Ich habe es eigentlich schon vor Jahren innerlich aufgegeben, vor allem den vermeintlich schlauen unter den sozialdemokratischen vermeintlichen Kritikern einer vermeintlich ausufernden ‘Marktwirtschaft’ zu erklären, dass das alles ganz normaler Kapitalismus ist. Aber vielleicht bleibt irgendwann ja trotzdem etwas hängen, wenn man bei aller Müdigkeit weiter darauf hinweist.
Aktuell erleben wir wieder solche ‘Auswüchse’, wie die Bergers dieser Glaubensgemeinschaft verklärbären, und schon springen die Prediger der Alternativlosigkeit aus den Büschen und machen sich – ernsthaft – Sorgen um “das Ansehen der Börsen“. Ja, was soll das Schwein in seiner Suhle bloß denken?
Skandal im Sperrbezirk
Wirecard, Gamestop-Robinhood(sic!)-Citadel, das ist das Original von fairer Wettbewerb®. Da kann, da will niemand eingreifen, und zwar so lange, bis jemand mit der Macht daherkommt, die Änderung der Regeln zu erzwingen. Nein, nicht um etwas im Sinne von Freiheit und Gerechtigkeit zu regulieren®, sondern weil er’s kann und es ihm nützt, du Heini!
Capitalism as usual. Das wird kein Stück besser; nur schneller. Die Naivität, mit der das Geschehen immer noch, insbesondere im Habitat der Noske-Nachfolger, verfolgt wird, ist niederschmetternd. An einer anderen Ecke, in der es vordergründig auch um Apps, Social Media und Kommunikation geht, geht es derweil um dasselbe: Mehr Geld aus dem Geld. Nicht Antirassismus, Hatespeech oder Gerechtigkeit, nein. Mammon. So regelt der Markt das. Immer.
Wenn Facebook, Youtube, Twitter, Noodle, Doodle oder Takkatukka einen Trend setzen, dann, weil es sich rechnet. Schon mal gehört? Mehr Geld aus dem Geld. Das ist die DNA jedes Konzerns, ganz und gar der schönen neuen Weltweiten. Moral gibt es da nur als Salz der mockigen PR-Brühe, mit der sie alles fluten, um uns um den Verstand zu belabern.
Tumorkritik
Das alles ist wichtig, umso wichtiger, je irrelevanter das alles ist. Irgendwelche Daten für irgendwelche Werbung für irgendwelche Produkte, möglichst virtuelle, darauf Wetten und Wetten auf diese Wetten. Jetzt kommt der eine daher und meint, das sei sinnlos, und der andere, das sei ein Auswuchs, und am Ende kommt der Berger und will die Casinos schließen.
Gut, dass sie es nicht tun. Denn wisst ihr was? Das ist wirklich wichtig. Es gibt Billionen, aus denen mehr Billionen werden sollen. Dazu wird Nullzinsgeld in die Gräben derer gepumpt, die sich schon lange an den Börsen damit gegenseitig die Laune versauen. Dabei können sie keine Amateure und hybrides Kleinviech gebrauchen. Das ist ihr Terrain.
Denn stellt euch für einen Augenblick vor, sie dürften dort nicht mehr spielen oder jemand würde ihnen wirksam den Spaß daran vermiesen. Oder, Worst Case: sie könnten aus den Billionen keine Zillionen mehr machen. Was dann? Dann gehen sie doch noch hin und kaufen ein. Brot. Wasser. Luft. Das könnt ihr ihnen dann alles im Abo abkaufen, wenn ihr noch jung und ansehnlich seid. Viele Mieter ahnen vielleicht schon, wovon hier die Rede ist, und das, meine Lieben, ist nur der Anfang.
Januar 29th, 2021 at 20:12
“Well roared, lion.”
Januar 29th, 2021 at 21:36
Nunja, die Amateure können schon noch nützliche Idioten sein, wie zB hier ausgeführt. Man denke auch an die für die großen Akteure ausgesprochen profitable Abzocke der ‘Kleinanleger’ insbesondere beim Platzen der DotCom-Blase.
Januar 29th, 2021 at 22:41
Am Anfang der “Wertschöpfungskette” steht immer einer knietief im Dreck und kratzt Rohstoffe aus der Erde.
Deshalb können “Finanzprodukte” nie Produkte sein.
Januar 29th, 2021 at 23:25
Sagt uns jetzt was?
Januar 29th, 2021 at 23:28
Was ja auch die Bergers dieser Welt offenbar nie verstehen werden: dass ‘Markt’ immer nur Spekulation ist, und das ‘Produkt’ immer nur Mittel zum Zweck.
Januar 29th, 2021 at 23:59
Nun, es gibt eine analyse, die nennt sich das kapital – kritik der politischen ökonomie und es gibt die anneliese mit nachnamen sozialdemokratie – die kann immerhin kaffee kochen, nur der lohn muss dafür reichen, ansonsten kann der kapitalismus so bleiben wie er ist. Gegen die blechbüchsenarmee kommst du nicht an – rolle, roll, roll, immer dem abgrund zu – hurra. – Ein bier zuviel, obwohl, kann nicht sein.
Januar 30th, 2021 at 06:44
4.
Kann man die Regelkreise von Realwirtschaft und Finanzwirtschaft tatsächlich nicht trennen oder auf ein Mindestmaß beschränken?
5.
Wie verhält es sich mit dem Gebrauchswert von Produkten?
Wird man in der noch zu lebenden Systemalternative keine Kaffeemaschinen und Klebstoffe benötigen?
Januar 30th, 2021 at 07:57
moin, @Frett: Geld/Kapital (Geld kann man nur noch als Kapital begreifen – reiner Selbstzweck -) war nie, ist nicht und wird nie ein Produktionsfaktor sein.
Geld ist Religion. Es ist der Glaube an die Unfehlbarkeit desselben, und das im doppelten Wortsinn. Es ist nie da wenn es gebraucht wird und es wird für allerlei Unsinn bis hin zum Krieg eingesetzt, zur Bedürfnisbefriedigung ist es doch gar nicht erforderlich.
Ansonsten, Geld/Kapital als Prozess begreifen, und der geht im hier und heute zu Ende, die Himmelfahrt des Geldes hat begonnen…
Januar 30th, 2021 at 08:54
Wenn Kapital, neben Arbeitund Boden, kein Produktionsfaktor sein soll, muss Marx wohl ein Spinner gewesen sein. Was unterscheidet deine ökonomische Theorie von der marxschen und was ist zeitgemäßer daran?
Deine Differenzierung des Gebrauch und Missbrauch von Kapital ist nachvollziehbar.
Januar 30th, 2021 at 11:05
@Frett: Das klingt mir aber nicht so, als hättest du verstanden, was Kapital ist. Siehe “Selbstzweck” – das ist es von Anfang an.
Januar 30th, 2021 at 11:07
Nee @Frett, Marx klamüsert das fein auseinander; widerspricht dieser Auffassung als auf den Schein gerichtet und kommt zu dem Ergebnis:
Kapital ist ein Produktionsverhältnis!
Januar 30th, 2021 at 11:09
Die Theorie von Marx ist gut, ich zweifle sie nicht an, und die Realität stützt die Theorie.
Anfügen muss ich hier dass Theorien der ständigen Überprüfung, Ergänzung und Berichtigung zu unterziehen sind und im Extrem, wenn ersichtlich falsch,
zu verwerfen. Genau das wurde im `Realsozialismus`nicht getan. Schlimmer noch : `Die Lehre von Marx und Engels ist allmächtig weil sie wahr ist.` Da kann ich gleich in die Kirche gehn…
Zurück zum Geld/Kapital. Kapital ist alles was Profit/Zins einbringt. Es geht also dahin wo es sich den größten Profit verspricht. Es ist also reiner Selbstzweck, für die Güterproduktion völlig unnötig.
Ich füg mal ein Zitat von Hilmar Kopper ein, der war mal Deuba Oberfutzi: `Ob es Ihnen gefällt oder nicht, es geht immer und überall nur darum aus Geld mehr Geld zu machen.` Nachzulesen im gedruckten Spiegel Heft 52/2011.
Geld ist Religion hab ich behauptet, also sollt ich es begründen. Da schau ich in eine meiner 4 oder5 Bibeln – in die Offenbarung des Johannes. Auch fällt mir sofort das Erste Gebot ein…Mensch erschuf sich seinen eigenen Götzen, das goldene Kalb – Johannes hat sich wohl nicht getraut Geld zu schreiben…
Schau dir die Hochkulturen Mittelamerkas an, also Inkas usw. Die hatten viel Gold und haben es verehrt, aber kein Geld daraus gemacht.
So, erst mal genug, darf dann viel Schnee schippen, ein seltenes Vergnügen hier geworden…
Januar 30th, 2021 at 11:29
Am Rande: Es sind immer dieselben – “Selbst Bernie Sanders, den man in den USA einen “Sozialisten” schimpft, wäre bei uns nur ein Sozialdemokrat, also ein Neoliberaler.”
edith: Aber auch die andere Seite der Münze, ein erschreckender Staatsglaube, bricht sich vielfach Bahn, u.a.:
“Und der Politik sollte es gelingen, das Internet vom Anonymen zu befreien.“
Januar 30th, 2021 at 13:25
How it started: Billionaire investor Leon Cooperman: I believe in the capitalist system
~ “Alle sollen erreichen können, was ich geschafft habe.”
How it’s going: Whatever You Say Lee Cooperman
~ “Die nehmen ihre Sozialhilfe und greifen die Reichen an. Faire Verteilung ist ein Scheißkonzept.”
Wie wir hier immer gesagt haben: Jeder kann es schaffen. Aber eben nicht alle. (Oder war das Pispers?)
¯\_(ツ)_/¯ (▀̿Ĺ̯▀̿ ̿)
Januar 30th, 2021 at 14:39
10
Woraus schließt du das?
Ist dem Karl da etwas entgangen was du besser weißt?
Nur zu..
Januar 30th, 2021 at 15:03
Okay, wir müssen ja nicht diskutieren.
Januar 30th, 2021 at 15:14
Spitzenhumorprodukt der Woche: “Erlaubt ist die gegenseitige Datenabfrage allerdings nur, wenn die betroffene Person zustimmt“. Huaahaaahaaaa … ich näss’ mich ein!
Januar 30th, 2021 at 15:18
16
Du möchtest nicht, sagen wir mal so. Das Kapital kein Besitz, sondern ein Prozess mit unangenehmen Begleiterscheinungen ist, setze ich als Binse mal voraus.
Januar 30th, 2021 at 16:22
Der Satz, den ich monierte, ist: “Deshalb können “Finanzprodukte” nie Produkte sein.” Danach merktest du noch an,
“Deine Differenzierung des Gebrauch und Missbrauch von Kapital ist nachvollziehbar.” – was ich aus dem Bezugskommentar gar nicht lese und auch für unsinnig halte, ebenso wie einen Versuch,
“die Regelkreise von Realwirtschaft und Finanzwirtschaft” zu “trennen“. Das ist doch alles dieselbe Verwertungsmaschine mit denselben Regeln.
Januar 30th, 2021 at 18:05
Im Regelfall reagiere ich nicht auf ein Zitatengeklaube aus verschiedenen Rückmeldungen, insbesondere nicht, wenn wenn eine Person, die gar nicht angesprochen war, mit einem aus dem Kontext gerissenen Zitatenbauchladen hausieren geht. Nun mache ich aber bei dir mal ne Ausnahme.
Was denkst du, kommt bei sowas raus? VWL für Coronaleugner?
Januar 30th, 2021 at 18:12
Oh, so gnädig dann doch. Ich fasste die Diskussion zusammen, auf die ich reagiert habe. Das kann man “Zitatengeklaube” nennen, ich nenne das Aufmerskamkeit und Entgegenkommen, damit du verstehst, wovon ich rede. Das ist hier nämlich so ein Forum, in dem es darum geht, sich zu verständigen und bestenfalls etwas zu lernen. Wenn es dir wichtiger ist, Sprüche zu klopfen, empfehle ich dir die Nachbarschaft.
Januar 30th, 2021 at 18:53
OT: Cool; Püntes ist bei Reitschuster gelandet. R.I.P.
Januar 30th, 2021 at 23:01
Und dann gibt’s da noch diesen Aufruf, den bekannt zu machen so verkehrt nicht sein dürfte.
Januar 31st, 2021 at 10:52
Diesen artikel aus dem New Yorker kann man sich mal geben: Adam Curtis Explains It All. Credit where credit’s due – den link gibt es bei fefe.
Januar 31st, 2021 at 11:59
Wie die Merkeldikatatur uns in die Knie zwingt: “Die Menschen in NRW bestellen mehr Sexspielzeug und Kondome“. #weninteressiertdas
Januar 31st, 2021 at 12:29
En VWLer macht auf Telepolis ernsthaft “staatlich verordnete Zwangslockdowns” für die globale Überschuldung verantwortich (über die Bontrup u.a. schon 2014 referierte) und suggeriert, “vor 2020” sei noch alles in Ordnung gewesen. Zudem illustriert der Halbgescheite, wie weit man mit Lösungen kommt, die allesamt innerhalb des Systems ansetzen. Deprimierend.
Januar 31st, 2021 at 12:52
Glenn Greenwald: The Reddit Rebellion: Gameplay and Melvin Capital (yt, ~35 Min.)
Januar 31st, 2021 at 13:54
@flatter #26 – Er mag sich in den Ursachen täuschen – woher kam denn der ‘Finanzcrash’ 2007? – aber was die ‘Lösungen’ angeht macht er eigentlich nur deutlich, dass es innerhalb des Systems eben keine gibt.
Der von ihm ja noch am ehesten präferierte Schuldenschnitt wird ja auch nicht nur deshalb nicht stattfinden, weil Reiche soviel Einfluss haben – und zwar eben systemischen, ‘lobbyieren’ muss man nur für Partikularinteressen von Einzelkapitalen – sondern weil er schon wegen der globalen Konkurrenz nicht stattfinden kann. Das ‘race to the bottom’ war einfach, da musste immer nur einer einen Schritt machen und die andern mussten nachziehen, während die andere Richtung durch eben diesen Mechanismus zuverlässig verhindert wird.
Um die Schlussfolgerung drückt er sich dann natürlich wieder – statt dessen der übliche Appell an die Vernunft in einem komplett irrationalen System.
Januar 31st, 2021 at 16:12
Ich denke, ich muß hier mal, auch es wenn mir schwer fällt, ein Wort für die Sozialdemokratie einlegen. Für das Ganze, wohlgemerkt, nicht für die Sozialdemokraten.
Definitionsgemäß basiert der Kapitalismus auf dem Äquivalententausch, dem Austausch von Gleichwertigem. Was hier seit Jahrzehnten geschieht, hat aber die Grenze zum Raub schon weit überschritten. Und nur weil es staatlicherseits geschieht, wird es nicht auch so genannt. Dieses Überschreiten aller Grenzen zu verhindern, und die Grenzen noch dazu enger und enger zu ziehen, war die Sozialdemokratie einst angetreten. Mit einer hinreichend gut organisierten Arbeiterschaft wäre das auch ein durchaus denkbares Ziel in der politischen Auseinandersetzung. Das würde zwar die Ausbeutung nicht abschaffen, ihr Ausmaß aber immerhin etwas verringern. Als ich klein war, war hier noch die 48-Stundenwoche die Regel. Immerhin haben es die Arbeiter geschafft, die 40-Stundenwoche durchzusetzen. Und gegen Ende der 80er nahm man die 32-Stundenwoche ins Visier. Deswegen hat man die Grünen stark gemacht, um von diesem Arbeitskampf abzulenken. So ganz und gar nutzlos wäre eine nicht korrumpierte Sozialdemokratie also nicht.
Januar 31st, 2021 at 17:55
Ich sehe im Kapitalismus nirgends einen Äquivalententausch und auch keinen Ansatz dazu. Im Gegenteil geht es im Kern darum, das G’ größer ist als G – Profit ist quasi das Gegenteil von “Gleichwertigkeit”.
Das war den Sozen auch schon immer egal. Die wollten ums Verrecken (sic!) an der Ordnung festhalten, das heißt: Staat und Kapital erhalten. Klar, das sollte ‘fair’ abgehen, also Ausbeutung light und dafür Ruhe im Karton statt Klassenkampf. Dieser Ansatz aber, für den Burgfrieden mit dem Kapital, endet in der Krise immer im Einsatz für das Kapital, was im Klassenkampf bedeutet: gegen die Arbeiterklasse. Kriegskredite, Bluthund, Kommunistenhatz, Neoliberalismus – das sind die Errungenschaften der Sozialdemokratie, wenn es darauf ankam. Das ist historisch und logisch ihr Kern. Dass sie in Guten Zeiten, in denen die Profiraten das hergaben, ein paar Leckerlis einsammeln durften, ist nicht einmal wirklich ihr Verdienst.
Januar 31st, 2021 at 21:26
Hedgefonds verzockt offenbar die Hälfte seines Kapitals
Nächste Woche: #silversqueeze
Januar 31st, 2021 at 22:35
Falsch, flatter, da hast du deinen Marx nicht aufmerksam genug gelesen. Profit entsteht gerade durch den Äquivalententausch, indem der Kapitalist dem Arbeiter seine Arbeitskraft zu ihrem Wert bezahlt. Der Mehrwert entsteht dadurch, daß der Arbeiter in der bezahlten Zeit mehr Wert schaffen kann, als seine Arbeitskraft wert ist. Und allein um diesen Mehrwert drehen sich im allgemeinen die Lohnkämpfe.
Daß die Sozialdemokraten immer, wenn es wirklich darauf ankam, die Arbeiter verraten haben, bestreite ich gar nicht. Deswegen habe ich auch lange gezögert, bevor ich meinen Kommentar abgesetzt habe. Dennoch glaube ich, daß die Sozialdemokratie noch nie vorher so korrupt und mafiös war, wie sie es heute ist. (Das gilt auch für andere Parteien.) Aber dieses ganze Mafiagebaren ist nicht notwendig Teil des Kapitalismus. Das war, woran ich erinnern wollte. Theoretisch (!) ist auch ein Kapitalismus mit funktionierendem Rechtsstaat möglich. Man muß ihn, den Rechtsstaat, halt erkämpfen.
Januar 31st, 2021 at 22:42
Ich interpretiere Marx anders, vor allem wenn es darum geht, diese (schon recht wacklig konstuierte Äquivalenz qua Arbeitszeit) auf Werte, letzlich Preise – so wie ich dich verstehe) zu übertragen. Über Marx hinaus ist Äquivalenz ohnehin ein Phantasma.
Und doch: es ist notwendig Teil des Kapitalismus. Der landet zwangsläufig da, wozu ihn seine durch Marx beschriebene Entwicklung treibt. Horkheimer hat das korrekt auf den Punkt gebracht (habe gerade keine Lust, das Zitat rauszusuchen). Es läuft immer darauf hinaus, dass der K. die Grenzen des Rechtsstaats (dessen genuine Aufgabe ohnehin der Schutz des (Privat-)Eigentums ist) sprengt. Auch das ist zudem – historisch nach Marx – empirisch reichlich belegt.
p.s.: Sorry, bin etwas hektisch unterwegs und das sprengt vermutlich hier schon eine Blogdiskussion. Betrachte es als Skizze. Ich weiß nicht, ob wir das hier aufgedröselt kriegen.
Februar 1st, 2021 at 00:00
Ein wirklich sehr guter, wenn auch recht langer Artikel über ‘stolen elections’, ‘insurrection’, ‘fascism’ – und was wirklich nötig wäre, um in diesem System etwas zu erkämpfen…
Februar 1st, 2021 at 03:40
Moin R@iner,
zu den Punkten 27 und 31 habe ich auch etwas.
Die GameStop Rebellion-V Wie Vendetta
https://youtu.be/jJfg2VO7ELY
Februar 1st, 2021 at 15:41
Zum Schluß kurz meine Sicht: Was Horkheimer in »Die Juden und Europa« beschreibt, ist der Faschismus, der aber den Kapitalismus bereits abgelöst hat. Der Faschismus negiert sowohl den Äquivalententausch, indem er die Arbeiter gewaltsam zur Arbeit zu willkürlich festgesetzten Löhnen zwingt, als auch das Privateigentum – auch das an Produktionsmitteln –, wie die Enteignung der Juden zeigt, und damit negiert er den Kapitalismus in Gänze. Faschismus ist kein Kapitalismus. Das sollte man begrifflich trennen.
Februar 1st, 2021 at 16:17
Das ist eine originelle Interpretation. Der Faschismus ist ein Endstadium des Kapitalismus. Horkheimer sagte hierzu: “Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“. Das andere Zitat ist sinngemäß: “Der Kapitalismus mündet zwangsläufig in organisiertes Verbrechen.”
Die Enteignung von Juden war selektiv und hat ebenso wenig Privateigentum abgeschafft wie die Löhne zwangsläufig festgesetzt wurden. Faschismus ist btw nicht identisch mit dem NS. Das ist daher eine völlig falsche Analyse. Die jeweiligen Systeme wurden vom Kapital gefördert und gestützt, besonders schöne Beispiele hierfür sind Chile und Argentinien.
Februar 1st, 2021 at 16:43
Oder aus dem von mir oben verlinkten Artikel:
Missing in this kind of definition [äußere Merkmale des Faschismus] is the understanding of fascism as a dimension of class struggle. The essential task of historical fascism was to defeat the strong working-class socialist and communist movements that threatened the rule of capital, within countries and internationally. All the nasty attitudes and policies were means to that end.
The fascists came — were allowed to come — to power in Germany (and elsewhere in Europe) with the support of strong elements of ruling-class finance and media, when, and because, there was a very strong mass, socialist working-class movement that was a threat to the ruling class and had to be brutally crushed, and because there was the international “Bolshevik” threat to European capitalist rule that had to be defeated militarily. Not because Germans were essentially and irredeemably racist and anti-Semitic — a construal that precisely disappears the role of capitalism and class.
Und aus eben diesem Grund, meint der Autor übrigens dann noch weiter, sei so ein Faschismus (nicht nur) in den USA derzeit nicht wirklich angesagt. Er würde schlichtweg nicht benötigt.
Februar 1st, 2021 at 18:32
Das ehemalige Magazin macht Satire: “Haben sich die Sozialdemokraten als Soldatenpartei verabschiedet?” Keine Sorge, die Bezahlschranke schützt!
Februar 1st, 2021 at 20:07
Ich korrigiere #31: Wenn ich mich auf r/wallstreetbets umschaue, dann schreiben sie dort, die Silbergeschichte sei ein Ablenkungsmanöver des “Establishments”, um von GME abzulenken. Z.B. hier: THEY ARE LYING STRAIGHT TO OUR FACE. DON’T BELIEVE THIS GARBAGE.
Im Gegenteil wäre das Hochtreiben eine saudumme Idee, weil Citadel große Anteile am Silbermarkt hält und so verlorene Kohle wieder reinholen könnte.
Der derzeit steigende Silberpreis hat also andere Ursachen und die Medien helfen kräftig beim Pushen.
Februar 1st, 2021 at 22:15
@R@iner:
kleiner tip (den du vielleicht eh kennst, aber dann halt für alle anderen), um die alte reddit-oberfläche aufzurufen (und damit ohne scheiss-scripte den kompletten thread) sehen zu können; “www” in der url einfach durch “old” ersetzen, also zb
https://old.reddit.com/r/wallstreetbets/comments/la6mfs/they_are_lying_straight_to_our_face_dont_believe/
Februar 2nd, 2021 at 08:38
Guter Tipp – Danke!
Februar 2nd, 2021 at 09:48
Das nenne ich Widerstand: Nürnberger Abiturienten verweigern weiter Präsenzunterricht
Februar 2nd, 2021 at 14:33
@ 37, 38
Nochmal zur Erläuterung.
Ich weiß, Horkheimer trennt nicht zwischen Kapitalismus und Faschismus. Allerdings nennt er den “klassischen” Kapitalismus Liberalismus. Aber er macht in jenem Aufsatz viele Aussagen, die meine Ansicht stützen können:
»Der gleiche und gerechte Tausch hat sich selbst ad absurdum geführt, und die totalitäre Ordnung ist dies Absurdum.«
»An die Stelle des Tausches mit der Arbeit tritt das Diktat über sie.«
»Wie zu Beginn der Epoche sind wieder freie Massen vorhanden. Nur kann man sie nicht wie damals in die Manufakturen pressen, die Zeit der privaten Unternehmung ist vorbei.«
»Die herrschende Klasse hat sich gewandelt. Ihre Mitglieder sind nicht identisch mit den Inhabern des kapitalistischen Eigentums.«
»Die Ausbeutung reproduziert sich nicht mehr planlos über den Markt, sondern in der bewußten Ausübung der Herrschaft.«
»Das Profitstreben endet heute in dem, was es stets schon war: im Streben nach gesellschaftlicher Macht. Das wahre Selbst des juristischen Eigentümers der Produktionsmittel tritt ihm als faschistischer Kommandant von Arbeiterbataillonen gegenüber. Die soziale Herrschaft, die mit ökonomischen Mitteln nicht zu halten war, weil das private Eigentum sich überlebt hat, wird mit direkt politischen fortgesetzt.«
und viele weitere.
Es gibt für das Kapital zwei Gründe, den Faschismus als Ausweg zu wählen: 1. Eine allzu starke Arbeiterbewegung. Der kann aber auch mit ”normaler“ Polizeigewalt begegnet werden. Das läuft auf einen Polizeistaat oder eine Militärdiktatur hinaus, welche aber nur im Extremfall eingerichtet werden müssen. (Hier wechselt nur das Herrschaftssystem.)
Der zweite ist der oft genannte Fall der Profitrate. Ihm läßt sich aber nichts entgegensetzen, ohne das Produktionssystem zu ändern. »Aber die kapitalistische Produktion erzeugt mit der Notwendigkeit eines Naturprozesses ihre eigne Negation.« sagt Marx – und hat dabei die kommunistische Gesellschaft im Sinne.
Den Faschismus betrachte ich als eine ebensolche Negation.
Februar 2nd, 2021 at 14:52
Da kann ich weitgehend mitgehen. Allerdings ist letztere eine Art Suizid als Versuch, dem Tod zu entkommen. Faschismus hat folgerichtig auch nie lange gehalten. Die ‘erfolgreichsten’ Faschisten waren die, die sich aus der Diktatur wieder der Bürgerlichen ‘Demokratie’ angenähert haben wie die PP in Spanien. Faschismus ist auch eine Art Katharsis. Nicht unwahrscheinlich, dass es auch Faschismus brauchen wird, um sich irgendwann endgültig vom Kapitel “Kapital” zu verabschieden.
Februar 24th, 2021 at 14:49
Noch eine feine kleine Nachlese zum Thema – in einer gestrigen Anhörung vor dem Congress entspann sich folgender Dialog:
[Congresswoman] Axne began the questioning of [RobinHood CEO] Tenev by stating that her nephew and two of his friends had stayed up to four in the morning to try to get a “piece of the action” in the highflying meme stocks like GameStop and the theatre chain, AMC. This exchange then followed:
Axne: “Right now, what I’m seeing is gambling in the stock market and that’s not a real solution to income inequality and I don’t think we should pretend that it is.
“Just last June when Hertz declared bankruptcy, after that Robinhood was actively pushing the stock on its site, it was trending on Robinhood, and the promotion of that worthless stock I don’t think is good for investors. That’s a gamble that they shouldn’t have taken. That’s just one example…
“Generally, 99 percent of short-term traders underperform the market. So, Mr. Tenev, you say Robinhood’s mission is to democratize finance. Is that correct?”
Tenev: “That’s correct Congresswoman, yes.”
Axne: “Okay. So I want to ask you then, you’ve invested significantly in behavioral research. And just so you know, I own a digital design firm with my husband so I’m familiar with what behavioral research can do for platforms and websites. That behavioral research has really shaped how your app is designed, is that correct?”
Tenev: “Congresswoman, like many technology companies we employ data scientists, user researchers, and designers to provide a better customer experience.”
Axne: “So on the specifics, when people sign up they get a scratch-off ticket to see what they get; confetti falls every time they place an order; they get push notifications; they’re encouraged to trade; if a friend signs up they get a free stock. On and on. Why have you added specific gaming design elements to look like gambling to your app that encourages more frequent trading?”
Tenev: “Congresswoman, as I mentioned earlier, we want to get people what they want in a responsible, accessible way. We don’t believe in gamification. We know investing is serious and that’s why most of our customers are buy and hold. A very small percentage of our customers utilize margin.”
Axne: “I appreciate that but you know, folks like my nephew actually aren’t your customer. They’re your product. Your customer is sitting right next to you, Mr. Griffin with Citadel.” (CP)