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April 2020


 
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Originalbild: Wikimedia Commons, User:Schutz

Im Rahmen der unerträglichen Auseinandersetzungen zum Thema ‘Corona’ hat mich die Spezies, der anzugehören ich vergebens leugne, tatsächlich wieder enttäuscht, und das ist alles andere als einfach, denn ich traue ihr ohnehin nicht viel Gutes zu. Was Menschen, die ich für weniger dumm gehalten hätte, noch für ‘Argumente’ halten, wenn sie sich selbst betroffen fühlen, galoppiert die Apokalyptischen Reiter lässig in Grund und Boden.

Alles ist erlaubt, wenn es die eigene Fraktion betrifft, den anderen aber keinen Fußbreit! Wie gut, dass man es noch nie mit der Logik hatte, die in der brachialen Rhetorik, für die sie vergewaltigt wird, zur Waffe werden soll. Muss ich die Unterschiede kennen zwischen Allquantor und Existenzquantor, notwendiger und hinreichender Bedingung, Konditional und Bikonditional, zulässigem und unzulässigem Umkehrschluss? Ach was, je weniger ich davon weiß, desto kreativer kann ich angreifen.

Äh gleich Emma Zehquadraht

Ich gebe mal ein Beispiel: Alle Tulpen sind Blumen. Manche Blumen sind weiß. Daraus folgt nicht, dass manche Tulpen weiß sind. Nein! “Aber es gibt doch weiße Tulpen, meine Mutter hat immer welche zuhause. Und meine Oma. Ich selbst hatte schon welche.” / “Ja, wirklich?” / “Ja.” / “Bitte sei so lieb und fick‘ dich!
Das ist ein sehr einfaches Beispiel, in dem es nur um einen sehr übersichtlichen (falschen) Syllogismus geht, ohne jedwede Verknüpfung zu weiteren Operatoren oder gar Quantifizierungen.

Dann sind wir noch nicht einmal bei der Schwierigkeit, sprachlichen Ausdrücken ihren logischen Kern zu entnehmen. Oder wie wär’s mit Statistik? “Churchill hat gesagt …” Nein, hat er nicht, es ist auch wurscht. Schon mal was von Validität gehört, Reliabilität oder Objektivität? Das auch mal anhand einer Studie durchdekliniert? Ach, du forderst ja nur “repräsentativ“, fein. Was ist das eigentlich und wozu ist das gut? Fangen wir bloß nicht an mit Stochastik, Signifikanz oder Grenzwerten, mein lieber Ichkannkeinmathe.

Gar keine Frage …

Zudem die simple Idee, wer wann was auf Basis welcher Daten entscheiden muss. Du kannst das besser? Erzähl! Und wenn sich dann herausstellt, dass das ein Irrtum war, was dann? Welche Folgen wird welche Kurskorrektur haben, wie wahrscheinlich ist es, dass auch diese korrigiert werden muss, welche Folgen wird das wiederum haben? Gesundheit gefährden, wessen in welcher Weise, Soziale Ordnung gefährden, auf welcher Ebene mit welchen Folgen – und das Ganze immer auf unzureichender Datenbasis, während du dich mit drölf anderen Entscheidungsebenen koordinieren musst. Was hätte ich einen Spaß, wäre ich jetzt einer von denen!

Ihr wisst zwar auch alle nicht, was richtig ist, aber ihr habt ein Gespür dafür, was rhetorisch zu den für euch bereits feststehenden Ergebnissen führt. Und während ihr derart Schindluder mit allem treibt, was zu Verständnis und Verständigung führen könnte (Wissenschaft, Logik, Reflexivität, Empathie), werft ihr euren Feinden jede Abweichung von denjenigen Regeln vor, die ihr in eurer Selbstherrlichkeit gerade für gültig erklärt habt. Das Allerbeste aber: Keiner von euch fühlt sich mit diesem Text angesprochen, dafür aber schon mal vorab beleidigt. Wie gut, dass ihr alle nichts zu entscheiden habt!

 
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Schon lange bin ich der Auffassung, dass nur eine politische Partei immerhin vage hält, was sie verspricht und ihre Wähler mäßig zufriedenstellt, nämlich die Union. Sie ist im Grunde die optimale Vertretung einer religiös-ideologischen Veranstaltung, die als Begleitmusik und Schlafliedsängerin den Kapitalismus durch alle seine Phasen mit eiserner Ignoranz begleitet. Ihre Wähler wollen genau das: so tun, als hätte sich nie etwas geändert und es würde immer so bleiben.

Die Slogans passten jeweils perfekt. Als noch (und sei es pro forma) das schlimme Andere drohte, versprach sie “Freiheit statt Sozialismus”. Das mit der Freiheit war mehr dem Narrativ geschuldet, das war halt der gute Westen und das Andere eben unfrei®. Zu viel Freiheit führt nur ins Chaos. Demgemäß auch der Schwenk hin zum “Weiter so Deutschland”, ein Dauerbrenner wie der ewige “Aufschwung” (West, Ost, allerlei), der ebenfalls bildlich die geistige Schiffsschaukel bediente: immer hinauf, ohne den Standpunkt zu ändern.

Nach dem Sturm der Orkan

Okay, Schaukel ohne Abschwung ist ein bisschen komisch, aber so ist das im Kapitalismus eben: Das heißt dann “Negativwachstum” und wird so lange ignoriert, wie nicht der Sozialist daran schuld ist. Dafür ist die Partei ja da, dass es nicht zu intellektuell wird. Alles wird gut – nein ist ja schon gut, wo wir “gut und gerne leben”. Die Vorturnerin nennen sie derweil “Mutti”. Gute Nacht, gib mir einen Kuss!

Diese infantile Konstellation führt folgerichtig in der aktuellen Pandemie dazu, dass potentielle Anhänger dieser Union sich das Deckchen über den Kopf ziehen und sich das alte Schlaflied singen lassen. Wenn sie dann aufwachen werden und die Schaukel aus der Achse gerissen ist, kann es zu lautem Geheul kommen. Wenn dann auch noch Mutti in den Sack gehauen hat, kann der Rest der Kasperletruppe versuchen, den Kindergarten zusammen zu halten. Vielleicht kommt dann Papa Söder. Der kann das zwar nicht, aber das hatten wir Angie damals auch nachgesagt.

Problem: Der größere Teil der Union braucht demnächst einen neuen Bestimmer im Turnraum. Je nach dem, was den Ambitionierten (ein Charakterzug, der zu einer erzreaktionären Truppe übrigens nicht passt, das ist einer der wenigen Strukturschwächen der Bude) dann einfällt, haben wir sofort den großen Schlamassel: Weiter so im tiefsten Dreck mit einem Saubermann, der zu den großen der Größen aufschließen will, das kann fürchterlich schiefgehen, und diesmal gibt es keine Chance, den blöden Sozen die Aufräumarbeiten zu überlassen.

 
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Wir möchten uns heute einmal ganz freundschaftlich an Sie wenden. Unser tiefer Dank für Ihre Treue zu unserer Marke verdient mehr als nur Freude und Respekt. Sie verdient unsere volle Solidarität. Wir wissen es zu schätzen, wie sie uns zugeneigt sind und wollen diese Fürsorge erwidern, indem wir stets für Sie da sind, unsere besten Produkte für Sie bereithalten und die Qualität für Ihr Wohlbefinden immer weiter steigern. Tag und Nacht sind wir für Ihre Zufriedenheit, Sicherheit und Geborgenheit da. Wie ein guter Freund, der Sie niemals verlassen wird.

Gerade in schwierigen Zeiten erweist sich eine solche Beziehung als Fels in der Brandung, wenn sie durch dick und dünn fortbesteht. Sie müssen niemals Angst haben, uns zu verlieren. Auch wenn es in diesen Tagen schwierig ist, den Kontakt zu halten – über unsere Onlineshops und Logistikpartner sind wir rund um die Uhr für Sie da. Sie können oder wollen gerade nicht zahlen? Kein Problem. Unsere Produkte stehen Ihnen trotzdem uneingeschränkt zur Verfügung. Zahlen Sie einfach später, zinslos und unkompliziert. Weil wir für Sie da sind. Immer.

And now for something completely different

Ihr findet das jetzt – viel zu normal? Ja nun, aber Chronistenpflicht halt. Vielleicht wird es einmal anders sein und jemand, der das liest wird sich spontan übergeben. Außerdem finde ich bei allem schon eingestielten Neusprech den Begriff in der Überschrift so scheiße, dass ich mich schon darauf freue, wenn er einmal wirklich Verwendung findet, um wie der sabbernde alte Fettwanst, der der jungen Frau in den Schritt greift, die Köpfe seiner Opfer zu penetrieren. Denkt ihr auch gerade an Sex mit Donald Trump? Bunga!

Wo der wiederum recht hat, hat er recht: Bei manchen Infektionen, nicht zuletzt kognitiven, hilft nur noch reiner Alkohol, intravenös. Free Amorica now! Und wenn wir schon dabei sind, wie alte ekelhafte Demagogen unterschiedlichen Talents die Welt in ihrem fauligen Atem halten, darf die Würdigung eines der ganz großen FaschRechtskonservativen in der Geschichte der BRD nicht fehlen. Zitat:

Wenn es überhaupt einen absoluten Wert in unserem Grundgesetz gibt, dann ist das die Würde des Menschen. Die ist unantastbar. Aber sie schließt nicht aus, dass wir sterben müssen“.

Die skalpellscharfe Niedertracht, mit der hier einmal mehr Grundrechte gegeneinander ausgespielt werden, um zu begründen, man müsse den Tod vieler Menschen eventuell billigend in Kauf nehmen, ist eine weitere Meisterleistung aus Deutschland. Das kannst du so wie es da steht über die Rampe nageln, dann wissen alle Bescheid. Würde ohne Leben, Profit ohne Planet, Vernunft ohne Verstand – dafür steht sie wie die Standarte im Wind: Ihre CDU. Der vertrauen sie jetzt wieder wie selten zuvor. Auch eine Art siehe oben.

 
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Ich hab mal Bock auf ne neue Kategorie. Sie heißt “damalog”, wie in “damals und gelogen” und besteht aus verfremdeten Erinnerungen, die eine Atmosphäre wiedergeben sollen. That’s Entertainment, vielleicht ein bisschen besser als Fußballspiele aus den 90er Jahren.

Der junge Mann – das war und ist bis heute keine Kunst: jung zu sein, ich war es schließlich damals auch – hatte schon viel gekifft. Also nicht nur am nämlichen Tage, sondern generell, und er konnte unmöglich noch mehr kiffen, um mich zu ertragen. Nicht, weil er es nicht rein technisch gekonnt hätte, sondern weil es erstens keine Veränderung seines Zustands bewirkt und zweitens, selbst wenn, nicht ausgereicht hätte.

Ich war derart in Selbstmitleid versunken, beziehungsweise in einem sowohl unübertrefflich überflüssigen als auch mimosenhaften Leid über, ja was denn schon, wen schon, eine Frau, deren ‘Liebe’ mir fehlte wie dem Hund, der es nicht anders kennt, die Schläge seines Menschen, von dem sich zu befreien er keine Option sah – wie ich selbst, der aber verdammt nochmal reichlich Möglichkeiten dazu gehabt hätte.

Blues

Naveen also öffnete die Tür nach dem zweiten Klingeln, mutmaßlich seiner anerzogenen Höflichkeit geschuldet; dass er, obwohl trotz gewohnheitsmäßig enormem THC-Levels eigentlich bemerkenswert alerten Wesens, nicht nur ahnend, wer da auf der Matte stünde, wenig motiviert war zu öffnen, äußerste sich wie zum Beweise, in den Worten: „Ach, du schon wieder!“

Naveen und ich hatten einiges an gemeinsamer Vergangenheit, nicht nur aktuell, was seine dann doch aktuelle Abneigung gegen den Freund erklärte. Er war Musiker, ich war Griffbrettwichser, was zu einigen legendären Sessions geführt hatte. Legendär vor allem für mich, letztlich aber auch ein klitzekleines bisschen für ihn, hatte doch mein dilettantisch schlampiges Spiel hier und da einen exzellenten Saxophonisten, der dann und wann hinzustieß, dazu inspiriert, jeden meiner Fehlgriffe aufzugreifen, in Sekundenbruchteilen zu kopieren, zu variieren und am Ende seiner Einlage so darzubieten, wie ich es eventuell eigentlich zu spielen gedachte, mangels Talent und Ausbildung aber nicht imstande war.

Freunde

Ansonsten hatten wir halt das, was wir hatten: Weiber, Suff, Drogen, bescheuerte Ideen und noch legendärere wissenschaftliche Dialoge, die sich durch eine quasi literarische Qualität auszeichneten. Die Reihenfolge der Gedanken war dabei nämlich kreativ wie der Blues, den wir zusammen spielten: Während du so vor dich hin dozierst, verlierst du ständig den Faden, wenn du gekifft hast. Erstaunlicherweise haben wir den aber immer wieder aufgenommen, und was der Physiker (er) und der Philosoph (ich) derart zustande brachten, war eines Preises würdig. So eine Art „Dein Hirn hat trotzdem noch funktioniert und du hast sogar was gelernt“-Nobelpreis.

Er war ein genialer Drummer, mit dem ich trotzdem spielen durfte, vermutlich, weil er genauso schlampig war wie ich, nur mit viel mehr Talent und Übung. Wir waren Freunde. Irgendwann ist er irgendwo hin gegangen. Keine Ahnung, was er heute macht. Ich habe seit Jahren keinen Joint mehr geraucht. Die Frau war auch scheiße, ich kann mich kaum mehr an sie erinnern. Seltsam. Damals erschien das alles irre wichtig.

 
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Nicht alles, was kommuniziert wird, ist eine Erzählung. Es gibt (mindestens) eine Alternative dazu: Wissenschaft. Diese strebt ihrem Zweck gemäß nach Wahrheit. Sie versucht herauszufinden, was ist und was daraus folgt. Ihr Fortschreiten ist davon geprägt, dass neue Erkenntnisse stets zur Überprüfung der alten führen und umgekehrt. Was sich als falsch erwiesen hat, fliegt raus.

Sie strebt weder nach Unterhaltung noch nach Aufmerksamkeit oder Schönheit. Dass ein ganzer wissenschaftlicher Betrieb diese Gesetze oft konterkariert, heißt nicht, dass sie nicht gelten. Verwertungsinteressen oder Karrierezwänge korrumpieren sie, aber wenn ein Wissenschaftler gegen die Regeln der Wissenschaft, besser noch: Wissenschaftlichkeit verstößt, ist das, was er treibt, keine Wissenschaft mehr.

Alles gut

Gerade in der Corona-Zeit erweist sich das als Problem, das Demokratie an ihre Grenzen bringt und zeigt auf, wie der Meinungsmarkt Hand in Hand mit dem Bedürfniss nach Erzählungen Erkenntnis wirksam verhindert. Die meisten Menschen bevorzugen Geschichten, denen sie sie zustimmen können. Sie sind getrieben von ihren Erfahrungen und deren meist wenig komplexen Verarbeitung sowie dem Bedürfnis nach jemandem, der ihnen sagt, dass alles gut werde.

Letzteres ist auf die eine oder andere Weise zu haben: Die Einen übergeben sich der Autorität, von der sie Schutz erwarten. Dafür verzichten sie auf ihre ohnehin geringen Freiheiten. Dies sind vor allem sog. “Konservative”. Die Anderen stecken den Kopf in den Sand und ziehen ihn nur heraus, um sich von ihren Autoritäten bestätigen zu lassen, dass alles in Ordnung sei. Krise? Welche Krise? Alles nur erfunden, aufgebauscht und abgekartet, Mittel zum Zweck. Es besteht gar keine Gefahr.

Alles Idioten

Diese beiden Fraktionen wissen voneinander. Jeder, der in einer Stellung bezogen hat, ist umgeben von Vertretern der anderen, und alle sind sie sich sicher, dass die Anderen alle Idioten sind. Vielleicht haben sie beide sogar recht.

Wissenschaft ist selten einfach, und sie erfordert ein strikt wissenschaftliches Denken. Die Materie ist stets komplex, und je dünner die Informationsdecke ist, desto schwieriger ist das Fortkommen, insofern ist sie vergleichbar mit einem Puzzle oder einem Kreuzworträtsel. Letzteres löst man nicht, indem man in eine bestimmte Reihe immer dieselben Buchstaben einträgt.

Alles ganz einfach

Das Rätsel einer Pandemie hat sehr viel mit Logik, Statistik und Mathematik zu tun. Ein Fehler der journalistischen Erzähler und ihrer Zulieferer aus der Wissenschaft ist immer wieder der zu glauben, man könne auch etwas verstehen, wenn man das alles weglässt. Ein vereinfachtes Verständnis ist aber oft das Gegenteil von Verständnis.

Die in Entscheidungsprozessen oft notwendigen Einschätzungen, die mangels hinreichender Informationen vorgenommen werden, führen beim Publikum oft zu dem Irrtum, ‘die’ wüssten es ja auch nicht besser und daher sei das Ungefährwissen des Laien dem Fachwissen ebenbürtig. Kopfschmerzen!

Sie machen sich in der Regel keinerlei Vorstellung davon, was es bedeutet, ein Risiko zeitnah einschätzen zu müssen. Das macht kein Wissenschaftler und auch kein Politiker freiwillig. Das ist ein Scheißjob, ganz ohne dass eine geheime Weltregierung die Befehle dazu erteilt.

 
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Das seltsame Modell einer Demokratie – der Begriff und seine erzählerische Qualität werden auch noch näher zu betrachten sein-, in dem wir es uns mehr oder weniger gemütlich gemacht haben, benimmt sich ziemlich exakt wie ein sterbender Stern. Liebhaber halbwissenschaftlichen (und damit unwissenschaftlichen) Unsinns haben vielleicht zu Anfang des Jahres gelesen, dass Beteigeuze, ein prominenter Stern im ‘Orion’, zu platzen drohte, in einer Supernova.

Das wird er sicher irgendwann tun, astronomisch betrachtet recht bald, allerdings könnte die Menschheit dann schon lange Geschichte sein. Davor pumpt er sich erst einmal auf, wird wieder schwächer und so fort, und zwar schon im Normalbetrieb. Kurz vor seinem Ende wird sich das extrem verstärken, wenn auch aus völlig anderen gründen. Nach dem Eisen kommt halt der Knall, eine nette Allegorie.

Supernova

Schon vor Corona bebte die Parteienlandschaft aufs Heftigste; was danach kommt, wird auch wieder spannend werden. Derweil, in einer Krise, die wahrzunehmen die Menschen ausnahmsweise einmal gezwungen sind, ‘vertrauen’ sie plötzlich denjenigen Stellvertetern, denen sie sonst nicht einmal zutrauten, aus dem Bus zu gucken. Woher der Sinneswandel? Das sind halt die Autoritäten, die wir haben.

Da trennt sich insbesondere die Spreu der rechten Trolle vom Weizen der Konservativen: Erstere kann man prima brauchen, um rumzupöbeln und sich aufzublasen, aber wenn es an die Arbeit geht, vertraut man sich denen an, die sie wenigstens schon einmal schlecht gemacht haben. Sehr schlecht, übrigens. Plötzlich sind sie alle wieder beliebt: die Kanzlerin sowieso, weil eben im Amt, der Weizenbierkönig auch, weil eben autoritär, und selbst die Nützlinge von der Sozialdemokratie profitieren ein bisschen davon, dass Volk Führer sucht. Der Stern leuchtet.

Lange wird diese Stufe der Energiegewinnung nicht zünden, dann wird die Gravitation wieder mächtig ziehen an den Lichtgestalten und Volk sich ggf. anschauen, was sie denn eigentlich so getan haben, wie sie es getan haben und ob das wohl wirklich so gut war. Zudem wird es Probleme geben, die sie mit allen miesen Tricks und selbst all den Mitteln, die Jahrzehnte lang Tabu waren, nicht in den Griff bekommen werden. Ob sie es dann noch auf die nächste Fusionsstufe bringen oder der Laden dann schon auseinander fliegt, wird sich zeigen.

 
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Alter, ist das geiles Wetter da draußen. Ich habe das schon mehrfach genutzt, um mir weh zu tun. Der April sieht zwar bisher aus wie ein Sommer, hat aber einen entscheidenden Fehler: Davor war Winter. Winter ist diese Zeit, in der die Klimakatastrophe bislang versagt, weil es trotzdem zu kalt ist für Spocht an der Sonne, zumal stark beschleunigt und daher im Windchill. In dieser Zeit also begibt es sich, dass ich fett und träge werde, was wiederum die Schmerzen im Frühling nach sich zieht. Als guter Deutscher bin ich Sadomasochist.

Dies allerdings mit Konsequenz, will heißen: Wenn schon Maso, dann somatisch. Meinetwegen auch Mouthfisting und Asskicking. Was aber gar nicht geht, da unterscheiden wir uns, die Deutschen der anderen Spezies und ich, sind Kopfschmerzen wegen doof. Besser noch: Kopfschmerzen wegen doof und dafür noch buckeln, bezahlen und sich nachher für was Besseres halten. Katastrophe!

Höllehöllehölle

Fangen wir mal langsam an, heute mit dem Ex-Magazin, seinem Onlineauftritt und in besonderer Berücksichtigung des Spon für Grundschulkinder. Da reicht ein Wimpernschlag, und schon haben sich Headlines in die Retina gebrannt, um von dort als Lauffeuer über dem kürzesten Weg aka Sehnerv ins Hirn zu lodern. Wer liest so etwas, möchte man fragen, aber dahinter lauert das noch nacktere Grauen namens “Wer zur Hölle schreibt sowas?”.

Eine Mutter wird von ihrer Tochter “nach Gruppensex gefragt“, was schon thematisch ja genau das ist, was der kluge Leser von einem Nachrichtendingsbums erwartet, obendrein aber – ich fürchte unbewusst – so formuliert, als wolle das Gör die Mutter und gleich noch ein paar andere Opfer ficken. Das muss dieser Feminismus sein. Ein paar Zentimeter weiter große Investigation: “großartigen Sex ohne Liebe” und “Anabelles Sexpartner hat heimlich das Kondom abgezogen“. So eine Umweltsau aber auch!

Was ihr irrelevanten Dreck nennt, erkläre ich hiermit zur Chronistenpflicht. Und auch wenn ich immer wieder versuche, das Thema hier zu unterdrücken, so hauen sie es einem ja trotzdem dauernd in die Maske. Heute einmal mehr ein fucking Grippevergleich. Etwas in mir meint ja, diese Superschlauen sollen einfach nur die Konsequenz aus ihrem Gefasel ziehen und sich, wenn es dann soweit ist, als Triageleiter an die Rampe stellen. Etwas anderes warnt, gerade das könnte ihre schönste Phantasie sein. Man weiß so wenig – und schwätzt so viel.

 
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Zahlen. Ein Thema für sich. Erstaunlicherweise halten sich Menschen, die sich seit ihrer unglücklichen Schulzeit, welche glücklich und beinahe unerklärlich in einen Abschluss mündete, für mathematisch gehandicapt erklären (“Kann kein Mathe”-Syndrom) und denen die sehr zweifelhafte Ehre eines Logikscheines in diesem Leben nicht mehr zuteil werden wird, dennoch für absolut kompetent, Diskussionen zu führen, ja, nachgerade anzuführen, in denen es um nichts anderes geht als logische Verknüpfungen mathematischer Relationen.

In diesen Zeiten virulent, bleibt dem Inhaber nämlicher Qualifikation (Logikschein) und trotz unglücklicher Schulkarriere mathematisch Begabten nichts anderes, als das zähneknirschend zu tolerieren, wenngleich nicht – niemals! – zu akzeptieren. Vorbei die Zeiten, da ein Pfiff genügte, gleichbedeutend mit der Aufforderung, hybridem Kommentariat zu zeigen, wie viel Verständnis das Herrchen gegenüber Zugestiegenen hat, die seine Autorität in Zweifel zu ziehen auch nur andeuteten, um die Meute der Getreuen loszulassen, auf dass kaum mehr die Knochen der Delinquenten übrig blieben.

Auserwählt

Das kann nicht jeder; neben der Grundqualifikation einer deutschen Seele, die sich allzeit auszeichnet durch disziplinierte Höflichkeit, in deren Gewand einzig die dazugehörige Skrupellosigkeit ihre ganze Tragfähigkeit entfalten kann, bedarf es des Talents, sich in einer stabilen Gruppierung zur Führungsfigur zu entwickeln. Hie ein bisschen über den Klee loben und bauchpinseln (Protektion), da wegbeißen und ausgrenzen (Eliminierung), dort niederbrüllen und zurechtweisen (Unterwerfung), das sind die Prinzipien, mit denen sich Autoritäten etablieren. Nein, das kannst du nicht. Versuche es erst gar nicht!

Wie gesagt: Tempi passati. Heutzutage musst du dich damit begnügen, ab und an einem seine Unzulänglichkeit vor Augen zu halten, wohl ahnend, das der mangels Sehvermögen gar nichts davon mitkriegt. Die scharfen Hunde haben sich längst zu Facebook und Twitter verzogen, wo sie nur mehr geifernd offenbaren, dass sich hinter, im Bild bleibend vielmehr vor ihrem Gekläff nie ein Gebiss verbarg, mit dem sie irgendeinen Schaden hätten anrichten können. Der Herr selbst agiert meist milde, dann wieder launisch, wie ein Mümmelgreis, der einmal die Woche die Verkäuferin des Supermarkts mit seinen Tiraden nervt und sich wundert, dass nicht einmal seine Töchter mehr ans Telefon gehen, wenn er anruft.

Dennoch hält er sich nach wie vor für eine ganz große Nummer und tritt auch so auf. Nicht mehr in der Öffentlichkeit, wo er die letzten Reste an Sozialkontakt, die ihm noch geblieben sind, nicht vergraulen will, aber immerhin daheim vor dem Spiegel, jeden Samstag um halb vier, wenn es auch nichts Besseres mehr zu tu gibt. Da grüßt er zackig, in vollem Wichs und Ornat, Hacken knallend, seine nächste Ausbaustufe, das Ziel, das er noch hätte. Wer sonst könnte es je erreichen?

 
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In diesen Zeiten herrscht große Unsicherheit. Es herrscht eine Gefahr, die man nicht versteht, weil man sie nicht sieht. Solche Zeiten sind – das hat die Geschichte gezeigt – dazu geeignet, jede Ordnung zu verlieren, im Denken, im Verhalten, im menschlichen Miteinander, in der Gesellschaft.

Überall zeigen sich auch heute solche Tendenzen. Weisheit konkurriert mit Scharlatanerie und droht zu gewinnen. Egoismus breitet sich aus, der Eine hortet, für die Anderen bleibt nichts mehr übrig. Man ist sich selbst der Nächste, und wo man in anderen Zeiten gezetert hätte über die Ungerechtigkeit, sorgt man heute selbst für welche.

Unsichbtbare Gefahr

Die Staaten und ihre Lenker sind in Gefahr, die Kontrolle zu verlieren. Despoten nutzen die Gunst der Stunde und statten sich mit unerhörter Macht aus, woanders werden sehenden Auges Halbirre unterstützt, nachdem sie just ihr Volk ins Verderben gestürzt haben. Man hatte schon gedacht, es könnte nicht noch schlimmer kommen.

Hierzulande darf man dankbar sein für die Stabilität, die unsere staatlichen Stellen und ihre ausführenden Organe garantieren. Sie haben unser Vertrauen verdient und brauchen jetzt keine renitenten Kleingeister, die stur auf ihr angebliches Recht beharren. Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Wenn etwa eine App dabei helfen kann, sowohl Freiheit als auch Gesundheit zu sichern, dann sollten wir uns nicht so anstellen mit dem Datenschutz(1).

Das müssen vor allem die selbstverliebten Grünen kapieren, die sind ohnehin der Höhepunkt des Ausstiegs aus der Wirklichkeit(2). An dieser Stelle muss man wohl nicht auf die freiwillige Preisgabe von Daten an Facebook&Co, erinnern; Im Grunde geht es darum, die Verbindungsdaten, die bei den Anbietern ohnehin etwa zum Zwecke der Abrechnung anfallen, eine Zeitlang zu speichern(3).

Konsequenzen

Und auch das Eingreifen von Polizis*_tInnen muss derzeit anders bewertet werden. Das muss jeder erkennen, der sich innerhalb der Bürgerlichen Zivilisation bewegt. Wenn der örtliche Polizeieinsatzleiter sagt: Bitte, entfernen Sie sich, und er entfernt sich nicht, dann ist er schon kein normaler Bürger(4) und muss eben mit Konsequenzen rechnen. Der von Überstunden geplagte Beamte kann nicht mit dem Grundgesetz unter dem Arm(5) seinen Dienst tun.

Man kann die Gefahr nicht sehen, die jeder von uns in sich trägt. Wie albern ist es da, ausgerechnet in diesen Tagen ein Demonstration besuchen zu wollen oder sich zum Rudelsaufen im Park zu verabreden? Ist das euer Widerstand? In Corona-Zeiten muss jedem klar sein: Auch gewaltloser Widerstand ist Gewalt(6). Das kann nur jemand abstreiten, der borniert auf seine Rechte beharrt – für die ‘Freiheit’, andere zu gefährden.

Update: die Liste der Ko-Autoren gibt es hier.

 
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Man sollte denken, das mit dem Nikolaus wäre der Fehler. Sankt Martin, Osterhase, schlimmstenfalls irgendein Monster, das die Kinder holt, wenn sie nicht artig sind. Alles Quatsch, wahlweise auch Lüge, Betrug, Ammenmärchen. Wenn die Kinder dann groß geworden sind und aus den Kindern Erwachsene, wissen sie alle, dass das eben nur Figuren sind, erfunden für Erzählungen. Na ja, fast alle.

Der Eine nämlich, den gibt es ‘wirklich’: Gott, liebe, der, seines Zeichens und wie der Name schon sagt, allmächtig und gütig. “Gütig und allmächtig” wie in Sodom und Gomorrha, Pest und Cholera, Auschwitz und Hiroshima. Geht alles.

Glauube miir ..

“Frag‘ nicht warum …” ist einer der Sätze, die eine ganze Pädagogik geprägt haben. Was Allmächtig und Gütig anbetrifft, so überlässt man die ‘Begründung’ – ein Muster, dem wir recht häufig begegnen – den zuständigen Experten. Die nennen das, was Gott gütig sein und seinen Schäfchen die Hölle auf Erden bereiten lässt, in gut informierten Kreisen auch “Theodizee”.

Es gibt für alles einen Grund, und bei diesen Experten ist das zumeist die “Prüfung”. Ein unsichtbarer Mann, der alle Menschen liebt, schenkt ihnen Atombomben, Kapitalismus und Pogrome – weil er sie prüfen will, und wer nicht mitglaubt, ist raus. Die Großeltern glauben es, die Eltern glauben es, das ganze Dorf glaubt es. Die können sich ja nicht alle irren Da sind doch kluge Menschen dabei. Sogar Experten. Selbst Juden und Japaner glauben an Götter. Wenn das nicht der Beweis ist!

Wenn man sich – wenn, denn das Hinterfragen von Erzählungen, zumal öffentlich, war noch nie so recht in Mode – wenn man sich also fragt, wie die Erzähler solch absurder Geschichten je mit dem Anspruch durchkommen konnten, das sei die Wahrheit, ist man schon auf der falschen Fährte. In Kern geht das einfach so: Du musst sie nur oft genug erzählen, dann wird sie lebendig. Dann wird sie Tradition und dann überlebt sie jeden Erzähler, der sich jemals etwas dabei gedacht hatte.

p.s.: lob des säzzers: er hat nie behauptet, gütig zu sein.

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