Ich habe vor zehn Jahren den einen oder anderen Opener eröffnet, in dem es um sinnlose Verbote und das Prinzip Divide-et-impera ging. Wie das so ist hier draußen und in den angeschlossenen Funkhäusern, gibt es Themen, die sind nicht diskutierbar, weil eben jeder seine ‘Meinung’ mitbringt und bis auf den Pfeil im Kopf verteidigt. Dazu gehören beispielhaft Veganismus, Homöopathie und Rauchen.
Nichtraucher sind im Recht. Immer. Und weil das so ist, sind die anderen im Unrecht. Obendrein sind sie unmoralisch und gefährden die Gesundheit der anderen. Spaßig ist daher der Gedanke an die Schnittmenge derer, die sowohl (womöglich militant) gegen Rauchen als auch gegen Maskenpflicht und ähnliche Maßnahmen sind. Da lacht die Dissonanz.
Eine schmauchen
Ich will aber heute auf etwas anderes hinaus, nämlich auf die Grenzen der Gesundheit und Reservate für den Rock’n Roll. Wenn man mal in vergangene Jahrzehnte und Jahrhunderte schaut, da wurde gequarzt und gesoffen, geknastert und gekaut, dass es eine Freude ist. Ja richtig, das ist ja auch der wichtigste Zweck der Drogen, dass man Spaß damit hat.
Wie ist da nun der Trend? Es darf nicht mehr geworben werden und nicht mehr konsumiert, es sei denn im Dunkeln, daheim und allein. Es ist erwachsenen Menschen nicht zuzumuten, selbst zu entscheiden, ob sie sich dem bösen Feinstaub aussetzen. In der Kneipe dürfen sie nicht, hinterm Volkswagen müssen sie. Ja, selbst in Biergärten ist es ihnen regional nicht mehr erlaubt. Würde man also Rauchern erlauben, sich irgendwo bei Pils und Kippen zu treffen, wäre das arme Nichtraucherlein gefährdet, sich dazu zu gesellen und zu riskieren.
In den Staub!
Das muss verhindert werden! Warum? Nicht wegen der Gesundheitsgefahr, hörens‘ auf, das hat in der Geschichte noch nie wen interessiert, wo nicht die Puritaner und Pietisten den nicht gar so Bescheuerten ihren Sadomasochismus aufzuzwingen wussten. Lebensgefahr? Gesundheit? Wen interessiert, wie es Kaffeepflückern geht? Erntehelfern allgemein? Schlachthaussklaven? Gesundheit?! Komm, Toni, mach’ noch mal ne Rutsche klar!
Nein, es geht um Müßiggang. Da sind sie sich völlig einig, die Religioten, Arbeitsfetischisten und Ausbeuter. Nichts soll man ihm lassen, dem Nutzviech. Es soll sich selbst unter Knute und Kandare begeben, die Peitsche gleich mitbringen und sich fit halten für die nächste Runde im Mehrwertmotor. COPD macht lahmarschig, das können wir nicht gebrauchen.
Widerstand?!
Das, liebe Freunde, ist ein fast unwidersprochener Akt der Unterwerfung. Dagegen gab es keine Demos, obwohl es der Gastronomie, der gemeinen Thekenklette und nicht zuletzt der Kunst geselliger Zusammenkunft schwersten und irreparablen Schaden zugefügt hat. Dreifacher Gewinn fürs System, denn wir sind nicht nur freiwillig angeleint und fit für den Profit, wir haben uns auch nichts mehr zu sagen.
Statt des guten alten Stammtischs, an dem es regulierend bei allzu krassen Ausfällen wenigstens noch was auf die Fresse gab, regiert nunmehr der intellektuell wie somatisch anorektische Troll mit seinem martialischen Gerotze aus dem heimischen Rippstrick heraus. Wo wart ihr, als sie uns das angetan haben? Aber jetzt seid ihr im Widerstand oder was?
August 17th, 2020 at 18:28
der widerstand ist erst vorbei, wenn dieter nuhr euch wieder vor anwesendem publikum ohne merkelmaulkorb den spiegel vorhalten kann, du systemling.
August 18th, 2020 at 09:16
@DKT: Nein, es ist erst vorbei, wenn Wim Wenders einen Film dazu abgeliefert hat.
Falls das Foto eine Hommage an Bukowskis einhundersten Geburtstag sein soll, dann fehlt aber noch die Whiskypulle in der braunen Papiertüte. Bild
August 18th, 2020 at 10:16
Zum Beispiel “beispielhaft”. Die Dissonanz “lacht” auch bei Rauchen und Maskenpflicht. Wie wär’s mit Rauchpflicht und erlaubtem Maskentragen (in dafür ausgewiesenen Maskentragebereichen, versteht sich)!?!
August 18th, 2020 at 13:19
Auch spaßbefreit ist dieser Toilettenzwang. Warum darf ich nicht direkt im Restaurant eine Kackwurst abseilen? Vielleicht noch gemütlich eine Rauchen dabei.
Ich fühle mich dadurch in meiner Freiheit massiv eingeschränkt. Und wenn wer ein Problem damit hat, soll er halt daheim bleiben. Diesen Puritaner, Pietisten, Sadomasochisten sollte man ins Stammbuch schreiben, dass das Zurückhalten fester Exkremente massive gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen kann.
Man macht sich durch das “freie Scheißen” keine Freunde – vor allem wenn man bei ihnen zu Gast ist. Aber meine (neoliberale) Freiheit, keine Rücksicht auf andere nehmen zu müssen, nehme ich mir. Dieser Freiheitsbegriff ist das einzig positive am Neoliberalismus.
August 18th, 2020 at 13:34
Das hört sich sinnvoll an. Ich würde eine Demonstration fürs freie Scheißen anmelden. Da kommen bestimmt auch die, die für freies Onanieren in der Straßenbahn sind.
Robert Kurz erwähnt im Schwarzbuch Kapitalismus auch Marquis de Sade und listet dessen Argumente auf, warum man jemand anderen töten darf, wenn der etwas im Besitz hat, was man selbst haben möchte.
Finde ich gut, denn ich bräuchte mal wieder ein anderes Auto.
Das Stichwort lautet jedenfalls nicht neo-, sondern schlicht Liberalismus.
August 18th, 2020 at 13:39
Deswegen schätze ich die Adipositas so sehr.
Die einzige Sucht, bei welcher der Proband nur sich selbst gefährdet.
Abgesehen von der Möglichkeit durch Unfall drunter zu liegen.
August 18th, 2020 at 14:52
Oh, mir falllen da eine Menge Süchte ein. Es erschießt sich mir auch nicht, wie ein Raucher, der unter Rauchern raucht, andere gefährdet. Zudem richtet sich der eine oder andere Vergleich selbst. Waiting for Godwin.
August 18th, 2020 at 15:57
@2
Ich dachte es ist eine Hommage an das Foto:
https://archiv2.feynsinn.org/?p=13744
August 18th, 2020 at 16:14
Ihr habt ja bescheidene Sehnsüchte. Was Tolleres als in der Öffentlichkeit scheißen zu dürfen fällt euch nix ein? Sauberkeitsdressurgeschädigt?
Schlimmer finde ich den “Zeitzwang”, der mir für Jahrzehnte vorgeschrieben hat, zu welcher Tageszeit ich was zu machen habe. Zum Glück ist das vorbei. Ich hätte gerne “Nine to five” gearbeitet – 12 Stunden verschoben. Obwohl, ich wäre auch gerne gegen Bezahlung zu Hause geblieben und hätte was Sinnvolles gemacht.
August 18th, 2020 at 17:50
achwiegeil; auch die “quellen-TKÜ” gibts jetzt in +. mehr inhalte und ohne lästige warterei…es geht voran!
August 18th, 2020 at 18:22
Kein Grund für ne Demo # whatsapp #facebook #google #fistme.
renées Einwand mit dem Zeitzwang ist derweil gültig, und ich habe dagegen nicht nur gedemot, sondern auch gestreikt und konzipiert – als es um ‘Bologna’ ging. Ich wollte diese Industrialisierung der Bildung, dieses Stechuhrstudium, nicht. Das wollte eigentlich keiner, außer neoliberalen Think Tanks und Kapitalkaspern, die seitdem rumheulen, dass sie keine verwertbaren Drohnen mehr von der Uni kriegen. Ach was?!
Geht’s scheeißn!
August 18th, 2020 at 19:52
@ 7 Stimmt.”erschießt sich” auch mit “l” nicht.
August 18th, 2020 at 20:16
Ja, das ist völlig richtig. Genußverbote überall. Am schlimmsten aber ist, daß man den Buben und Mädels heute das Schönste, was es gibt, die Liebe und das Verliebtsein madig macht; mit Gendergedöns und toxischer Männlichkeit. So zieht man sich lauter Männerhasserinnen und Frauenhasser heran, die dann aufgrund dieses Mangels keinem anderen auch nur das geringste Vergnügen mehr gönnen werden.
P.S: (@4ff) Glückliche Zeiten, als man in der Öffentlichkeit gewisse Dinge nicht thematisierte. Ein kultivierter Mensch zeichnet sich unter anderem dadurch aus, daß er die ”natürlichen“ Aspekte des Menschseins nicht öffentlich zum Thema erhebt.
August 18th, 2020 at 20:31
Kultiviertheit ist die pure Unfreiheit.
OT oder auch nicht: Hegel, Haiti und eine Universalgeschichte von unten
[..] Nur drei Jahre nach der Revolution schrieb Friedrich Hegel in seiner “Phänomenologie des Geistes” über die Herr-Knecht-Dialektik. Dabei geht es um den ständigen Kampf des Knechts, also des Sklaven, um seine Anerkennung. Susan Buck-Morss untersucht in ihrem Essay “Hegel und Haiti” aus dem Jahr 2000 genau diese Verbindung zwischen Hegels Theorie und der Haitianischen Revolution. [..]
August 18th, 2020 at 22:05
Als Teaserleser muss ich mich immer wieder wundern. Muss man ständig etwas “auf den Kopf” stellen? Das tut doch weh, ist instabil und hilft nicht beim Denken. Und dann diese unglückliche Wortwahl: Der Sklave will “anerkannt” werden? Als Sklave? Ist der doof!
August 18th, 2020 at 22:09
Dann geh’ doch nach Schwedentwitter!!!
August 19th, 2020 at 00:01
Jahwolll! Ich will als Sklave anerkannt werden und meinen Herrn erschießen dürfen. Dann ist es reine Notwehr.
August 19th, 2020 at 11:54
Ey Digga #6,
deine Pfunde fressen meine Krankenkassenbeiträge.
Die brauche ich für meinen Burnout.
August 19th, 2020 at 14:01
Diese Hitze …
August 19th, 2020 at 14:52
Dieser Unfug … Zum Thema ‘Volksgesundheit’, das ja hier zumindest implizit angesprochen ist, hatte tp zu Beginn der Coronazeit ja auch einiges Nettes, besonders hat mir dieser Besinnungsaufsatz gefallen.
Ansonsten – stimmt, Teaser reichen meist völlig: Die Hitze der vergangen Wochen hat lokal zu Wasserverknappung geführt. Die deutschen Versorger werden reagieren müssen. Welche Konzerne verdienen ihr Geld mit der Ware Wasser? Was sollten Anleger beachten? ™