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Februar 2015


 
satan

Bevor die linksextreme Regierung Tsipras in Griechenland die Macht übernahm, hatten wir dort brave Regierungen, die u.a. eng mit dem Triumvirat aus EZB, IWF und EU-Kommission kooperierte. Das tat sie äußerst effizient, wie ein Youtube-Video zeigt: Der Ausschuss für Justiz und öffentliche Ordnung des griechischen Parlaments stimmt hier über ein ganzes Bündel von Gesetzen ab, bei der ganze drei Abgeordnete im Parlament sitzen. Die müssen nicht einmal die Hand heben oder nicken, ihre schiere Anwesenheit gilt dem Präsidenten als mehrheitliche Zustimmung, obwohl eine der drei Abgeordneten vehement protestiert. Die Dame ist im übrigen inzwischen selbst Parlamentspräsidentin.

Damit das nicht alles nur deprimierend bleibt und weil wir eh gerade bei Youtube unterwegs sind, habe ich dann noch diesen staatsbürgerlichen Hinweis für euch, der den furchtbaren Fürsten der Finanzen, the Hell of Hellas, Hades der Europäischen Finanzen, Schuldenschaitan Yanis Varoufakis in seiner wahren Gestalt zeigt. Wir sind verloren!!1!

Abandon All Hope

Ach ja, und wo wir gerade bei dem Herrn sind, dessen Fan ich wäre, wäre ich derzeit Fan von jemandem, habe ich hier noch ein weiteres kurzes Video mit einem Interview, in dem Varoufakis sich als Ökonom mit historischem Bewusstsein outet, mithin also so etwas wie ein Philosoph. Wollen wir das wirklich in einem europäischen Finanzministerium? Einen, der uns erzählt, wie es dazu kam, dass “Ökonomie” als Zahlenrest einer Geisteswissenschaft begann, weil sie eben unbedingt so etwas wie eine Naturwissenschaft darstellen wollte? Leider hat sie damit alles abgeworfen, was sie mit einer Wissenschaft verbindet – ihr fehlt entweder das Objekt der Forschung oder die Methode, die es erfasst, denn das eine passt nicht zum anderen – es sei denn, man macht es passend.

Zitat (verkürzt übersetzt): “In dem Moment, in dem man mathematisiert auf der Basis von Atomismus und Individualismus, mündet das in mathematischen Modellen von Markthandel, die jeden Blick für soziale Beziehungen* verlieren“. Weiterhin führt Varoufakis aus, dass Ende des 19. Jahrhunderts das starke Bedürfnis bestand, Kapitalismus als alternativlose Wirtschaftsform ‘wissenschaftich’ zu legitimieren. Entsetzlich, diese Stalinisten!

edit: *im Produktionsprozess
edit2: Hier ist ein Transkript des Interviews.

 
charl

Eine “Studie” wurde gestern veröffentlicht, die der Welt erklären soll, was “Extremismus” ist, und da dies eine deutsche Studie ist, muss man sich vielleicht nicht wundern, was dabei heraus kam. Der Chef des nicht mehr wirklich zweifelhaften Instituts “Forschungsverbund SED-Staat” an der FU Berlin kommentiert seine Arbeit selbst, in einem Satz und abschließend:

Heute ist jemand linksradikal, dessen Positionen sich hart am linken Rand des Verfassungsbogens befinden, aber noch demokratisch sind: Forderungen nach Verstaatlichung zum Beispiel oder nach mehr Umverteilung.

Das reicht eigentlich schon. Wir wohnen hier dem Gegenteil von Wissenschaft bei, einem Machwerk, das wie so oft die unentscheidbare Frage aufbringt: “Lügen sie so dreist oder sind sie so dumm?”, wobei man Letzteres Politikern noch durchgehen lassen kann; als “wissenschaftliche Studie” hingegen ist das dann eben Schrott. Schroeder versucht erst gar nicht, irgendeinen Beleg zu erbringen für solche Festlegungen, er nimmt sie einfach vor. Wer “Umverteilung” fordert ist linksradikal? Interessante Ansicht. Die Berliner, die zuletzt mehrheitlich für Verstaatlichung der Wasserversorgung gestimmt haben, sind auch alle linksradikal?

Am Rechtspol

Natürlich kann man das so sehen. Wenn man weit genug rechts steht. Dann meint man auch “Der Marxismus-Kommunismus wird in den Schulen wie in den Medien positiv gezeichnet.”, eine weitere Einschätzung ohne Beleg, die den Verdacht nährt, dass hier jemand seiner Phantasie freien Lauf lässt. Es bleibt aber nicht bei solchen frei erfundenen und ja auch gar nicht belegbaren Behauptungen, es wird auch sehr konkret falsch, wo es überhaupt überprüfbar ist. Beispiel:

29 Prozent glauben, dass eine wirkliche Demokratie nur ohne Kapitalismus möglich sei. Einzelne linksextreme Einstellungen stoßen in der Bevölkerung auf erstaunliche Zustimmung.”

Die willkürliche Zuteilung bestimmter Meinungen zum Linkradikalismus/Linksextremismus ist bis zu dieser Stelle nur durch ein einziges überprüfbares Kriterium gestützt, nämlich den sog. “Verfassungsbogen”, was wohl bedeuten soll, dass linksextreme Einstellungen eben verfassungswidrig seien. Nun ist es aber nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes eben keineswegs so, dass das Grundgesetz die BRD auf Kapitalismus festlegt, im Gegenteil:
Das Grundgesetz, das sich in seinem ersten Abschnitt im wesentlichen auf die klassischen Grundrechte beschränkt hat, enthält keine unmittelbare Festlegung und Gewährleistung einer bestimmten Wirtschaftsordnung“.

So ist also nicht nur die Festlegung bestimmter Aussagen als “radikal” oder “extremistsich” willkürlich, sondern auch der Bezug auf die “Verfassung” nur vorgetäuscht. Die Einstellungen des Herrn Professor, der hier munter darüber urteilt, wer zu weit links sei, erweisen sich als schlicht verfassungswidrig. Dass Haltungen wie “Antirassismus” und “Antifaschismus” hier als Anzeichen für Linksradikalismus eingeführt werden, ist ein weiterer Beleg für die ideologische Qualität der “Studie”. Wer gegen Faschismus ist, ist linksradikal? Das sagt einiges aus über die Extremisten – die für dieses Machwerk verantwortlich sind.

‘Wissenschaft’ vom Wühltisch

Es gibt einige Anforderungen an wissenschaftliche Studien und Erhebungen, die man im ersten Semester lernt, darunter ist “Validität” eine der wichtigsten. Dieses Kriterium bedeutet, dass die erhobenen Werte (hier Aussagen bestimmter Inhalte) geeignet sind, die Frage zu beantworten, die in der Studie untersucht wird. Es hätte hier also geklärt werden müssen, ob die gestellten Fragen tatsächlich eindeutig mit “Extremismus” und “Radikalismus” verbunden werden können. Ein schwieriges Unterfangen, es sei denn, man geht mit einer willkürlichen Festlegung an den Start. Das genau ist aber die Lösung des “Forschungsverbunds”. Wir erfahren also lediglich, dass die Befragten zu erheblichen Teilen weit links von dem stehen, was die SED-Aufarbeiter für ihre Mitte halten.

Der “Forschungsverbund” finanziert sich übrigens zu einem guten Teil aus Drittmitteln. Was an diesen offen gelegt wird, kommt vom Bundesverwaltungsamt, diversen Bundesländern, der Fritz Thyssen Stiftung und einem Konglomerat von Vertriebenen, dem “Bessarabiendeutschen Verein”. Außerdem steht der PR-Großtanker INSM mit dem Institut in Verbindung und die Wikipedia nennt die Deutsche Bank als Förderer. Schließlich werden als Geldgeber “diverse Stiftungen” genannt.

Warum das noch durch reichlich öffentliche Gelder unterstützt wird, ist mir schleierhaft. Das politische Spektrum, das für die private Finanzierung sorgt, ist nämlich recht(s) homogen. Es überrascht mich dennoch, dass die PR sich derart eng faschistischem Gedankengut anschmiegt. Weniger überraschend, bejubelt zum Beispiel Erika Steinbach das Resultat dieser Arbeit. Traurig schließlich, dass solcher Müll ernsthaft mit dem Etikett “wissenschaftlich” in der Öffentlichkeit verklappt wird.

 
crab
 

Sie strahlt dunkel wie ein Neutronenstern die ganze Niedergeschlagenheit eines deprimierten Volkes aus. Wer will das sehen? Vier Jahre lang?

Zwölf, mindestens.

 
div
 

Soziale Marktwirtschaft ist staatlich kontrollierte Marktwirtschaft. Schade, daß die regierende Generation das nicht kapiert.

Schade, dass der Depp sich mit diesem Quatsch so weit aus dem Fenster lehnt.

 
div
 

Als Kopper dereinst von den “Peanuts” sprach, meinte er übrigens nicht das Geld, ihr dummen Nüsse!

Nope. Die Loser; die den Unterschied zwischen Gläubigern und Gläubigen nicht kennen.

 
div
 

Was mich aber nachgerade traurig stimmt, ist, daß es Menschen gibt, die niemals eine Meinung haben werden. Die nie sagen können “Das habe ich gemacht”, ohne daß ihr Lenorgewissen ihnen diese Lüge weichspülen muß.”

Arrogant. Wahr.

 
div
 

Wenn einem das Gebaren hiesiger Anwälte oder sonstiger Zeitgenossen nicht gefällt – einfach mal einen chinesischen Richter bestechen und ein Todesurteil bestellen!

Von wegen: “Man kann doch nichts machen”!

 
div
 

Daniel Radcliffe wird inzwischen zurechtgebürstet wie ein Schleimer von der Schülerunion, und man wartet nur darauf, daß er du-weißt-schon-wem mit dem Anwalt droht.”

Oh, Kulturkritik! Kann sich nicht jeder leisten.

 
div
 

In jedem anderen Bundesland wären diese Pfeifen die Lichthupe auf der Überholspur der Verliererstraße. Nicht so in Bayern. Da holen sie die absolute Mehrheit.

Hass braucht einen Ort.

 
div
 

Die Gesundheitskarte is so denkwürdig krank, das verzeiht man hierzulande nur einer Frau aus der SPD.”

In jedem Dorf gibt’s einen, dem man nix übelnimmt.

 
div
 

Daß etwa im Irak erst nach Beendigung der militärischen Operation die meisten Opfer auf beiden Seiten starben, ist wohl der beste Beweis dafür, daß es sich bei Kampfhandlungen und Zwischenfällen nicht um einen “Krieg” handelt.

Putinversteher und Verschwörungstheoretiker wollen das nur nicht begreifen.

 
div
 

Wer also an die Freiheit der Rede glaubt, hat noch nicht verstanden, in welchen Zeiten wir leben. Es ist Krieg. Jedes Wort ist eine Waffe. Der eine hat einen Waffenschein und verteidigt die Freiheit, der andere hat keinen und ist ein Terrorist.

Jetzt sind Sie mal bitte still!

 
temp

Gott lebt in den Kirchen. Der Herr über Zeit und Raum (und was sonst noch so für ein höheres Wesen reserviert ist) verzückt die Christenheit jüngst mit einem neuen Wunder, der heiligen Sofaritze. Schon im vergangenen Dezember war das Halleluja groß, als “einige hundert Millionen” im Vatikan gefunden worden waren, die nicht in den Bilanzen auftauchten. Diese haben sich – vermutlich zwischen Brot und Fisch – mittlerweile auf 1,4 Milliarden Dollar vermehrt.

Ein Taschengeld für ein höheres Wesen, aber ein durchaus erkleckliches Sümmchen für die Menschen. Nun, in diesem Wissen hortet das Bistum Köln sein Geld akkurat unter der Matratze, so um die dreieinhalb Milliarden, Kunstschätze nicht eingepreist. Das hilft, ordentlich angelegt, übrigens dem Markt und damit dem Menschen und damit Gott. No, Sherlock: Das können die nicht so einfach abziehen, die sind ein Global Player, das wäre eine ökonomische Katastrophe.

Woher kommt das Geld? Sicher nicht aus dem Klingelbeutel, obwohl man sich als Außenstehender schon dreckig auf die Füße lacht bei der Vorstellung, das Omma Paschulke ihren vom Brot abgesparten Zwickel abdrückt, um den armen Kindlein zu helfen, während der bischöfliche Broker den Lachsschaum vom Vortag in die goldene Schüssel sprenkelt. Nein, die Kirchen sind Großunternehmen, Konzerne der ganz besonderen Art. Für sie gelten keine Tarifverträge und ein abgespecktes Arbeitsrecht. Sie pressen Steuern ab von denen, die sie mies bezahlen, und das geht so:

Für Markt, Gott und Vaterland

Als Unternehmen im ‘sozialen Bereich’, Betreiber von Kindergärten, Altenheimen, Krankenhäusern, mobilen Diensten usf. dürfen die Kirchen ihre Haustarife auslegen und mit “Mitarbeitervertretungen” parlieren, die nicht unters Betriebsverfassungsgesetz fallen. Ihre Steuermittel und Reichtümer (Insbesondere Immobilien) setzen sie überdies in den Stand, vergleichbar niedrige Kosten zu haben – im Gegensatz zu Anbietern etwa, die Immobilien mieten müssen. Im sozialen Bereich berechnen sich die Kosten nach Bedarf, es werden also Tagessätze oder Stundensätze ermittelt, die von den Kostenträgern (z.B. Jugendämter, Landschaftsverbände) gezahlt werden. Die idealen Bedingungen für die Kirchen drücken also ohnehin die Preise.

Das Beste ist aber, wie die Kirchen die Löhne in allen Branchen drücken, in denen sie tätig sind und ihr Schutzgeld sogar von denen eintreiben, die gar nicht für sie arbeiten. “Kirchensteuer” nennt sich das. Die meisten Kolleg/innen aus der Kinder- und Jugendhilfe, die ich kenne, sind Mitglied einer Kirche, und davon die meisten aus einem einzigen Grund: dass sie sonst nicht für kirchliche Träger arbeiten dürfen. Die evangelische Kirche ist da nicht ganz so radikal wie die Caritas, die nur Katholik/innen akzeptiert, aber spätestens in Führungspositionen ist auch bei der Diakonie die Mitgliedschaft in einer christlichen Kirche verbindlich. Beim Fußvolk sind sie nicht so, das darf sich ggf. auch artfremd ausbeuten lassen.

Doch, das dürfen die Kirchen. Sie dürfen Menschen wegen ihrer Religionszugehörigkeit diskriminieren. Nicht nur als Kirche, sondern auch als Konzern. Übrigens auch wegen ihres Geschlechtes, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres Familienstandes. Kein Problem. Sie dürfen auch wie gesagt Druck auf die Beschäftigten ganzer Branchen ausüben, lieber vorsorglich zu zahlen als nachher arbeitslos zu sein. Ach ja, und sie dürfen im Gegensatz zu jedem anderen gemeinnützigen Verein, der nämlich keine Gewinne machen darf, Milliarden horten. Dafür müssen andere ihrer Klientel regelmäßig die Knarre an den Kopf halten oder ihnen den Laden zertrümmern.

Eine Frage hätte ich da noch: Wenn ich in eine Filiale dieser Organisation einfalle und die Chefs mit der Peitsche dort hinaus treibe, gibt es dafür dann auch eine übergesetzliche Regelung? Wäre doch nur fair.

 
zomb

Eine der ältesten Strategien der Lautsprecher des Kapitals ist das absurde Argument gegen den Feind von links, jener “sozialistische” oder schlimmer noch “kommunistische” Herdenmensch, er gebe die individuelle Freiheit auf und ordne die Einzelnen sklavisch dem Kollektiv unter. Dazu ist ihnen kein Fehlbeleg zu dumm, wie zum Beispiel das ewig absichtliche Missverständnis von der “Diktatur des Proletariats” – als hätte Marx die Diktatur eines ‘Proletariers’ gewollt, oder als wolle irgendwer Unternehmer und Einzelhändler in Ketten übern Marktplatz peitschen. Diktatur des Proletariats ist als Grundgedanke nicht viel anderes als “Demokratie”, die ja auch meint, dass das Volk über sich selbst bestimmt. Der Unterschied liegt halt nur da, wo es hie noch Klassen gibt und dort eben nicht – in der Theorie wohlgemerkt.

Ich will aber gar nicht auf dieses auch meines Erachtens dumm formulierte Detail einer alten Theorie hinaus, sondern auf das Schreckgespenst eines die Einzelnen knechtenden Kollektivs. Geknechtete Einzelne, massenhaft, das kenne ich wohl – unterdrückt und ausgebeutet in Hungerjobs, ausgeschlossen aus der Gesellschaft als Arbeitslose, beschimpft und erniedrigt als Verlierer aka “Faulpelze”. Das gibt es reichlich unterm Banner der “Freiheit des Einzelnen”, einem perfide gefälschten Etikett, unter dem sich die Freiheit Einzelner verbirgt. Es ist die hierarchische Gesellschaft, die den Massen die Freiheit nimmt, heute und weltweit eine der monetären Hierarchien. Oben ein paar Reiche, unten der zusehends schlimmer verarmende Rest.

Albtraum Gleichheit

Dabei muss es jedem Halbgescheiten klar sein, dass es nur das Kollektiv sein kann, das für das Wohlergehen sorgt – sei es für einzelne Profiteure oder eine Gesellschaft. Was ist denn ein Betrieb, eine Abteilung, eine Familie, eine Genossenschaft, ein Verein? Das sind alles Kollektive, und ohne die würde niemand überleben. Die Propaganda aber erzählt wieder und wieder die Geschichte von den freien Einzelnen, großen Persönlichkeiten, Unternehmern und anderen Herrenmenschen, an denen man sich ein Beispiel zu nehmen hätte und auf die allein es ankomme. Eine ganze Unterhaltungsindustrie singt dasselbe Lied vom einsamen Helden, der es ganz allein richtet.

Dem gegenüber der Albtraum vom Kollektiv, in dem jeder jeden kontrolliert und alle immer gleich sein müssten, jede Individualität getilgt werde. Wo bitte soll es das eigentlich geben? Guter Witz, die furchtbare Gleichheit, als sei nicht eine unfassbare zerstörerische Ungleichheit die Geißel dieser Zeit. Riesenkracher, die gegenseitige Kontrolle, wo die Kommunikation total überwacht wird durch Geheimdienste, die längst über dem Gesetz stehen, in Staaten, die alles und jeden überwachen und auch nicht vergessen, jene Bürger zu schikanieren, die keiner Lohnarbeit nachgehen.

Aus, der Traum

Das Ammenmärchen vom bösen Kollektiv und der schrecklichen Gleichheit ist so dumm, das ihm vielleicht deshalb kaum wer widerspricht. Alter Trick der Trolle: Wenn du dich nicht weißt, wo du anfangen sollst, den Sermon zu zerpflücken, lässt du’s lieber bleiben. Schlichte Gemüter und solche, die zu magischem Denken neigen – womöglich die Mehrheit – vermuten aber gern auch ganz großen Zauber in der Geschichte. Was so absurd scheint und doch ständig wiederholt wird, kann nur etwas Heiliges sein! So sprießt dieser giftige Spaltpilz fröhlich weiter und verwandelt eine elende Masse Gleichgesinnter in einen endlos konkurrierenden, atomisierten Mob potentieller Lottogewinner.

Mit der schwarzen Muttermilch haben sie aufgesogen, dass es sie spontan zerstört, wenn sie sich mit anderen zusammentun, um gemeinsame Interessen zu verwirklichen. Die Idee, als Gleiche unter Gleichen für gemeinsames Wohl zu sorgen, so haben sie gelernt, ist das Ende des Traums von der Million und damit das Ende aller Träume. Es bedeutet das Ende des Traums von Freiheit, denn Freiheit, dass ist die Freiheit über andere. Unter Gleichen, so ahnen sie, kann man nicht herrschen. Und wenn sie schon nicht selbst zum Herrscher geboren sind, so wollen sie doch wenigstens welche wählen, welche bewundern, welchen helfen und mit viel viel Glück vielleicht doch eines Tages dazugehören.

 
goIch möchte nicht, dass Frauen gefördert werden, wie sie gefördert werden. Ich wundere mich derweil, dass es Frauen gibt, die wollen, dass Frauen so ‘gefördert’ werden. Ich finde es ohnehin seit eh und je betrüblich, dass viele Formen des sogenannten “Feminismus” sich nur dazu eignen, das Prinzip des “Divide-et-impera” nach Kräften zu unterstützen, indem Fronten aufgezogen werden, wo keine sind und solche ignoriert werden, an denen es vielleicht irgendwann vorwärts ginge.

Was ich meine, ist der schnöde Klassenkampf, dessen Fortgang für genau die Hierarchien sorgt und sie ausbaut, die eben die zeitgemäße Form der Herrschaft repräsentieren. Natürlich ist das patriarchalisch, und ich habe überhaupt nichts gegen eine Diskussion über die Verflechtung von Patriarchat und Kapitalismus. Ich habe aber etwas gegen Weltbilder, die letzteren Ignorieren oder gar leugnen. Ich habe etwas gegen Kategorien, die aus dem Bedürfnis heraus gebildet werden, recht zu behalten, Schuldige zu finden und Pauschalurteile zu fällen.

Dazu gehört der Blödsinn vom alten weißen Mann, der als solcher über die Restwelt herrsche, die in solchen Kategorien übrig bleibt. Ich falle ja zufällig in diese Kategorie, müsste also mächtig Macht ausüben, wenn es den stimmte. Die Wirklichkeit der 99% unserer Kategorie ist aber die, dass wir wenn wir Glück haben, lohnabhängig beschäftigt sind und wenn wir Pech haben, eben nur lohnabhängig. Sind wir deutlich über 40, tendieren unsere Chancen, noch einmal irgendwo unterzukommen, gegen Null. In Südeuropa ist selbst das inzwischen nicht mehr wichtig; da sind die Jüngeren schon alle arbeitslos, also alle gleich hoffnungslos.

Weißer Mann herrschen über Welt

Ich falle in die Kategorie weißer Akademiker. Ich bin Prekariat. Ich bewerbe mich auf Jobs an Unis, in denen Frauen ‘gefördert’ werden. Das sieht dann so aus: Zunächst einmal wird der Vertrag befristet, in der Regel mit der Begründung, es handele sich um ein Projekt, für das ein begrenztes Budget zur Verfügung steht. Diese Budgets werden dann aber gern jahrelang erneuert, so dass von einem begrenzten Projekt nicht mehr die Rede sein kann.

Egal, die Stellen werden trotzdem befristet, damit man bloß nicht Personal versorgen muss, von dem man sich ggf. einmal flugs trennen will. Obendrein verhängen die Hochschulen danach Sperrfirsten, das heißt, dass Bedienstete nach 2 Jahren Vertragslaufzeit für drei Jahre ausgeschlossen werden – damit die gesetzliche Grundlage der Befristung eingehalten wird und die “Entfristung” nicht verbindlich wird.

Dieses Leben von der Hand in den Mund gibt es noch in diversen anderen Varianten, die Situation lässt sich aber einfach zusammenfassen: Wer keine Professur innehat, darf kaum je auf ein dauerhaftes Auskommen hoffen. Das hält die Unis aber nicht davon ab, von “Frauenförderung” zu faseln, wenn sie bevorzugt weibliches Personal in dieser Knechtschaft halten. Ich halte es sogar für denkbar, dass sie auch in dieser Liga glauben, mit Frauen könne man das leichter machen.

Viele kleine Minderheiten

Vordergründig sind viele dieser Jobs gut bezahlt, aber wenn ich mir alle zwei Jahre einen neuen suchen muss, kann ich das nicht mehr so sehen. Wie gesagt: Das Gros des akademischen Personals vegetiert so vor sich hin, und das einzige Mittel dagegen wäre es wohl, diese Ausbeutung in Grund und Boden zu streiken. Ja, es ist sogar der Gewerkschaft GEW aufgefallen, dass sich da etwas ändern sollte, und was macht da eine Gewerkschaft? Sie verlautbart:

Die GEW hat sich kritisch mit dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz auseinandergesetzt und fordert dessen Abschaffung zu Gunsten sachgerechter tarifvertraglicher Regelungen.”

Ja leck mich fett! Die Fordern ein Gesetz! Dabei gibt es ein Gesetz, das in der Praxis aber so absurd ausgelegt wird, dass es eben ist wie es ist. Vielleicht sagt die GEW ja noch lieb “bitte bitte”, dann klappt das bestimmt!

Sie verarschen uns. Alle. Junge, Alte, Männer, Frauen, weiß und schwarz, arm und noch nicht ganz so arm. In diesem System zu dieser Zeit in dieser Form Frauen zu “fördern”, ist der blanke Zynismus. Ich gönne den Frauen diese Scheißjobs nicht. Ich will sie selbst nicht machen. Niemand, der sich selbst nicht auf eine skurrile Weise hasst, will solche Jobs. Es will auch niemand in die Mühle der “Agentur” oder der “JobCenter”. Niemand will Jobs, in denen das Personal weiter verhökert wird wie Vieh und aussortiert, wenn es zu alt ist. Das betrifft uns alle. In dieser Situation einzelne nach Alter, Geschlecht, Hautfarbe oder sonstwas zu diskriminieren, ist der Job der Ausbeuter. Da brauche ich nicht auch noch Verräter auf dieser Seite, die sich als verfolgte Minderheit aufspielen und freiwillig aus der Mehrheit viele möglichst kleine Minderheiten machen.

 
cross

Mein Vater sagte einmal zu mir: “Entweder du wirst schwul oder so aussehen und dich nicht trauen.“ und dann sagte er noch: „Denk immer daran: Frauen wollen mit Respekt geschändet werden!“ Ich war kaum elf, da sah ich schon aus wie heute. Dabei wusste ich nicht einmal, was „schwul“ bedeutet und ob das in irgendeinem Zusammenhang steht. War mir aber auch egal, denn ich wusste, was ich wollte. Jemand hatte mir gesagt: „Wenn du Weiber haben willst, musst du so Zettel machen.“. Ich sage: „Was der Fick für Zettel?“ „Formulare“, sagte der Typ, er hieß Fritz oder Hans oder so, „da müssen sie alles eintragen, was wichtig ist, dann lässt du sie unterschreiben und kannst machen, was du willst“.

War mir zu kompliziert, aber Zettel fand ich okay. Das Problem war nur das mit dem Schreiben, aber ich kannte einen, bei dem hatte ich noch was gut, also ließ ich ihn drei Sachen zum Ankreuzen schreiben auf die Frage: „Äh, tun wir’s?“. Darunter konnten die ankreuzen: „Fuck me!“ „Fuck You!“ und „WTF?!“. Na ja, ich hab viel einstecken müssen deswegen, aber am Ende konnte ich dann ja auch einen wegstecken. Da war dieser Peter, ein Sänger aus Rumänien, kaum älter als ich, und der hatte was mit einer Bitch, die war schon über dreißig. Scheiße, die sah aus wie ein Flugzeugabsturz, aber Jungs wie wir konnten halt billig drüber. Also habe ich meinem Vater eine halbe Schachtel Kippen geklaut und lutschte ihr an etwas rum, das nach vergammelten Katzenfutter roch und aussah wie eine fiese Wunde, mit zwei Hieben einer stumpfen Hacke geschlagen.

Apropos geschlagen: Die Alte hat mir dauernd auf den Kopf gehauen, wenn wir es taten. Alter, das fand ich fickend nervig. Irgendwann hab ich ihr dann auch eine gezimmert, da stöhnte sie, als würde sie gleich in Ohnmacht fallen, dabei hab ich gar nicht richtig hingelangt. Sie hat ja auch kaum geblutet. Ein Kumpel von mir meinte, ich wäre eine blöde Sau, weil das hieße, dass sie drauf steht. Beim nächsten Besuch habe ich also nicht lange gefackelt und ihr voll eins in die Fresse gehauen, da hat sie aber nur ganz kurz gestöhnt und ist dann wirklich in Ohnmacht gefallen, fickende Scheiße.

Na jedenfalls konnte ich dann gar nicht mehr ohne diese Bitches und hatte eine, die wollte es unbedingt in Handschellen besorgt haben. Das war vielleicht eine verfickte Kacke, ich hab fünfzehn Pfund abgenommen, weil ich vergessen hatte, dass wir nicht mehr an den Drecksschlüssel rankommen, wenn wir beide die Dinger an Händen und Füßen haben. Ein Glück hat der verfettete Idiot von ihrem Kater die Schlüssel gefressen und direkt hinter mir auf den Teppich gekotzt, so kam ich nach einigen Tagen frei.
Mist, ich hab glaub ich vergessen, sie auch loszumachen. Hatte mich schon gewundert, dass ich sie nie wiedergesehen hab. Aber Mann, war ich verknallt in die!

Ich hatte also da eine echte Sucht entwickelt, das war voll die Seuche, und was soll ich sagen, eines Tages musste ich mich mal wieder extrem brutal mit einem Vorwerk-Kobold rannehmen und guckte dabei diesen Porno, wo sie auf der Müllhalde den Esel …

 
cc

Es muss geklärt werden, was hier “Narrativ” bedeutet, wobei es augenscheinlich so ist, dass ich selbst erzähle. Ich erzähle – vor allem als Zeitzeuge – wie ich bestimmte Ereignisse sehe vor dem Hintergrund der Selbstbeschreibung dieser Gesellschaft. Damit sind wir nur einen kleinen Schritt weiter in der Erklärung. Michel Foucault spricht in “Die Ordnung der Dinge” von “Episteme”, womit er die Struktur des Denkens, der “Gelehrtheit” in bestimmten Epochen meint. Er beschreibt diese anhand von Quellen, Texten, Bildern und beschreibt anhand dessen, wie die Ordnung beschaffen ist. Es lässt sich auch da nicht flächendeckend belegen, dass es genau so und nirgends anders war, aber das Gesamtbild ist absolut plausibel.

Noch weniger lässt sich ein Narrativ belegen, zumal nicht als Ganzes. Es gibt keine Erzählung, die das Ganze Leben, die ganze Welt vollständig umschreibt. Narrative bestehen vielmehr aus wiederkehrenden Inhalten, zu denen man sich stellen kann, über die ein weitreichender Konsens herrscht. Ich habe mich in meiner Betrachtung mit einem Teil des Narrativs befasst, ohne vorher genau zu klären, mit welchem. Es ging um die deutsche “Demokratie”, ein unangefochtener Titel der BRD seit ihrer Gründung, und dem Umgang mit dem Staat, aus dem sie hervorgegangen ist. Damit ist unmittelbar verbunden das große Kapitel “Antikommunismus”, das Bindeglied zwischen einer selbst empfundenen Demokratie und dem Faschismus, auf dem sie fußt.

Adenauers Erben

Dieser wiederum verknüpft Deutschland mit der Schutzmacht USA, von deren Seite es nicht gewichen ist, seit eben die zwei deutschen Staaten gegründet wurden. Wie schon in den Kommentaren erwähnt, fand ich die Blaupause für das Narrativ, wie ich es ziemlich treffend beschrieben habe, in einer Rede Adenauers von 1946, in der er inmitten der Trümmer des “Reiches” den Marxismus für den Nationalsozialismus verantwortlich macht und das “heldenhafte” Volk für unschuldig, weil quasi unterwandert erklärt.

Es sind diese Inhalte: Wir sind unbezweifelt Demokraten, hier ist die Freiheit, der Kommunismus/Russland ist der Feind, Marktwirtschaft ist gut für alle, mit Fleiß und Arbeit geht es voran. Amerika ist unser Freund. Seit 70 Jahren wird das fast ungebrochen wiederholt. Ebenso ungebrochen ist derweil das Wirken der Nationalsozialisten und ihrer rechten Nachfolger – als Richter, Geheimpolizisten, Politiker, Wirtschaftsbosse.

Dieser Umstand wurde in der Erzählung aber kaschiert, geleugnet und verschwiegen, was wie beschrieben zu einem kurzen Aufflackern einer abweichenden Geschichte führte; einer Geschichte, die prokommunistisch war, antifaschistisch, konfrontativ, kritisch und offen. Ausgerechnet die Protagonisten jener Bewegung aber haben dafür gesorgt, dass das alte Narrativ wieder eingesetzt wurde. Die 68er hatten die Repräsentanten aus Staat und Medien nur zu rituellen Lippenbekenntnissen gezwungen.

Wir sind die Guten

Es musste dann ein Joschka Fischer kommen, um Adenauers Erzählung zu perfektionieren: So wie die Marxisten die Nazis hervorgebracht hatten, war es der völkerrechtswidrige Krieg unter deutscher Beteiligung – ausgerechnet gegen Serbien – der “Auschwitz verhindern” sollte. Auschwitz und die SS, das waren jetzt die Slaven des Ostens, und die Befreier waren die Nachfolger der Wehrmacht, geführt von den Nachfolgern von SS und Gestapo. Das ist keine Metapher, sondern die Geschichte der Einrichtungen der Inneren wie Äußeren Sicherheit, die unter den Augen der USA von Nationalsozialisten gegründet wurden. In diesem Lichte betrachtet, klärt sich auch die Rolle der “Dienste” im Skandal um die NSU-Mordserie.

Durch alle “Krisen” hindurch, trotz rapide wachsenden Elends, wird Kapitalismus “sozial” genannt und “Marktwirtschaft“. Zum stereotypen Feindbild “Islam”, das sich kaum vom Judentum in der Projektion der Nazis unterscheidet, gesellt sich neuerdings auch wieder Russland. Die Erzählung verdichtet sich dabei zur organisierten Propaganda, deren Inhalte täglich lesbar und deren Netzwerke benennbar sind. Diesmal ist es aber keine rebellische Jugend, die das Konstrukt bedroht und kein Feind, der sich plötzlich auflöst, sondern der Kapitalismus auf der Zielgeraden, der zu den Durchhalteparolen zwingt.

Es gibt noch reichlich Belege, die nicht erwähnt wurden und viele Aspekte, die nicht zur Sprache kamen. Die Rolle der SPD etwa und ihrer Wandlung zu einer Partei, die Rassismus gutheißt und sich zunehmend gegen die Mehrheit der Lohnabhängigen wendet oder das Intermezzo zwischen Kiesinger und Kohl. Die konkrete Rolle der Medien, ihre Beteiligung am Narrativ und ggf. ihr Abweichen. Die Geschichte der verbotenen Linken oder Spuren eines Narrativs der DDR. Eine genauere Betrachtung der Geschichte der “Arbeit” im Narrativ. Es kann vermutlich nie vollständig sein, daher begegne ich dem Narrativ mit einer lückenhaften Erzählung aus einer anderen Perspektive.

Alle Artikel zum Thema auf einer Seite gibt es hier.

 
spon

Screenshot “Spiegel Online”

Der ehemalige “Spiegel Online”-Chef Müller-Blumencron hat recherchiert: “Eine ganze Armada von Bloggern, Webseiten und Fernsehsendern ist derzeit dabei, Moskaus Sicht der Dinge in die Welt zu tragen.“. Armada. Mächtiger Feind. Blogger mit der bekannt gigantischen Reichweite ihrer Wunderwaffen manipulieren die Meinung zugunsten des russischen Imperators und hängen die Redaktionen der unbedeutenden Medien FAZ, Spiegel und Tagesschau ab. Wie soll da noch OBJEKTIVE BERICHTERSTATTUNG möglich sein?
Geisterfahrer, überall Geisterfahrer!!1!

Update: Ich muss jetzt doch ein paar Takte dazu loswerden. Das da oben spricht ja derart für sich selbst, dass es eigentlich keines Kommentars mehr bedarf. Ich verbitte mir das bekanntlich hier in den Kommentaren, mit Großbuchstaben oder Fettschrift rumzumachen, weil ich mich ungern anschreien lasse. Ich stelle mir vor, wie der Sprecher der Tagesschau demnächst an den wichtigen Stellen, die der Zuschauer sich unbedingt merken muss, ein Megafon zur Hand nimmt. Schön wäre auch eine musikalische Untermalung. Geigen für Obama, Blechbläser an verminderter Quinte bei Putin, Je t’aime für die Kanzleuse. Ach kommt, man muss mit der Zeit gehen!

Ich will aber auf etwas anderes hinaus: Veränderungen wie die oben dokumentierte bedürfen einer Entscheidung. Da geht ja niemand hin und malt ein paar Buchstaben fett an, weil ihm gerade die Wachsmalstifte für seine Pause ausgegangen sind. Da hat es einen Redaktionsbeschluss gegeben, womöglich unter Beteiligung von Verlegern. Vielleicht hat auch der Blome den anderen schnell was in den Kaffee gekippt und sie mit ihrem Blut unterschreiben lassen, was weiß ich.

Jedenfalls kann man hier einer Verschwörung beim Verschwören zugucken. Wer hat da wie mit welcher Begründung für diese propagandistische Aufrüstung gesorgt? Wer hat das entschieden, wie war die Reaktion der Redaktion darauf? Ein Königreich für einen Whistleblower!
Ganz allgemein hätte ich natürlich gern ein paar Ohren in den Redaktionen. Man kann sich als noch halbwegs synaptisch Verdrahteter ja kaum vorstellen, wie so manches Qualitätserzeugnis aus dem Schaum eines oxidierten Hirns geboren wird. Sicher tauen sie ihre Köpfe in der Mikrowelle auf, wenn das so kalt ist da draußen.

 
jalt

Anfang des Jahrtausends verschärfen sich die Widersprüche, über denen die Erzählung zusammengehalten werden muss. 2001 ereignen sich konzertierte Anschläge auf Ziele in den USA, wobei am World Trade Center fast 3000 Menschen zu Tode kommen. Bis heute ist nicht schlüssig aufgeklärt, wie es dazu kommen konnte.

In der Folge marschierten zunächst NATO-Truppen mit weiteren Verbündeten in Afghanistan ein. Dazu wurden alle bisherigen Konstruktionen um Krieg (der nur zwischen Staaten geführt werden kann) und Bündnisfall der NATO (der Ausdrücklich ein Verteidigungsfall zu sein hatte) so erweitert, dass ein Terroranschlag erstmals als Legitimation für einen Einmarsch herhalten konnte. Im Zusammenhang mit der deutschen Kriegsbeteiligung gelang es der Bundesregierung unter Führung Fischers, eine Legitimation jenseits des Militärischen Zwecks zu liefern. Die Afghanistan-Konferenz erklärte den Aufbau von Infrastruktur und Demokratie zum Zweck der Intervention. Der Krieg, der lange nicht so genannt werden durfte, sollte also als Frieden betrachtet werden und die folgenden Kämpfe als Aufbau. Dass es sich umgekehrt verhält, wurde in späteren Jahren sukzessive eingeräumt.

Als nächstes fiel die NATO im Irak ein, der damit nichts zu tun hatte. Die Kriegsgründe (“Massenvernichtungswaffen”) haben sich inzwischen als Lügen erwiesen. Kanzler Schröder verweigerte (ggf. aus Gründen des Wahlkampfs) die Beteiligung Deutschlands. Unter der Hand wurde aber logistische Unterstützung gewährt, nicht zuletzt durch Waffenlieferungen, die in den Folgejahren zum Exportschlager werden. Unter dem Titel “Antiterrorkampf” stellt sich Deutschland konsequent in den Dienst des neuen Feindrechts. Im Inneren wie im Äußeren entwickeln Politik und Medien das neue Feindbild des “Islamismus”. Der Ausbau von Geheimdiensten und Überwachung nimmt totalitäre Züge an. Die NATO hat einen neuen Daseinszweck: den asymmetrischen Dritten Weltkrieg gegen den “Terror”, der vor allem den dauerhaften Krieg im Nahen Osten und den Abbau der Bürgerrechte zur Folge hat.

Terror – die abstrakte Bedrohungslage

Die künftig beherrschenden Themen in der Öffentlichkeit wie in Wahlkämpfen sind “islamistischer” Terror und “die Wirtschaft”; letztere unter dem Leitbegriff “Wachstum”, dem bald der der “Krise” ins Gehege fährt. Ein Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Entwicklung und den Kriegen der NATO wird nicht hergestellt, im Zweifelsfall geleugnet und schließlich mit der neuen rhetorischen Allzweckwaffe in Schach gehalten: So etwas sei eine “Verschwörungstheorie”. Noch 1991, als die USA den ersten Irak-Krieg führten, antworteten protestierende Deutsche massenhaft mit dem Slogan “Kein Blut für Öl”. Wie zu allen Zeiten, wurde ein solches wirtschaftliches Interesse auf breiter Front von Funktionären und Journalisten geleugnet. Es gehe um “Menschenrechte” hieß es, und dazu wurde das ganz große Rad der Propaganda gedreht – vergeblich, die meisten Deutschen waren dennoch entschieden gegen diese Kriege.

Auch der Afghanistankrieg findet keine Zustimmung, bis er endlich als aussichtslos erkannt wird und die Soldaten heimgeholt werden. Während die sich inzwischen als Mörder und Leichenschänder erwiesen haben und eben tun, was Soldaten im Krieg tun, wird die Bundeswehr an der heimischen Propagandafront zum “familienfreundlichen Unternehmen” verklärt. Je mehr bekannt wird von Folter, Mord und Krieg, desto heftiger weigert sich die professionelle Meinungsproduktion, auch nur die Widersprüche zu erkennen, in die sie sich verwickelt.

Die Erzählung von Freiheit und Menschenrechten wird zum Mantra unter der Herrschaft eines neuen Feindrechts. Der Feind ist der Muslim, dessen fanatische Religion unmittelbar Terror hervorbringt. Wenn es keinen konkreten Fehlalarm gibt, herrscht die “abstrakte Bedrohungslage”. Der fremde, durch Inzucht und “hohen Anteil an angeborenem Schwachsinn und anderen Erbkrankheiten” minder Intelligente (Sarrazin, SPD) bedroht den Westen durch Bomben und Geburtenraten. Dagegen ist nicht nur jedes Mittel Recht; die Menschenrechte müssen angesichts dieser Bedrohung außer Kraft gesetzt werden, denn der Feind ist nicht mit Rücksicht zu besiegen.

Das andere beherrschende Thema wird mit den Schlagworten Wachstum, Arbeitsplätze, Leistung, Anreize, Beschäftigung, Wohlstand kommuniziert. Unter Schröder beginnt das mit den “Hartz”-Gesetzen, benannt nach dem VW-Manager, der später wegen Untreue in einem Korruptionsverfahren verurteilt wird. Schröder verspricht die Halbierung der Arbeitslosigkeit binnen zwei Jahren, was er natürlich nicht hält. Künftig firmiert unter dem Label “Eigenverantwortung” Arbeitslosigkeit als Schuld der Betroffenen. Effekt des neuen Arbeitszwanges und der Förderung von Arbeit, deren Lohn nicht zum Leben reicht, ist ein drastischer Einbruch der Reallöhne. Schröders Wegbegleiter und Nachfolger als Parteivorsitzender formuliert das Ende des Sozialstaats und den Auftakt zur Ägide des Arbeitszwangs: “Wer nicht arbeitet, muss auch nicht essen”. Presse und Fernsehen schmücken die neue Erzählung aus durch Berichte über faule Arbeitslose, die mehr hätten als fleißige Arbeiter. Diese absurde Behauptung fällt auf fruchtbaren Boden.

Faule Schmarotzer – Bedrohung des Wohlstands

“Solidarität” hat sich gewandelt von einem Begriff des internationalen Zusammenhalts der Arbeiterklasse zu einer Gefolgschaft des Westens unter eine militärische Doktrin. Der Zusammenhang zwischen Veränderungen in den wirtschaftlichen Verhältnissen, Lohndumping, Schulden, Finanzkrisen und Krieg wird nicht diskutiert. Selbst wenn man die militärische Entwicklung und geopolitische Interessen außen vor lässt, wird kein Kontext gebildet. Die “Immobilienkrise” in den USA, die “Finanzmarktkrise” weltweit, die “Eurokrise” und “Staatsschuldenkrise” vor allem in Südeuropa werden als Einzelereignisse präsentiert. Sogar die Folgen der “Bankenrettung” und der “Rettung” von Staaten, bei der Steuergelder auf kurzem Wege wieder bei Banken landen, für die betroffenen Länder werden von ihrer Ursache abgeschnitten. Wie die faulen Arbeitslosen im eigenen Land werden ganze Völker behandelt als liege es ihrer Untugend, dass ihre Wirtschaft zusammenbricht.

Das deutsche Narrativ bröckelt; nur was irgendwie passend gemacht werden kann, steht noch. Gegen den Kriegsunwillen wird weiter gefeuert, Politik und Medien koppeln sich einfach ab von ihren sturen uneinsichtigen Rezipienten. Das Lied vom fleißigen Deutschen erreicht immer weniger Menschen, aber es funktioniert noch leidlich. Was der Deutsche sich durch harte Arbeit verdient, ist halt wieder eher ideeller Natur, einen Anspruch auf materiellen Wohlstand hat er dadurch nicht mehr. Das dennoch wichtige Schlagwort “Wohlstand” wird dadurch für die meisten abstrakt und gerät zunehmend zur Warnung an die Mittelschicht. Er ist stets “bedroht”, von außen durch billige Asiaten und faule Südeuropäer, von innen durch faule Sozialschmarotzer und noch immer zu viel Staat.

Dennoch geht es Deutschland gut, denn es gibt immer mehr vor allem europäische Länder, denen es schlechter geht. Auch hier wird kein Zusammenhang hergestellt. Ebenso wenig wie zwischen den merkwürdig still abgehandelten Erkenntnissen um das Treiben der NATO-Geheimdienste. Kein Gesetz, das diese nicht brechen, keine auch nur annähernd wirksame Kontrolle, skurrile Affären um die Aufsicht der Dienste und eine intime Verstrickung deutscher Sicherheitsbehörden mit Netzwerken von Neonazis eignen sich nicht zum relevanten Skandal. Selbst eine Serie von Morden, offener Terror gegen Einwanderer, in den der Verfassungsschutz verwickelt ist, zeitigt keine Konsequenzen. Im Gegenteil sollen diese würdigen Nachfolger ihrer Gründungsoffiziere noch mit höheren Budgets belohnt werden.

Das alles nennt sich noch “Demokratie”, aber als Freiheit oder Befreiung kann es die Mehrheit nicht mehr empfinden. Der Glaube an das Gute ist der Resignation vor dem Unveränderlichen gewichen. Wer es wirklichen wissen will, erkennt erschreckt, wie wenig sich verändert hat seit der Zeit, die angeblich einmal zu Ende ging.

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