Die Anarchie aus dem Geiste des Rechtsstaats
Posted by flatter under staat , theorie[32] Comments
24. Aug 2017 16:01
Meine Haltung hier gerät gern mal zwischen die Stühle; ein Platz, an dem ich mich sehr wohl fühle. Im puncto Staat, Recht und Gesellschaft wird es zunehmend schwer, durch gewisse Filterblasen zu dringen. Ich versuche daher noch einmal eine Art Standortbestimmung: Ich lehne diesen Staat ab – weil ich alle Staaten ablehne. Ich werde unter seine Gesetze gezwungen und bin nicht der Ansicht, man hätte hier als Bürger auch nur annähernd einen Einfluss auf diese Gesetze. Obendrein stellen diese das (Privat)Eigentum über essenzielle Interessen der Menschen.
Ich kann mir eine bessere Gesellschaft sehr konkret vorstellen und versuche einiges zu tun, um sie irgendwann erreichbar zu machen. Es gibt andererseits schlimmere Verhältnisse, was ich nicht zuletzt daher weiß, dass sie sich zunehmend verschlechtern und in vielen Staaten, die unserem gar nicht unähnlich sind, auf offenen Faschismus zutreiben. Siehe Türkei, siehe Ungarn, Polen und tendenziell auch Frankreich und die USA.
Zurück zum Katechismus
Was daraus folgt, ist zunächst einmal, dass ich keineswegs, wie hier direkt rechts von mir gern behauptet wird, kompromisslos “revolutionär” wäre und gegen jede Art von Reform oder Diskussion. Im Gegenteil. Ein paar Jahre zurückblickend (yo, das sind im Blog schon mehr als zehn), komme ich aus der sozialistisch-demokratischen Ecke, aus der ich auf die (neoliberalen) Gewalttäter geschimpft habe, die fröhlich Löcher in die Bürgerrechte geschossen und die Menschen zunehmend versklavt haben – weil ihnen selbst die im Grundgesetz verbrieften Rechte de facto genommen werden.
Es ist nur konsequent, zumal wenn man diskutiert und zuhört, daraus noch ganz andere Schlüsse zu ziehen: U.a. den, dass die Bürgerliche Gesellschaft eine Fehlkonstruktion ist, die nicht zufällig immer wieder in Faschismus mündet. Das beginnt damit, dass sie “Freiheitsrechte postuliert, die sie aufgrund ihrer Eigentumsverhältnisse gar nicht einlösen kann” (Raul Zelik) und endet eben damit, dass sie in den unvermeidlichen Krisen des Kapitalismus die Menschenrechte opfert, weil sie im Kampf um Profite zu teuer werden.
Was dabei passiert, ist eine Art religiöser Rollback: Eine der herausragenden Leistungen des Bürgerlichen Rechtsstaats ist die universelle und unterschiedslose Gültigkeit des Rechts für jedermann – selbst wenn das nur ein Versprechen ist. Darin treffen sich zwei Momente, die mir ollem Anarchisten sehr am Herzen liegen: Vor dem Gesetz gibt es keine Herren und keine Sklaven, und religiöse Moralregeln sind damit definitiv abgeschafft. Diese Errungenschaften werden wieder kassiert, wenn die Prinzipien, auf denen dieses Recht beruht, aufgeweicht werden.
Gott hasst dich
Religiöse Gerichtsbarkeit macht Recht und Unrecht von einem Bezug auf etwas Göttliches abhängig. Was gottgefällig ist oder nicht, kann nach Belieben von den Hütern der Moral bestimmt werden, und obendrein gibt es Unterschiede in der Behandlung der Menschen, über die geurteilt wird – weil der Mensch in seinem Wert, seiner Stellung vor dem Göttlichen, als ganzer beurteilt wird. Das Bürgerliche Recht beendet dieses Spiel endgültig, indem einzig die Tat beurteilt wird und nicht mehr der Mensch. Einschränkend muss man hier nur sagen, dass der Begriff “Schuld” noch religiöse Anteile hat. Da müsste man noch korrigieren.
Bürgerliches Recht ist radikal säkular, weltlich, aufgeklärt. Egal wer du bist, es wird hier nur beurteilt, was du getan hast. Von diesem Prinzip gibt es keinerlei Abweichung. Es gibt keine Ketzer, keine Heiligen und keinen Gott. Vor allem aber: Es gibt das Böse nicht. Jede Religion hat eine Projektion des Bösen, das mit allen Mitteln bekämpft werden muss, das keine Rechte hat und vernichtet werden soll. Nicht so der Rechtsstaat. Religionen unterscheiden in ‘wir’ und ‘sie’. ‘Sie’ sind minderwertig, rechtlos und dürfen ggf. sogar ausgelöscht werden. Solche Unterscheidungen und Ausnahmen sind im Bürgerlichen Recht getilgt.
Es sind diese Unterscheidungen und Ausnahmen vom Recht, die Herren und Sklaven ausmachen, die den Rechtsstaat und seine Prinzipien zerstören und Terrorherrschaft begründen. Willkür und Mystizismus brechen überall da durch, wo die Universalität des Rechts endet. Wo dieses Tor einmal offen steht, werden sie einziehen. Auch das ist ein Grund, warum in einem Rechtsstaat auch Nazis und sonstiges Gesocks vor Zensur und Gewalt bewahrt werden müssen. Ich halte daher u.a. das Gesetz gegen ‘Holocaustleugnung’ auch für schädlich und dumm. Von Zensurmaßnahmen auf Youtube und Facebook und ‘Ausnahmezuständen’ ganz zu schweigen.
August 24th, 2017 at 16:50
Der Blick auf den Rechtsstaat aus Sicht der Moral ist interessant weil er aktuell ist. Danke für die Anregung.
Etwas kurz und eigenartig unkritisch finde ich das Lob auf das Rechtssubjekt als universell. Ich bin da auch noch nicht fertig mit einer Meinung, aber die Lektüre von Paschukanis (Herleitung des Rechtssubjekt aus der Warenform) und Althusser (Das Rechtssubjekt als Produkt ideologischer Staatsapparate) macht mich stutzig, ob die Gleichheit vor dem Gesetz losgelöst von der Gesellschaftsform überhaupt Sinn ergibt.
August 24th, 2017 at 18:01
Die Begriffe verwirren mich etwas. Du schreibst, die bürgerliche Gesellschaft sei wegen der herrschenden Eigentumsverhältnisse eine “Fehlkonstruktion”. Verständlich. Der bürgerliche Rechtsstaat erscheint dir aber als historischer Fortschritt, den es – auch als Sozialist oder Anarchist – gegen neoliberale und faschistoide Löcher-in-den-Käse-Bohrer zu verteidigen gilt.
Ist der bürgerliche Rechtsstaat nicht Teil der bürgerlichen Gesellschaft? Könnte man sich das großartige Prinzip “Gleiches Recht für alle” nicht auch ohne Bürgertum, z.B. in einer Kommune oder in einer anderen Form vorstellen? Ist Gerechtigkeit auch ohne Staat vorstellbar? Ich kenne mich da als Nicht-Jurist leider nicht so gut aus.
August 24th, 2017 at 18:58
Die entscheidende Textstelle ist: “selbst wenn das nur ein Versprechen ist“. Es muss darum gehen, das Versprechen wahr zu machen. Das ist m.E. in der bürgerlichen Gesellschaft und ihrem Staat gar nicht möglich. Es kommt zwangsläufig zu dem Punkt, an dem sie sich entscheiden muss zwischen ihrer Eigentumsordnung und den Versprechen von Universalität und Gleichheit.
Mir kommt es darauf an, dass man nicht hingeht und sagt: “Okay, hat nicht geklappt, machen wir eben ohne weiter.”. Als nächstes kommt dann immer “Wir sind die Guten”.
August 24th, 2017 at 19:29
Ja, das denke ich auch. Das Problem ist ja die Diskrepanz zwischen Rechtsnorm und Realität. Wenn wir die Praxis der bürgerlichen Justiz hinter uns lassen und die Kernideen des Rechts, wie sie seit Habeas Corpus usw. entwickelt wurden (und derzeit wieder einkassiert werden), auf die Reise mitnehmen, wäre es sicher ein Gewinn für kommende Gesellschaften, von denen ich aber nicht sicher bin, ob ich sie noch erleben werde.
August 24th, 2017 at 22:19
Ich halte die aktuellen Nationalstaaten für eine wesentliche Ursache der Probleme. Die Staaten sind, vereinfacht gesagt, aus alten Feudalstrukturen hervorgegangen. Die Grundstrukturen der alten Feudalgesellschaften – wenige Mächtige verfügen über eine Großteil des Besitzes und halten die weitaus meisten Menschen in lebenslanger Abhängigkeit – haben sich nur gewandelt, aber funktionieren im Grundsatz bis heute. Früher haben die Mächtigen direkt geherrscht, heute halten sie sich Regierungen dafür.
Die Herrschafts- und Unterdrückungsformen sind bedeutend subtiler geworden, was sie angesichts der Aufklärung und der daraus resultierenden Unabhängigkeit des Denkens auch werden mussten, wollten sie weiter existieren.
Diese Herrschaftsformen sind auf Nationalstaaten angewiesen, weil die Politik einen Einflussrahmen darstellt, der nur über territoriale Abgrenzung gut funktioniert, und auf diese Weise automatisch auch die althergebrachten Eigentumsstrukturen fortschreibt. Wenn man die heuten Nationalstaaten einmal nüchtern betrachtet, ist ihre jeweilige Grenzziehung teils geographischen Gegebenheiten, aber sehr oft eben auch historischen Zufällen geschuldet. Die Annahme, dass diese Staaten in ihrer heutigen Form bzw. Grenzziehung einen intrinsischen Wert hätten, erscheint mir absurd. Es ist historisch betrachtet sogar eher eine Anomalie, dass die meisten Grenzen in Westeuropa mittlerweile seit langer Zeit stabil sind.
Besitz oder das Fehlen davon markiert heute wie eh und je die Zugehörigkeit zu spezifischen sozialen Schichten. Das ist zwar heute nicht mehr so eindeutig wie noch vor wenigen Jahrzehnten (wer sein Häuschen hat, hatte es “geschafft”, gilt heute nicht mehr zwingend), aber im Grundsatz immer noch ein wesentlicher Faktor in der sozialen Definition. Besitz, Macht, Politik und sozialer Status sind untereinander verbunden. Die Besitzenden haben kein Interesse an einer grundlegenden Änderung des Status Quo, und sichern das über ihren politischen Einfluss auch ab. In den letzten Jahren sprechen die Statistiken davon, dass die Vermögensverteilung immer ungleicher wird, was dazu führt, dass diejenigen, die noch etwas haben, immer heftiger nach unten in die Pedale treten, um die unerreichbare Karotte doch noch zu erreichen. Die Getretenen waren früher Tagelöhner, heute Hartz-IV-Empfänger.
Der protestantische Arbeitsethos führt zu der entsetzlichen und unmenschlichen Gleichsetzung Arm = Faul, da nach der großen Mär des Kapitalismus jeder Erfolg haben kann, der es nur hart genug versucht. Warum das für diejenigen, die in der Mitte stehen, dann nicht funktioniert und sie das trotzdem nicht sehen, wird wohl ein ewiges Mysterium bleiben.
August 25th, 2017 at 07:27
Innenministerium verbietet linksextreme Plattform
Das Bundesinnenministerium hat nach SPIEGEL-Informationen die Internetseite “linksunten.indymedia.org” verboten. Die Seite gilt als einflussreichstes Medium der linksextremen Szene in Deutschland.
Anfang Januar schrieb ich in einem Kommentar, dass 2017 aus meiner Sicht zu einem wichtigen Jahr für die Meinungsfreiheit werden würde.
Können wir nicht das Innenministerium verbieten? Ist ja wie bei den Nazis hier.
Zu was der Webersche Verwaltungsstaat nicht alles taugt …
[..] Bei dem Treffen soll es unter anderem um ein entschiedeneres Vorgehen gegen Linksautonome gehen.
Ihr dürft schon individuell sein, solange ihr gewisse Spielregeln beachtet, oder was?
August 25th, 2017 at 08:07
p.s.: Schönes Manöver vor der Wahl: Noch schnell der afd ein paar Stimmen wegnehmen.
August 25th, 2017 at 08:48
linksunten.indymedia: Innenministerium verbietet linksextremistische Internetplattform Update
[Update 25.08.2017 08:15]:
Im Zusammenhang mit dem Verbot sind am Morgen Räumlichkeiten in Freiburg durchsucht worden. Nach Informationen von dpa aus Sicherheitskreisen sollte die Verbotsverfügung drei Betreibern der Plattform ausgehändigt werden. Verhaftungen waren demnach nicht geplant, es sollte aber Beweismaterial wie Computer sichergestellt und mögliches Vereinsvermögen beschlagnahmt werden. Beim Verbotsverfahren gegen die Plattform wandten die Sicherheitsbehörden einen Kniff an: Förmlich soll es sich um ein Vereinsverbot handelt – die Betreiber wurden demnach von den Behörden als Verein eingestuft.
Das hast Du einen Verein und weißt es gar nicht. Sachen gibt’s … Wie heißt eigentlich der Richter, der das unterschrieben hat?
August 25th, 2017 at 09:06
zum Verbot von Linksunten-Indymedia:
Das Verbot stützt sich nicht auf Aussagen der Plattform-Betreiber, sondern auf Texte der anonymen Benutzer.
Das ist so, als wenn eine Straße gesperrt wird, weil auf dieser Straße einige Verkehrsteilnehmer die Verkehrsregeln nicht beachtet hatten.
Indirekt wird den Betreibern vorgeworfen, dass sie für die Polizei keine Handlangerdienste geleistet haben.
Mal sehen, ob das vor Gericht Bestand hat.
Ansonsten: Das Internet ist ein weites Feld mit vielen Straßen und Wegen. Es schadet den (radikalen) Linken nicht, wenn sie aus ihrem Ghetto raus kommen und sich unter die Leute mischen.
Bedenkenswert finde ich auch folgenden Gedanken: “Wenn die Arbeiterklasse konspiriert, die die große Masse jeder Nation bildet, die allen Reichtum erzeugt und in deren Namen selbst die usurpierenden Gewalten vorgeben zu regieren, so konspiriert sie öffentlich, wie die Sonne gegen die Finsternis konspiriert, in dem vollen Bewusstsein, dass außerhalb ihres Bereiches keine legitime Macht besteht.“ K. Marx, Proklamation der IAA über die Verfolgungen ihrer französischen Mitglieder, MEW 16, 422.
Wer allerdings nicht im Interesse der großen Mehrheit konspirieren will, der hat mit der Öffentlichkeit ein Problem.
August 25th, 2017 at 10:34
Solche Unterscheidungen und Ausnahmen sind im Bürgerlichen Recht getilgt.
Wenn man sich de Maizières Begründung anhört, dann erzählt er das genaue Gegenteil. Er verwendet den bürgerlichen Kampfbegriff des “Extremismus” und erklärt, dass für die von ihm bezeichneten kein Platz in der Gesellschaft sei.
Schon sein Satz ER habe Blabla verboten, lässt darauf schließen, dass er die Entwicklung der letzten Jahrhunderte nicht zur Kenntnis genommen hat.
Die raffen wahrscheinlich noch nicht einmal, dass sie selbst für die Spaltung der Gesellschaft mitverantwortlich sind. Solche Regierungen braucht kein Mensch.
Vielleicht wird man aber “Extremist”, weil irgendwas Falsches in der Muttermilch war. Zu anderen Erklärungen sind wir nach derzeitigem Kenntnisstand nicht in der Lage.
Ganz passend auch Heribert Prantls Kommentar in der sz: De Maizière hebt das Recht auf Anonymität auf
August 25th, 2017 at 11:02
Nun bin ich aber erstaunt, dass Indymedia gesperrt wurde. Ich war seinerzeit “radikal”-Abonnent. Seit sie die verboten haben, gibt es doch keinen Linksextremismus mehr. Kommt als nächstes die “konkret” dran? Würd mich nicht wundern, Sitz: Hamburg.
August 25th, 2017 at 11:03
Indymedia wurde nicht gesperrt. Nur linksunten …
August 25th, 2017 at 11:08
@R@iner(10): Der Webfehler an der Stelle ist, dass die Mythlogen und Feindrechtler diese Errungenschaft von Anfang an unter Beschuss nehmen mussten und wenig dafür getan wurde, dem zu begegnen. Die mit dem BR (bürg. Recht) einhergehende Gewaltenteilung war ein Anfang, um Willkürherrschaft einzudämmen, aber das geht lange nicht weit genug. Auch hier ist der Fluchtpunkt das Problem der Gleichheit, die von innen und außen bedroht ist; vor allem durch Kapitalinteressen. Da zuckt noch was links? Das ist böse und wird erbarmungslos verrnächtet!
August 25th, 2017 at 11:12
@flatter: Die Sache ist ja die, dass die “Traditionslinken” genau dasselbe machen würden, wenn sie am Drücker wären. Da bin ich mir sicher.
August 25th, 2017 at 11:40
Die Zensur ist doch für die Betroffenen auch ein Ritterschlag. Ich würde mir an Flatters Stelle den Kopf zerbrechen, warum Feynsinn nicht gesperrt wird. Smiley.
August 25th, 2017 at 11:59
@R@iner(14): Auf jeden Fall, und die ‘Kommunisten’ haben eben wieder geglaubt, es sei hinreichend, die Guten zu sein.
August 25th, 2017 at 12:04
Eine Gesellschaftsform, die mehr Freiheit und mehr Recht beinhaltet, kann es nur geben, wenn das allgemeine Niveau von Moral und Ethik *deutlich* höher liegt als es heute der Fall ist. Und das sehe ich für lange Zeit nicht kommen – im Gegenteil scheint es weltweit eher wieder zu sinken.
Dazu gehört meiner Meinung nach auch ein überwinden von Religion *ohne* dass etwas gleichartiges, ähnliches als Ersatz herhalten muss (wie z.B. Esoterik oder eben auch Neoliberalismus – “alternativlos” ist ein ganz typisches Attribut von Religionen). Religionen sind das größte Hemmnis unserer Zeit und werden es wohl auch noch für lange Zeit bleiben.
August 25th, 2017 at 12:16
“wenn das allgemeine Niveau von Moral und Ethik *deutlich* höher liegt” ist so eine abstrakte Vorstellung, mit der ich nichts anfangen kann. Das ist m.E. genau diese Vorstellung von gut und böse, die ich als mythologisch bezeichne. Es gibt Strukturen, die dem Zusammenleben einen Rahmen geben. Die sind nicht “hoch” oder “niedrig”, die funktionieren oder nicht. Das Einzige, das Ethik quasi befördert, ist eine gelingende Anbindung der Menschen an die Ordnung und umgekehrt (ich bezeichne Ethik ohnehin als die Wissenschaft der sozialen Ordnung).
August 25th, 2017 at 12:35
Immer wieder diese Hinweise auf den “besseren Menschen”, mit dem dann alles gelingt. Ich halte davon genau gar nix. Man sorge dafür, dass die Leute ökonomisch nicht abgehängt werden, dass sie gut wohnen und essen können und dann erledigt sich schon einiges von alleine.
August 25th, 2017 at 12:43
R@iner zu 8.)
Und auf tagesschau.de wird die Mär vom “Verein” linksunten im Artikel verwurstet.
Wenn man darauf mit Quelle hinweisst ist da denn kein durchkommen. Manchmal bin ich über meine eigene Naivität höchst entzùckt.
August 25th, 2017 at 20:46
Das linksunten Verbot halte ich für ein Wahlkampfmanöver. Der Überwachungsminister beschwört die Geister von Hamburg herauf, bastelt sich eine abenteuerliche Gesetzesauslegung zusammen und macht (aus seiner Sicht) Verbrecher und Störenfriede unschädlich.
Das ganze ist rechtlich wohl mehr als fragwürdig, aber der Schaden ist erstmal angerichtet. Das sind klassische Repressionstaktiken: Die Grundlage wird entzogen, ob das dann rechtmäßig war, dürfen die Gerichte klären – die Seite ist trotzdem tot. Mit Rechtsstaat hat das nichts zu tun – wenn die Inhalte strafbar sind, müsste ein Rechtsstaat als milderes Mittel darauf hinwirken, dass diese Inhalte verschwinden. Darum ging es hier offenbar nicht. Natürlich kommt im Wahlkampf “wir haben einen extremistischen Verein verboten” besser als “wir haben illegale Inhalte entsorgt”. (Nebenbei bemerkt, ist die klapprige Krücke Vereinsrecht so typisch deutsch – ein Verein? Echt jetzt? Antifa-Schrebergärtner, oder was?)
Wär mal ganz schön, wenn mit gleicher Konsequenz gegen Rechtsextremismus vorgegangen würde – aber nein, wir reden ja von der CDU, wo schon mal ein Landrat mit dem lokalen NPD-Chef die örtliche Flüchtlingspolitik vertraulich bespricht. (Bautzen) Oder die im Verein mit der AfD in Sachsen-Anhalt Linksextremismus untersuchen will. Oder die nach den Krawallen in Hamburg den Untergang des Abendlandes dräuen sieht, mit hunderten rechtsextremer Straftaten aber augenscheinlich wenig Probleme hat.
August 25th, 2017 at 21:05
Ich halte Verbote generell für schwachsinnig. Wenn ich die Mitglieder einer Gesellschaft für so wenig resilient gegenüber ein paar Spinnern halte, dann ist da schon lange etwas schief gelaufen.
Diejenigen, die wirklich üble Dinge wie Morde planen, schreiben ihre Pläne eh nicht ins offene Web.
Und: Wenn ich etwas verbiete, dann ist es nicht weg, sondern sucht sich andere Wege. Wie im Leben, so im Web.
Verbote sind was für autoritäre Nixblicker.
August 26th, 2017 at 00:10
” “Freiheitsrechte postuliert, die sie aufgrund ihrer Eigentumsverhältnisse gar nicht einlösen kann” “ Noch so’n ‘Problemchen’: Es entscheiden fast immer Menschen über Menschen deren Schiksal sie weder teilen noch kennen. Ce la vie! :-(
August 26th, 2017 at 00:23
“Und: Wenn ich etwas verbiete, dann ist es nicht weg, sondern sucht sich andere Wege. Wie im Leben, so im Web.” Schöner kammers nich sagen.
August 26th, 2017 at 06:46
Tja Vogel, und grade zum Linksuntenverbot passt das Raul Zelik Zitat wie die Faust auf’s Auge.
Da man juristisch linksunten nicht am Schlawickel kann bedient man sich eben eines “Kniffs” (siehe R@iners Link in 8).
Und dieser Kniff geht so:
Paragraph 22 BGB – Wirtschaftlicher Verein
“Ein Verein, dessen Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftbetrieb gerichtet ist. Erlangt in Ermanglung besonderer bundesgesetzlicher Vorschriften Rechtsfähigkeit durch staatliche Verleihung. Die Verleihung steht dem Land zu, in dessen Gebiet der Verein sein Sitz hat.”
Interessant, da wird die Zwecksetzung des “Masters of linksextremistischen Terrors of Gemany” also auf ein Geschäftbetrieb reduziert und wenn der Staat als Repressionsorgan willkürlich eine Vereinseigenschaft verleihen kann, kann er auch diese Eigenschaft durch Verbot sofort widerrufen.
Ganz schön clever…dafür braucht man sich dann auch nicht um rechtliche Definationen was ein Verein ist kümmern. Geht es doch im Endeffekt lediglich um ökonomische Gesichtspunkte.
August 26th, 2017 at 12:57
@Fred
“Und dieser Kniff geht so:
Paragraph 22 BGB – Wirtschaftlicher Verein”
Hier gilt wohl eher das:
https://www.gesetze-im-internet.de/vereinsg/__2.html
seb
August 26th, 2017 at 13:06
Nee Leute, falsche Fährte. Lest hier, wenn es interessiert: Plattform und Vereinsverbot
Ist aber eh wumpe, denn Linksunten.indymedia meldet sich: »Bald wieder zurück«.
August 26th, 2017 at 16:44
Ich finde, man sollte diesen Linksterror keinesfalls verharmlosen. (siehe Foto).
August 26th, 2017 at 18:17
@28 flatter: Das ist dann wohl Staatsterror, oder wie? Ähnlich wie G20, der den Steuerzahler eine ziemliche Summe gekostet haben dürfte. Wie war das mit “Schaden von Deutschland abwenden”? Da gehört ja in Zeiten von Neoliberaler Ideologie und Ich-AG auch finanzieller Schaden durch unsinnige Projekte (S 21) und gigantische PR-Aktionen (G 20) dazu, oder nicht?
August 27th, 2017 at 10:08
Habt Ihr das auch gelesen, dass bei den Betreibern der Website Rohre, Butterflymesser und Schlagstöcke gefunden wurden?
Es stimmte halt leider nicht: Durchsuchungen wegen Linksunten: Doch keine Waffen bei Journalisten gefunden
[..] Zunächst wollte sich die Pressestelle des BMI uns gegenüber nicht weiter zu der Angelegenheit äußern und verwies ans Stuttgarter Landeskriminalamt. Auch dort erklärte man sich am Freitagnachmittag für nicht zuständig. Erst eine neuerliche Anfrage beim BMI brachte einen Tag später das Ergebnis, dass sämtliche Funde nicht in Privatwohnungen, sondern im Freiburger autonomen Kulturzentrum KTS gemacht worden sind. Dies teilte eine Pressesprecherin telefonisch mit.
Der Polizei zufolge hätten in der KTS regelmäßige Indymedia-Treffen stattgefunden. In welchen Räumen die vermeintlichen Waffen dort festgestellt wurden, sagt die Polizei nicht. Die KTS ist ein mehrstöckiges Gebäude mit Konzert-, Versammlungs- und Veranstaltungsräumen sowie mehreren Büros. Viele der Räume sind offen zugänglich. [..]
August 27th, 2017 at 10:42
Na, das passt doch: Das Doppeleinhorn meint … – die Stunde der Profiteure
Unfucking fassbar. Hier der twitter-account des DoppelEinhorns.
Ist wirklich schon das Jahr 2017? Scotty, beam me up!
August 27th, 2017 at 11:18
Ja, hab ich gelesen und abgekotzt. Fred(20) hat offenbar versucht, das (bzw. die Vereinsgeschichte) auf meta.tagesschau.de zu kommentieren, wo es, wie jede Staats- und Atlantikerpropaganda, kritiklos verbreitet wurde (natürlich wurde das nicht publiziert). Staatsoffizielle Fake News halt.
Es ist leider auch hier wieder so, dass Lügen lauthals raustrompetet, tausende Male wiederholt werden, Gegenrede unterdrückt oder niedergeschrien wird. Nach einem halben Jahr – falls überhaupt – steht dann irgendwo ganz klein “war doch nicht so”. So funktionieren unsere freien Medien.
Und so optimistisch, das nur als Wahlkampfmanöver zu sehen, bin ich nicht. Da erproben Maas von “links” und die Misere von rechts, wie neue Unterdrückungsinstrumente funktionieren. Klar kriegen sie vom BVerfG eins auf die Fresse, aber das stecken sie grinsend weg und machen weiter, siehe Staatstrojaner, siehe Vorratsdatenspeicherung.