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Beginnen wir mit Letzterer: Die Preußen haben die Zensur eingeführt – weil sie’s konnten. Zensur ist angewandte Macht, egal ob in ihrer definierten Form oder einer anderen. Es ist Unsinn, sich dann über ein vermeintlich falsch gedeutetes Recht zu beschweren. Die Macht ist das Problem, nicht die Zensur.

Hetze ist und war schon immer erlaubt – wenn sie der Macht gefiel. Beispiel:
Alle Juden teilen ein bestimmtes Gen, Basken haben bestimmte Gene, die sie von anderen unterscheiden.
Das ist bereits die Hetze. Daran kann man jetzt anknüpfen, was das Gen so aus diesen Juden macht. Im vorliegenden Fall meinte der Experte, es mache sie klüger und:

So spielen bei Migranten aus dem Nahen Osten auch genetische Belastungen, bedingt durch die dort übliche Heirat zwischen Verwandten, eine erhebliche Rolle und sorgen für den überdurchschnittlich hohen Anteil an angeborenem Schwachsinn und anderen Erbkrankheiten.

Steht da “inzüchtige Ziegenficker”? Nein, denn das wäre Schmähkritik, die meidet ein moderner Sozialdemokrat. Alles im Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

Horntierliebhaber

Beleidigung ist einfach und wird, wenn, dann meist einfach geahndet, mit einer Geldstrafe. Beispiel: “Herr flatter ist ein Arschloch” kostet etwa 1000 Euro. Meist wird sie aber gar nicht geahndet, weil niemand, der bei Trost ist, dafür zum Gericht rennt. Die härteste Konsequenz für den Beleidiger ist die öffentliche Dokumentation. Wenn ich also sage: “Frau Merkel ist eine Pfotze”, wessen Würde ist dann wohl getroffen (neben der der Orthographie)? Im Grunde handelt es sich immer um ein Machtspiel. Ich habe Anwalt, du zahlst! Der Grundgedanke der gesetzlichen Regelung geht dabei aber vom Gegenteil aus: Niemand hat das Recht, andere (fortgesetzt) zu schmähen, nur weil er die Macht dazu hat.

Ein Chef oder ‘Arbeitgeber’, der seine Untergebenen mit Tiernamen begrüßt oder der Bully, der täglich entscheidet, wer jeweils der dumme Pimmel ist, sind Erscheinungen, deren Wirkungsgrad eingedämmt werden soll. Vielleicht hilft da ein Gesetz, was aber eher hilft: Nehmt den Beleidigern die Macht, nicht das Wort. Sie werden nämlich immer Möglichkeiten finden, andere auch im Rahmen der Regel zu piesacken. Erfolgreich bestrafen kann man daher nur die Dummen unter ihnen, und denen sollte man auch anders beikommen.

Am Ende der Nahrungskette stehen immer die Majestäten, die zu ‘beleidigen’ eine schwere Straftat ist. Jeder kann wissen, dass etwa Herr Gauck ein charakterloses Arschloch ist – wer ihn aber so nennt, hat die beiden Probleme, die im Recht und der Formulierung liegen. Er kann dafür jahrelang einfahren und hat sich obendrein zum Spaten gemacht, denn diese wie jede andere Beleidigung ist sachlich falsch, zeugt von einem Mangel an Phantasie und Kultur und verschafft der Ehre des Schmähers erheblichen Lackschaden.

Primaten der Politik

Es sind Relikte aus einer Zeit, als sich die Besserverdienenden noch gegenseitig füsilieren mussten, wenn die Gefahr einer fehlerhaft tolerierten Bemerkung bestand. Wer einen anderen ohne Konsequenz beleidigte, galt damit als der höhere Affe, was der vermeintlich niedere eben durch primitive Gewalt korrigieren musste. Das hieß dann “Ehre”. Anstatt diesen dummen Zirkus seiner Lächerlichkeit preiszugeben, wurde das äffische Getrommel “zivilisiert” und wird heute von Sekundanten in Roben ausgetragen. Das gefällt wie gesagt der Herrschaft, denn da die Äffchen das offenbar angemessen finden, stimmen sie grundsätzlich dem Verbieten von Worten zu.

Die einzige demokratische Verfahrensweise mit Schmähungen, Lügen, Hetze und Beleidigung ist die generelle Erlaubnis für Jedermann zu sagen, was ihm einfällt. Die soziale Kontrolle und die Erfahrung des Auditoriums mit sprachlichen Ausfällen ist das einzig tragfähige Korrektiv für ausgesprochenes Unrecht. Das Nähere regelt die Gegenrede. Majestäten vor dem Volk zu schützen, war hingegen schon immer ein durchsichtiges Spiel, egal auf welche Weise. Gebt ihnen also nicht noch mehr Macht, erkennt ihre Autorität einfach nicht an und lasst euch den Mund nicht verbieten. Wer allerdings offensiv über andere spricht, ohne zuvor die Wirkung und den Sinn seiner Worte abgewogen zu haben, ist eine dumme Sau. Was sagt das wiederum über unsere Präsidenten?