona, wird massenhaft verarmen und arm bleiben. Willkommen im Club! Spätestens, wenn wir zu alt sind für das Hamsterrad, war’s das mit den Brötchen. Das sind Gesetze, keine Auswüchse®. Ein schwarzes Loch kannst du nicht einhegen. Auch nicht, wenn alle das wollen.

 
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Die Spaßdemokraten haben neulich bereits halbgar beschlossen, dass sie jetzt, wo es verifiziert, paraphiert und ratifiziert ist, dass eine Koalition aus sogenannten Grünen, Linken und eben jenen auf Jahrzehnte hinaus keine fünfunddreißig Prozent mehr zusammenbringen wird, genau diese anstreben wollen, und zwar so lange, bis das wieder realisierbar erscheint.

Das ist schon denkwürdig bräsig und kann auch nicht mehr als wetterbedingt durchgehen, aber es geht selbstverständlich noch blöder, denn wir sind bei der Ess Pee Dee. Antreten soll damit nämlich nach dieser zerebralen Verzichtserklärung Olaf Scholz, der das selbst dann nicht wollte, wenn es ginge. Zudem hat die Paddei sich jüngst gerade selbst zerlegt, weil sie nicht wollen könnte, was die Scholzens im Sinn haben. Und was sagt die Q-Journaille dazu?

Super-Typ

Seit der Corona-Krise ist Olaf Scholz einer der beliebtesten Politiker Deutschlands” – offenbar überwindet dieses raffinierte Ding die Blut-Hirn-Schranke. Erst bei den Probanden, dann bei dem Journaill. Ich habe heute im Radio gehört, Scholz habe in Sachen Corona Hilfen in Milliardenhöhe gewährt. Wie hat er das gemacht? Hat er das entschieden? Kommt das aus seinem Koffer? Hat er das gespendet?

Wie kann man so verblödet sein und solche Maßnahmen, an denen zwei Dutzend Instanzen beteiligt sind, ernsthaft einer Person zuordnen? Wie kann man vor allem diese Verblödung auch noch viral gehen lassen? Nuja, der Big Spender ist jetzt also Kanzlerkandidat® und will eine Regierung führen. Ist klar. Ich bin übrigens auch Kanzlerkandidat und wäre bereit, mehrere Regierungen zu führen. Und ein Feuerwehrauto. Und eine blonde Eisprinzessin.

Nackte Kaiser

Unsere Kuhmedien müssen Scholzofon, eine Figur wie aus dem Kasperletheater, jetzt nachgerade glorifizieren, denn sonst bliebe ihnen ja nur ein Blick in die Realität, der wiederum eine Lächerlichkeit dieses Szenarios offenbaren würde, in deren Schlund sie gleich mit verschwänden. Selbst die nüchterne Analyse bleibt ihnen so verwehrt, dass nämlich dieser Akt alternativlos ist und der politischen Physik, in diesem Fall einer Loser/Loser-Konstellation, folgt.

Abgesehen davon, dass die Neoliberalen/Seeheimer nach der Installation des Gesamtkunstwerks Esken/Spässken sich in ihrer Trutzburg „Fraktion“ eingeigelt haben, um wie immer das Gegenteil dessen zu tun, was eine sogenannte ‘Basis’ fordert, deren Ohnmacht neuerdings gar durch zwei Vorsitzende repräsentiert wird, haben beide Seiten etwas davon.

Rock’n Roll Titanic

Jeder weiß, dass Scholzens Chancen auf das angestrebte Amt so groß sind wie die eines Kindes aus einer Hartz-IV-Familie auf eine gute Schulbildung und anschließende Karriere als Topmanager. Soll er doch den Kandidaten geben, dann wird er das nächste Gesicht des Untergangs und kann anschließend die Tantiemen in der Freien Korruption Wirtschaft kassieren.

Ihm selbst kann dabei gar nichts passieren. Egal wie seine Niederlage ausfällt, niemand erwartet etwas anderes. Sollte er tatsächlich ein paar Krümel mehr abstauben als der letzte Versager, kann er das sogar als Erfolg verbuchen und anschließend die Tantiemen in der Freien Korruption Wirtschaft kassieren. Verlieren kann eigentlich ganz geil sein, wenn man sich einmal daran gewöhnt hat.

 
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Gleichheit, ein schöner Gedanke. Warum? Weil sie bedeutet, dass eben niemand qua Geburt, als eingeborenes Privileg, über andere herrschen oder bestimmen darf. Mehr noch: Da Menschen gleich sind, schränkt die ‘Macht’ des einen systemisch die des anderen ein. Komisch, in der Praxis sieht das ganz anders aus.

Das Konzept hat eine Reihe von Webfehlern. Zunächst einmal ist der Fokus auf ‘Gleichheit’ schon eine Entscheidung, die zu kritisieren ist. Wenn nämlich Sinn und Zweck die Einschränkung von Herrschaft und Macht ist (Herren/Sklaven), dann ist die Alternative Selbstbestimmung. Im Gegensatz zum gern ins Gegenteil definierten Begriff “Gleichheit” ist die recht eindeutig. Ich bestimme über mich und für mich. Ich muss gefragt werden.

Hierarchien

Das Problem mit der Gleichheit besteht vor allem darin, dass sie futsch ist, wenn Macht per Stellvertretung geregelt ist. Dann ist recht fix einer da, der alle vertritt; das nennt sich dann “Diktatur” oder “Monarchie”. In der Bürgerlichen Demokratie ist die Stellvertretung auf Zeit geregelt, aber kaum weniger folgenreich. Einen echten Einfluss auf die politische Organisation meines Lebens habe ich nicht.

In der “Wirtschaft” – dem Teil der Gesellschaft mit den weitreichendsten Folgen, der obendrein den größten Teil der Lebenszeit einnimmt – gibt es gleich überhaupt keine Demokratie. Es herrschen Hierarchien, Befehle (“dienstliche Anweisung”) und Gehorsam sowie das Recht des Stärkeren, wo es um die Verteilung von Ressourcen geht. Gleichheit ist hier nicht vorhanden und nicht erwünscht.

Dieser Organisation stimmen die meisten der davon Betroffenen zu; insofern lässt sich auch sagen, dass Gleichheit zumindest mittelbar unerwünscht ist. Hierarchien sind zudem organisatorisch extrem effizient, wo die Mitbestimmung aller Beteiligten die Vorgänge enorm verkompliziert. Gleichheit ist also ein Hemmnis in Bezug auf die Stabilität von Systemen (Planung, Produktion, politische Vertretung).

Mach du das mal

Hier erweist sie sich als mehrschichtiges Problem: Wenn die Betroffenen eine organisatorische Hierarchie als etwas erkennen, das gut funktioniert, schließen sie daraus womöglich, dass solche Hierarchien ein Naturzustand seien – zumal, wenn ihnen das genau so souffliert wird.

Viele von ihnen mögen zudem nicht die Rolle des Entscheiders übernehmen, begrüßen also Stellvertretung und damit die Entmündigung von ihrer Selbstbestimmung. Was aber bleibt dann noch von der hehren Idee der Gleichheit und warum wird sie nicht gleich verworfen? Wie könnte dem entgegen Gleichheit doch realisiert werden?


Fortsetzung folgt …

 
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Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – eine schöne Formel und ein guter Anfang für eine Geschichte. Das erste Problem besteht freilich schon in der Frage, ob das ein Ziel sein soll oder die Voraussetzung. Als letztere taugt das nämlich nichts, und ersteres zu erreichen wäre eine immense Anstrengung. Effektiv haben sich vor allem Freiheit und Gleichheit schon bald als Behauptung etabliert und sind es bis heute geblieben.

Die Bürgerliche Gesellschaft, deren Ideale das angeblich einmal waren, ist längst als kapitalistische und ihrer Geschichte nach antikommunistische anti-egalitär. Gleichheit ist ihren Ideologen ein Greuel wie in “Gleichmacherei” oder “Ergebnisgerechtigkeit”. Der Kapitalismus hat diesen Zahn schon zu Beginn ihrer Geschichte gezogen und ihn durch Konkurrenz sowie Hierarchien ersetzt.

Gleichheit? Welche Gleichheit?

Es gibt keine Gleichheit, kann auch keine geben, wie Raul Zelik treffend bemerkte: “Das Drama der bürgerlichen Gesellschaft ist ja, dass sie Gleichheits- und Freiheitsrechte postuliert, die sie aufgrund ihrer Eigentumsverhältnisse gar nicht einlösen kann.” Aus der Erzählung wurde ein Drama, in seinen endlosen Wiederholungen eine Farce. Die Ungleichheit ist lediglich amtlich noch keine, da nominell vor dem Gesetz alle dieselben Rechte haben. Diese durchzusetzen, ist wiederum eine Frage extrem ungleicher Ressourcen.

Es gab einen Willen zur Gleichheit, gibt ihn noch immer, vor allem in den offiziellen Broschüren der Sozialdemokraten, aber der Wille des Menschen bestimmt ebenso wenig die Wirklichkeit wie der von Göttern. Diese schräge Übersetzung der Religionsherrschaft in die des Kapitals ist noch immer Mythologie. Es ist das System, es sind die Rahmenbedingungen, es sind die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten, die Realität erzeugen.

The System …

Will man also einen möglichst großen Einfluss auf die Ausgestaltung einer Gesellschaft haben, müssen die Rahmenbedingungen beeinflussbar sein und bleiben. Das hat nichts mit einem Willen zu tun, sondern mit Weichenstellungen, die in seltenen historischen Situationen möglich sind (Revolutionen, Nachkriegszeiten, Katastrophen).

Hier wurden in den letzten 200 Jahren fast sämtliche Chancen vertan, etwas anderes zu versuchen als wieder und wieder Kapitalismus – das System, das, einmal in Fahrt, von keiner äußeren Kraft mehr wirksam zu beeinflussen ist. Es ist schon in der Theorie verschwendete Zeit, sich mit einem Wünschdirwas wie Brüderlichkeit oder einem anderen System zu befassen, das vom Willen der Menschen bestimmt wird.

Die nächste Frage in diesem Zusammenhang ist die, ob effektive Gleichheit überhaupt möglich oder gewollt ist. Es werden Zweifel zu formulieren sein.

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