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udowahrSich alt zu fühlen, hat mit vielem zu tun. Dass ich noch ungeheuer gut aussehe und fit bin wie mit Ende 20, versteht sich, das ist nicht das Problem. Was mir oft auffällt, ist dass ich mich übersetzen muss, wenn ich mit Jüngeren rede. Meine Jugend ist die Zeit, die die 50er waren, als ich jung war. Man muss sich klar machen, dass das vermeintlich Selbstverständliche für andere bereits Geschichte ist. Etwas, das sie nicht erlebt haben und für das sie sich interessieren oder eben nicht.

Den ersten Underdog habe ich vor zehn Jahren verliehen. Die Älteren wissen, was die Jüngeren nicht wissen können, dass es nämlich einen Anlass gab. Mario Sixtus, einer der ersten Alphablogger, hatte sich in die Jury des neuen Grimme Online Awards berufen lassen, sich dabb nachnominiert und und daher konsequenterweise auch selbst ausgezeichnet. Dazu ist er fix aus der Jury zurückgetreten, sonst wäre das ja Mauschelei gewesen. *

Yo, dachte ich mir, als angehender Betablogger kann ich das auch und bilde gleich die gesamte Jury. Diese meine Macht nahm ich wahr, um mich vom damaligen Weltherrscher mit einem weiteren Preis behängen zu lassen, während ich ihm den Publikumspreis zuschanzte. Das Publikum war ich. Alle sind bis heute sehr zufrieden mit diesem transparenten Verfahren. Die bisherigen Preisträger sind:

2007: Kiesow (dauerhaft down)
2008: Hokey’s Blog
2009: Der Morgen (nicht mehr betrieben)
2010: Notizen aus der Unterwelt
2011: Die roten Schuhe (nicht mehr betrieben)
2012: daMax
2013: Alarmknopf (nicht mehr betrieben)
2014: Kiezneurotiker (gelöscht)
2015: Die Wahrheit über die Wahrheit
2016: Radikale Heiterkeit

Tzia, die Hälfte existiert schon nicht mehr. Im Neuland werden wenige alt. Gesucht wird auch dieses Jahr wieder ein Blog, das sein verdientes Millionenpublikum noch nicht erreicht hat. Kriterien sind: Ich muss es irgendwie geil finden und wenn möglich, soll es noch nicht gar so viel Zulauf haben, damit ich ihm den ersten Schwarm Trolle zuführen kann. Ein bisschen Spaß muss sein. Na kommt, gebt euch Mühe; meine Blogroll kenne ich selbst.

*Text geändert. Ursprünglich hatte ich einen anderen Blogger genannt, der aber nur für eine andere Panne verantwortlich war. Mein Gehirn hatte sich eh schon gewundert, begehrt aber selten auf, weil es um seine Unzulänglichkeit weiß.

 
zn

Ein täglicher Offenbarungseid der Nützlinge aus Journaille und Politik ist die Verwendung des Begriffs “Cyber” und eigentlich alles, was mit Internet zu tun hat. Sehr großes Tennis aktuell der Satz: “IP-Adressen sind aus dem Internet nicht mehr wegzudenken.” (tagesschau.de). Ja wahrlich, telefonieren ohne Telefonnummern, das gibt es praktisch nicht mehr. Selbst die Postzustellung ohne Anschrift gehört der Vergangenheit an.

“Cyber” hat exakt eine Funktion: Verblödung. Cyber klingt nach Magie, Mythos, Unheimlichem. Darknet, Blackjack, finsteres Tal. Cyber ist “Angriff”, “Terrorist” und Hui Buh. Ganz schlimm auch der Missbrauch des Begriffs “Hacker”. Ich habe hier einmal versucht, “hacken” zu erklären. Im Fernsehen und am Kabinettstisch ist es “hacken”, wenn DDoS-Attacken gefahren werden oder jemand Mails mit Malware verschickt.

Kapuzenpulli aus Moskau gefunden

Nennt man jemanden einen “Mechaniker”, wenn er mit dem Schraubenschlüssel Scheiben einschlägt? Ist es “reparieren”, wenn wer damit droht, mir die Radmuttern zu lockern? Nur weil einer Kenntnisse und Werkzeuge aus dem Bereich Computer und Netzwerk nutzt, ist er noch lange kein “Hacker”. Die meisten sind Verbrecher oder gelangweilte Randalierer. Von denen gibt es tausende, vielleicht Millionen, während echte Hacks selten bleiben und meist keine Schäden anrichten.

Wie dumm die Autoren von “Hacker”- Und “Cyber”-Berichten sind, lässt sich gar nicht hoch genug einschätzen. Sie haben in der Regel null Ahnung, wovon sie reden und ersetzen diese durch geradezu religiösen Glauben. Dieser wiederum befähigt sie, die dümmstem Gerüchte und Propagandalügen zu verbreiten. Sie kennen die Guten und die Bösen, und sobald ihnen wer zuraunt, die Bösen hätten gecybert, singen sie “Putin”, “Assad”, “Nordkorea”. Jeder Verdacht, der die abonnierten Bösen trifft, wird breitgetreten. Niemand hält es für nötig, sich so weit mit der Materie zu beschäftigen, dass er wenisgtens erkennt, wenn er kompletten Schwachsinn faselt. Der Leser weiß ja auch nicht mehr, und das soll auch genau so bleiben.

 
se

Zu Weihnachten gab es im Hunsrück immer nur Lasagne

Als meine jüngere Tochter sehr klein war, verbrachte sie viel Zeit bei ihrem Opa, der auch RTL hatte. Sie berichtete mir dann gern, was es dort so alles gab und achtete sehr darauf, dass ich “Exkluusiv” nicht mit “Exploosiv” verwechselte. Die “Zeit” recherchiert derweil aktuell über “Vorbilder” – und wird ganz sicher bei Helmut Schmidt landen oder Henry Kissinger oder anderen großen Militärstrategen. In der Hood hier um den (nein, das!) Blog kann ich alles auf einmal haben: Kiezneurotiker, Kiezschreiber, Vorbilder und Asi-TV.

Die beiden sind meine Vorbilder. Warum? Weil sie so obszön sind, und das kommt verdammt gut an bei den Weibern. Ich komme überhaupt nicht an bei den Weibern, nur bei den uralten, und ich sage ja immer: “Was soll ich mit einer Vierzigjährigen?“. Ich verstehe ihn natürlich nur zur Hälfte, höchstens, den ganzen Buzz, finde auch nicht raus, wo da die Ironie wie ein schwarzer Rabe angaloppiert kommt und sein Raubtiergebiss zeigt, aber dies und das schon. Zum Beispiel, dass der Exklusiv dem Explosiv quasi vorwirft, er sitze im Glashaus und werfe mit Steinen. Ha, das weiß ich besser, denn der Explosiv sitzt im Glashaus und wirft mit Steinen. Weil er’s kann und das auch noch geil findet.

Selfmade Mediocre

Der Explosiv hat außerdem recht, wenn er sagt: “Exklusiv, das Buch ist scheiße.“. War das nicht der Anlass der Sendung, ein wenig zu zitieren und dezent die Nase zu rümpfen? Wollte er nicht nur mit etwas Trockenbrot und Gammelsalat das vernichtende Urteil in einen Imbiss von Autobahnraststättenformat verzaubern um zu zeigen, dass es ja nur auf der Durchfahrt und überhaupt irrelevant? Auch das Scheitern, von dem Klusiv fragt, wer denn das sage? Zurecht, denn es kann doch noch etwas werden, wir sind ja noch jung!

Andererseits hat der Exklusiv natürlich auch recht, wenn er sich gegen unberechtigte Vorwürfe wehrt. Er sei kein “Sozialhilfeempfänger“. Charlie, übernehmen Sie! Nein, er hat vielmehr “noch nie Miete gezahlt” – und nicht etwa wegen Erbe und Eltern, sondern selbst verdient®. Mehrere Wohneigentümer nennt er sich und weiß so dem Anzugboss Paroli zu laufen. An dieser Stelle befielen mich Visionen von Friedenspfeifen, Sweet Smoke, der vom Idarkopf gemächlich gen Ost-Nordost wabert, bis beide Erfolgsmenschen selig lächelnd in etwas ungeheuer Teures pissen und es aus dem Fenster werfen. Stattdessen klirrt der Fehdehandschuh durchs Gewächshaus und es schallt: “Power-Point-Penner aus dem Trump Tower irgendwo in Arschfotzenhausen“.

Owowow, da kriegt der Rantingking aber mächtig was auf die Hasskappe! Der Pseudo, der sich zu schade ist, viertklassige Literatur unter seinem Klarnamen zu veröffentlichen; Feigling, friss das! Sie sehen also, liebe Zuschauer, wie ich mich auf die Seite des Plosiv zu schlagen scheine, obwohl der Klusiv völlig im Recht ist und nur, so will es weiterhin scheinen, weil mir dessen stilistischer Schlaganfall auch eher das Mütterliche in die Brust treibt. Nur ganz unterschwellig und in zwei Halbsätzen deute ich an, dass ich mich als Loser in meiner Ehre gleich doppelt gekränkt fühle durch diese “Mein Haus, mein Auto, mein Blog“-Attitüde zweier offenbar noch adoleszenter Mittelschichtsopfer, die hie vergaßen und da nie eine Ahnung davon hatten, dass man sich das Prädikat “gescheitert” verdienen muss. Ins Bett, ohne Essen!

 
udowahrAlles muss man selber machen. Alles. Es ist nicht nur heiß, schwül oder beides, mein Leben scheiße und die Handkreissäge, die mir leihweise zuflog, ein 7,5-Kilo-Monster (Danke, P., damit kann man sicher super ein paar Bretter und Latten mal eben kürzen. Wenn man sich vorher eine verfickte Werkbank baut!), ich muss jetzt auch noch eine Eloge schreiben. Warum? Weil dieser Stony nicht mehr als das hier anzubieten hat:

Genau genommen bin ich schon damit überfordert auf den Punkt zu bringen, warum es mir ‘gefällt’.

Sind wir hier beim Mädchenabend oder was? Schatz, aber es ist soo süüß! (Nein, ich bin nicht frauenfeindlich, ich bin Sexist aus Erfahrung. Sexismus ist übrigens eine Wissenschaft, nicht so ein Punktesystem für Gemoppel wie diese Gender-Astrologie.) Wo waren wir eigentlich? Soll das vielleicht ein Zusammenhang sein? Nein; vielleicht lest ihr bitte mal sinnentnehmend, es ist eine Eloge.

Warum, warum …

Ich muss mir also nicht nur aus den Fingern leiern, warum mein jüngstes Opfer preiswürdig ist, es also verdient hat, wenn der eine oder andere Troll demnächst auch ein Ründchen bei ihm freidreht und er von der Vereinigung der Blogwarte in die Querfront berufen wird. Ich muss mir alles selbst einfallen lassen, weil derjenige, der den Preisträger vorgestellt hat (wobei der wie immer eh schon feststand), nix dazu beiträgt. Ich sag mal so: Es wird schwierig, auf den Punkt zu bringen, warum es mir ‘gefällt’.

Na klar, er hat Stil. Schreibe. Findet man nicht so oft hier draußen, eher … ach sucht doch selbst! Dann diese, soll man es “Themenauswahl” nennen? Ich meine, wenn man hier liest, weiß man im Februar ja schon, was im April kommt, ööde! Bei ihm komme ich nicht ganz dahinter. Mag ich. Poliddisch ist er auch, aber anders. Nicht so wie die üblichen Verdächtigen, von denen einer nach dem anderen aus dem Geschwader ausschert und vor den Atlantikwall klatscht oder sonstwie verblödet.

Fokussierter, aber immer knapp daneben fokussiert. Früher nannte man das auch “essayistisch”, nur war das dann immer so geschwätzig, wo er dich damit stehen lässt, dich zu fragen, was jetzt genau? Hat er vielleicht von diesem Brecht; was sind wir kultiviert! Und dann noch für den Rest Blicke aufs Leben, die einen ähnlichen Effekt hinterlassen. Wundern statt nicken, das schont die HWS. Was einzig stört, ist dass es mal wider Berlin ist, Berlin sucks. Schreibt doch mal was aus Bielefeld oder Dingolfing!

So ähnlich halt. Mehr geht heute nicht. Ist aber vielleicht besser als ihm in die Fresse zu rotzen. Wer’s wirklich besser kann oder wenigstens motivierter ist, wohlan! Sag’s ihm, aber sei lustig, beim Oliver ist nämlich Radikale Heiterkeit angesagt.

 
udowahr Immer dasselbe hier. Der gute Thomas hat das brave Tierchen jetzt ein ganzes Jahr gepflegt, jetzt muss es mal was Neues sehen. Wie immer suche ich tolle eher unbekannte Blogs, denen ich das schöne Bild in die Stube hängen kann, den röhrenden Hirsch gibt’s selbstverständlich gratis dazu. Sagte ich eben “immer dasselbe”? Nein! Es wird diesmal etwas geben, das es lange nicht gab, nämlich einen Gewinner, der noch nicht auf der Blogrolle steht.
Was ein Underdog ist, fragt ihr? Ich bin heute sehr unmotiviert und verklinke daher die Erklärung vom letzten Jahr. Wohlan!

 
zb

In der “Zeit” haben ein paar Fachexperten aufgeschrieben, wie der Große Bruder uns künftig vor den schrecklichen Gefahren des Cyber schützen will. Seit in Deutschland in den 90er Jahren zuständige Bürokraten und deren dienstbare Journalisten erfahren haben, dass es ein Internet gibt, ist Großalarm. Zunächst wurde ihnen erklärt, dass es neue Autobahnen gibt, eine Infrastruktur, durch die Menschen und Waren zueinander kommen. Da bei Politikern und Journalisten diesbezügliche Fachkenntnisse nicht ganz so weit verbreitet sind wie solche über Quantenphysik, waren die Reaktionen wie erwartet: Die Mutigeren machten sich eine herzzerreißend kindische Vorstellung und verbreiteten dem gemäße Märchen, die weniger Mutigen erfasste die nackte Angst.

Es ist etwas ganz, ganz Schlimmes, das unsere Jugend gefährdet durch Killerspiele und Porno, wo sich Verbrecher völlig ungehindert und unerkannt Zugriff auf Leib und Leben anderer verschaffen und das nur wenige Erleuchtete mit magischen Kräften beherrschen und verstehen. Mit der Zeit wurde das keineswegs besser. Je mehr Menschen das Internet ganz selbstverständlich benutzten, desto schriller die Hysterie. “Internet” ist daher schon ein Begriff, den man meidet, klingt er doch irgendwie … nett. Den Unterschied zwischen World Wide Web und Internet kennt eh keiner, und auch WWW klingt viel zu optimistisch.

Highway to Hell

Nach der “Datenautobahn”, ein nicht mehr steigerbar dämlicher Begriff, der mich immer an “aber es war doch nicht alles schlecht” erinnert, entdeckten die Daueralarmierten also die olle Kamelle “Cyber”. Das klingt mystisch, kommt das Wort doch nicht nur von “Kybernetik”, einem für Halbhirne unbegreiflichen Dings, sondern es hat auch noch einen griechischem Wortstamm, wie so vieles Übernatürliche. “Cyber”, das ist die Dimension hinter den Dimensionen, aus der sie kommen. Der Äther des Fremden, die Sphäre des Grusels. Und so sieht das semantisch aus, wenn sie darüber reden und schreiben:

Cybersicherheitsstrategie, Cyberabwehrzentrum, Cyberabwehr, Cyberangriffe, Cyberkriminalität, Cyberwaffen, Cyberfähigkeiten, Cybersicherheit, Cyberplan, Cyberkonzept, Angreifer, Computer Emergency Response Team, zivil-militärische Zusammenarbeit, digitale Eingreiftruppe, Quick Reaction Force, Mobile Incident Response Team, Eingreifteams, verdächtige Aktivitäten, Strafrecht, Anti-Terror-Paket, Sicherheitsdienstleister …”

Eine Auswahl aus dem verlinkten Artikel. Es herrscht Krieg; gegen die Kriminellen, den Terror, die unheimliche dunkle Bedrohung. Selbstverständlich ist die Überwachung aller und ihrer sämtlichen Kommunikation unter diesen Vorgaben nicht nur eine Option, sondern quasi natürliche Konsequenz. Der Gedanke, dass der Staat dem mit Offenheit begegnen könnte, mit der Transparenz, die einer Demokratie würdig wäre, kommt gar nicht erst auf. Im Gegenteil muss der Staat vor den Bürgern geschützt werden, von denen jeder einzelne verdächtig ist. Man stelle sich vor, das Internet und seine Möglichkeiten wären etwas Gutes, das Spaß macht und nützlich ist. Nicht auszudenken!

 
bi

Der De Lapuente ist diese Art linker Spießer, der aufpasst wie ein Spitz, ob einer nicht zu radikal daherkommt. Nachher wird noch das Geld abgeschafft oder die Marktwirtschaft®, wie furchtbar! Solche sind “Fundamentalisten”, die müssen angezeigt werden. Aktuell pinkelt er Jutta Ditfurth ans Bein, weil er die Gelegenheit hat, derart an ein wenig Aufmerksamkeit zu kommen für sein ödes Genöle.

Da bei ihm daheim niemand mehr liest und sowieso niemand kommentieren darf (es sei denn liebedienerisch), verbreitet er sich bei seinem Kollegen Jens Berger. Sogar der hat immer viel mehr Aufmerksamkeit, obwohl er selbst den Esprit eines Versicherungsvertreters des Linksliberalismus versprüht. Egal, wenn man erst mal dort unten ist, macht man alles: Facebook, PayPal, Gastautor.

Bis hierher soll die Fingerübung reichen. Was davon ich wörtlich meine und was nicht, interessiert mich im Grunde selbst nicht. Es ist nur das, was herauskommt, wenn einen Inhalt nicht mehr anficht und man sich stattdessen einen ‘Standpunkt’ sucht, wo der eine gut ist und der andere halt nicht, Die Nichtguten sind dann rhetorisch zum Abschuss freigegeben. Ditfurth hat Blödsinn erzählt? Dann haue ich ihr den um die Ohren, wenn es mich interessiert. Welche Motive sie angeblich hat, ihre politische Haltung in meine womöglich kleinkarierten Kategorien zu klemmen und sie dafür zu verurteilen, wozu soll das gut sein? Wem nützt das?

Meine Freunde, meine Feinde

Einen ähnlichen Fehler begeht Wolfgang Storz, der auch schon gute Arbeit abgeliefert hat, in – ja was eigentlich? Eine Studie ist das nicht. Ich kann das nur in der Luft zerreißen, denn es verfehlt nicht nur jeden wissenschaftlichen Standard, es lässt auch nicht erkennen, worum es eigentlich geht. Storz will eine “Querfront” gefunden haben. Die Kriterien für das, was dazugehört und was nicht, bleiben aber diffus. Bliebe er bei den eingangs genannten Akteuren (Kopp Verlag, Compact, Jebsen), wäre das Ganze halbwegs stimmig, der Gegenstand wäre aber eine Art Rechtspopulismus.

Dass vor allem Jebsens Interviewpartner, der suggeriert, sie wären irgendwie Weggefährten, das Zentrum der Betrachtung bilden, führt zur unauflösbaren Konfusion, wenn dies zum politisch aktiven Netz aufgeblasen wird. Hier wäre Akribie vonnöten, denn es gibt keine benennbare Beziehung von Jebsen zu seinen Gästen. Auch dessen (ehemalige?) Nähe zu Elsässer und dessen Umfeld bleibt assoziativ. Storz besorgt hier Jebsens Arbeit, indem er solche Assoziationen auffährt ohne zu klären, wer da mit wem was zu tun hat. Das ‘Wer’ ist Jebsens Visitenkarte und leicht zu erkennen, aber das ‘Was’ eben nicht. Damit kann jeder Demagoge arbeiten, indem er eben heute dies andeutet, morgen jenes und sich immer im Bunde weiß mit welchen, die er so kennt.

Ich habe keine Lust, mich mit Jebsen zu befassen. Seine Vorträge sind strukturlos, öde und überengagiert. “Der Wald braucht keine Demokratie“? Mir reicht der eine Satz. Seine Interviews wiederum sind immer wieder suggestiv, er gibt dauernd Input aus seiner Sichtweise, aber dennoch ist es ihm gelungen, Menschen einzuladen, die etwas zu sagen haben. Daher bleibt es für viele Zuschauer interessant. So einfach ist das. Querfront? Was soll das sein? Die Rede ist hier von einem, der sich effizient ranwanzt, ohne relevante Verbindungen zu schaffen.

Was, nicht wer

Auch die anderen Anlaufstellen (Kopp-Verlag, Compact, was da sonst noch rechts und links abfällt wie der unvermeidliche Albrecht Müller) bleiben assoziativ und entsprechen keinen gemeinsamen Kriterien, weder inhaltlich noch bezüglich der Reichweite. Für eine Studie wäre es darüber hinaus wichtig zu wissen, wer warum nicht genannt wurde (z.B. PI, Fefe, Netzpolitik oder “Freiheit statt Angst”) – wenn das Inhaltliche schon auf der Strecke bleibt. Verwirrt lässt mich vor allem der Schlußsatz zurück:

In dem Untersuchungsgegenstand kann ein Beispiel für eine zwar vergleichsweise (noch) begrenzte, aber gut funktionierende und leistungsfähige eigenständige ‚Gegenöffentlichkeit‘ jenseits der traditionellen Massenmedien gesehen werden.
Das also war der Untersuchungsgegenstand? Worin genau besteht dann die “leistungsfähige eigenständige ‚Gegenöffentlichkeit‘”?

Der Fokus auf Personen und deren Verbindungen führt zu gar nichts, zumal nicht im Internet und mit Blick auf politische und publizistische Strukturen. Für die Analyse von Organisationsstrukturen haben wir schon die NSA, für ‘wer-mit-wem’ gibt es Watchblogs und Stalker, die täglich aufschreiben, wer vor wessen Tür parkt, und für charakterliche Bewertungen haben wir unsere Trolle. Wenn ich etwas erfahren will über politische Entwicklungen, Ansichten und Anschlussfähigkeit, muss ich Inhalt mit Inhalt und Meinung mit Meinung abgleichen. Das ist das Potential des Internets. Daraus kann man dann lernen oder eben auch nicht.

 
be

Ich habe heute diesen Bericht über den Twittertroll Anne Helm gelesen [via tuxprojekt] und mich ein wenig über Danischs Schlüsse bezüglich der “Linken” geärgert. Das Problem ist hier bereits ausreichend beschrieben, aber es geht über den völlig ausgehöhlten Begriff einer “Linken” hinaus. Dass sich inzwischen jede bizarre Neurose, aus der sich eine Ideologie schmieden lässt, wahlweise als “links” oder “alternativ” bezeichnet, macht kommunizieren schwierig. Nicht ganz zufällig brüllen sie sich daher auch lieber Schmähungen und Befehle zu auf ihrer Plattform der 140-Zeichen-Beschränkten.

Der Begriff “Politik” geht gleich mit unter, in trauter Eintracht zu Grabe getragen von Parlamentariern und Twittersprallos, die sich vor allem und teils nur noch dadurch auszeichnen, dass sie jeden Zusammenhang in Stücke hacken, um aus den Resten Parolen zu schmieden. Aufmerksamkeit und Effekt sind alles, was zählt. Es geht nicht um Inhalte, nie, denn das hieße, sich auf die Suche nach den richtigen Fragen und ersten Antworten zu machen, zu zweifeln, auch und gerade an sich selbst, und sich beharrlich an Problemen abzuarbeiten. Wie viel leichter, schneller, lauter und bunter ist es da doch, sich mit ein paar Rüpeln zusammen zu tun und über andere herzufallen, die einem nicht passen.

ACHTUNGALARMAUFPASSEN Wachstum!

Die ‘parlamentarische’ Arbeit beschränkt sich derweil längst auf die ewige Wiederholung der immer gleichen Phrasen aus der PR-Abteilung. Entscheidungen werden nicht diskutiert, sondern im Nachhinein verschlagwortet. Dieses dogmatische Verfahren ist bei den Vögeln des Zwitschermobs schon Selbstverständnis, weil eine Debatte ohne Nebensätze gar nicht führbar ist und daher auch nicht gewollt von denen, die dort krakeelen. Wie sich in den Zentren realer Macht (hier allerdings relevante) professionelle Zirkel gebildet haben, die den Außenkontakt nur mehr in Form von Verkündungen abwickeln, findet auf Twitter ein Nichts statt zwischen aggressiven Narzissten, das wirkt, als sei ganz großer Alarm.

Dieses ständig blinkende, heulende und donnernde Nichts ergänzt als Aufmerksamkeitsmagnet den routinierten Nihilismus der Parteipolitik. Passt schon, wenn deren Nachwuchs sich dort rekrutiert. Wer das ernst nimmt, glaubt auch, ein “Ich bring’ dich um, du Drecksau” irgendwo ins Netz gerotzt, sei eine “Morddrohung”. Ich weiß, es sind eher weniger, die solch infantiles Getöse nicht ernst nehmen. Das ändert nichts daran, dass die Plärrer weitgehend unter sich bleiben. Ein Beleg dafür: Hier geht ja reichlich Traffic ein, aber von Twitter kommt quasi null. Ich habe dort selbstverständlich auch keinen Account.

Wir haben also ein doppeltes Problem, wenn wir so etwas wie “Politik”, zumal “linke Politik” auf die Beine stellen wollen. Die parlamentarischen Institutionen sind verseucht, weite Teile der Netzkommunikation ebenso. Eine Gesellschaft, in der Wirkungsmacht auf der persönlichen Ebene so attraktiv ist, weil alle Lebensbereiche von Machtstrukturen durchzogen sind, sägt an der Fähigkeit zu sprechen ebenso wie an der sich überhaupt zum Gespräch zu treffen. Vielleicht hängt vieles davon ab, Plattformen zu finden, auf der man wieder Zusammenhänge diskutieren kann, so dass sie Anschluss ans allgemeine Denken finden. Früher waren es Arbeitervereine, aus denen eine Bewegung entstand. Was könnte heute den Ausgebeuteten die Sprache zurückgeben?

 
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Am liebsten packe ich ja Geschichten aus den 80ern aus, weil sich die so exotisch anhören für die Einen und so heimelig für die Anderen. Oder gehen wir in die 70er zurück, das ist für viele Zeitgenossen schon prähistorisch, für mich erscheint es wie ein Wimpernschlag. Ich habe das eben noch gesagt: Ich denke an mein Viertel, Straßen, in denen Autos standen. Einzelne Autos. Man wusste von jedem, wem es gehörte und es gab keine Familie, die zwei hatte.

Es gab überall kleine Läden, die heute bestenfalls als Kiosk durchgehen würden. Sie hießen wie ihre Inhaber, nicht wie eine Kette. Auf dem Weg zu meiner Schule gab es so ein Lädchen, in einem kleinen würfelförmigen Gebäude, das nur diesen Laden beherbergte. Die Besitzerin war eine gerüchteumwitterte blonde Frau mit meterlangen Beinen, die einen Opel GT fuhr. Sie war sehr nett zu uns Kindern und ich wahrscheinlich ein bisschen verliebt.

Oppa und der Kriech

Inzwischen kommt es mir vor, als würde ich solche Geschichten aus der Gruft murmeln, wenn ich nur ein paar Jahre zurück denke. So wie es Jahrzehnte gedauert hat, die Straßen vollzustopfen mit Blech, das alle paar Jahre das Einheitsdesign wechselt, komplett ausgetauscht und aufgestockt wird, hat es nur einzwei Jahre gebraucht, um die Köpfe der Konsumenten endgültig zu beugen. Es dauerte Jahrzehnte, bis das Autoland die Gehirne so getrimmt hatte, dass nicht mehr die Familie, sondern jedes einzelne Mitglied einen Zweitwagen braucht. Es hat wenige Jahre gebraucht, um die Menschen mit sinnlosem “Äpp”-Spielzeug zuzumüllen, auf dass sie nicht mehr sehen noch sprechen.

Am Anfang war das Internet. Wir waren auf hoher See. Es gab so viel zu entdecken, zu erforschen, zu suchen und zu finden. Von dieser Zeit zeugen Programmnamen wie „Explorer“ und „Navigator“ sowie das Wort „surfen“ für die virtuose Bewegung im unbekannten Raum oder „Anker“ für einen Link. Die Welt des Netzes war noch fast übersichtlich, dennoch war es oft schwierig etwas zu finden, wenn es konkret sein sollte, man aber nicht wusste, wo und wer. Man entdeckte daher viel, was man gar nicht gesucht hatte, machte Zufallsbekanntschaften und traf sich in den Spelunken der Foren, Newsgroups und Chats. Unendliche Weiten; und dann kam Google.

„Don’t Be Evil“ sagten sie, sei nicht bösartig, und bis heute lassen sie daran glauben. Ernsthaft meint eine der relevanten Weltmächte: „Geld verdienen, ohne jemandem damit zu schaden“ sei ihr Unternehmensmotto. Das sollte jemand ihnen ins Gedächtnis rufen, wenn sie um Budgets verhandeln, ihre Rechtsabteilung losschicken oder einfach den nächsten Laden übernehmen, um ihm ihre Bedingungen zu diktieren. Google half einmal dabei, den schnellsten Weg zum wahrscheinlich gesuchten Hafen zu finden. Heute sind sie auf dem Weg zu einer Art Gehirnwäschemonopol. Niemand, der Werbung macht, kommt mehr an Google vorbei, und Google weiß das. Don’t Be Stupid.

Sei keine Ameise

Aber es ist nicht Google, das diesen Weg bestimmt. Nicht einmal das geniale Google hatte der ganz großen Krake etwas entgegen zu setzen. Es hat sich entwickelt wie die Ideale junger Menschen und hat aus großen Ideen mit dem großen Erfolg das große Geld gemacht. Aus dem Guten wurde schon kurz nach dem Start das nicht ganz so Böse, und auch an das kann man nur noch glauben, weil man es sich jeden Tag selbst suggeriert. Geld verdienen, ohne jemanden zu sehen, dem man damit schadet, vor allem aber und eigentlich nur: Geld verdienen! Google ist erwachsen.

Ich habe die Anfänge erlebt, auch die von Amazon, Ebay, Facebook und Co.. Die waren fast alle mal sympathisch. Heute sind sie ausbeuterische Weltunternehmen, gesteuert von der Sorte Mensch, die so etwas halt steuert. Ihre Welt ist herrlich bunt, selbsterklärend und schön, und alle lieben sie.

Ich hingegen fahre weiterhin mit meinem Kutter zu den Spelunken. Kompliziert, alt und hässlich, aber ungebeugt.

 
bl

Früher wird auch immer später. Nicht nur, dass die Technik sich hier und da rasant entwickelt hat – ich wage bei der Gelegenheit übrigens die Prognose, dass nützliche Fortschritte in den kommenden 20 Jahren kaum mehr zu erwarten sind – es ist auch die Kapitalflut, die binnen kürzester Zeit alles hinfort spült, was auch nur so aussieht als hätte es Sinn und Zweck. Das betrifft vor allem das Internet, das WWW und Träume von Freiheit und Unabhängigkeit wie die um Blogs.

Ich bin ein Spätstarter der Generation Dotcom, vielleicht auch zweite Generation, das geht ja inzwischen in wenigen Jahren von einer zur nächsten. Anfang bis Mitte der Nullerjahre etablierten sich Blogs in deutscher Sprache, deren ‘erfolgreichste’ Betreiber, also die mit der höchsten Reichweite, großenteils noch heute bekannt sind (wenn sie noch aktiv sind). Techies und Journalisten, die eben vor den anderen da waren und etwas zu sagen hatten. Eine der großen Anlaufstellen für Diskussionen und Selbstreferenz war die inzwischen verwaiste Blogbar von Don Alphonso, an der man sich fröhlich feierte, vors Bein trat oder eine großartige Zukunft ausmalte.

Generation Keinezeit

Ich habe damals in einer der Diskussionen gesagt, man solle einmal 10 Jahre abwarten, dann könne man sagen, wo die Bloggerei steht, was sie kann, was sie nicht kann und wohin die Reise geht. Das war vor etwa zehn Jahren, und inzwischen kann man das ziemlich deutlich sehen. In einer Veranstaltung an einer Uni habe ich junge Frauen, die sich für Bloggerinnen hielten, weil sie sich Klamotten anziehen und davon Fotos machen können, die sie dann mit drei Standardsätzen bejubeln, gefragt, wie sie das zehn Jahre lesenswert gestalten wollten. Die Reaktion war geradezu empört. Wie man auf die Frage kommen könne, was in zehn Jahren sei. Das ist schon einer der wesentlichen Unterschiede: Ein Morgen gibt es nicht mehr.

Unabhängigkeit war ebenfalls vorgestern. Wie sie sich dem Kapital zur Verwertung anwanzen, diese eingefleischte Nuttigkeit, ist das furchtbare Gegenteil all dessen, was wir uns vorgestellt hatten. Beauty, Reise, Fashion, man möchte kotzen. Alles, was man verticken kann, so kritiklos, seicht und nichtssagend, dass es sich dem Kommerz eben so anschmiegt wie dem hirnfreien Konsum, treu wie Herpes. Ach, wie schön, ach wie neu, das muss ich auch haben! Da muss ich unbedingt mal hin, jetzt pauschal und inklusive einheimischer Begleiterin noch günstiger! Längst sind das auch die “Blogger”, die von den Massenmedien und ihren verkeimten PR-Formaten noch wahrgenommen werden. Den Rest, die alten Männer, haben sie bei SpOn und FAZ verklappt, wo sie brav das jeweilige Verlagsspektrum mit heißer Luft befüllen und selbst damit noch qualitativ ziemlich weit vorn liegen.

Höraufmitderlaberei

Umso mehr belustigt es mich, wenn ich (gern übrigens nicht einmal hier in den Kommentaren, sondern in den laissez-faire moderierten Spalten der Nachbarschaft) lese, dass ich hier die Weltrevolution verhindere, weil ich partout den Zusammenschluss, die vereinigte Linke, nicht zur obersten Direktive mache. Bloß weil ich vor Jahren einmal einen Wahlaufruf verbrochen und mich an einem lustigen Kongress beteiligt habe, werde ich wohl immer noch verwechselt mit einem, der Partei machen will. Nein, auch dazu taugt es nicht.

Es scheint, als wolle eigentlich niemand so recht unabhängige Blogs. Es scheint, denn das ist nur der Chor derer, die etwas zu meckern haben; schlimmstenfalls derer, die sich eine Vorstellung machen und der freien Meinung® sind, jene Blogger, als deren Qualitätsleser sie wirken, hätten gefälligst umzusetzen, was demnach das Richtige ist. Willkommen wäre stattdessen schon die simple Erkenntnis, dass der Vorwurf “Ihr redet ja nur” zutrifft. Dazu reicht es aber nicht bei exakt denen, die ihn so gern erheben. Ja richtig, ich rede nur. So wie es mir einfällt und so wie ich es mag. Mit denen, die mich vorwärts bringen. Und wisst ihr, wie ich das nenne? Unabhängigkeit.

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