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Auf die Frage, was denn kein Narrativ sei, habe ich einmal auf Wissenschaftlichkeit verwiesen. Diese folgt Regeln; es geht um Falsifikation, ggf. um Verifikation, um Revision, kurz: um einen Prozess der Erkenntnis, der sich immer wieder überprüft und erneuert, aufgrund dessen, was man wissen kann. Dies ist eine völlig andere Struktur als die der Erzählungen, sei es nun in Propaganda, Prosa oder Alltag.

Was wir derzeit erleben, ist eine Orgie der Narrative inmitten eines Problems, das nur wissenschaftlich zu verstehen und zu lösen ist. Fatal, dass ausgerechnet Wissenschaftlerdarsteller Geschichten so erzählen, wie sie ihnen gefallen, während die seriöse Wissenschaft noch mehr Fragen als Antworten kennt. Das Ganze läuft live vor einem Weltpublikum, dem schon die Geduld fehlt, auf die langatmige Wissenschaft zu warten.

Du kannst alles erzählen

So verspinnen sich vor allem unter denjenigen, die sich in der akuten Situation extrem unwohl fühlen, sprichwörtlich alle möglichen Narrative. Das geht so weit, dass die Sucht nach Heilsversprechen, Helden und Drama Erzählungen gebiert, die als Drehbuch zu einem Film keine Chance hätten, sind sie doch zu plump konstruiert und durchschaubar. Da draußen kannst du sie derzeit erzählen.

Einen interessanten Twist gab es neulich, als das Hetzblatt beim Bäcker eine Kampagne gegen den aktuell gefragtesten Wissenschaftler startete. Selbst als die genannten Gewährsleute sämtlich spontan die Anwürfe revidierten, blieb der Verlag einfach bei seiner Behauptung und offenbarte dabei, dass es ihn gar nicht interessierte, wie die Kommunikation zwischen Wissenschaftlern funktioniert. Das Publikum durfte sich derweil eine Seite aussuchen.

Einfach mal was erzählen – das ist durchaus der Job von ‘Journalisten’, im Rahmen der Verlagslinie, versteht sich. Das kommt der Realität sehr viel näher als angeblich ‘gründlich recherchierte’ objektive Berichte. Das HbB verfolgt dabei Strategien: Erstens selbstverständlich Profit. Prominente zu beschimpfen, bringt Aufmerksamkeit und verkauft Papier. Obendrein sind viele fanatisierte Gegner darunter, denen man damit Munition liefert. In diesem ‘Diskurs’ ist Wahrheit längst irrelevant.

Geschwätz von heute

Zweitens ist der Verlag selbst einer der wichtigsten politischen Influencer im Land. Daher kann es ihm nicht gefallen, wenn Wissenschaftler, zumal ein Einzelner, derart an Einfluss gewinnen. Die Kampagne ist also sehr durchschaubar, die Inhalte nachweislich falsch, als Erzählung taugt es aber bestens. Die muss sich auch gar nicht lange halten, da die Gesamtsituation und deren Interpretation sich laufend ändern.

Hier wird auch deutlich, dass es nicht immer staatliche Propaganda sein muss, die die Wahrheit wie eine Lawine unter sich begräbt. Selbst der oft unerträgliche Konsens der Medien ist dazu nicht notwendig. Wenn die Situation es zulässt und die Menschen nach Stories nachgerade gieren, werden diese geliefert. Beim Bäcker, bei YouTube und nebenan. So lange der Nebel der Unsicherheit wabert, ist dagegen kein Kraut gewachsen.

 
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Alle Jahre wieder muss ich auf den Verein Atlantikbrücke aufmerksam machen; aktuell, weil mir im Tagesspiegel Juliane Schäuble auf die Murmeln geht, dortselbst Politikchefin, ansonsten Tochter des Geld- und Kofferministers und selbstverständlich Mitglied. Die Liste ist nicht ganz aktuell; in der von Wikipedia findet man aber ausgerechnet Frau Schäuble nicht. Vielleicht kennt ja wer wen, der sich die Mühe gemacht hat, das zu aktualisieren.

Es muss sporadisch wiederholt werden, weil man sich sonst nicht erklären kann, warum wir ständig denselben Quatsch zu lesen und zu hören kriegen. Die Chinesen sind böse, lügen und haben alles falsch gemacht, und wenn sie uns helfen wollen, dann nur deswegen. Putin ist immer zweimal mehr böse, und wenn man ihm oder irgendeinem Russen, für die er ja alle persönlich verantwortlich ist, nicht am Zeuge flicken kann, dann eben, weil er sich sicher freut, wenn ‘uns’ was schadet.

Making of

Es gibt sie ja durchaus, die Wege, auf denen die Indoktrinatoren indoktriniert werden. Wer wissen will, warum die Spin-Doctors spinnen, sollte diese Strukturen kennen. Neben dem Atlantik-Brücke e.V. etwa das American Council on Germany, die Atlantische Initiative, die deutsche Atlantische Gesellschaft, Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik, Trilaterale Kommission, German Marshall Fund, European Council on Foreign Relations usf.. Diese sind wiederum mit anderen Lobbygruppen und Think Tanks vernetzt.

Hier lernt man sich kennen, da is ma Adabei, da ist man wichtig und gehört dazu, egal ob Politiker, Journalist oder Manager. Besonders interessant ist das “Young Leaders“-Programm. Hier werden Karrieren gemacht, parteiübergreifend. Dass die hier geformten Journalisten sich ernsthaft als ‘kritisch’ bezeichnen, zeugt von einem gewissen Humor. Was würde wohl ein Atlantiker über Putin schreiben, wenn die Tochter seines wichtigsten Parteifreundes und Mehrfachministers eine der einflussreichsten Journalistinnen Moskaus wäre und eine andere in einer wichtigen Funktion des Staatsfunks? Bei uns nennen sie das “unabhängig”.

Siegt mal schön

Aktuell segelt ein bisschen unter dem Radar, dass Nordmazedonien das 30. NATO-Mitglied geworden ist. Dazu gibt es eine Handvoll Abschriften einer Agenturmeldung, in der sogar erwähnt wird, das die “rasante Osterweiterung” des Kriegsbündnisses Russland verärgert hat. Auch hier sei erinnert, dass die Unterstützung Syriens als “Putins Imperialismus” bezeichnet wird, während in Nahost ein Staat nach dem anderen von der NATO und ihren Verbündeten zerbombt wurde.

Während sich die Weltlage dramatisch verändert hat und die Prioritäten überall andere sind, während der Kapitalismus in einer der größten Krisen seiner Geschichte versinkt, sitzen an den Schreibtischen und in den Home-Offices der Massenmedien Dinosaurier, die immer und immer wieder dieselben Blätter durchkauen und die unappetitlichen Erzeugnisse stolz ihrem fliehenden Publikum präsentieren. Das kann dann wohl auch weg.

 
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Einmauern, das Pack, und Ruhe ist!

Ich bin sicher, da wird eine Menge übertrieben – was die akute Lage nicht besser macht. Die Medienindustrie hobelt sich nicht nur einen auf der Gruselharmonika, sie greift wie immer alles auf, aus dem sich ein wenig Affekt, Empörung, Betroffenheit quetschen lässt. Einzelfälle werden an die so produzierte Öffentlichkeit gezerrt, umso höher, je abstruser das Verhalten der Irren sich gestaltet, die man da vorführen kann, Es bedarf dabei – weniger noch als allgemein schon üblich – auch keiner Fakten; Gerücht reicht völlig aus, ‘Berichte’ Einzelner, die gar nicht prüfbar sind

Wovon redet der Mann? Von der neuen Pest zunächst. Obwohl jeder weiß, dass die Grippe gefährlicher ist – wenn auch nicht für den einzelnen Infizierten, wird das Kranzvirus behandelt wie eine Mischung aus Ebola und Schnupfen – tödlich und unentrinnbar ansteckend. Es ist weder noch. Dazu hatte ich mich bereits in ausreichender Länge geäußert. Es kommt jetzt aber ein Aspekt hinzu: Die Metaebene lässt sich nämlich auch noch ausschlachten.

Herrenrasse bedroht

Alles, was irgendwie chinesisch sein könnte, vor allem jeder, der irgendwie asiatisch aussieht, ist vermeintlich verdächtig. Herrlich! Die dümmsten Vollidioten unter den zeitgemäßen Rassisten geraten in den Fokus – als Story über das Böse, das “Dastutmannicht”. Wie dämlich sind sie aber auch – ein Effekt, der gern mitgenommen wird: das Besserwissen der Anderen – dass sie nicht erkennen, was sie da tun! Alle Asiaten zu verdächtigen, ist (mathematisch) wie alle Menschen zu verdächtigen, nur dass die® halt anders, ähnlich, alle gleich, eben aussehen wie diese verkeimte Rasse eben aussieht. Wohl ungewollt aktuell ist daher diese wunderbare Anleitung zum Faschismus.

Die Gelegenheit, auf eine vermeintlich homogene Gruppe herabzublicken, ergibt sich hier gleichermaßen für die Rassisten wie für das genau so abgerichtete restliche Konsumentenvolk, das sich von Medien zur Freakshow bitten lässt. Guckt euch das an, was für Idioten! Das sind bei anderer Gelegenheit diejenigen, denen man unter denselben Bedingungen zustimmt, so lange es eben das Urteil über Gruppen betrifft, denen man nicht angehört. Mit solchen Affekten und Konditionierungen lässt sich Aufmerksamkeit, sprich: Profit machen. Man könnte die Angelegenheit auch sachlich betrachten, als lösbares medizinisches Problem. Wie langweilig!

So wie es die andere mit dem Umstand befasste Industrie tut, ganz kühl und kalkulierend: Die Pharmaindustrie, deren Vertreter sich den Scharen derer anschließen, die Satiriker und Literaten endgültig überflüssig machen. Es gibt ein Recht auf Profit, soundso muss eine Marge aussehen bei der und der Investition, so berechnet sich auch der Preis fürs Leben. Wir wollen aber mal nicht so sein, ein paar Glückliche lassen sie am Spiel teilnehmen. Lebensnotwendige Medizin per Lotterie oder eben gegen Cash – für Millionäre. Das Perverse daran ist das Normale daran. Gemeinhin kann sich etwa ein Bundesbürger das Überleben leisten. In anderen Teilen der Welt hingegen sterben sie massenhaft an unseren Eigentumsrechten. Aber wen interessieren schon Afrikaner? Das ist Alltagsrassismus, millionenfach tödlicher.

 
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Ein ganz interessantes Thema reißt Epikur heute an, er nennt es “Angst und Macht”. Man könnte sicher mehrere Bücher darüber schreiben. Meine Erfahrung mit dem Schlimmsten hat mich unter anderem gelehrt, dass erstens die Ängste des Alltags plötzlich sehr klein werden und zweitens selbst der Tod eine Herausforderung ist, der man sich stellen kann. Ich schrieb den Artikel damals nach Uenas Krebsdiagnose, dem ersten in einer Reihe von Todesurteilen.

Der Angst, zumal wenn sie Gewissheit wird, aufrecht zu begegnen, ist für mich eine der wichtigsten Fähigkeiten – oder zumindest Bemühungen. Sich klein zu machen, endet in der totalen Ohnmacht. Deshalb reagiere ich auch – übrigens auch schon vor dieser Erfahrung – allergisch auf Versuche, Menschen klein zu machen oder zu halten. Dies ist auch Verbunden mit der Konstruktion von ‘Safe Spaces’. Die Illusion von Sicherheit ist kaum besser als die Forderung danach. Eine ‘sichere’ Gesellschaft ist organisierte Paranioa. Die Menschen aka Bürger werden darin infantilisiert – wie die Kinder muss man sie schützen (am Ende vor sich selbst), behüten, bewachen und bevormunden.

Kniet nieder

Der Gipfel dieser perfiden Strategie hat eine Formel: “Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern.” Eine so kranke Ansage kann nur von einem Innenminister kommen, insbesondere einem deutschen. Hintergrund war die Absetzung eines Fußballspiels wegen angeblicher Terrorgefahr. Wie ein kleines Kind, das von seinen Propellereltern vor der Wirklichkeit ‘geschützt’ wird, deren Wirkung davon nicht beeinflusst wird und für die jede Begründung dem Unheimlichen weicht, spielt hier ein Minister dieses Spiel gleich mit der gesamten Bevölkerung.

Diese besteht freilich aus erwachsenen Menschen, gegenüber denen er sich zu verantworten hat. Geheimniskrämerei im Angesicht einer – wie es ja wörtlich heißt – “abstrakten Bedrohungslage” setzt die Behörden, die solchen Spuk für überwachungsstaatliche Maßnahmen benutzen, in den Stand, jegliche Kontrollen zu umgehen. So wurde bislang noch jede Diktatur aufgezogen. Der staatliche Übervater reißt die Handlungskompetenz an sich, um eine finstere Bedrohung abzuwenden. Dass de Maizière es fertigbringt, von einer drohenden Verunsicherung zu faseln, die er damit erst auslöst, ist der Dummdreistigkeit geschuldet, die fehlende Kompetenz durch Eifer kompensiert.

Dergleichen findet in der Regel deutlich subtiler statt, nicht nur ‘politisch’, sondern auf vielen Ebenen. An der Schnittstelle zum Alltag der Massen hat der Staat ein Angstregime errichtet, das mit dem Namen “Hartz” verbunden ist. So schwierig es ist, dem zu widerstehen, so notwendig ist es, denn hier sprießt der Keim der Diktatur besonders gut. Solidarität tut Not, und vielleicht ist der Tod der SPD eine Chance dazu. Es kann ja nicht nur Arschlöcher wie die von der AfD geben, die gegen die Angst eine Hasskultur entwickeln.

p.s.: Nette Comedy zur zitierten und ähnlichen Pressekonferenzen (YT, ZDF).

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Der “Spiegel” hat ein geheimes! Netzwerk! enttarnt!, das auf Facebook mit Fake-Profilen arme Sünder, scheue Rehe und unschuldige arglose Nutzer manipuliert!!1! Puutiin! Uuhuhuhuu! Lässt auch keine drei Zeilen auf sich warten. Sie sind überall, die Schergen aus dem Darknet, die im Auftrag! des Bösen (Putin, Putin, Iran, China, Hacker) unsere schöne Demokratie mit Informationen zerstören.

Dabei knüpfen sie Kontakte, und zwar “offenbar“! – immerhin kann das ehemals um Nachrichten bemühte Magazin also darauf verweisen, eingeräumt zu haben, dass das ganze Getöse und Gefasel nicht etwa auf Informationen beruht, sondern – tadaa! auf Gerüchten. Offenbar, mutmaßlich, wie man aus Kreisen erfuhr, bla, blabla, blablabla.

Dessen Name nicht genannt …

Der Hammer, unerhört: Die Fake-Gestalten, die sich sich selbst ausdenken, erzählen Geschichten. Erfinden irgendwelche Hintergründe, die gar nicht stimmen, Charaktere, die nicht existieren, Ereignisse, die nicht stattgefunden haben, und zwar um dadurch authentischer zu erscheinen. Dieser Putin! Als nächstes (Trump wurde auch kurz erwähnt) kommt dann Erdogan, dann verschwindet der knallhart recherchierte Tinnef gnädig hinter einer Bezahlschranke; gerade rechtzeitig, ehe der Kopf totgelacht und -fazialpalmiert ein letztes Mal auf die Tastatur sinkt.

Die rundgelutschten Stereotypen böses Internet®, Fake News®. böse Böse® (PutinTrumpErdoganKim) sorgen bereits dafür, dass der Niveaulimbo unter der Türkante virtuos gelingt. Die schon aufreizende Distanzierung vom eigenen Geschwätz (offenbar®) liefert gleich das Geständnis dazu; fertig ist der dreiste Versuch, mit billigen Schauergeschichten Lesern die seriösen Medien® als Zuflucht vor dem bösen Wolf anzudienen.

Aber, Freunde, in diesem brutalen Brandanschlag auf harmlose Schädelbewohner akribisch die Methoden eines gewissen Claas Relotius auszubreiten, um sie Hui Buh in die Schuhe zu schieben, das ist so bescheuert, das knackt sogar den Bunker meines Oberstübchens, das statt von Hirnhaut längst von fingerdicker Hornhaut umsäumt wird. Ist nicht euer fucking Ernst. Hört auf, Leute, was soll denn dann Rosenmontag erst von euch kommen?

 
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Claus Weselsky ist Chef der Lokführer-Gewerkschaft. Das ist ihm zu wenig. Nur deshalb legt er Deutschland lahm“, so das Schulhofmobbing die glasklare Analyse eines führenden Medienproduktes, das kürzlich noch verlautbaren ließ, was unter “Qualität” im Zusammenhang mit Journalismus zu gelten hat. Die müssen es also gewusst haben.

Auf den Tag fünf Jahre ist das jetzt her, und man muss bitter enttäuscht sein, dass die kaum verhohlene Aufforderung, dem Volksverräter auf die Pelle zu rücken, die einige Wochen später erging, nicht recht gehört wurde. Dem hohen Qualitätsanspruch von Verlag und Redaktion genügend, haben diese ihre Kunden mit Fakten versorgt und die Adresse des Nämlichen veröffentlicht. Der aber lebt immer noch. Schande!

Mission vollenden

Ein Sudelede aus dem Internet hatte dunnemals die Stirn, Folgende Hassrede an seine willenlose Gefolgschaft zu halten:
Das ‘Doxxen’, also die Veröffentlichung von Adresse, Telefonnummer und anderer privater Daten, wie es zuletzt durch die deutsche Hetzpresse gegenüber dem Chef der GdL stattgefunden hat, ist das endgültige Niederklatschen des Niveaus politischer Propaganda auf den harten Boden der faschistischen Gesinnung.” Die meisten Kommunistenversteher sind selbser Kommunisten. Das wusste ja schon Silvio I.

Also was jetzt? Ich will hier die Kultur des Erinnerns pflegen und aufleben lassen: Es wurde längst der Beweis erbracht, dass nur ein gedungener Schuft so tief sinken kann, sein Vaterland in die Wettbewerbsunfähigkeit streiken zu wollen. Ein normaler Gewerkschaftsführer verhält sich hingegen konstruktiv. Erinnern will ich hier deshalb an den unterlegenen Gegenspieler und Berufskollegen Norbert Hansen, seines Zeichens oberster Vertreter der vernünftigen Gewerkschaft Transnet. Der hat sich so vernünftig, rational, konstruktiv und heldenhaft verhalten, dass er sich damit sogar für einen Posten im Vorstand der Deutsche Bahn qualifizierte. Sänk ju forr träwweling in the Guts of Capital!

Weselsky aber, der “nur”, will heißen ausschließlich, mehr sein will als er ist, ist noch immer nicht mehr, ergo will er weiter das Land kaputtmachen. Stoppt ihn also endlich, bevor es zu spät ist und die Bahn durch etwas Furchtbares ersetzt werden muss, das es nicht ist. Okay, den muss man zweimal lesen. Schafft ihr schon. Guten Abend, das Wetter!

 
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Ich hatte schon ausgeholt, um meiner Lieblingspostille “Telepolis” eine reinzuhauen wegen der überschriftlichen Frage, ob Kapitänin Rackete jetzt die “neue Greta Thunberg” sei. Wir befinden uns in der Zeit der wild wuchernden Narrative, und ich wundere mich, wieso mein Buch eigentlich kein Bestseller ist.

Relotius ist überall, und fragt mal da draußen, wer das eigentlich ist. In der Regel erntet man mit der Frage nur Mundgeruch. Es schadet nicht, wenn leeres Geschwätz, erfundene Stories und kühne Lügen auffliegen. Es wird nach wie vor eine Welt wie aus dem Groschenroman präsentiert, und zwar eben nicht in der Goldenen Gala Revue, sondern vom kritischen® seriösen® Journalismus®.

Geschichte wird gemacht

Am besten junge attraktive Frauen, gern auch mal ebensolche Männer, alternativ Kinder, hilflos, große Augen, Nahaufnahme. Das ist hip, das zieht an, das ist Wahrheit viernullachtzehn. Jeder weiß, wer Greta Thunberg ist. Jeder weiß, die macht was mit Klima, Zukunft und Umwelt und jeder weiß, dass wenn man die Grünen wählt … ach, lassen wir das. Alte weiße Männer haben jedenfalls keine Konjunktur.

Kurz auf den anderen Kanal, wo die Einen Irre sind und die Anderen die Guten. Nachdem die NATO-freundliche Presse seit Jahren Russland vorwirft, in anderen Ländern herum zu hacken (Cyber Cyber), was böse sei, wurde neulich sehr offensiv berichtet, dass die USA dasselbe machen, was gut sei. Neben der Geschichtsvergessenheit, an die wir uns schon gewöhnt hatten, erleben wir jetzt also den informationellen Salto mortale rückwärts. Foul is fair, aber sicher!

Aufschrei

Auch zum Dritten noch kurz gehüpft: Amri wird nicht aufgeklärt, die NSU für 120 Jahre in Schutz genommen, in Bundeswehr, Polizei und den ‘Diensten’ tummeln sich die Nazis und ein Politiker wird von einem hingerichtet. Wie sie jetzt überall die Autobahnen sperren, Groß- Ring-, Raster- und Schleppnetzfahndungen durchziehen, wie sie Sympathisanten verhaften und aus ihren Jobs kärchern und die linke Presse Folter und Todesstrafe fordert! Das ist Deutschland hier.

Wie gesagt, das steht alles schon im Buch, nur dass sie scheinbar jetzt erst richtig aufdrehen. Wo bleibt der Aufschrei, der Exodus kompetenter Journalisten aus den Redaktionen, die Gründung ganz neuer Medien? Tzia. Und was macht Telepolis? Widersetzt sich einmal mehr dem Trend. Leseempfehlung für alle, die sich noch mit Inhalten befassen.

 
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Eine der vielen Fragen, die der deutsche Journalismus auf seinem Weg zur Hölle sich nicht effektiv stellt, ist die nach dem Grund für den Verlust seiner Autorität. Das hieße nämlich zuallererst, sich dieser Autorität gewahr zu werden. Journalismus war, solange er ‘funktionierte’, Autorität, auch und gerade dort, wo er liberal war.

Man könnte das aufziehen anhand der verinnerlichten Zensur, die von Preußen bis hin zu den Alliierten gewisse Selbstbeschränkungen erwartete, wobei diese wiederum die Beschränkung des Personals durch Verlag und Chefredaktion nach sich zieht. Man kann es auch festmachen am Tendenzschutz, der dem Verlag das Recht einräumt, die politische Richtung seiner Veröffentlichungen festzulegen.

Chefsache

Schließlich sind die Hierarchien in den Verlagen steil und hart. Heute haben wir eine Landschaft, in der obszön bezahltem Spitzenpersonal Schreibsklaven gegenüber stehen, die von ihrem Job nicht leben können. Aber schon zu den ‘Glanzzeiten’ etwa eines “Spiegel”, herrschte Chef Augstein über eine Riege weiterer Hähnchen, die ihrerseits hoch über dem Bodenpersonal kreisten. Das “Sturmgeschütz der Demokratie” war vor allem militärisch organisiert. Demokratisch war es nie.

Aus Preußentum und Faschismus hervorgegangen, war auch Adenauers Deutschland autoritär, eine Disziplin, in der die DDR tadellos mithielt. Die Grundhaltung deutscher Zeitungsleser, so kann man grob sagen, hat sich bis zur Jahrtausendwende nicht geändert. Was gedruckt wurde oder in der “Tagesschau” kam, wurde als Wahrheit betrachtet, Dies verdankte sich vor allem der Untertanenmentalität in publizistischen Fragen, nicht etwa der Qualität der Beiträge.

Das Abdrucken handverlesener Leserbriefe war das Maximum an Demokratie, das der Journalismus kannte. Nach 1989 kam noch einmal ein dankbares, weil ahnungsloses Publikum dazu. Kurz darauf brach die Hölle los: Die im Osten hatten bemerkt, dass sie vereimert wurden und das Internet bot plötzlich echte Quellenvielfalt. Darauf war offenbar niemand im Betrieb vorbereitet.

Nach der Trennung

Die aktuelle Generation von Chefjournalisten hat noch den Anspruch auf Autorität, ohne sie je ausfüllen zu können. Zudem wird ihnen diese ohnehin nur mehr vom rapide aussterbenden Teil ihres Publikums zugebilligt. Die Sturmgeschütze wurden folgerichtig verlassen und es folgte ein Rückzug in den Bunker, aus dem auf Verschwörungstheoretiker und Feindversteher geschossen wird.

Das ist in aller Kürze der stand der Dinge. Die Fehler wurden schon lange vor dem Störfeuer aus dem bösen Internet gemacht. Außer in einigen mutigen Experimenten hatte Journalismus nie etwas mit Demokratie am Zettel, und selbst jene Experimente (vor allem die TAZ) wurden zugunsten einer geschäftigen Hochnäsigkeit eingestellt. Das Resultat ist nicht bloß ein Umsatzproblem. Es ist flächendeckendes Desinteresse. Eine Ganze Generation guckt lieber Filmchen bei YouTube.

 
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Sie jammern und jammern, lassen ihre Anwälte von Gericht zu Gericht ziehen, um sie am eigenen Ast sägen zu lassen mit Ideen wie ‘Leistungsschutzrecht’ und ‘Urheberrecht’, während sie noch so blöd sind, selbst ständig dagegen zu verstoßen: Journalistische Verlage. Nun wundern sie sich, dass nicht nur ihre Papierabonnenten aussterben, sondern auch für ihre Online-Auftritte niemand zahlen will. Ach was!

Ich will bei der Gelegenheit einmal mit dem Qualitätssterben anfangen, das ich in den vergangenen Jahren erlebt habe. Nicht dass man vorher von der Wucht ihrer Größe erschlagen worden wäre, aber es geht immer noch drunter und sie haben jede Türkante gemeistert, egal, wie tief sie lag. Als das anfing mit dem Online-Journalismus haben sie noch viel ausprobiert, das hat sich inzwischen erledigt und zu einer Ödnis entwickelt, die man kaum öder erfinden kann.

Damals …

Von den Zeiten, als Experimente wie TAZ oder Pardon erschienen, will ich nur kurz sprechen. Erstere hatte linken bis linksradikalen Charme, war extrem debattenfreudig und auf nichts festgelegt. Krude Pornographie-Zitate trafen auf radikalen Feminismus, diverse linke Strömungen beharkten sich und irgendwo muss ja auch der bürgerliche Ton hergekommen sein, der die TAZ heute zu einer von vielen macht. Es gab echte! Meinungsvielfalt.

Im Netz hatte ich über die Zeit einige Favoriten, lange gehörte die Frankfurter Rundschau dazu. Die war häufig gegen den Strich gebürstet, zwar sozialdemokratisch, aber wach, nicht nur über Hessen fand ich hier Infos, die es woanders nicht gab, und sie hatten dort sogar den Mut, mein Blog zu verlinken (wenngleich das recht fix wieder korrigiert wurde). Auch dieses Angebot wurde ‘erfolgreich’ umstrukturiert.

Ausgerechnet die FAZ hat es dann gewagt, sich Debatte ins Haus zu holen, weil ihr der Unfall Frank Schirrmacher passiert ist. Debatte kriegst du, wenn du andere Meinungen gelten lässt und die eigene nicht für das Maß aller Dinge hältst. Zweifel ist das wichtigste Mittel guten Journalismus’. Zweifel an allem, auch an dem, was man gerade für wahr und richtig hält.

Deckel drauf

Was haben wir inzwischen? Zentralredaktionen. Einer der Todesstöße. Sie haben es ja sogar geschafft, Zentralredaktionen für ihre Lokalteile einzurichten. Überall dasselbe, wortgleich, bildgleich und obendrein meist von der Agenturmeldung abgeschrieben. Wer braucht das? Wer soll dann auch noch “mehrere Abos” abschließen? Kidding me? Oder für ein ‘Nachrichtenmagazin’, das neben fünf Meldungen über Frauenfußball Kindergeschichten (“bento”) serviert, die sich dem Niveau der “Bravo” von unten nähern?

Im Hintergrund ist das Bild kein besseres; die ‘politischen’ Kräfte von Grün bis AfD sind allesamt neoliberal und außenpolitisch macht es sich sogar ‘die Linke’ inzwischen bei den Atlantikern gemütlich. Diese Klientel wird nur mehr mit Propaganda eingedeckt, allem voran die unsägliche Verdachtsberichterstattung.

Es soll ein Krieg geführt werden? Der Böse soll ja Böses getan haben, das muss reichen. Was Saddam seine WMD ist Assads Giftgas oder Irans Tankerangriffe. Hinter all dem steckt ohnehin Putin® und wenn nicht, dann “freut” es ihn eben, was auch böse ist. Für diese Hetze soll man also auch noch zahlen? Ja nee ist klar. Dann kaufe ich auch lieber ein Fußball-Abo fürs Fernsehen.

 
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Einer der wenigen, die angesichts des Falls Strache nicht in die kindische Empörung eingestimmt, sondern sondern Zusammenhänge aufgezeigt hat, war Tomasz Konicz. Um ehrlich zu sein, interessiert mich weder Strache, noch finde ich etwas Neues an all dem. Man kann aber hier recht anschaulich erkennen, was der Unterschied zwischen Kritik und deren Gegenteil, Affirmation, ist.

Es sind wie so oft die Massenmedien, deren Produzenten ihre Werke noch ernsthaft als ‘kritisch’ etikettieren, während sie es sich in der tiefsten Affirmation gemütlich gemacht haben. Statt nüchterner Erklärungsversuche mit der gebotenen Distanz zum Gegenstand wird distanzlose Empörung geübt.

Noch ein Einzelfall

Diese Empörung funktioniert nur, weil erstens das Ereignis unter den Hand zur Sensation aufgeblasen wird und zweitens gar nicht erst versucht wird, es in so etwas wie einen Zusammenhang zu setzen. Es muss unbedingt ein Einzelfall sein, ein Unfall, ein Blitz aus heiterem Himmel. Kritik, die mit Recht so heißt, ist aber der Feind solch zusammenhanglosen Tamtams.

Affirmation hingegen will, das alles so bleibt wie es vermeintlich ist, wobei sie so tun muss, als sei eigentlich alles in Ordnung. Die aktuellen Plakate der CDU etwa triefen vor dieser reaktionären Haltung. Weiter gehen nur die ganz Rechten: Deren Weltbild kommt derweil auch noch gewollt ‘kritisch’ daher, weil sie eben nicht bloß wollen, das alles so bleibt. Sie wollen vielmehr, dass es wieder so wird, wie es in kitschiger Verklärung einer beliebigen Vergangenheit angeblich einmal war.

Kritik hingegen ist gegenüber wünschenswerten oder unerwünschten Umständen zunächst grundsätzlich unentschieden. Sie analysiert den Ist-Zustand, vergleicht ihn mit (geschichtlichen) Erfahrungen und fragt danach, wie ein Ereignis in den Rahmen dieser Erfahrungen passt. Nach einem solchen Prozess kann man sich über ‘Strache’ nicht mehr ernsthaft aufregen. Gerade da, wo die Empörung derzeit nicht gespielt ist, ist sie zutiefst unkritisch.

Update: Ich habe in den letzten Satz das nicht ganz irrelevante Wort “nicht” eingefügt.

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