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August 2017


 
pr

Es ist schwierig, noch irgend einen Begriff zu finden, auf den sich das Rechtsverständnis der Regierenden und ihrer Fraktionen bringen lässt. Es ist völlig inkonsistent; einfacher gesagt: Es herrscht Willkür. Genau deren Gegenteil aber sollten eine Gesetzgebung und ihre Rechtspraxis eigentlich sein. Allein unter den aktuellen Beispielen muss man schon eine Auswahl treffen, damit einem von der ganzen Kopfschüttelei nicht die Halswirbelsäule ruiniert wird.

Ausgerechnet de Maizière, der sich anmaßt, mithilfe unwürdiger Konstrukte politische Justiz zu üben, glaubt, das sei auch noch ein Vorbild. “Terroristen” – womit er die Opfer der NATO-Politik meint – will er “bekämpfen”, und zwar Arm in Arm mit der Türkei und ihrem faschistischen Dreivierteldiktator. Damit nicht genug, nein, ernsthaft dies hier:

Allerdings achten wir im Verhältnis zur Türkei sehr genau auf die Einhaltung unserer Vorstellung von Rechtsstaatlichkeit”. Das sei allerdings zu fürchten, möchte man meinen, aber wo ist der Unterschied? Diese Rechtsstaatlichkeit kann Erdogan schon lange. Dazu braucht er keinen Experten aus dem Sachsensumpf, der nichts dabei findet, politische Meinungen mit Taschenspielertricks zu verbieten.

Aber mit Ihnen werden wir fertig!

So eine vielschichtige Rechtsbeugung will breit angelegt sein. Was nicht passt, wird passend gemacht. Fast drei Jahre Haft gibt es derweil, weil jemand – angeblich – zwei Flaschen auf Polizisten geworfen haben soll. Oder war es doch nur die terroristische Embryonalhaltung, in der der Linksverbrecher sich hat abtransportieren lassen? Wie dem auch sei, Barnabas Schill und der andere Kollege lassen grüßen: Mit solchen Lumpen werden wir hier fertig.

Ins andere Auge lässt die Majestät sich aber zweifelsfrei auch nicht pieksen. Eine 88-Jährige Schwachmatin wird für ihre wiederholt geäußerte Blödheit, ein Holocaust habe nicht stattgefunden, ebenfalls eingeknastet. Wenn brutale Drecksnazis Ausländer klatschen oder sie gleich über den Haufen schießen, werden sie dafür noch bezahlt, aber wer einfach nicht spuren will, kriegt hier die volle Härte®.

So sehen sie aus, die korrupten Systeme, wenn sie nur noch reaktionär werden. Sie zersetzen die Substanz, auf der ihre Macht beruht. Was bleibt, ist ein Machtapparat und der Wille, damit zu tun, was die Selbstgerechtigkeit für opportun hält. Es ist eine Frage der Zeit, bis dann ein paar kommen, die sie Lügen strafen. “Die ganze Härte” ist das nämlich noch lange nicht, und die Gleichheit vor dem Gesetz interessiert euch doch heute schon einen Scheiß.

 
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Es ist ein Fehler, sich nicht für Banalitäten zu interessieren. Man muss ja nicht vor dem TV verblöden, aber so in etwa zu wissen, womit die Zeitgenossen ihre Freizeit verbringen, schadet nicht. Es kann im Einzelfall sogar unterhaltsam sein. Obwohl ich bei einigen Gelegenheiten schon die Erfahrung machen durfte, dass allein die Erwähnung des Wortes “Fußball” den tolerantesten meiner Leser ein Schaumkrönchen auf die Lippen zaubert, ist es wieder einmal an der Zeit, darüber zu sprechen.

Im Profifußball werden zwischen den ‘Vereinen’ (oft Aktiengesellschaften) und den ‘Spielern’ Zeitverträge geschlossen. Will der Spieler vor Ablauf der vereinbarten Laufzeit den Verein wechseln, so ist das meist möglich, es wird allerdings eine Ablösezahlung fällig, die in der Regel der neue Verein zahlt. Was sich jüngst in diesem Geschäft zugetragen hat, illustriert aufs Gröbste, in welchem Stadium sich der weltweite Kapitalismus befindet und was sozialdemokratische Konzepte dazu beitragen.

Kauf mir das

Immer mehr Clubs gehören Milliardären oder werden von solchen finanziert. Die Herren der Welt haben ein bekanntes Problem: sinkende Profitraten oder einfacher: Sie wissen nicht, wohin mit ihrem Geld (Ich weise dabei noch einmal auf den lehrreichen Vortrag von Heinz-Josef Bontrup hin). Überall, wo sie es noch irgendwie glauben vermehren zu können, eimern sie es daher hinein. Umso besser, wenn sie dabei noch als Clubchefs auftreten können. Das lässt sie noch wichtiger® erscheinen.

Jüngst wurde ein Spieler namens Neymar vom FC Barcelona zu einem Club transferiert, der durch Scheich Nasser al-Khelaifi mit katarischen Ölmillionen gefüttert wird. Diesem gefiel es, eine Ablöse von 222 Millionen Euro für den Fußballer zu zahlen. Dieses Geld flutet also das Geschäft, und in der Folge landeten davon bis zu 147 Millionen bei Borussia Dortmund, die zufällig letztes Jahr einen jungen Spieler namens Dembélé unter Vertrag genommen hatten, den wiederum Barcelona gekauft hat. So weit, so hässlich, that’s Capitalism.

Man müsste nur regulieren

Man könnte jetzt fragen, wo da der Sport bleibe, aber das ist albern – es sei denn, man wäre Sozialdemokrat. Die hegen, wie wir wissen, den Kapitalismus ein und retten damit auch den Sport. Sie tun das, indem sie Regeln aufstellen und auf deren Einhaltung achten [Lacher vom Band]. Im Sport sind es die Verbände (IOC, FIFA, UEFA), die hier für Fairness sorgen [der Säzzer ist gerade vor lachen in Ohnmacht gefallen]. So sind Ablösezahlungen nur bis zu einer bestimmten Höhe erlaubt, abhängig vom Gesamtumsatz des Clubs. Nun, in unserem Fall hat Herr Neymar daher seine eigene Ablöse selbst gezahlt und bekommt von Katar ganz zufällig einen Vertrag als Fußball-Botschafter in ähnlicher Höhe.

Wir sehen also, dass nicht nur ein System wie der Sport oder sein Subsystem Fußball durch Geld völlig umgedreht und zu einer Konkurrenz von Ausbeutern und deren Erben wird, die letztlich darüber entscheiden, wer oben schwimmt und wer untergeht. Wir sehen ebenso, dass alle Versuche, einen Geldtsunami einzudämmen, wirkungslos bleiben und das Einzige, das die Selbsternannten Wächter von Sitte und Anstand zuwege bringen, Korruption ist. Korruption, die anfangs ehrliche Menschen am Ende entweder ausspuckt oder auf ‘links’ dreht. Deshalb nennt man diese, wo sie in Amt und Mandat sind, auch noch immer “Linke”.

 

Linksextreme kennen Leute, die Leute kennen, die Dinge besitzen, die man als Waffen verwenden kann. Das macht sie so gefährlich.

 
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Meine Haltung hier gerät gern mal zwischen die Stühle; ein Platz, an dem ich mich sehr wohl fühle. Im puncto Staat, Recht und Gesellschaft wird es zunehmend schwer, durch gewisse Filterblasen zu dringen. Ich versuche daher noch einmal eine Art Standortbestimmung: Ich lehne diesen Staat ab – weil ich alle Staaten ablehne. Ich werde unter seine Gesetze gezwungen und bin nicht der Ansicht, man hätte hier als Bürger auch nur annähernd einen Einfluss auf diese Gesetze. Obendrein stellen diese das (Privat)Eigentum über essenzielle Interessen der Menschen.

Ich kann mir eine bessere Gesellschaft sehr konkret vorstellen und versuche einiges zu tun, um sie irgendwann erreichbar zu machen. Es gibt andererseits schlimmere Verhältnisse, was ich nicht zuletzt daher weiß, dass sie sich zunehmend verschlechtern und in vielen Staaten, die unserem gar nicht unähnlich sind, auf offenen Faschismus zutreiben. Siehe Türkei, siehe Ungarn, Polen und tendenziell auch Frankreich und die USA.

Zurück zum Katechismus

Was daraus folgt, ist zunächst einmal, dass ich keineswegs, wie hier direkt rechts von mir gern behauptet wird, kompromisslos “revolutionär” wäre und gegen jede Art von Reform oder Diskussion. Im Gegenteil. Ein paar Jahre zurückblickend (yo, das sind im Blog schon mehr als zehn), komme ich aus der sozialistisch-demokratischen Ecke, aus der ich auf die (neoliberalen) Gewalttäter geschimpft habe, die fröhlich Löcher in die Bürgerrechte geschossen und die Menschen zunehmend versklavt haben – weil ihnen selbst die im Grundgesetz verbrieften Rechte de facto genommen werden.

Es ist nur konsequent, zumal wenn man diskutiert und zuhört, daraus noch ganz andere Schlüsse zu ziehen: U.a. den, dass die Bürgerliche Gesellschaft eine Fehlkonstruktion ist, die nicht zufällig immer wieder in Faschismus mündet. Das beginnt damit, dass sie “Freiheitsrechte postuliert, die sie aufgrund ihrer Eigentumsverhältnisse gar nicht einlösen kann” (Raul Zelik) und endet eben damit, dass sie in den unvermeidlichen Krisen des Kapitalismus die Menschenrechte opfert, weil sie im Kampf um Profite zu teuer werden.

Was dabei passiert, ist eine Art religiöser Rollback: Eine der herausragenden Leistungen des Bürgerlichen Rechtsstaats ist die universelle und unterschiedslose Gültigkeit des Rechts für jedermann – selbst wenn das nur ein Versprechen ist. Darin treffen sich zwei Momente, die mir ollem Anarchisten sehr am Herzen liegen: Vor dem Gesetz gibt es keine Herren und keine Sklaven, und religiöse Moralregeln sind damit definitiv abgeschafft. Diese Errungenschaften werden wieder kassiert, wenn die Prinzipien, auf denen dieses Recht beruht, aufgeweicht werden.

Gott hasst dich

Religiöse Gerichtsbarkeit macht Recht und Unrecht von einem Bezug auf etwas Göttliches abhängig. Was gottgefällig ist oder nicht, kann nach Belieben von den Hütern der Moral bestimmt werden, und obendrein gibt es Unterschiede in der Behandlung der Menschen, über die geurteilt wird – weil der Mensch in seinem Wert, seiner Stellung vor dem Göttlichen, als ganzer beurteilt wird. Das Bürgerliche Recht beendet dieses Spiel endgültig, indem einzig die Tat beurteilt wird und nicht mehr der Mensch. Einschränkend muss man hier nur sagen, dass der Begriff “Schuld” noch religiöse Anteile hat. Da müsste man noch korrigieren.

Bürgerliches Recht ist radikal säkular, weltlich, aufgeklärt. Egal wer du bist, es wird hier nur beurteilt, was du getan hast. Von diesem Prinzip gibt es keinerlei Abweichung. Es gibt keine Ketzer, keine Heiligen und keinen Gott. Vor allem aber: Es gibt das Böse nicht. Jede Religion hat eine Projektion des Bösen, das mit allen Mitteln bekämpft werden muss, das keine Rechte hat und vernichtet werden soll. Nicht so der Rechtsstaat. Religionen unterscheiden in ‘wir’ und ‘sie’. ‘Sie’ sind minderwertig, rechtlos und dürfen ggf. sogar ausgelöscht werden. Solche Unterscheidungen und Ausnahmen sind im Bürgerlichen Recht getilgt.

Es sind diese Unterscheidungen und Ausnahmen vom Recht, die Herren und Sklaven ausmachen, die den Rechtsstaat und seine Prinzipien zerstören und Terrorherrschaft begründen. Willkür und Mystizismus brechen überall da durch, wo die Universalität des Rechts endet. Wo dieses Tor einmal offen steht, werden sie einziehen. Auch das ist ein Grund, warum in einem Rechtsstaat auch Nazis und sonstiges Gesocks vor Zensur und Gewalt bewahrt werden müssen. Ich halte daher u.a. das Gesetz gegen ‘Holocaustleugnung’ auch für schädlich und dumm. Von Zensurmaßnahmen auf Youtube und Facebook und ‘Ausnahmezuständen’ ganz zu schweigen.

 
iu

Beim vernünftigsten Exnachrichtenmagazin der Welt haben Sie die besten Ideen. Wie wir wissen, wird alles immer schlimmer, und dagegen helfen nur härtere Strafen®. Nun ist das so eine Sache mit dem Strafrecht: Da hat es diese lästige Unschuldsvermutung, da gibt es nicht nur Strafen, sondern auch ‘Rechte’ (muss man sich mal vorstellen!) und überhaupt ist das alles so zäh, mit Gerichtsverfahren und dergleichen. Für kurzen Prozess völlig ungeeignet.

Da unsere Hartstrafer vom SpOn aber nicht schlappmachen, bloß weil ihnen der Rechtsstaat mit einer Blutgrätsche die kurzen Beine wegdrischt, haben sie Ideen: Sanktionen statt Strafen! Nach deren Verständnis von Recht und Ordnung (eigentlich ein Wort: “Rechtundordnunk”) kann der Staat nämlich auch ohne diesen ganzen Firlefanz mit aller Härte des Gesetzes® zuschlagen.

Durchgreifen!

Eltern haben einen gesetzlichen Anspruch auf einen Kitaplatz für ihr Kind. Diesen könnte man an den Nachweis von Impfungen koppeln.
Sinnvoll! “Gesetzliche Ansprüche”, die Älteren unter meinen Lesern kennen dies noch unter dem missverständlichen Begriff “Rechte”, werden nicht nur überbewertet; sie sind gemeinhin schädlich, überflüssig und wehrkraftzersetzend. Was das auf einen Kitaplatz anbetrifft, so ist es nur recht, wenn die Aluhutspacken ihre genetisch versaute Brut nicht zum Realitätsabgleich vor die Tür schicken. Das soll mal schön zu Hause die Paranoia pflegen.

Das hilft noch nicht? Warte, dann eben so: “Wer aber diesen Beitrag nicht leisten will, sollte nicht noch vom Steuerzahler in Form von Kindergeldzahlungen belohnt werden.” Wir erinnern uns: Strafe muss sein, muss aber nicht gleich Strafrecht sein, weil siehe oben. Kriegen die halt kein Kindergeld mehr, die Impfgegner-Kinder! Wir investieren doch nicht in tickende Zeitomben!

Als Ausgleich geben wir ihnen kostenlose Lebensmittel (so kann man wenigstens die Schluckimpfung besorgen) und Kleidung (z.B. T-Shirts mit dem Aufdruck “Achtung, Krankheiteserreger!”). Mutiger Journalismus kapituliert halt nicht vor den Tücken einer wuchernden Anspruchshaltung, die einem als “Rechtsstaat” daherkommt. Schließlich haben wir das Hartzer-Pack auch im Griff. Marktkonforme Demokratie bedeutet, dass man sich seine ‘Rechte’ verdienen muss. Wer sich das nicht leisten kann, muss spuren. Das können die Lütten gar nicht früh genug lernen.

 
Jaa, wer mitreden will, muss wählen gehen. Spätestens seit Elke Twesten der Welt gezeigt hat, was ein echter Verräter ist und sogar die Verräterpartei verraten hat, ist der vierlagige Wahlzettel im Trend, sanft und weich. Eigentlich interessiert mich das Getue ja nicht mehr, aber ich kann mir doch einige Kommentare nicht ganz verkneifen.
 

sp
 
Schallend gelacht habe ich. Gleich eingangs muss ich den einsamen Sieger bekanntgeben: Nur wo Verräter draufsteht … “Damit die Rente nicht klein ist, wenn die Kinder groß sind“. Sagt die Hartz-Partei. Die Banditen, deren Arbeitsminister die Renten kastriert hat, um die Finanzhaie zu päppeln. Die die Löhne so kaputtgehartzt hat, dass wir vor einer riesigen Armutswelle stehen – vor allem Altersarmut. Die ein Jahrhundertmassaker am deutschen Rentensystem geriestert hat und das bis heute richtig findet. Die! Wagen es! Pfui Deibel.
 

sp
 
Das ist schon ganz schön mutig. Wer aber ist noch mutiger? Schwiegersohn Lindner. Schon wieder was zum Lachen. Mut. Muut. Muuuh. Sie sind ja mutig, die “durch eigene Leistung” vorankommen. Lindner zum Beispiel, der in Eigenleistung eine fette Pleite hingelegt und dabei reichlich KfW-Kohle versenkt hat. Muutig! Nicht ganz so mutig, dass Wikipedia-Beiträge zu seiner Person von IP-Adressen aus Landtag und Bundestag manipuliert wurden. Ein Held ist er, der Einmann-FDP. So fesch. Und so mutig. Vor allem mit dem Geld anderer Leute.
 

sp
 

Kommen wir zu den Öden. Den Oliven. Den …b z njvijk oh, sorry, ich bin kurz eingenickt. “Cem und Katrin” begrüßen einen auf der Website. Mist, jetzt ist mir auch noch … pfui Deibel! Jetzt supi neu und fresh: “Zukunft wird aus Mut gemacht” ist die fette Headline. Nee, ne? Echt jetzt? Und und und: Ja, seht doch selbst! “Darum grün“. Ist klar. Der Mond ist aus blauem Käse. Darum dings, äh … wo ist der Koks? Ich habe eine Schaaffenskriiise!
 

weitoLinksrum ist auch nicht das, was es mal war. Macht keinen Spaß mehr. Nope. Zuletzt noch wurde beschlossen, in Deutschland im Jahr 2017 (doch, so spät ist das schon!) endlich die Trennung von Staat und Religion zu fordern. Tja, diese Abstimmung musste dann leider wiederholt werden. Oh, und guck mal, ne Kopftuchuschi! Das ist voll antirassistisch. Gender hatte wohl gerade Pause. Das wäre ja jetzt kulturimperialistisch. Wenn die Muslima zuhause was auf die Fresse kriegt, ist das Folklore. Hauptsache kein Weißbrot mit Dreadlocks, das wär’ nämlich kulturelle Aneignung. Jo. “Menschen vor Profite“. Heißt eigentlich was genau, außer nix?
 
 

sp
 

Tja, dann zu den einzig wirklich Wahren: CDU. Sagt, was ihr wollt, aber das ist die einzige Partei, die ihrer Klientel bietet, was sie verspricht. Muff, Weiter-so und ne echte Kanzlerin. Motiv: Mutti, die Falten nur dezent fotogeshoppert, grinst doof und singt uns in den Schlaf. Alles gut! Nix zu denken, zu wissen oder zu fragen. Kein Stress. Kein Problem. Keine Experimente.
Ich liebe sie. Ich will für immer ihr Kind sein.

 
tp

Früher war mehr Salbe. Fand ich irgendwie nicht schlecht. Also dieses Salbungsvolle im Unterton der Denkbefehle. Ich meine jetzt nicht die Experten aus den Sportpalästen, den Klumpfuß aus Rheydt mit seinem Singsang oder die Melone aus Bonn, die auch besser schunkeln konnte als einen korrekten hochdeutschen Satz formen. Auch nicht die Aushilfsgoebbelse von der Wochenschau.

Nein, mehr so den bürokratischen Stil der Gazetten und des Rundfunks. Diese zwanghaft auf neutral und wetterfest gebrasseltenen Nachrichtentexte, die jederzeit Maxime eines Gesetzbuchs hätten werden können. Vier Fünftel der Adressaten haben damals zwei Drittel nicht verstanden, aber es wurde deutlich weniger gelogen. Schon gar nicht platt und primitiv. Okay, dafür gab es schon immer den Springerkonzern und dessen Ausscheidungen. Aber das war damals auch noch Gosse.

Jetzt red I

Es gab auch noch keine Talkshowbots. Es gab Befragungen und kleine Runden, in denen Menschen mit Interesse Fragen stellen, die seriöse Vorbereitung erkennen ließen. Solch furchtbare Strapazen will man heute keiner Dompteuse eines Celebrity Death Matches mehr zumuten. Sie muss ja schon am Abend der Show so schlimm schwitzen und das Gekeife ertragen – worin ihre Hauptqualifikation besteht.

Ich denke, das liegt nicht nur daran, dass früher die graue Autorität besser funktioniert hat, so dass der Rezipient sich gefälligst nach denen zu richten hatte, die sprachen. Es war eben nicht bloß Entertainment, sondern auch Vordenken und Andacht. Das Wichtigste ist wohl, dass früher noch keine nivellierte Mittelschicht die Spiele zum Brot unter sich austrug. Es musste jederzeit damit gerechnet werden, dass nicht nur wirklich gebildetes Publikum lauschte, sondern auch Arbeiter. Mitunter lesende Arbeiter.

Heute liest nicht mal mehr das Abiturientenpack, und um deren Aufmerksamkeit für die zur Verfügung stehende Spanne von einigen Millisekunden zu erwischen, müssen sie halt alle bei Illner, Will und Maischberger den Chrustschow auf Koks in Endlosschleife geben. Propaganda für verblödete Mittelschichtszombies, von Atlantikern für Atlantiker bei steif neoliberaler Brise aus West-Nordwest.
Die weht übrigens alternativlos seit 35 Jahren. Die zweite Generation, die nichts anderes kennt, ist völljährig. Hurra!

Schö mit ö

Das Gute daran: Nicht nur das ohnehin untergewichtige Hirn der mental desinfizierten Rezipienten schrumpft in diesem Zirkus, sondern auch die schon immer kleine Klientel der Gläubigen. Diese Form der Abendmesse ist eine Filterblase par excellence. Die Sekte, die A. Nahles oder die Grünen für „Linke“ hält, glaubt, im Schloss Bellwü wohnte ein Staatsoberhaupt oder Maas und de Maisière sorgten für Innere Sicherheit® gegen Terroristen® besteht aus ca. vierhundert* Mitgliedern, die immer enger und schneller um sich selbst rotieren.

Denen geht nicht einmal ein Licht auf, wenn sie dabei in dessen Geschwindigkeit frontal mit Photonen kollidieren. Dafür werden sie eines Tages in ein dunkles unbekanntes Universum namens „Realität“ hinaus geschleudert, aus dem sie nie wieder zurückkehren. Man kann sich getrost schon heute von ihnen verabschieden und etwas Sinnvolles tun. Zum Beispiel Kreuzworträtsel lösen, ein Omelett aufhängen oder sich in den Fuß schießen.

*[Update: Es können auch 40 sein, 40.000 oder das ganze verblödete Pack - sagen wir einfach: 8 Millionen Nützliche Idioten. Die zehn Prozent, die sich für richtig wichtig halten.]

 

Was die Mauer betrifft, so lassen wir uns nicht deren Schutzfunktion ausreden – ganz einfach, weil wir den Schutz spüren vor all dem, was hinter der Mauer jetzt an brauner Pest wuchert.

Ulrich Junghans, CDU

Schlimm, diese Linken. Kämpft gegen die kommunistische Gefahr!

 
weitoWas die Meinungsproduktion derzeit zu James Damore ins Sommerloch stopft, läuft nach dem üblichen Schema ab: Abschreiben, Mithetzen, bloß keine prüfbaren Informationen! Dabei werden Vorurteile in Echtzeit bestätigt, anders ausgedrückt: Was nicht ins Narrativ passt, wird niedergebrüllt. Damore habe “gegen Frauen geätzt“, “gehetzt“, sei “frauenfeindlich” und “sexistisch“. Er habe behauptet, Frauen “seien biologisch weniger geeignet” fürs Programmieren. Die Vorwürfe sind frei erfunden.

Zu den Inhalten: Frauen sind mehr an Dingen interessiert als an Menschen. Sie sind weniger kooperativ. Frauen sind mehr an ihrem Status interessiert als Männer.

Ist das diskriminierend? Frauenfeindlich? Sicher! Statusgeile Ischen, die sich nur für ihre Spielzeuge interessieren und deshalb in sozialen Gruppen nicht zurechtkommen. Unverschämtheit! Ich höre sie schon schäumen, wenn jemand so etwas Widerliches behauptet. Tatsächlich hat Damore Studien zitiert, die zu diesem Resultat kommen – allerdings über Männer. Diese Studien, deren Aussagen ich für wissenschaftlich belegt halte, befassen sich damit, welche Prioritäten reale Frauen und reale Männer in unterschiedlichen Gesellschaften für sich setzen. Daraus hat der Verfasser des Google-Memos Schlüsse gezogen.

Inhalt unerwünscht

Er macht auf dieser Basis Vorschläge, wie reale Frauen besser gefördert werden und die realen Unterschiede verringert werden können, für die er – den Studien folgend, auch biologische Gründe annimmt. Diese Denkweise stellt nach Ansicht der Konzernleitung einen Verstoß gegen die Richtlinien des Hauses dar. Diese sehen offenbar vor, dass es nur eine Erklärung geben darf für die geringere Präsenz von Frauen in technischen Berufen: dass sie von Männern unterdrückt werden. Ihr Desinteresse darf keine anderen Gründe haben.

An einer anderen Baustelle kämpft ein Feminist für seinen Onlinepranger. Sein markanter, aber durchaus typischer Fehler: Er befasst sich überhaupt nicht mit dem Gegenstand seines Pamphlets. Es ist ein verdammter Pranger! Dass andere gegen so etwas sind, kann für ihn ebenfalls nur einen Grund haben: Sie sind ein “Netzwerk von Antifeministen“, vor denen die Urheber “in die Knie gegangen” sind. Das falle vor allem den “kritischen Wissenschaftlern in den Rücken“, die an dem “Wiki” beteiligt waren.

Die üblichen Verdächtigen

“Kritische Wissenschaft” ist es also, wenn man Publizisten öffentlich als Frauenfeinde brandmarkt? Für Nowak ist der Grund klar: Es ist Wahlkampf, deshalb werden die kritisch-wissenschaftlichen Feministen bekämpft. Weil die Grünen jetzt auch rechts sind. An den Argumenten sollt ihr sie erkennen. Die eigene Seite ist immer “kritisch” und wird deshalb unterdrückt.

Das ist übrigens exakt das, was mir jeder zweite Troll erzählt, wenn ich ihn rauskante, weil er sich benimmt wie eine offene Hose. Es werden Fronten gegen Personen aufgezogen; die Argumente der Gegenseite werden abstrakt abgelehnt. Einmal sind “kritische Wissenschaftler” die Opfer, ein anderes Mal ist es Wissenschaft selbst, die “mit Wahrheit gleichgesetzt wird” – was wiederum falsch und daher abzulehnen sei.

Eine Argumentation findet nicht mehr statt. Es wird dekretiert, beschämt, verfolgt, rumgeheult. Jedes Mittel ist recht, jede Aussage wird so ausgelegt, dass sie zu demselben Resultat führt. Dieser ‘Feminismus’ ist eine stupide Religion von denkfaulen Idioten, die ein kleines bisschen Macht ausüben wollen. Mir wurde hier vorgeworfen, ich bliese in dieses Horn, obwohl Feminismus eigentlich ganz anders sei. Ich kenne noch solchen Feminismus, den ich sehr ernst nehme und der ein berechtigtes Anliegen hat. Aber wo findet der statt? Und wer hält diese Schwachmaten auf, die überall, wo sie genügend Einfluss gewinnen, ihre Inquisition aufziehen?

 
zb

Die Geschichte hat Gesellschaften entstehen lassen; sie wurden nicht konstruiert. In der Regel lief etwas schief im Staate (Dänemark oder anderswo), dann kam es anders. Zum Beispiel dass der Klerus nicht bloß Jahrhunderte lang einen bereits überalterten Tinnef mit Gewalt als ‘Wissen’ verteidigte, erledigte sich spätestens, als man damit keine Kanonen bauen konnte. Mit der Erfindung der Eisenbahn ungefähr akzeptierte dann sogar der Vatikan, dass die Erde sich um die Sonne dreht.

Nachdem Europa im 17. Jahrhundert weitgehend entvölkert war, weil sich zwei Konfessionen nicht hatten einigen können, welche Gebete den Ratten die Flöhe aus dem Pelz treiben würden und der Rest durch Hunger und Krieg umgebracht wurde, formierte sich zunächst ein neues Wissen. Bis das allerdings in die Politik durchschlug … meine Güte, ich sehe das heute noch nicht so recht.

Gute Idee

Dennoch spielt die Weisheit über Bande auch schon mal ganz gute Bälle. Sofern man mit neuem Wissen eben besser große Sachen kaputt machen und viele Menschen umbringen kann, setzt sie sich durch. Auch recht wirksam waren technische Fortschritte, die für Reichtum sorgten. Der gute alte Hunger konnte sogar für die Völker etwas rausschlagen. Wenn der Pöbel zu mager wurde, holte er sich etwas von dem, was ihm zustand. So sorgten Wissen und Revolution auch für soziale Veränderung.

Unter anderem konnte die bürgerliche Revolution für einen Staat sorgen, in dem ein gewisser Ausgleich der Kräfte für stabile Verhältnisse sorgte. “Gewaltenteilung” nennt sich das und bildet die Basis des “Rechtsstaats”. Der ist allerdings mit dem Makel gesegnet, dem Eigentum einen zu hohen Sockel gegossen zu haben. Dies führte zur nächsten Welle von Revolutionen, den kommunistischen. Hier gingen Erkenntnisfortschritt (eine moderne Theorie) und politische Umwälzung Hand in Hand.

Das klingt schön, ist es aber nicht. Im Gegenteil war diese Revolution, die begonnen hatte wie jede andere, nämlich als Aufstand aus schierer Not, am Ende auf dem Reißbrett konstruiert worden. Es wurde in Stein gemeißelt, was künftig als gottgefällig oder ketzerisch (“konterrevolutionär) zu gelten hätte und man bediente sich der ältest möglichen Herrschaftstechniken: Zwang, Zentralismus, Hierarchie, Dogmatismus. Das konnte nicht gutgehen.

Probelauf gescheitert

Eines der Probleme des “real Existierenden” war, dass es keine Übergangsphasen gegeben hat, keine schrittweise Entwicklung aus den bürgerlichen Staaten hin zu einer wirklich egalitären Gesellschaft. Die besten Errungenschaften der ‘westlichen Demokratien’ wurden nicht in eine neue Formation übernommen, sondern erfolgreicher bekämpft als die schlechtesten. Der ganze Ballast aus Militarismus und autoritärer Führung, den die Bürgerlichen wenigstens teilweise überwunden hatten, wurde restauriert. Schade eigentlich.

Man kann daraus einiges lernen. Erstens, dass mit scheinbaren Fortschritten gern Rückschritte verbunden sind. Wenn man dergleichen bemerkt, könnte das ein Zeichen dafür sein, dass man falsch abgebogen ist. Zweitens, dass der Logik folgend eine ungeheure Gravitation von allem ausgehen kann, was Stabilität verspricht. Deshalb bilden sich auch immer wieder faschistische und andere autoritäre Regime aus. Solche Tendenzen sind derzeit wieder weltweit zu beobachten.

Wirklich voran zu kommen, kann also davon abhängen, dass es nicht nur gute Ideen gibt und einen Zeitpunkt, an dem diese umgesetzt werden. Es wird darauf ankommen, Stabilität zu schaffen ohne Zwang, Gewalt und Führerkult. Diese politische Baustelle erscheint mir eher verwaist. Wenn die Menschen dieses Problem aber nicht lösen, können sie auch wieder auf die Bäume klettern – solange es noch welche gibt.

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