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Zahlen. Ein Thema für sich. Erstaunlicherweise halten sich Menschen, die sich seit ihrer unglücklichen Schulzeit, welche glücklich und beinahe unerklärlich in einen Abschluss mündete, für mathematisch gehandicapt erklären (“Kann kein Mathe”-Syndrom) und denen die sehr zweifelhafte Ehre eines Logikscheines in diesem Leben nicht mehr zuteil werden wird, dennoch für absolut kompetent, Diskussionen zu führen, ja, nachgerade anzuführen, in denen es um nichts anderes geht als logische Verknüpfungen mathematischer Relationen.

In diesen Zeiten virulent, bleibt dem Inhaber nämlicher Qualifikation (Logikschein) und trotz unglücklicher Schulkarriere mathematisch Begabten nichts anderes, als das zähneknirschend zu tolerieren, wenngleich nicht – niemals! – zu akzeptieren. Vorbei die Zeiten, da ein Pfiff genügte, gleichbedeutend mit der Aufforderung, hybridem Kommentariat zu zeigen, wie viel Verständnis das Herrchen gegenüber Zugestiegenen hat, die seine Autorität in Zweifel zu ziehen auch nur andeuteten, um die Meute der Getreuen loszulassen, auf dass kaum mehr die Knochen der Delinquenten übrig blieben.

Auserwählt

Das kann nicht jeder; neben der Grundqualifikation einer deutschen Seele, die sich allzeit auszeichnet durch disziplinierte Höflichkeit, in deren Gewand einzig die dazugehörige Skrupellosigkeit ihre ganze Tragfähigkeit entfalten kann, bedarf es des Talents, sich in einer stabilen Gruppierung zur Führungsfigur zu entwickeln. Hie ein bisschen über den Klee loben und bauchpinseln (Protektion), da wegbeißen und ausgrenzen (Eliminierung), dort niederbrüllen und zurechtweisen (Unterwerfung), das sind die Prinzipien, mit denen sich Autoritäten etablieren. Nein, das kannst du nicht. Versuche es erst gar nicht!

Wie gesagt: Tempi passati. Heutzutage musst du dich damit begnügen, ab und an einem seine Unzulänglichkeit vor Augen zu halten, wohl ahnend, das der mangels Sehvermögen gar nichts davon mitkriegt. Die scharfen Hunde haben sich längst zu Facebook und Twitter verzogen, wo sie nur mehr geifernd offenbaren, dass sich hinter, im Bild bleibend vielmehr vor ihrem Gekläff nie ein Gebiss verbarg, mit dem sie irgendeinen Schaden hätten anrichten können. Der Herr selbst agiert meist milde, dann wieder launisch, wie ein Mümmelgreis, der einmal die Woche die Verkäuferin des Supermarkts mit seinen Tiraden nervt und sich wundert, dass nicht einmal seine Töchter mehr ans Telefon gehen, wenn er anruft.

Dennoch hält er sich nach wie vor für eine ganz große Nummer und tritt auch so auf. Nicht mehr in der Öffentlichkeit, wo er die letzten Reste an Sozialkontakt, die ihm noch geblieben sind, nicht vergraulen will, aber immerhin daheim vor dem Spiegel, jeden Samstag um halb vier, wenn es auch nichts Besseres mehr zu tu gibt. Da grüßt er zackig, in vollem Wichs und Ornat, Hacken knallend, seine nächste Ausbaustufe, das Ziel, das er noch hätte. Wer sonst könnte es je erreichen?