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Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit – eine schöne Formel und ein guter Anfang für eine Geschichte. Das erste Problem besteht freilich schon in der Frage, ob das ein Ziel sein soll oder die Voraussetzung. Als letztere taugt das nämlich nichts, und ersteres zu erreichen wäre eine immense Anstrengung. Effektiv haben sich vor allem Freiheit und Gleichheit schon bald als Behauptung etabliert und sind es bis heute geblieben.

Die Bürgerliche Gesellschaft, deren Ideale das angeblich einmal waren, ist längst als kapitalistische und ihrer Geschichte nach antikommunistische anti-egalitär. Gleichheit ist ihren Ideologen ein Greuel wie in “Gleichmacherei” oder “Ergebnisgerechtigkeit”. Der Kapitalismus hat diesen Zahn schon zu Beginn ihrer Geschichte gezogen und ihn durch Konkurrenz sowie Hierarchien ersetzt.

Gleichheit? Welche Gleichheit?

Es gibt keine Gleichheit, kann auch keine geben, wie Raul Zelik treffend bemerkte: “Das Drama der bürgerlichen Gesellschaft ist ja, dass sie Gleichheits- und Freiheitsrechte postuliert, die sie aufgrund ihrer Eigentumsverhältnisse gar nicht einlösen kann.” Aus der Erzählung wurde ein Drama, in seinen endlosen Wiederholungen eine Farce. Die Ungleichheit ist lediglich amtlich noch keine, da nominell vor dem Gesetz alle dieselben Rechte haben. Diese durchzusetzen, ist wiederum eine Frage extrem ungleicher Ressourcen.

Es gab einen Willen zur Gleichheit, gibt ihn noch immer, vor allem in den offiziellen Broschüren der Sozialdemokraten, aber der Wille des Menschen bestimmt ebenso wenig die Wirklichkeit wie der von Göttern. Diese schräge Übersetzung der Religionsherrschaft in die des Kapitals ist noch immer Mythologie. Es ist das System, es sind die Rahmenbedingungen, es sind die Möglichkeiten und Unmöglichkeiten, die Realität erzeugen.

The System …

Will man also einen möglichst großen Einfluss auf die Ausgestaltung einer Gesellschaft haben, müssen die Rahmenbedingungen beeinflussbar sein und bleiben. Das hat nichts mit einem Willen zu tun, sondern mit Weichenstellungen, die in seltenen historischen Situationen möglich sind (Revolutionen, Nachkriegszeiten, Katastrophen).

Hier wurden in den letzten 200 Jahren fast sämtliche Chancen vertan, etwas anderes zu versuchen als wieder und wieder Kapitalismus – das System, das, einmal in Fahrt, von keiner äußeren Kraft mehr wirksam zu beeinflussen ist. Es ist schon in der Theorie verschwendete Zeit, sich mit einem Wünschdirwas wie Brüderlichkeit oder einem anderen System zu befassen, das vom Willen der Menschen bestimmt wird.

Die nächste Frage in diesem Zusammenhang ist die, ob effektive Gleichheit überhaupt möglich oder gewollt ist. Es werden Zweifel zu formulieren sein.