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Januar 2021


 
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Ich habe es eigentlich schon vor Jahren innerlich aufgegeben, vor allem den vermeintlich schlauen unter den sozialdemokratischen vermeintlichen Kritikern einer vermeintlich ausufernden ‘Marktwirtschaft’ zu erklären, dass das alles ganz normaler Kapitalismus ist. Aber vielleicht bleibt irgendwann ja trotzdem etwas hängen, wenn man bei aller Müdigkeit weiter darauf hinweist.

Aktuell erleben wir wieder solche ‘Auswüchse’, wie die Bergers dieser Glaubensgemeinschaft verklärbären, und schon springen die Prediger der Alternativlosigkeit aus den Büschen und machen sich – ernsthaft – Sorgen um “das Ansehen der Börsen“. Ja, was soll das Schwein in seiner Suhle bloß denken?

Skandal im Sperrbezirk

Wirecard, Gamestop-Robinhood(sic!)-Citadel, das ist das Original von fairer Wettbewerb®. Da kann, da will niemand eingreifen, und zwar so lange, bis jemand mit der Macht daherkommt, die Änderung der Regeln zu erzwingen. Nein, nicht um etwas im Sinne von Freiheit und Gerechtigkeit zu regulieren®, sondern weil er’s kann und es ihm nützt, du Heini!

Capitalism as usual. Das wird kein Stück besser; nur schneller. Die Naivität, mit der das Geschehen immer noch, insbesondere im Habitat der Noske-Nachfolger, verfolgt wird, ist niederschmetternd. An einer anderen Ecke, in der es vordergründig auch um Apps, Social Media und Kommunikation geht, geht es derweil um dasselbe: Mehr Geld aus dem Geld. Nicht Antirassismus, Hatespeech oder Gerechtigkeit, nein. Mammon. So regelt der Markt das. Immer.

Wenn Facebook, Youtube, Twitter, Noodle, Doodle oder Takkatukka einen Trend setzen, dann, weil es sich rechnet. Schon mal gehört? Mehr Geld aus dem Geld. Das ist die DNA jedes Konzerns, ganz und gar der schönen neuen Weltweiten. Moral gibt es da nur als Salz der mockigen PR-Brühe, mit der sie alles fluten, um uns um den Verstand zu belabern.

Tumorkritik

Das alles ist wichtig, umso wichtiger, je irrelevanter das alles ist. Irgendwelche Daten für irgendwelche Werbung für irgendwelche Produkte, möglichst virtuelle, darauf Wetten und Wetten auf diese Wetten. Jetzt kommt der eine daher und meint, das sei sinnlos, und der andere, das sei ein Auswuchs, und am Ende kommt der Berger und will die Casinos schließen.

Gut, dass sie es nicht tun. Denn wisst ihr was? Das ist wirklich wichtig. Es gibt Billionen, aus denen mehr Billionen werden sollen. Dazu wird Nullzinsgeld in die Gräben derer gepumpt, die sich schon lange an den Börsen damit gegenseitig die Laune versauen. Dabei können sie keine Amateure und hybrides Kleinviech gebrauchen. Das ist ihr Terrain.

Denn stellt euch für einen Augenblick vor, sie dürften dort nicht mehr spielen oder jemand würde ihnen wirksam den Spaß daran vermiesen. Oder, Worst Case: sie könnten aus den Billionen keine Zillionen mehr machen. Was dann? Dann gehen sie doch noch hin und kaufen ein. Brot. Wasser. Luft. Das könnt ihr ihnen dann alles im Abo abkaufen, wenn ihr noch jung und ansehnlich seid. Viele Mieter ahnen vielleicht schon, wovon hier die Rede ist, und das, meine Lieben, ist nur der Anfang.

 
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In Frankreich sind die Chaoten auf der Straße. Sie schlagen Scheiben ein und plündern Läden. Auf diesen Vandalismus, diesen Anschlag auf Zivilisation, Anstand und Ordnung gibt es nur eine Antwort: die volle Härte der Zivilgesellschaft. Die Rädelsführer ausmachen und alle, derer man habhaft wird, so lange wegsperren, wie die Menschenrechtscharta das gerade eben noch zulässt.

Man könnte aber auch kurz darüber nachdenken, wer da wieso gerade austickt und offenbar keine Hemmungen kennt, auf die Etablissements der Gesellschaft loszugehen. Da muss wohl ein Faden gerissen sein, der die Franzosen einmal mit ihrer ‘Demokratie’ verbunden haben könnte. Wie kam das nur? Warte …

Schwerer Ausnahmefehler

Vielleicht durch den Ausnahmezustand? Nach dem Terroranschlag vom 13.11.2015 galt der erst mal schlanke zwei Jahre, bis zum 31.10.2017. Der Staatsapparat hatte sich schnell daran gewöhnt und fand das wohl voll praktisch. Oder vielleicht war es das Zusammenknüppeln der “Gelbwesten” 2018/2019, bei dem das Regime deutlich gezeigt hat, was es davon hält, wenn Massen gegen seine Entscheidungen protestieren?

Oder gar die alte Leier von den nicht Integrierten? Der Trend zum Autoritären von oben ‘Mitte’ bis unten rechts? Oder, nein, das kann ja nicht, die dumpfe Ahnung, das große Ganze mit dem K. am Anfang könnte eine schlechte Idee sein? Angefacht durch die noch dumpfere, wo nicht blödere Gelegenheit, gegen staatliche Maßnahmen aufzubegehren, die ausnahmsweise gerechtfertigt sein könnten – was man aber gar nicht in Erwägung zieht angesichts des totalen Verlustes jeglichen Vertrauens?

Wo sollte das enden? Wo überhaupt anfangen? Ach was. Es ist ja nicht von der Hand zu weisen, dass hier Randalettis teils ausgerechnet das Mobiliar derer zerlegen, die ohnehin unter dem aktuellen Zustand leiden. Trifft also irgendwo schon die Richtigen. Also zurück zum Anfang. Verhaften, wegsperren, künftig besser überwachen. Das hat schon immer geholfen.

 
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Gefragt, was denn kein Narrativ sei bzw. nicht von Narrativen beeinflusst, nannte ich Wissenschaft bzw. Wissenschaftlichkeit. Wie notwendig ein solches Denken ist und wie mächtig Narrative sind, zeigen die aktuellen Verschwörungstheorien von QAnon bis zu denen über Covid 19.

Narrative werden bedient, weil sie als Geschichten nicht nur das Bedürfnis nach Erzählungen befriedigen, sondern auch eine Einbindung der Zuhörer auf allen menschlichen Ebenen ermöglichen: Emotionen, Aktivität, Interpretation/Bedeutung, Unterhaltung und Rationalität. Letztere ist dabei keineswegs zu verwechseln mit Logik oder Wissenschaftlichkeit. Auch Mythen beinhalten Rationalität, ebenso wie viele Wahnvorstellungen.

Die Vermittlung dieser Ebenen findet geradezu perfekt statt in einer Spielsituation, einem Abenteuer. Spiele werden längst auf Basis dieser Erkenntnis konzipiert. Nicht anders als Rollenspiele, mit oder ohne virtuelle Realität oder den Übergang von dieser in die Außenwelt, funktionieren verschwörungstheoretische Strukturen.

Mythologie und Erzählung

Man ist Teil einer Geschichte, die in einer Gemeinschaft erlebt wird, deren Mitglieder sich gegenseitig in ihren Ansichten bestärken. Die Interpretation der Wirklichkeit wird dabei einem Ziel (gern einem vorher festgelegten Resultat) unterworfen, alle Zeichen haben eine Bedeutung, die darauf hinweist. Da die Mitglieder jeweils die Hinweise und ihre korrekte Auslegung ‘finden’, sind sie eng in den Prozess eingebunden, der so die Realität als Bezugssystem ersetzt.

Ich werde dies ggf. in weiteren Beiträgen vertiefen. Für den Augenblick möchte ich nur darauf hinweisen, dass die narrative Struktur der öffentlichen Kommunikation – alles wird in Erzählungen verpackt, von politischen Inhalten über ‘Nachrichten’ bis hin zu vermeintlich realitätsbezogenen Unterhaltungsprodukten – Verschwörungstheorien nicht bloß fördert, sondern zwangsläufig hervorbringt.

Allein eine Darstellung von Sachverhalten unter Anwendung wissenschaftlicher Kriterien entkommt dieser Dynamik. Journalismus hat seinerseits durchaus Kriterien entwickelt, die dem nahekommen, diese fallen aber den Notwendigkeiten des Betriebs zum Opfer. Das geht so weit, dass die meisten Medien Whistleblower, die eigentlich das grundlegende Element der Investigation liefern, regelmäßig als Verräter brandmarken, die dem ‘Guten’ schaden.

Der Fall Relotius war in Bezug auf ‘Journalismus als Erzählung’ Sinnbild für die Kapitulation der Medien vor dem Narrativ, und zwar nicht erst bei der Entlarvung des Fälschers, sondern vor allem zuvor, bei der mehrfachen Auszeichnung dieses Spitzenjournalisten. Die Reaktion auf dieses Phänomen ist in Zeiten des Internets die Kreation von Alternativerzählungen.

Spaß und Spannung

Das ist es, was ‘alternative Medien’ im Übermaß leisten. Hier kann jeder an seiner vermeintlich eigenen Story mitschreiben, in seinem Adventure täglich neue alte Artefakte entdecken. Die Struktur ist religiös: Es gibt Schamanen, die mystische Wahrheiten enthüllen, und zwar umso verbindlicher, je weiter sie von Realität und Common Sense abweichen.

Eine Irrtumsprüfung findet ebenso wenig statt wie Reflexivität (die Anwendung angeblich gültiger Regeln auf das eigene Denken) oder die Überprüfung eigener Prognosen. Wo solche erhoben werden, wird lediglich die Interpretation angepasst. Wirklichkeit selbst gerät zu einer endlosen Prüfung des Glaubens und Anpassung der Auslegung der Schriften. Das freilich haben wir schon alles, seit Jahrtausenden.

Die Konsequenz vieler Foristen im Jahr 2021 ist der Zweifel an der Wissenschaft – es sei denn, es findet sich wer im Betrieb, der die ‘eigene’ Erzählung bestätigt. Dann kann das Abenteuer weitergehen, in dem die Rollen – wir hatten das schon reichlich hier – der Helden und Opfer im vermeintlichen Krieg nach Gusto besetzt und eingenommen werden können. Es ist ein Spiel, und jeder kann mitmachen.

 
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Einen feinen POTUS haben wir da einmal mehr. Alles mit Gendersternchen, Diversitity und GLBTIQRSTVW. Wow. Okay, ein paar Hunderttausend schwarze Strafgefangene, noch mehr aus der Unterschicht und insgesamt fast zweieinhalb Millionen Knackis. Ein fantastisches Geschäft, für das Mr. Biden eine Menge getan hat.

Überhaupt, die Geschäfte: Auch das mit dem Militär und sowieso die holde Finanzwirtschaft erfreuen sich des Erfolgs Bidens, der 36 Jahre lang als Senator von Delaware die Interessen einer absurden Steueroase in den USA vertreten hat. Biden verkörpert alles, was Trump und seine Anhänger brauchen, um ihre hysterischen Fantasien bestätigt zu sehen. Nachgerade rührend übrigens, dass jemand wie Bernie Sanders gegen dieses Establishment überhaupt ins Rennen ging.

Strategische Wirklichkeit

Das Problem der Kaste einfacher und mittlerer Millionäre, die in den USA die politischen Funktionäre stellen, ist, dass sie zwangsläufig in den Konflikt geraten, entweder sich oder ihre Wähler zu repräsentieren. Der Spagat bei dem Versuch, das beides in Einklang zu bringen, braucht schon einen begnadeten Rhetoriker wie Obama, und selbst der hat das kaum hinbekommen. Die anderen müssen auf einem Niveau lügen, das jedem sofort auffällt, der nicht fest im Glauben an seine Partei steht.

Das ist es, was Trumpisten “Fake News” nennen, weil es eine Parallelwirklichkeit abbildet, mit der sie nichts zu tun haben. Also wenden sie sich einer eigenen zu; einer, die ihnen von pathologischen Lügnern und deren Wahnvorstellungen geboten wird und ihnen wenigstens zum Schein schmeichelt. Der Kitt für die Rechten steht schon immer tonnenweise bereit: Nationalismus, Fremdenhass, Feindrecht. Gemessen an der Ausprägung seines Narzissmus hat Trump sogar moderat davon Gebrauch gemacht.

Es geht ums Gewinnen, darüber noch um Profit. Da ist jedes Mittel recht. In den USA kann man das Ganze noch beinahe ungeschönt beobachten. Wie soll irgendeine Instanz einer solchen Gesellschaft ein anderes denn strategisches Verhältnis zur Wahrheit haben? Wahr ist, was uns nutzt, im Zweifelsfall, was den anderen schadet. “Public Relations”, die Beziehungen zur Öffentlichkeit, sind die Basis für die Produktion von Geltung, ehedem Wahrheit, in der jede Lüge willkommen ist. Es zählt allein der Erfolg.

Für oder gegen uns

Die Teilnehmer an dieser korrupten Veranstaltung sind Parteigänger, nichts anderes. Sie sind dafür, solange sie bei der Stange gehalten werden, und dagegen, wenn das misslingt. Diskurs, Wahrheit, Abwägen sind keine Kriterien, sondern Teil des Rituals. In der Krise des Kapitalismus zerbricht auch noch die letzte Bastion der Verständigung, der Interessenausgleich. Lediglich Koalitionen sind noch optional, als möglichst kurzfristiger strategischer Vorteil.

In der durchkapitalisierten Welt sind die Vereinzelten immer Konkurrenten; das schließt Solidarität völlig aus. Am Ende haben Maggie Thatcher und ihre neoliberal-faschistischen Gewährsleute recht: Es gibt keine Gesellschaft. Sie wurde planmäßig zerstört. Was bleibt, sind eben Koalitionen. Oben die der Profiteure, unten die der Filterblasen, in denen man sich gerade noch darüber einig ist, wer nicht dazugehört und darum als minderwertig gilt.

Bis auch die platzt, weil man sich umschaut, mit wem man sich da zusammengetan hat. Das Endstadium ist wahlweise Isolation oder die primitive spontane Zusammenrottung mit einem Mob als Ersatzbefriedigung in der unausweichlichen Deprivation. So ein Pogrom ist in der Not durchaus eine Erleichterung. Auch diesen Prozess kann eine Pandemie übrigens unerhört beschleunigen.

 
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Quelle: NASA

Dann lass uns mal auftauchen“, entschied Luigi Pasquale, der sich diesen Namen nach einer Tonbildübertragung von der Oberfläche ausgesucht hatte. Tatsächlich hatten sie keine Namen, nicht einmal für ihre Spezies oder so etwas wie Volk, Nation und den ganzen Irrwitz, den Menschen um sich herum konstruierten, um sich in ihrer Vorstellung von Gesellschaft nicht mehr zurechtzufinden. ‚Gesellschaft‘ war da auch schon nicht der richtige Begriff, eher so eine Kategorie für den Dschungel aus Beziehungen, Bekanntschaften, Solidaritäten, Verpflichtungen, Statusfragen und den echten oder vermeintlichen Nutzen aus alldem. Familie, Freunde, Bekannte, Kollegen, Mitglieder, Kameraden, Vorgesetzte, Untergebene, Repräsentanten, Stellvertreter, Bla und Bla.

Menschen bildeten sich ein, das alles sei wichtig, mehr oder weniger, sie bräuchten das alles und sie hätten eine klare Orientierung darin. In der Welt der „Sie“, wie sie sich bald nennen würden, weil es aus Gründen der Kommunikation mit dem Erdparasiten notwendig sein würde, war fast jeder Einzelne dieser Spezies reif für die Isolation. Ein paar wenige hatten sie ausfindig gemacht, die halbwegs in ein funktionierendes Solidarsystem gepasst hätten. Diese firmierten unter der Kategorie „psychisch krank“, neben anderen, die je nach Ausprägung eine noch entscheidend größere Gefahr für sich und andere waren als der Rest der Art.

Fun Fact: Während die ‚Sie‘ kognitiv in der Lage gewesen wären, die ganzen verwirrenden Implikationen und Verknüpfungen menschlicher Beziehungen zu analysieren und zu ordnen, ist das im humanoiden Hirn gar nicht vorgesehen, das folgerichtig heillos überfordert wäre mit solchen Operationen. Selbstverständlich käme kein ‚Sie‘ auf die Idee, so etwas zu tun. Sie zählen ja auch nicht zum Spaß die ersten zehn hoch zwölf Primzahlen auf, bloß weil sie das könnten.

Das Schiff tauchte also auf, durchbrach die Meeresoberfläche, hob ab und nahm Kurs auf das Habitat mit dem Menschennamen „Washington D.C.“. Dies, weil dort eine zentrale Organisation ansässig war, die für ein großes Areal der Oberfläche zuständig war und mit hoch wirksamen Interventionen auch andere Areale beeinflusste. Luigi hatte sich über die Geschichte und die Gepflogenheiten insbesondere dieses sogenannten „Staates“ und seiner „Nation“ orientiert und einen Ablauf für das Vorgehen mit dieser Teilmenge der Spezies festgelegt. Es dürfte zu keinen größeren Komplikationen kommen.

 
Feynsinn: Guten Tag, Herr Semsroth, wie lange machen Sie es noch?

Semsroth: Was genau? Satire? Politik? Mein Abgeordnetenmandat?

Feynsinn: Nein, ich meinte stoffwechseln.

Semsroth: Was?

Feynsinn: Atmen.

Semsroth: Ach so, das. Wieso?

Feynsinn: Na ja, Sie stellen sich immer so lustig als Depressiver dar. Stichwort: “An Depressionen kann man sich gut aufhängen“. Ihre Zuschauer finden das offenbar sehr lustig. Vielleicht wurden Sie sogar deshalb ins Europaparlament gewählt. Auf Kosten depressiver Menschen, sozusagen.

Semsroth: Das sind doch nur Witze, das ist Humor, Satire. Ich überspitze das. Viele Depressive haben mir geschrieben, dass sie sich nach meiner Show besser gefühlt haben.

Feynsinn: Ich nehme an, das waren die, die sich nicht aufgehängt haben. Was wissen Sie über die anderen?

Semsroth: Na hören Sie mal, wenn Sie jeden Witz ausdiskutieren wollen, können Sie Satire bald nur noch verbieten.

Feynsinn: Nein, ich möchte für ein bisschen Empörung sorgen, weil das zu meinem Geschäft gehört. Meine Nichte hat zwei Suizidversuche hinter sich. Ich glaube, sie findet das nicht komisch. Um ehrlich zu sein, ist das für Angehörige auch nicht leicht. Eine Nummer, ein Witzchen, das packt man locker weg. Aber wenn einer eine ganze Figur, quasi seine ganze Karriere, auf Witzen über Suizidversuche aufbaut, ist das moralisch untragbar. Also entweder man scheißt auf Moral und kratzt sich nicht an so etwas oder man kommt zu einem sehr harschen Urteil über Leute wie Sie.

Semsroth: Ja, das kann ich verstehen. Das habe ich ja auch so angelegt. Ist mir völlig klar.

Feynsinn: Was haben Sie so angelegt? Die Rolle?

Semsroth: Klar, die Rolle auch. Aber ich meinte eher den Umgang mit der Moral.

Feynsinn: Sie meinen, die Geschichte mit Sonneborn und den Chinesen.

Semsroth: Ja sicher, was denn sonst?

Feynsinn: Mit anderen Worten …

Semsroth: Das Erste.

Feynsinn: Ähm. Was?

Semsroth: Aus dem Satz. Aus Ihrem Satz.

Feynsinn: Ach so, Sie scheißen auf Moral.

Semsroth: Ja sicher, würde ich sonst Suizidwitze machen? Komische Frage.

Feynsinn: Und wie erklären Sie dann …

Semsroth: Mein Gott, sind in diesem Land alle begriffsstutzig! Ich bin Kabarettist. Ich mache Witze.

Feynsinn: Aber Sie wechseln ganz unwitzig zur Fraktion der Grünen. Ist das auch Kabarett?

Semsroth: Die Grünen sind Kabarett, aus ihrer tiefsten Seele; gerade, weil sie nichts davon wissen. Es wird mir ein schwer bedrücktes Vergnügen sein, der Fraktion und der Partei meine Grundstimmung – die bei mir allerdings nur Show ist – aufzudrücken und sie in den Abgrund der falschen Moral zu stürzen, den sie seit Jahren jedem schaufeln, der mal einen über den Durst getrunken und ein bisschen Blödsinn erzählt hat.

Feynsinn: Ein Hoax also. Realsatire. Eine feindliche Übernahme.

Semsroth: Nein, das kann man so nicht sagen.

Feynsinn: Sondern?

Semsroth: Fragen Sie doch bitte meinen Anwalt nach meiner Meinung dazu!

Feynsinn: Herr Semsroth, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Semsroth: Du Scheißrassistenschwein!

 
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In diesem Artikel aus dem letzten Februar steht schon das Wichtigste zum Thema “islamistische Taten”. Überraschenderweise findet aktuell aber jemand heraus, dass ein Islamist einem “bizarren, religiösen Wahn” verfallen und damit – ja leck mich fett! – psychisch krank sein kann.

Diese Information findet sich im Lokalteil, aber immerhin. Bleiben wir zynisch und gestehen diesen Menschen kein Verständnis zu für ihre Situation, sondern fokussieren streng auf die Gefahrenabwehr: Dann haben wir es ja immer noch mit sehr vielen traumatisierten und psychisch labilen Zuwanderern aus Kriegsgebieten (Irak, Syrien, Afghanistan, Libyen, Somalia … wo die NATO halt so Frieden und Wohlstand bringt) zu tun, die ob ihrer psychischen Versehrtheit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auch andere gefährden.

Will man dieses Potential entschärfen, empfiehlt es sich, eine intensive psychologische Betreuung für diese Menschen zu organisieren. Der eine lacht jetzt, der andere schäumt, weil für ihn und seine Mitarier ja auch keine gewährleistet wird. Nun, kann ich dem entgegnen: Bei euch rentiert sich das auch nicht so offensichtlich und hat leider nix mit dem Supergrundrecht Sicherheit® zu tun. Das müsste also aus dem ganz normalen Gesundheitssystem finanziert werden. An der Stelle lachen dann alle.

Die Paten

Was wir vielmehr tun, ist: die Traumatisierten an den Grenzen Europas entweder ertrinken lassen (das ist preiswert) oder, wenn sie es über die Grenze schaffen, sie noch tüchtig nachtraumatisieren. Da ist der Amoklauf Programm, und zwar nicht ischlamischtisches, sondern eines von Neurotransmittern, das eben mit sicherer Wahrscheinlichkeit hier und da in aggressive Handlungen mündet. Man kann das sicher recht präzise ausrechnen, was das am Ende kostet. Nützen tut es nix, aber es macht Spaß, wenn man halt Rassist ist.

Dann hat man auch Spaß an der Semantik der Verachtung, die es mit der Konstruktion “Rückführungspatenschaften” just in die Charts geschafft hat. Solidarität ist nämlich, wenn man, statt Flüchtlingen zu helfen, ihre Abschiebung finanziert. Hey, kann man das nicht verbriefen? Könnte der Renner an der Börse werden. Fürsorge ist, wenn man dafür sorgt, dass möglichst viele abkratzen, früher schon bekannt unter “kümmern” wie in “Kümmert euch um ihn!“.

Einen Täter, dessen Gewaltausbruch mit islamisch-religiösen Assoziationen behaftet ist, quasi krankzuschreiben, ist ein gefährliches Spiel. Wenn wir die jetzt als Einzelpersonen betrachten, so richtig mit Charaktereigenschaften, Biographien, Namen und Gesichtern, dann fangen wir am Ende noch an zu differenzieren und am ganz bitteren Ende, die als Menschen zu betrachten. Menschen wie du und ich. Moslems! Islamisten!! Diese linksversifften Gutmenschen aus der Psychiatrie gehören an die Wand gestellt.

 
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Wer hätte das gedacht, dass wir vom lame Duckface die Worte hören würden:

I would like to begin by addressing the heinous attack on the United States Capitol. Like all Americans, I am outraged by the violence, lawlessness and mayhem.

(Ich möchte damit beginnen, den verabscheuungswürdigen Angriff auf das Kapitol der Vereinigten Staaten anzusprechen. Wie alle Amerikaner, bin ich schockiert über die Gewalt, die Gesetzlosigkeit und das Chaos.)

Da inzwischen eine schöne Dokumentation des Schocks in Echtzeit vorliegt, die u.a. Donald Trump Jr. beim Abfeiern des Events zeigt, wobei auch der Senior ins Bild kommt, der einen eher mittelschockierten Eindruck macht, weiß man, was von diesem Bekenntnis zu halten ist.* Immerhin: Trump denkt auch post coitum an sich selbst und zeigt seinem treuesten Gefolge den Stiefel, wenn es darum geht, seine Haut zu retten.

Die Schmiede

Glück gehabt, vorläufig. Trumps Narzissmus kann erheblich dazu beitragen, dass die Situation sich beruhigt, so, wie er sie heraufbeschworen hat. Erstaunlich bis zum letzten Augenblick, dass dieser ersichtliche, nachgerade schreiende pathologische Narzissmus von so manchem noch immer nicht erkannt werden will. Aber in diesen Zeiten werden wir ja ohnehin darüber belehrt, wie es steht mit der Realität und ihrer Wahrnehmung.

Es geht in den USA derweil im Kern um Glück. Was lässt jene Menschen glauben, die glauben, in einer Bürgerlichen Demokratie ginge ihre Freiheit so weit, dass sie “die Freiheit haben, einen Putsch zu inszenieren“, sie hätten in einem wie Trump einen Freund und Anführer? Wie bringen sie den Glauben an totale Freiheit unter einen Hut mit der Treue gegenüber einem Despoten und seiner Willkür?

Nun, so etwas geht, und es geht nur mit Religion. Die amerikanische ist geprägt von Autoritätshörigkeit nicht minder als von Hyperindividualismus. Jeder vor Gott und unter der Fahne, und einer von denen muss halt vorangehen. Dass der eine stinkreich ist und die meisten anderen sackarm, das ist auch gut und gottgewollt, eben jenes ‘Glück’, das jeder selbst schmieden muss.

Nach der Schlacht

Deshalb muss auch niemand merken, dass Donalds Macht die des Kapitals und die des Staates ist – eine Macht, die seine Anhänger bei Juden und Liberalen von der Ostküste verorten. Der Donald aber, der ist einer von ihnen, einer, der es geschafft hat. Und weil er einer von ihnen ist, hat er das verdient. Establishment, das sind nämlich siehe oben, daher kann der Präsident und Oligarch auch problemlos ein Volkstribun sein – mit Gott und Fox News.

Sicher werden einige jetzt arg enttäuscht sein von ihrem Idol, das sie so schmählich im Stich lässt in ihrer schwersten Stunde, nach ihrem heldenhaften Kampf. Es werden aber womöglich die wenigsten sein, denn Religion hat schon seit Vorzeiten auch dafür eine Erklärung. Es gibt eben Götter und Helden. Die Helden opfern sich für die Götter, deren Ratschluss und Prüfungen unergründlich sind. Es wird eine Finte sein gegen das finstere Establishment, das ihren Gott Donald stürzen und vernichten will. Kein Grund zur Fahnenflucht. In God We Trust.

*Das Video wurde wohl unmittelbar vor der Erstürmung aufgenommen. Eine Zusammenfassung des Vorher und Nachher bei den Trumps hier.

 
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Quelle: Pixabay

Die echten Nazis haben etwa jede Stunde einhundert Menschen ermordet, nicht mitgezählt die erschossenen ‘Feinde im Feld’. Einhundert. Jede Stunde. Tag und Nacht. Sommer und Winter. Sonntag bis Samstag. Diese Menschen wurden zuvor willkürlich verhaftet, geschlagen und gefoltert. Mit ihnen, besonders gern mit Kindern, wurden unfassbar grausame Experimente gemacht. Nur mal so grob zur Erinnerung.

Mit den Opfern dieser deutschen Gründlichkeit vergleichen sich heute ernsthaft Leute, weil sie wegen einer Pandemie einen Mund-Nasen-Schutz tragen sollen. Weil Kinder eine Zeitlang nicht zur Schule gehen dürfen. Weil die Bewegungsfreiheit aller Bürger leicht eingeschränkt wird, beschlossen von Regierungen, die von Parlamenten damit beauftragt und von Gerichten überwacht werden, die immer wieder jene Beschlüsse blockieren.

Sie alle haben Klagerecht. Niemand von ihnen wird an Leib oder Leben bedroht. Niemand wird eingesperrt. Sie dürfen öffentlich demonstrieren, obwohl diese Kundgebungen längst überflüssig und epidemiologisch sprichwörtlich Gift sind. Sie nehmen ihre Grundrechte wahr; wenn sie gegen Einschränkungen verstoßen, passiert ihnen so gut wie nie etwas, und wenn, dann bleibt es bei Geldstrafen.

Der Terror

Ihr redet von einer Diktatur, gern “Merkel-Diktatur”, obwohl die Regeln evident von anderen gemacht werden und die Genannte regelmäßig anderer Auffassung ist. Es wurde noch niemand ernsthaft verletzt, geschweige denn getötet. Wer sich von euch mit den Opfern der Nazis vergleicht, ist unzweifelhaft ein blödes Arschloch. Unwürdig jeder Diskussion.

Dann sind da noch die, die an allem und jedem rummäkeln, indem sie allem die Verhältnismäßigkeit absprechen. Indem sie täglich aufzählen, was einem so alles zugemutet wird. Indem sie jede Restriktion mit dem normalen Alltag abgleichen. Hier spricht die so beliebte Mischung aus Dummheit und Ignoranz, die an die Stelle der Einsicht tritt: Es. ist. eine. Pandemie. Menschen sterben, zu tausenden. Nein, das ist nicht normal.

Es kotzt mich an, dass mich Freunde nicht besuchen. Es geht mir auf den Sack, Abstand halten zu müssen. Ich finde es tragisch, dass in einem IT-Entwicklungsland wie der BRD Homeschooling stattfindet. Kurzarbeit ist scheiße, wenn man davon nicht mehr leben kann. Noch viel schlimmer ist es, ein faktisches Berufsverbot zu erleben. Erwähnte ich aber, dass es eine Pandemie ist? Ihr habt das nicht verstanden, das Ding nimmt gerade Anlauf.

Aufeinander zugehen

Wir leiden effektiv darunter, dass die sogenannten “Lockdowns” keine waren oder sind. Das kostet gleichzeitig tausende Leben und noch längere Restriktionen. Ich wäre sehr dafür gewesen, dass es kurzfristig Ausgangssperren gegeben hätte. Das ist aber mit dem GG kaum zu vereinbaren. Es wäre mir durchaus ein bitteres Vergnügen, wenn die vermeintlichen Naziopfer wenigstens mal ordentlich was auf die Fresse gekriegt hätten, um den Unterschied zwischen Schokoladenentzug und Unterdrückung kennenzulernen.

Wirklich will ich dergleichen selbstverständlich nicht sehen, weil ich mir der Konsequenzen bewusst bin. Aber wisst ihr was, Leute? Ihr marschiert doch so solidarisch mit denen, die es gern wieder chic hätten, mit Hakenkreuzen, Willkür und Mord. Gebt euch denen doch mal zu erkennen als jüdische Sozialisten, die auch Merkel stürzen wollen. Das könnte euren Erfahrungsschatz ungemein bereichern.

 
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Ich kann mir vorstellen, nach Auslaufen des aktuellen Vertrages mit dem BVB Feynsinn 05 meine Karriere zu beenden. Nicht ganz auszuschließen wäre auch ein Engagement im Ausland, wenn ein entsprechendes Angebot dann vorliegt, aber ich habe mir eigentlich nie Gedanken darüber gemacht. Es kommt halt sehr darauf an, ob ich dann körperlich noch fit genug bin und meine Leistung bringen kann, wenn auch in einer schwächeren Liga.

Ich bin über 30, da gehört man in der Branche zu den Älteren. Noch ist meine Erfahrung gefragt, auch wenn ich nicht mehr ganz so schnell unterwegs bin wie die Jüngeren. Das Spiel ist athletischer geworden, heute ist das Körperliche wichtiger als zu meiner Zeit. Das musst du halt kompensieren, durch Antizipation und gutes Stellungsspiel.

Schlimmer als das Lob des Feindes

Sicher war ich enttäuscht, als ich für die Nominierung im Elitekader nicht berücksichtigt wurde. Andererseits weiß man, dass das eigene Gesetze hat, und es kommt immer darauf an, wer da gerade sitzt. Das hat nicht immer mit Qualität zu tun, das ist halt sehr abhängig davon, was für ein Typ einer ist. Mein Stil ist vielleicht auch ein bisschen aus der Mode gekommen. Am Ende habe ich mir aber nichts vorzuwerfen. Ich habe über viele Jahre stets Topleistungen abgerufen.

Wir wissen ja schon lange, dass Nachbarn oft die größten Rivalen sein können. Davon lebt jedes Derby, und hier, wo die traditionsreichen Rivalen die Klingen kreuzen, spürt man das umso heftiger. Da ist es bestimmt nicht schön, das zu hören, aber menschlich sehe ich das halt so, dass die Kollegen mir leidtun. Ein solcher Abstieg ist eine Katastrophe, von der man sich womöglich nicht mehr erholt. Sicher ist das Mitleid des Rivalen eine der schlimmsten Erfahrungen, aber ich hoffe wirklich, dass sie noch einmal die Kurve kriegen. Schlimmer kann es ja nicht mehr werden.

p.s.: Apropos Spocht: Es gibt ein Update des Postings vom 26.12.

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