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In unserer allseits beliebten Serie „Was ist die Verschwörung und wo ist die Theorie dazu“ will ich heute einmal in Augenschein nehmen, was eigentlich das Adabei-Prinzip ist, bzw. das erweiterte Adabei-Prinzip. Wie gesagt ist die wirksamste Manipulation von politischen, journalistischen und sonstigen mittelbeschichteten Funktionsmöbeln, sie einfach mitmachen zu lassen. Lasst sie sich wichtig fühlen und sie tun automatisch das, was ihr tut, trinken, was ihr trinkt und sagen, was ihr sagt.

„Da bin i a dabei“ prahlt er dann im Nachgang, da bin ich auch dabei, bei den Atlantikern, der Sicherheitskonferenz, dem Ball, dem Empfang, dem Kongress, dem Treffen im Café Wichtichmann. Man klopft sich die Schulter und haut sich auf den Arsch; wir sind die Großen der Welt oder zumindest ganz nah dran. Dass es sich bei den Herren (und Damen) der gehobenen Mittelschicht um solche handelt, die keinen Kontakt mehr zum Fußvolk haben, sich aber umso lieber leise im Schlagschatten des einen Prozents bewegen, hat Folgen.

Unter uns

Sie entwerfen ein Bild von Gesellschaft, das ihre Gastgeber durch ihre Kollegen aus der Abteilung fürs erweiterte Catering entwerfen lassen. Die Echokammer dieser exklusiven Gesellschaft ist das, was sie für das Optimum an Leistungsgerechtigkeit halten, mithin das Ideal demokratischer Wirtschaft und Gesellschaft. Das muss ganz selbstverständlich verteidigt werden, denn es ist die beste aller möglichen Welten. Abweichungen davon können nur niederen Motiven entspringen.

Dies bestätigen sie sich, wann immer sie sich treffen, und sie treffen sich andauernd. Das Management, die Verleger, Spitzenjournalisten, Investoren, Militärs, Berater und Lobbyisten. Man kennt sich; aus der Burschenschaft, dem Golfclub, dem “Young Leaders“-Programm, man ist ‘einer von uns’. Man ist immer wieder der Kritik von unten ausgesetzt, der Gosse des Internets, der Neider, der Radikalen und Extremisten, der Verschwörungstheoretiker. Man weiß, wie damit umzugehen ist.

Kritisch eingebettet

Alle, die dazugehören, haben nicht nur das gute Essen, die angenehme Atmosphäre und das Prestige davon, sondern auch gute Gründe dafür. Diese Gründe lassen sich am Ende stets als „Interessen“ formulieren oder auch schnöde auf Zahlen in allen konvertierbaren Währungen bringen. Das gilt auch für die Adabeis aus den Medienhäusern. Allein: Sie leben ein Dilemma. Wie soll das einträgliche Verhältnis der Medienbosse und ihren Edelhelfern zu den anderen Bossen und deren Edelhelfern „kritisch“ sein?

Sie behängen sich gegenseitig mit Preisen, für ihre Unabhängigkeit, ihren kritischen Geist, ihre unbeirrten Recherchen und stilprägenden Beiträge. Alles, was es dazu braucht, ist eine Anstellung mit entsprechendem Salär. Was können sie dafür, dass Unabhängigkeit, kritischer Geist, Stil und Recherche nicht auf der Gästeliste stehen? Was weiß der Rezipient schon davon? Sie allein entscheiden, was das alles bedeutet. Sie, die „Gatekeeper“, die geistigen Türsteher der Gated Community.

 
oo

Wie bereits erwähnt, sind die Menschen enttäuscht von Medien, denen sie lange quasi alles geglaubt haben. Letzteres liegt auch in der Verantwortung der Leser und Zuschauer, und die dümmste Reaktion ist wie gesagt die, sich jetzt einfach neue Quellen zu suchen, denen man alles glaubt. Was aber sicher nicht mehr geschehen wird, ist dass die etablierten Medien das zertrampelte Vertrauen zurückgewinnen werden. Ich möchte das gleich anhand eines eher banalen Beispiels zeigen. Zuvor seien aber noch einige Highlights der Propaganda erwähnt, die so dummdreist dem Leser ins Gesicht gelogen werden, dass man sich wundert.

An der Spitze liegen etwa gleichauf ein Dutzend Beiträge zum ‘Terror’, von dem wir inzwischen wissen, dass die Straftaten so nie hätten geschehen dürfen. Sie wären sicher verhindert worden, wäre die klassische Polizeiarbeit akzeptabel erledigt worden. Sowohl die Täter als die Anschlagsziele waren vorher bekannt. Es gab aber keine Observation, keine Festnahmen und keine Haussuchungen, für die bei den dringend Verdächtigen jederzeit eine richterliche Genehmigung hätte eingeholt werden können. Wie immer stellt sich die Frage: Sind die Mitarbeiter der zuständigen Behörden so dämliche Dilettanten oder ist das Resultat gewollt? Nein, es wäre nicht richtig, letzteres auszuschließen, und noch einmal nein, das ist keine Verschwörungstheorie, sondern simple Logik.

Keine Fragen

Anstatt jetzt also zu fragen, warum das zugelassen wurde, wer dafür verantwortlich ist und welche Konsequenzen das hat, werden nicht nur die bekannten Reflexe ausgelöst (weniger Freiheit, mehr Überwachung), sondern es wird auf die schlimmst mögliche Weise reagiert: Ängste werden geschürt, der offene Verfassungsbruch herbeigefleht, kurzum: Unsere Medien machen aus den verhinderbaren Straftaten erfolgreichen Terror. Sie erledigen willig die Propaganda des Terrors. Dabei versteigt sich SpOn etwa in die Frage, wie wir jetzt unseren Kindern den Terror erklären, der Boulevard aus der Gosse erklärt gleich den Krieg gegen Unbekannt und der Vizechef der ARD will, dass das die Grundrechte außer Kraft gesetzt werden.

Die Begründung: “Sicherheit geht vor Datenschutz“, im Gefolge des Innenministers vom Saarland, der meint: “Die Sicherheit geht vor” und die Bundeswehr “schnell” im Innern einsetzen will, wo sie nichts zu suchen hat. Der devote Diener des Überwachungsstaats ist “stellvertretender Chefredakteur Fernsehen” bei der ARD, soll demnächst aufsteigen und wurde berühmt, als er die Morde Breiviks partout und gegen besseres Wissen “Islamisten” in die Schuhe schieben wollte. Was soll man von einem Laden halten, in dem solche Versager und Mundorgeln nach ganz oben klettern?

Die glauben doch eh alles

Was derart in Raserei und Faschismus endet, fängt aber ganz klein an und hat mit der Kernaufgabe des Q-Journalismus zu tun: Irgendwie noch mehr Geld aus Geld zu machen. Dazu hält man sich ein Heer inkompetenter Sklaven, die irgendwie Inhalte verklappen, von denen man annehmen darf, dass die Kunden sie fressen. Man setzt dabei ganz auf Demenz, denn dieselben Säue werden in immer höherem Takt durch Alzheim gescheucht. Am besten kompletten Schwachsinn, der irgendwie jeden angeht und interessant klingt, zum Beispiel das Wetter.

Jörg Kachelmann hat dazu einen Rant abgelassen, der sich unterhaltsam liest und tief blicken lässt. Die Mythen und Märchen, die als “Meteorologie” vertickt werden, entsprechen in Qualität und Machart eins zu eins den politischen Inhalten der Medien, mit dem Unterschied, dass hier niemand Manipulation wittert und es keine Interessengruppen oder Klappspaten aus dem Hinterzimmer gibt, die Einfluss auf den Inhalt nehmen. Hier herrscht einfach tendenzfreier Blödsinn in aggressiver Verkaufsabsicht. Verschwörungsfreie Lügenpresse in Reinkultur. Dafür zahle ich doch gern!

 
Vor genau zwei Jahren hatten wir hier eine Diskussion über die Übergriffe und Lügen der Hamburger Polizei, den phantasievollen Widerstand dagegen, die erbärmliche Rolle der Presse und eine gewisse Parallelität der Ereignisse in Spanien.

Heute schlagen wir uns wieder mit wirren Pressemitteilungen herum, teils von der Polizei lanciert, größtenteils von der Sensationsware “Massenmedien” entsprechend zugerichtet, ohne dass irgendwer weiß, was wirklich passiert ist. Der große Unterschied: Während wir damals eine Öffentlichkeit hatten, die sich mit der Übung ‘losgelassener Sicherheitsstaat gegen Linke und solche, die so aussehen’ befasste, spielt sich das Ganze heute in einem rassistischen Milieu ab, das mit relevanten Ereignissen nichts, dafür aber umso mehr mit einer präfaschistischen Grundstimmung zu tun hat.

Muss man doch wohl sagen dürfen

Die sogenannten ‘Argumente’ der Rechten sind dabei an einer Hand abzuzählen, um nicht zu sagen in einem Satz zusammenzufassen: Linke Lügenpresse verschweigt und verbietet die Wahrheit über kriminelle Ausländer, die in die Sozialsysteme einwandern, uns die Arbeitsplätze wegnehmen, die Frauen schänden und Krankheiten einschleppen. Das ist alles. Schon immer, immer wieder, völlig unabhängig von Ereignissen und Hintergründen.

Es ist tausendfach wiederholt worden und wird dabei von den Jammerlappen stets mit der Behauptung garniert, das, was sie jeden Tag bis zum Erbrechen labern, dürften sie ja nicht sagen. Selbst wenn ein rassistischer Hetzer wie Sarrazin seine Jauche in Millionenauflage in den Buchläden verklappt, behauptet dessen debiles Gefolge, das werde hier zensuriert.

Inzwischen reden wir – aufgrund eines bizarren Ereignisses, das ich mir ohne Verschwörungstheorie nicht erklären kann, von nichts anderen mehr, inmitten realer Probleme, die man einfach lösen muss. Das schwachsinnige Getröte der Rechten kann kein Mensch ernst nehmen, der noch zwei aktive Synapsen hat. Meinetwegen schmeißen wir “die” doch alle raus. Ich bin dabei, wenn mir irgendwer erklärt, wie das ohne einen neuen Holocaust praktisch umgesetzt werden kann. Rechnet nur mal eine Stunde Arbeit pro Einwanderer, ihr Pfosten, dann könnt ihr das Maul wieder aufreißen.

Ihr dürft trotzdem still sein

Nicht reden wir also von der schlicht alternativlosen Integration. Wir reden nicht mehr von der ökonomischen Verwüstung Südeuropas. Wir reden nicht von Profitraten, nicht von Totalüberwachung, von dutzenden aktuellen Kriegen, vom permanenten Verfassungsbruch durch den Einsatz der Bundeswehr im Ausland, von Folter und Mord durch die NATO und schon überhaupt nicht von den Zusammenhängen. Lieber von “kriminellen Ausländern”. Dabei ist selbst der Satz “Nicht alle Ausländer sind kriminell” Faschistendung.

Dass für die Braunen übrigens alles links ist, was sie nicht verstehen oder haben wollen, sei geschenkt. In einem Land, in denen Mittelschichtskapos wie die Funktionäre von Rotgrün als ‘links’ gelten, können diese Spaten ja nur den spärlichen Rest an Orientierung verlieren. Ich wünschte nur, sie würden mit ihrem öden, strunzdummen und immer gleichen Sermon nicht so einen Lärm machen. Die Erwachsenen könnten sich dann vielleicht über reale Probleme und deren Lösung austauschen.

 
pt

Alle Jahre wieder dasselbe. Warum? Weil sich nichts ändert, wo niemand nach den Ursachen fragt. Vor gut vier Jahren schrub ich:

“Schwarzfahren ist ein Delikt. Im Jahr 2009 wurden 50000 Deutsche wegen “Erschleichung von Leistungen” verurteilt, während in demselben Zeitraum 10000 wegen Steuer-und Zollzuwiderhandlungen verurteilt wurden. (Ich beschränke mich auf Deutsche, da Ausländer bei Zollzuwiderhandlungen aus naheliegenden Gründen die Statistik verzerren).

Man mag zwar meinen, angesichts der zu erwarten höheren Zahl von Schwarzfahrern sei das normal, allerdings geht es hier nicht um alle, sondern nur um solche, die von einem Gericht verurteilt wurden. Es gibt fünf mal so viele verurteilte kriminelle Schwarzfahrer wie Schmuggler und Steuerhinterzieher in diesem Land. Das spricht schon für gewisse Prioritäten. Wenn man dann noch weiß, dass der gemeine Hinterzieher sich durch Selbstanzeige und Nachzahlung seiner einfachen Steuerschuld reinwaschen kann, wird klar, dass der Schwarzfahrer eben ein vergleichsweise besonders schändlicher Mensch sein muss.

Breitmaulfrösche?

Noch deutlicher wird das, was man “Klassenjustiz” zu nennen nicht umhin kommt, wenn man auf den Umgang mit Korruption schaut. Die Anzahl der Verurteilten bei den Delikten “Vorteilsannahme”, “Bestechlichkeit”, “Vorteilsgewährung”, “Bestechung” und “Bestechlichkeit und Bestechung in Besonders schweren Fällen” betrug 2009 insgesamt 248! Davon ist Bestechung mit 129 Fällen die häufigste Straftat. Auf der anderen Seite – dort wo sich der Einfluss auswirkt, gibt es quasi keine Kriminalität.”

Die Frage steckt im Begriff “Klassenjustiz”, bekannt aus verbotenen Texten und dem gleichnamigen Kampf. Das muss der Leser nicht wissen, das darf der Journalist nicht schreiben, der Bürger nicht denken und der Politiker schon gar nicht so nennen. Wer die Allgemeinheit um Millionen betrügt, muss sich nur rechtzeitig selbst anzeigen, während hier Kinder aus der Bahn geworfen werden, weil sie nicht rechtzeitig ihr Ticket bezahlt haben. Habe ich auch bereits berichtet.

Verschwörung? Ihr seid doch irre!

Was hat sich getan? Ach ja, nachdem die Berliner Richter vor Jahren bereits ihren Unmut über die Kriminalisierung der Bagatelle geäußert hatten, sind noch immer ein Drittel der Knackis in Plötzensee Schwarzfahrer, so der “Tagesspiegel”. Das war in 2010 auch schon so, schrieb die TAZ. Na da muss man jetzt wohl dringend aufstocken, damit das Pack nicht die Ordnung zum Einsturz bringt.

Die Steuerfahnder um Rudolf Schmenger und Frank Wehrheim haben derweil, mehr als zehn Jahre nachdem der Terror gegen sie begann, einen weiteren juristischen Sieg eingefahren und bekamen für das Gutachten des korrupten Psychiaters Schadenersatz zugesprochen.

Lediglich Putins Verschwörungssender RT stellt jetzt die Frage nach den Konsequenzen für die damaligen Machthaber. Na klar, denn da es in Deutschland keine Verschwörungen gibt für den deutschen Q.Journalismus, ist der ganz weit raus aus dem Fall. Wenn der Pressesprecher sagt: “Vertrauen Sie der Regierung”, tut der deutsche Redakteur seine Pflicht. Schließlich sind wir im Krieg.

Update: Die Situation um Schwarzfahrer ist wesentlich dramatischer als zunächst berichtet.

 
hi

Ein Journalist, der keine verschwörerischen Vorgänge sucht, taugt nichts. Ich wollte eigentlich schreiben “ein politischer Journalist”, aber ich weite es durchaus auf alle aus. Der Grund ist schlicht: Egal ob in der Politik, im Sport oder in der Mode, es gibt überall den Kampf um Profite; Einfluss, Geld, Aufmerksamkeit und Macht – in diesem Zusammenhang auch Deutungsmacht. Das Ganze System wird durch eine billionenschwere PR-Maschinerie beeinflusst; sicherlich nicht, weil die Guten, die uns damit versorgen, wollen dass wir prima informiert sind.

Nehmen wir einen Sportreporter, der über Veranstaltungen im Leistungssport berichtet. Hat er auch nur den Hauch einer Ahnung vom Objekt seiner Reportagen, so weiß er, dass es unter der polierten Oberfläche eine Kanalisation gibt, in der Tonnen von Dope transportiert werden. Er darf berichten, dass es Dopingkontrollen gibt und wer dabei ‘erwischt’ wird. Er darf aber keinesfalls auch nur mutmaßen, dass flächendeckendes Doping die Bedingung für Leistungssport ist. Da muss man sich entscheiden: Wirklich recherchierten und berichten oder den Job behalten?

Woodward-Bernstein-Syndrom

In der Politik ist die Sache noch einfacher. “Watergate” wird bis heute als Sternstunde des Journalismus gefeiert. Woodward und Bernstein haben dabei nichts anderes als eine Verschwörung aufgedeckt. Heute dürften sie nicht einmal die Vermutung äußern, dass es so etwas gibt. Wohlgemerkt: Nicht weil staatliche Zensur das verbietet, sondern, weil die lieben Kollegen über sie herfielen und die Redaktion für solche Spinnereien kein Verständnis hätte.

Dabei gibt es immer wieder mal einen, der plaudert und dem man doch nur zuhören müsste. Wenn ein hochrangiger Journalist von “Veranstaltungen, von denen nicht berichtet werden darf” spricht (wir hatten das auch hier schon), muss einem doch der Hut wegfliegen. Es ist dann nicht weiter überraschend, dass die Herrschaft permanent zu geheimen Treffen lädt, um den Edelhurnalisten das Gefühl zu geben, Elite zu sein und ihnen mit solchen Trüffeln das Maul zu stopfen.

Geisteskrank

Natürlich haben diese Funktionäre der öffentlichen Meinung Angst davor, wenn wer nach geheimen Absprachen, sinistren Zirkeln und hinterfotziger Einflussnahme fragt. Das fängt doch schon damit an, dass kein Journalist sich als Lohnschreiber verstehen darf, der im Auftrag von Geldgebern arbeitet. Da ist für Realität wenig Platz, also schiebt man sie am besten komplett auf die andere Seite: Wer nach der Wahrheit fragt, muss irre sein; wer zweifelt, lügt.

In diesem Club der hirntoten Dichter ist derweil alles unmöglich, was nicht sein darf, während die Guten das Land der unbegrenzten Möglichkeiten bewohnen, sprichwörtlich. Da kommt dann wie gerufen eins zum anderen, und das Kapital, das sich die Wahrheit kauft, bestimmt, was gesunder Menschenverstand zu denken hat. Nämlich, dass man alles kaufen kann und alles uns gehört. Was pfeift der Verschwörungstheoretiker da: “… und morgen die ganze Welt“? Der ist doch reif für die Psychiatrie!

 
hn

Kaum jemand weiß, was “Narrativ” bedeutet. Das ist ein Anzeichen dafür, dass diese Gesellschaft nicht aufgeklärt ist. Es müsste auch gar nicht das böse Fremdwort sein, es wäre völlig ausreichend, diskutierte man über die “Erzählung”. Dass die – vor allem politische – Wirklichkeit in eine Erzählung eingebunden ist, einen Orientierungsrahmen oder auch Filter, der bestimmte Aussagen zulässt, andere nicht, einige Fakten einfach transportiert und andere blockiert, ist jedem selbstverständlich, der sich intensiver mit Politik und Medien beschäftigt. Es gehört aber keineswegs zur Allgemeinbildung.

Der Umgang mit politischen Informationen ist im westlichen Kapitalismus (und nicht nur hier) geprägt von einer Jahrzehnte währenden Funktion der Massenmedien, insbesondere der Zeitungen. Die haben die Erzählung besorgt, wozu sie Informationen gesammelt, ausgewertet und dargestellt haben. Ein gewisser Pluralismus sorgte dafür, dass diese Darstellung nicht völlig einheitlich geschah. Allerdings gab es dabei immer Tabus und einen ‘Common Sense’, etwa Antikommunismus, die Geschichte von der “Sozialen Marktwirtschaft”, oder der “deutsch-amerikanischen Freundschaft”.

Vom Glauben abgefallen

Jahrzehnte lang glaubte eine überwältigende Mehrheit an die Produkte dieser Erzählungsindustrie. Die lieferte im Gegenzug eine gewisse Qualität, unterfütterte mit Fakten und stritt intern über den rechten Weg. Je weniger sie nunmehr streiten, je mehr sie die Fakten sieben, bis ihnen die Geschichte passt, desto greller werben sie mit ihrem Status als “Qualitätsjournalismus”. Die enttäuschten Leser, die zur einfachen Wahrheit erzogen wurden, kontern mit der Erkenntnis, dass da etwas nicht stimmt in der Wahrheitsproduktion und folgern, dass da eine “Lügenpresse” am Werk ist. Die reagiert beleidigt und erklärt die Opfer ihres Versagens für irre, “Verschwörungstheoretiker”.

Es gibt noch immer Schulen in diesem Land, und die lehren lesen. Klassische Lektüre wird gelehrt; wie man sie auslegt, was sie sagt, wie sie geschichtlich einzuordnen ist. Diese Fähigkeit aber soll offenbar um keinen Preis auf die Gegenwart angewendet werden. Das exakt ist der Kern der organisierten Lüge einer Presse, die sich ganz dem Narrativ verschrieben hat. Sie erzählt nicht nur eine bestimmte Geschichte, sie will sie mit ihren Mitteln erzwingen.

Das Ergebnis dieser publizistischen Gewalt ist z.B. der Unterschied zwischen der Lektüre von Orwells “1984″ und dem Umgang mit den eigenen Erzeugnissen. Was haben wir nicht alles gelernt über die Manipulation der Sprache durch die böse Diktatur in Orwells Roman, aber wenn uns dieselben Techniken in den Zeitungen begegnen, sollen wir das für “Information” oder gleich “Aufklärung” halten. Beinahe vollständig enthält 1984 alle Herrschaftstechniken, mit denen sich ein Regime an der Macht hält und das Volk so verdummt, dass es nicht aufbegehrt.

Heiliger Krieg

Eines der wichtigsten Mittel, um das Volk von der Idee der Revolte abzuhalten, ist der dauernde Krieg gegen einen Feind, von dem man nicht weiß, ob er wirklich existiert. Das Ziel dieser Kriege besteht nicht in Eroberung oder Sieg, sondern eben darin, das eigene Volk bei der Stange zu halten. Sofern es die Schullektüre angeht, durfte das plausibel sein. Es war logisch, weil es funktioniert.

Im Rahmen des sogenannten “Kriegs gegen den Terror”, der so abgefeimt wie lächerlich ist, wenn man nur einen Schritt zurücktritt, darf diese Logik aber nicht aufkommen. Schon die Frage, ob diese Wirkung nicht längst real eingetreten ist, sei es auch nur versehentlich (es werden ja gern die deutlichsten Muster als eine Serie von Pannen dargestellt), ist eine Art Ketzerei. Wer so etwas denkt und es ausspricht, ist eben Verschwörungstheoretiker. Dieselbe Logik mit denselben Inhalten wird plötzlich zum Irrsinn erklärt. Oh warte, das beschreibt Orwell ja ebenfalls.

Kollege epikur hat hier ein paar ‘Berichte’ dokumentiert. Darunter sind nicht nur willfährige Werke des falschen Alarms, es sind auch handfeste Erfindungen und Verdrehungen von Tatsachen darunter, vulgo “Lügen”. Wie fast immer, schreibt hier ein Presseprodukt vom anderen ab. Man kann dabei wissen, dass auch eine irgendwann korrigierte Falschmeldung politische Meinungen beeinflusst. Dass der Ruf der Zunft längst ruiniert ist, sei nur am Rande bemerkt.

Ende der Debatte

Es ist also eine Entscheidung, die wiederholt getroffen wurde: Man kann die Erkenntnis, dass alle Information in eine Erzählung eingewoben wird, selbst zur Diskussion stellen. Man kann darlegen, wie so etwas geschieht, dass es unvermeidlich ist und ganz offen sagen, wo die Information aufhört und der künstlerische Eingriff anfängt. Man kann berichten, wer daran beteiligt ist, welche Interessen einfließen, warum jemand einer Darstellung zuneigt und die andere ablehnt,

Stattdessen aber unterdrückt die Lüge von der “kritischen Berichterstattung” und der “Qualität” genau das, was sie behauptet. Im Gegenzug erlaubt sich eine längst entmündigte Leserschaft, es mit gleicher Münze heimzuzahlen und erzählt ihre eigene krude Geschichte, nicht ohne das “Wahrheit” zu nennen. Der kleinste gemeinsame Nenner steht derweil zur Verfügung: Der brutale Feind aus dem finsteren Ausland. Nach Machtverhältnissen wird nicht gefragt. Guten Abend, das Wetter.

 
sn

Original: Bundesarchiv_Bild_183-11076-0006

Wenn Verschwörungstheoretiker Verschwörungstheoretikern Verschwörungstheorien vorwerfen, ist für Unterhaltung gesorgt. Martin Reeh schreibt für die TAZ. Den Berichten seiner eigenen Zeitung kann man entnehmen, dass er Mitglied bei den Grünen war, jener Partei, die sich kürzlich wieder einmal Pädophilievorwürfen stellen musste. Er war auch Mitglied der SED-Nachfolgepartei PDS. Der Ultralinke wurde in der WASG sogar von Stalinisten als Stalinist bezeichnet.

Zu dieser Zeit wurde wiederum Udo Ulfkotte, den er selbst einen Verschwörungstheoretiker nennt, als “Terrorexperte” hofiert, und zwar von der “Zeit”, für die Reeh auch schon geschrieben hat. Aus diesem sauberen Umfeld kommt also einer, der die “linke Tageszeitung” offenbar innenpolitisch auf Kurs trimmen soll. Das hat er ja gelernt, nur dass er inzwischen von ganz links nach ganz rechts gerutscht ist.

Na, macht’s Spaß? Solchen Vernichtungsjournalismus kann man sogar mit Quellenangaben aus der Hand schütteln, wenn man handwerklich nicht völlig unfähig ist. Herr Reeh verzichtet darauf, wo er sich mit Albrecht Müller befasst in einem unterirdischen Machwerk, das den Schmutz fleißig in den Ventilator schaufelt ohne jedwede Fakten zu benennen oder sich mit welchen zu befassen. Da sind eben alle finstere Gesellen, die mal einen anderen getroffen haben, alle “Verschwörungstheoretiker”, die in irgendeiner Weise anzweifeln, was Herr Reeh für Common Sense hält. Da ist es dann auch egal, wie und wo einer abweicht, sie sind allesamt “wahnsinniger Rand“.

Wer kennt wen

Zum Objekt seiner inquisitorischen Betrachtung lässt sich vieles sagen, ich fasse das einmal aus meiner Sicht zusammen: Dass Lieb die Nachdenkseiten verlassen hat, kann eine Chance sein. Ich persönlich bin mit vielem, was Müller zum Besten gegeben hat, auch nicht einverstanden; seine Wortwahl ist da durchaus hervorzuheben, und auch ich hätte hier und da mehr Abgrenzungsbedürfnis. Ausgerechnet aber die Netzwerke von Atlantikern, die die NDS benannt haben, eine schlichte Tatsache also, zur Verschwörungstheorie zu erklären, stinkt. Dieser Unverschämtheit kommt man nur mehr mit Verschwörungstheorie bei; ich halte es da aber mit Überprüfbarem und prognostiziere schlicht, dass wir von Herrn Reeh noch mehr in dieser Richtung hören werden.

Ich habe die NDS vor einiger Zeit aus meiner dynamischen Blogroll entfernt, weil ich dort immer dieselben Quellen angezeigt bekomme und stets eine bestimmte politische Richtung. Das machen andere auch, aber wo ist dann der besondere Wert der NDS? Vor allem, dass sie sich nicht (mehr) streiten, finde ich bedauerlich (schönen Gruß an Herrn Berger). Was die Substanz anbetrifft, nicht zuletzt die Arbeit mit Quellen, sind aber selbst die NDS jenen Journallikern turmhoch überlegen, die nur noch aus der Arroganz ihrer vermeintlich höheren Warte die Wahrheit® verkünden.

Am Ende habe ich keinen Grund, die NDS zu verteidigen, es sei denn gegen eine schon stilistisch entlarvende Verleumdung. Dies auch nicht, weil sie es nötig hätten oder nicht selbst könnten, sondern weil ich einen derart konzentrierten Dreck wie den aus Reehs Giftspritze unerträglich finde. Es bleibt also die Frage, die wir Verschwörungstheoretiker alle irgendwann stellen: Cui bono? Die besseren von uns lassen sie offen.

 
lk

Eine schulbuchmäßige Übung zur Lesekompetenz, einhergehend mit einem sehr lehrreichen Bericht, hat Katrin McClean in der Telepolis hingelegt. Das ist äußerst bedauerlich, denn ich hätte gern nur geschrieben, dass es sich um einen interessanten Bericht handelt. Gegenstand ist ein Dinner beim “Spiegel”, der kritische Leserbriefautoren eingeladen hatte. Was Redakteure und Mitarbeiter dort offenbaren, wirft ein Licht auf deren Arbeit, in der endlich etwas sichtbar wird von den Motiven und Einstellungen, die zu einer teils bizarren journalistischen Haltung führen.

Der Begriff “Verschwörungstheorie”, der häufig von Journalisten gegen ihre Kritiker gewendet wird, ist deutlich überstrapaziert; es empfiehlt sich aber, ihn hier einmal als Arbeitsbegriff anzunehmen, denn es werden mehrfach verschrobene Ansichten deutlich, die den Fokus verschiedener Diskutanten bestimmen. Leider eben auch den der Autorin, die mit ihrem Schlussatz den bis dahin hervorragenden Artikel zur leichten Beute ihrer Kritiker macht. Dort brandmarkt sie “den fortlaufenden menschenverachtenden Einsatz nuklearer Waffentechnik durch die USA“.

Was wie wer wann wo

Der hat nun leider nichts mit dem Rest des Artikels zu tun, weder mit journalistischer Arbeit noch Russenfeindlichkeit oder der Personalisierung auf Putin. Er schwebt da vor sich hin, ohne dass wir auch nur erführen, was damit gemeint ist. Es gibt keinen “fortlaufenden menschenverachtenden Einsatz nuklearer Waffentechnik durch die USA”, denn dieser Begriff ist recht eindeutig auf Kernwaffen festgelegt, die seit Nagasaki nicht eingesetzt wurden. Es ist ein Leichtes, hier festzustellen, dass nur ein Spinner so etwas schreiben kann.

Vielleicht – das schlimmste, was man einem Bericht antun kann, ist darüber zu spekulieren, was gemeint ist – meint sie Uranmunition. Die wird nicht nur eingesetzt, sondern hat schon bei ‘Übungen’ zum Beispiel Sardinien verseucht. Der Vorwurf hätte zwar Substanz, hat aber leider nur sehr am Rande mit dem Thema zu tun. Es bleibt also festzustellen, dass hier noch fix ein verschrobener Vorwurf untergebracht wurde, der zusammenhanglos und unsachlich auftaucht. Dies wiederum ist zumindest ein Element, dessen sich Verschwörungstheoretiker gern bedienen.

Die anderen können das aber auch. Ein Highlight des Artikels ist die Aussage des Spiegel-”Faktenprüfers”, er “halte sowohl Obama als auch Putin für gefährlich, nur Putin fände er eben doch etwas schlimmer. Weil der eben nach der Weltmacht greifen wolle“. Das glaubt der Faktenchecker des ehemaligen Nachrichtenmagazins, womit er der VT noch einen zünftigen Schritt näher kommt als die Autorin. Da will einer die Weltmacht, und alles, was er tut, folgt diesem Motiv. Daraus lässt sich logisch ableiten, dass der böse Weltherrscher aufgehalten werden muss. Obendrein passt die gesamte Russland-Politik des Spiegel unter diese Prämisse.

Tiefer hängen

Es gibt weitere erhellende Aussagen im Bericht, den ich dringend zur Lektüre empfehle. Hier noch einmal zurück zum Problem ‘VT’: Tatsächlich sind hier wie gesagt verschrobene Weltbilder am Werk, die einen unheilvollen Einfluss auf die Debatten, Beiträge, Berichte und Meinungen nehmen. Für respektable journalistische Arbeit sind diese völlig inakzeptabel, und so etwas hat in einer vernünftigen Debatte nichts verloren. Es hilft aber gar nichts, jeden solchen Ansatz “Verschwörungstheorie” zu nennen, um den Gegner zu pathologisieren und als Person wie als Teilnehmer an der Debatte zu diskreditieren.

Wer nicht nur den Kriegshammer schwingen kann, sondern auch das Skalpell zu nutzen weiß, kann durchaus auch solchen Beiträgen Erkenntnisse entnehmen, die irgendwo in Paralleluniversen abdriften. Es gibt freilich auch Beiträge, in denen Dogmen, Korruption oder Unwissen derart das Zepter schwingen, dass es keinen Zweck mehr hat. Auch das aber kann man nachweisen. Es gibt journalistische Standards, die recht brauchbar formulieren, was zu tun ist, um nicht zu verschleiern oder zu manipulieren. Die entscheidende Frage ist, ob diese eingehalten werden oder nur noch auf dem Etikett stehen.

 
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Ich lese eben von der sehr geschätzten Kollegin Vera Bunse, dass Journalismus, zumal guter Online-Journalismus, eine Affinität zum Arbeitslosengeld Zwei hat. Sehr witzig, denn auch wenn ich nur ein talentierter Zeilenschinder bin, droht mir ebenfalls sehr real, was mir hier seit Jahren so mancher unterstellt: die Resterampe, die sie nach dem Puffpeter benannt haben. Ich lebe in einem Land, in dem du versehentlich einem Berufsverbot unterliegst, wenn du Pech hast. Nach 15 Jahren in der erzieherischen Arbeit, teils in leitender Funktion, höre ich jetzt, die Aufsichtsbehörden würden jemanden mit meiner Ausbildung nicht zulassen. Das ist dann wohl unter “Fachkräftemangel” zu verbuchen.

Ich sehe schon, wie ich in Maßnahmen nachqualifiziert werde, ich bin ja sonst zu nichts zu gebrauchen. Ein paar Kurse Word for Windows, ein bisschen Bewerbungstraining, vielleicht eine Ausbildung zur Tagesmutter. Alles prima Gründe, mich auf Null zu kürzen, denn ich muss mich um meine kranke Freundin kümmern und habe keine Zeit für diesen Schwachsinn. Ist aber egal, meine Wohnung ist nämlich eh zu groß. Spottbillig zwar, aber eben zu groß. Hartz IV ist keine Option, jemand wie ich hat keine Chance ohne eigenes Einkommen, es sei denn, er trennt sich von seinem Leben. Oh wait, jetzt verstehe ich. Es geht ja darum, nicht mehr zu essen.

Sei kreativ

Ja, das ist ein feines Land hier. Da kann man nicht auch noch Flüchtlinge gebrauchen, die dem Wohlverdiener, der noch nicht nach unten durchgereicht wurde, auf der Tasche liegen. Apropos: Es werden eigentlich überall Leute gesucht, die Flüchtlinge betreuen. In diesem Land, in dem sie überall krakeelen, der Ausländer solle gefälligst fließend deutsch träumen, ehe er hierher kommt, musst du dafür aber Sprachkenntnisse haben, und zwar die exotischsten. Manchmal geht auch Französisch, aber meines beschränkt sich auf die Familien Dubois und Leroc, die ihr Auto waschen und mit einem Tonbandgerät Interviews proben. Ein halbes Jahr dritte Fremdsprache. Ich könnte vielleicht Römer betreuen, wenn die hier einen neuen Limes bauen. Letzteres ist immerhin zu erwarten.

Ich werde also Krümel sammeln. Ein bisschen vom Blog, ein paar Filmchen, hier ein Text, dort was weiß ich. Vielleicht kauft wer meinen Titel, vom Erlös könnte ich mir einen Garten mit Laube leisten – wenn mich die Müdigkeit nicht endgültig umhaut und ich morgens einfach liegen bleibe. Ha! Soziale Hängematte! Mensch, ich bin doch Medienmann! Ich werde mich einfach in ein Schaufenster legen, als mahnendes Beispiel. Im Sommer kann man mich an Wochenenden dann meinetwegen auch mit Essensresten bewerfen, das kann ich ja abduschen. Kommt Leute, man muss sich nur ein bisschen anstrengen; niemand muss hier arm sein!

 
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Mir wird einmal mehr ein Ereignis vor die Füße gespült, das zu einem Gedanken passt, den ich hier ausbreiten wollte. Das Ereignis ist die Klage gegen Netzpolitik.org, in der Tat der Versuch Menschen einzuschüchtern, die informieren wollen und nicht ruhigstellen. Der Vergleich mit der Spiegel-Affäre hinkt zwar ein wenig, er drängt sich dennoch auf.

Als Augstein verhaftet wurde, hat sich ein Bundesminister mit seinen willigen Helfern mit einer journalistischen Institution angelegt. Das hatte ganz andere Dimensionen, und wenn Strauß sich damals durchgesetzt hätte, wäre die Pressefreiheit tatsächlich am Ende gewesen. Man muss hier einfach die Machtverhältnisse berücksichtigen. Wenn eine Ameise wie Netzpolitik.org zerquetscht wird, ist das brutal und belegt, dass der autoritäte Staat weiter auf dem Vormarsch ist. Wäre der “Spiegel” zerschlagen worden, hätte es keinen Damm mehr gegeben.

Jenseits der Hofmedien

Der Gedanke, den ich im Vorlauf hatte, war der, dass der kommerzielle Journalismus ersetzt werden muss. Ich hatte im Zusammenhang mit der wachsenden Macht der ‘Dienste’ schon darauf hingewiesen, dass Journalisten Teil eines Geheimhaltungsapparates sind, sich ihre Rolle verkehrt hat von der Kontrollinstanz zum Instrument der Macht. Spätestens seit dem Offenbarungseid, dass Journalisten politische Informationen nur noch bekommen, wenn sie darüber schweigen und der Leser bzw. Zuschauer müsse dies ohnehin nicht erfahren, kann jeder, den es interessiert, den Wert der Hofmedien einschätzen.

Wenn wir also weiterhin erfahren wollen, was die Macht – sei es private, staatliche oder verfilzte – den Bürgern verheimlicht, muss die Information anders erhoben und veröffentlicht werden. Was wir brauchen, sind Whistleblower und Hacker, die den Job übernehmen, den früher Journalisten gemacht haben. Dabei ändert sich lediglich die Bezahlung, denn Journalismus alter Schule, wie er Augstein in U-Haft brachte, ist exakt dies: Hacking und Whistleblowing.

Dazu muss der Leser zunächst wissen, dass Hacken nicht der illegale Zugriff soziopathischer Kapuzenträger auf fremde Festplatten ist, die durch magisches Tastaturgeklapper binnen Sekunden das Leben beliebiger Opfer zerstören können. Das ist Hollywood, und das ist Märchen. Hacken bedeutet, sich in ein System hinein zu denken, es zu verstehen und es zu nutzen, ohne sich dabei an Handbuch und offizielle Regeln zu halten. Nichts anderes war investigativer Journalismus einmal. Er war die Kunst, sich Informationen zu besorgen, die der Öffentlichkeit vorenthalten bleiben sollten.

Die Verräter

Die berühmte Watergate-Affäre ist ein Beispiel dafür. Die Hacker Woodward und Bernstein haben sich nicht an die Pressemeldungen des Weißen Hauses gehalten, sondern dem unantastbaren Präsidenten der USA unterstellt, ein Verbrecher zu sein. Sie haben sich Zugriff auf Informationen verschafft, die mit großem Aufwand geheim gehalten wurden. Sie haben gegen die Institutionen gearbeitet, die eine offizielle Legitimation zur Geheimhaltung hatten. Sie haben die Informationen veröffentlicht und zum Beweis der Verbrechen Nixons beigetragen. Heute würden sie dafür von den Kollegen gemobbt und verurteilt, so wie es Ed Snowden ergeht.

Das ist der Vorteil des Internets: Du kannst den Deckel nicht mehr draufhalten, wenn er einmal kurz angehoben wurde. Der Geheimdienststaat kann zwar wütend um sich schlagen, anklagen und vielleicht einsperren, aber dadurch entlarvt er sich bloß umso mehr. Es gibt längst keine Legitimation mehr, nicht juristisch und schon gar nicht ethisch. Nicht bloß, dass wir ein Grundgesetz haben, das nicht zur Debatte stand, als es das selbst verlangte. Dessen Regeln sind dem Staat im Staate obendrein schnuppe, sobald sie seinen Interessen im Wege sind.

Verfassungswidrige Vereinbarungen mit Lobbyisten und (Finanz-)Industrie sind längst die Regel. Illegale Geheimhaltung wird mit den Mitteln der Staatsgewalt durchgesetzt. Dagegen hilft, was schon immer half: Öffentlichkeit. Die kann nur so hergestellt werden, wie sie schon immer hergestellt wurde: Durch Hacking und Whistleblowing. Dass dabei weniger die bezahlten Schreiber gefragt sind, deren Zunft im Dienste der Aufklärung jämmerlich versagt hat, muss kein Nachteil sein.

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