Twitter, Parlamente und das Ende der Begriffe
Posted by flatter under netz , politik[31] Comments
11. Apr 2016 11:48
Ich habe heute diesen Bericht über den Twittertroll Anne Helm gelesen [via tuxprojekt] und mich ein wenig über Danischs Schlüsse bezüglich der “Linken” geärgert. Das Problem ist hier bereits ausreichend beschrieben, aber es geht über den völlig ausgehöhlten Begriff einer “Linken” hinaus. Dass sich inzwischen jede bizarre Neurose, aus der sich eine Ideologie schmieden lässt, wahlweise als “links” oder “alternativ” bezeichnet, macht kommunizieren schwierig. Nicht ganz zufällig brüllen sie sich daher auch lieber Schmähungen und Befehle zu auf ihrer Plattform der 140-Zeichen-Beschränkten.
Der Begriff “Politik” geht gleich mit unter, in trauter Eintracht zu Grabe getragen von Parlamentariern und Twittersprallos, die sich vor allem und teils nur noch dadurch auszeichnen, dass sie jeden Zusammenhang in Stücke hacken, um aus den Resten Parolen zu schmieden. Aufmerksamkeit und Effekt sind alles, was zählt. Es geht nicht um Inhalte, nie, denn das hieße, sich auf die Suche nach den richtigen Fragen und ersten Antworten zu machen, zu zweifeln, auch und gerade an sich selbst, und sich beharrlich an Problemen abzuarbeiten. Wie viel leichter, schneller, lauter und bunter ist es da doch, sich mit ein paar Rüpeln zusammen zu tun und über andere herzufallen, die einem nicht passen.
ACHTUNGALARMAUFPASSEN Wachstum!
Die ‘parlamentarische’ Arbeit beschränkt sich derweil längst auf die ewige Wiederholung der immer gleichen Phrasen aus der PR-Abteilung. Entscheidungen werden nicht diskutiert, sondern im Nachhinein verschlagwortet. Dieses dogmatische Verfahren ist bei den Vögeln des Zwitschermobs schon Selbstverständnis, weil eine Debatte ohne Nebensätze gar nicht führbar ist und daher auch nicht gewollt von denen, die dort krakeelen. Wie sich in den Zentren realer Macht (hier allerdings relevante) professionelle Zirkel gebildet haben, die den Außenkontakt nur mehr in Form von Verkündungen abwickeln, findet auf Twitter ein Nichts statt zwischen aggressiven Narzissten, das wirkt, als sei ganz großer Alarm.
Dieses ständig blinkende, heulende und donnernde Nichts ergänzt als Aufmerksamkeitsmagnet den routinierten Nihilismus der Parteipolitik. Passt schon, wenn deren Nachwuchs sich dort rekrutiert. Wer das ernst nimmt, glaubt auch, ein “Ich bring’ dich um, du Drecksau” irgendwo ins Netz gerotzt, sei eine “Morddrohung”. Ich weiß, es sind eher weniger, die solch infantiles Getöse nicht ernst nehmen. Das ändert nichts daran, dass die Plärrer weitgehend unter sich bleiben. Ein Beleg dafür: Hier geht ja reichlich Traffic ein, aber von Twitter kommt quasi null. Ich habe dort selbstverständlich auch keinen Account.
Wir haben also ein doppeltes Problem, wenn wir so etwas wie “Politik”, zumal “linke Politik” auf die Beine stellen wollen. Die parlamentarischen Institutionen sind verseucht, weite Teile der Netzkommunikation ebenso. Eine Gesellschaft, in der Wirkungsmacht auf der persönlichen Ebene so attraktiv ist, weil alle Lebensbereiche von Machtstrukturen durchzogen sind, sägt an der Fähigkeit zu sprechen ebenso wie an der sich überhaupt zum Gespräch zu treffen. Vielleicht hängt vieles davon ab, Plattformen zu finden, auf der man wieder Zusammenhänge diskutieren kann, so dass sie Anschluss ans allgemeine Denken finden. Früher waren es Arbeitervereine, aus denen eine Bewegung entstand. Was könnte heute den Ausgebeuteten die Sprache zurückgeben?
April 11th, 2016 at 12:11
“Dass sich inzwischen jede bizarre Neurose, aus der sich eine Ideologie schmieden lässt, wahlweise als “likns” oder “alternativ” bezeichnet, macht kommunizieren schwierig.”
Das wäre ein klasse Tweet, wenn es nicht so lang wäre. Aber: Stimmt schon. “Das Netz” ist als Diskursmedium nur bedingt brauchbar, selbst in der Piratenpartei sind nur die Etherpads wenigstens einigermaßen konstruktiv, weil da die Selbstdarstellung ausnahmsweise mal nicht im Zentrum steht.
Für Kluges sind Kurzmitteilungen nicht geeignet, Oscar Wilde mal ausgenommen.
April 11th, 2016 at 12:16
Wer solche Artikel schreibt, der braucht sich nicht zu wundern, wenn er bespuckt wird: Noch ein Puzzle-Stück zu Gender Studies: The missing link?
Aus einer Tussie gleich “Die Linke” zu machen, ist dann endgültig Kindergarten.
April 11th, 2016 at 12:19
Nee, R@iner, du missinterpretierst das. “Die Linke” – hier: der Berliner Landesverband – hat bewusst eine gerade erst eingetretene Frau, die medial bis dahin nur durch Deutschenhass aufgefallen war, zur aussichtsreichen Listenkandidatin gemacht und besonnenere “Linke” auf hintere Plätze verbannt. Was sagt das über wen aus?
April 11th, 2016 at 12:25
@tux.: Ich hatte hier vor Jahren ein paar Sachen verlinkt, die klar belegen, dass die Berliner Linken in Zeiten der Koalition in kürzester Zeit alles unterschrieben hatten, was die spd vorlegte. Ich weiß gerade nicht, ob Danisch noch bei den Piraten rumhängt, aber was sagt mir das Geblubbere über Parteigänger?
April 11th, 2016 at 12:51
Ehe hier noch mehr Mails eingehen mit der Frage, ob das eine Lesekompetenzübung sei, empfehle ich einmal mehr sinnentnehmend lesen. Die Vorwürfe gegen ihn sind womöglich völlig richtig, aber man kommt seinen Texten nicht mit Gebrüll bei. Ich hätte gern eine Auseinandersetzung. “VT oder nicht?”, das kann man analysieren, und das wird immer wichtiger, weil so viele VTen sich als wahr erweisen. “Wahr”, das heißt durch Fakten schlüssig (! im Sinne einer geschlossenen Kette) belegt. Eine Reihe tendenziöser Fragen, garniert mit passenden Einzelereignissen oder Aussagen, ist das Gegenteil.
Das kriegst du aber nie und nimmer in 140 Zeichen.
April 11th, 2016 at 13:18
“Aufmerksamkeit und Effekt sind alles, was zählt. Es geht nicht um Inhalte, nie, denn das hieße, sich auf die Suche nach den Richtigen Fragen und ersten Antworten zu machen, zu zweifeln, auch und gerade an sich selbst, und sich beharrlich an Problemen abzuarbeiten.”
Trifft den Kern des Problems ziemlich genau. Der Film “Er ist wieder da” zeigt sehr gut auf, wie absurd, infantil und boulevardesk die Masse damit umgehen würde, wenn Hitler tatsächlich wieder da wäre. Da geht es nicht um menschenfeindliche Inhalte, sondern um den Effekt, um Aufmerksamkeit, Quote, Reichweite, Auflage, Marktanteile – was im Film der TV-Boss auch genau so sagt. Dazu ist jedes Mittel recht.
Dennoch würde ich aus Prinzip niemals eine “linke BILD” unterstützen, nur weil man mit schreien, blöken und dummwitziglabern die Masse erreicht.
April 11th, 2016 at 13:26
Nach meinem Verständnis kann es auch keine geben, denn erstens wäre sie ein Instrument der Herrschaft, zweitens kann es m.E. keine sinnvollen Begriff von “Links” geben, der nicht antikapitalistisch wäre. Die Aufmerksamkeitsökonomie des Boulevards ist aber originär kapitalistisch.
April 11th, 2016 at 15:49
“Früher waren es Arbeitervereine, aus denen eine Bewegung entstand. Was könnte heute den Ausgebeuteten die Sprache zurückgeben?” die Einemillioneurofrage. Zwei Versuche meinerseits (Attac + Die Linke) sind kläglich gescheitert; muss wohl an mir liegen, oder?
Btw.: Die wenigen ‘vernünftigen’(?) Leute, die ich getroffen habe sind in einem Punkt einig: Mehr als drei Leute … und schon geht die Pest los (Gruppendynamik, Geltungsbedürfnis, Dominanzverhalten etc., das Übliche halt)!
April 11th, 2016 at 16:06
@ R@iner: Sehe ich auch so. Diese Heulsuse hat den Troll bekommen, den ER verdient. Der von dir angegebene Link ist unertraeglich bzw. unlesbar.
April 11th, 2016 at 16:34
Ich finde das zu kurzsichtig. Es bleibt am Ende eben wieder “die Linke”, die Schaden nimmt, wenn sich zwei Halbhirne hauen.
April 11th, 2016 at 17:34
Opener: “Früher waren es Arbeitervereine, aus denen eine Bewegung entstand. Was könnte heute den Ausgebeuteten die Sprache zurückgeben?”
Wenn dem so war; war es so?
Dann wäre mE logisch eine Analyse oder wenigstens vorsichtiges Verstehen von uns nötig, wie und warum Menschen in den Arbeitervereinen waren.
Ich mein’, von allein macht so ein Verein ja mal nix und entsteht auch nicht aus dem Nix.
Wenn wir wissen oder wenigstens eine Ahnung davon haben/ kriegen, warum sie (die Menschen und die jw. Vereine) da waren, kriegen wir vielleicht auch raus, wie es zu Bewegung(en) kam.
Jedenfalls scheint mir so überhaupt nur eine Chance auf Klärung/ Ableitung für jetzt.
(soweit erst einmal meine 2 Cents)
April 11th, 2016 at 20:29
Ich schlage mal – auch mit Blick auf den Harvey kürzlich – sowas wie ‘Konsumentenvereine’ vor… auch erstmal nur so in’s Blaue, morgen ggf mehr.
April 11th, 2016 at 22:31
Kann es nicht ganz einfach mal eine Verhältnismäßigkeit außerhalb der Dachkammermentalität separierter Kreise geben? So etwas geht genauso zwischen den beiden polaren Extremen von mentalen politischen Bibelzirkeln und BILD-Zeitungs-PR, wie es nicht in einer Mitte enden muss, die beides kann und sich dementsprechend nach der Quantität verhält. Der Witz ist nämlich einfach dabei der, dass beide Extreme wie auch alles dazwischen weder frei vom Aufmerksamskeitswert, frei vom eigenem Elitärbedürfnis, als auch frei von sonstigen Eitelkeiten ist. Wann fangen wir wieder an über Menschen zu reden? Ansonsten, – klasse Text.
April 11th, 2016 at 22:35
Oder einfach MIT Menschen ;)
April 11th, 2016 at 22:38
Völlig richtig, aber wie, wenn wir sprachlos sind? Deshalb die Frage nach der Plattform, dem geneimsamen Thema, der Repräsentation (im philosophischen Sinne)- wo und wie finden wir zueinander, verbindlich?
April 11th, 2016 at 23:59
Oh je. Mit diesen Dingen hat man hier ja noch gar keine wirklichen Erfahrungen sammeln können. Die Nachfrage nach konzeptioneller Mitmenschlichkeit mag es zwar geben, jedoch fehlen die aufrichtigen Angebote hierzu.
Und mal ehrlich: Ist des Menschen Gewand dieser Kreatur nicht sowieso viel zu gross?
April 12th, 2016 at 01:07
Auf diese deine Frage:
“Was könnte heute den Ausgebeuteten die Sprache zurückgeben? ”
Habe ich eine verblüffend einfache Antwort.
Sprechen!
Und zwar, wie weiter oben bereits angedeutet:
Mit den Menschen.
Aber, Oh Boy,
so einfach ist es dann eben auch nicht.
Sehe ich aber als alternativlos.
Kann man nun auf Facebook, Twitter ET Gezeterä probieren, verhallt aber im Sturm des Gezeters.
Ich habe mir angewöhnt dem Bullshit zu begegnen, wo er mir begegnet.
Ich höre, etwa beim Einkauf, den Alte-Lady-Club, die den Gang verseprren irgendwas mit “Flüchtlingen” krakeelen.
Frage also welche denn gemeint sind.
Die mit Angst und Waffen terrorisierten Reisenden,
oder die mit Geld gespickten, steuervermeidenden Reisenden, die tatsächlich verantwortlich sind, dass sie ihren Käsekuchen zum Kaff bei Aldi kaufen müssen, weil es für´s selber backen, geschweige den für´s Cafe´, das natürliche Habitat dieser Klientel nicht mehr reicht.
Das mache ich je nach Laune und gegebener Aufmerksamkeit. Manchmal hören sie gar zu…
Immer aber sind diese “linken” Texte, in deren Sprache, besser dort aufgehoben, als bei den Zustimmung nickenden “Linken”.
Das ist wohl die eigentlich Herausforderung.
April 12th, 2016 at 01:30
@eb
Ich rede gerne mit Menschen, aber sie nicht mit mir ;-)
Gefühlte 95 Prozent aller Mitmenschen, die ich so erlebe (fast egal wo), möchten nur über Lohnarbeit, Familienklatsch, Kinder, Wohnung, Haus, Auto, Garten, Ernährung, smartphone-Gedaller und sonstigen Konsum-Kram reden. Ich befürchte, das Problem ist schon lange nicht mehr das “wie am besten vermitteln”, sondern die Wiederbelebung von Neugier, Selbstdenken und Liebe zur Wahrheit.
Gute Nacht! :-)
April 12th, 2016 at 07:06
@Wat(14)
Dito, – unbedingt richtig. (Mein Fauxpas :-)
Ich meinte damit aber auch ein wenig die Möglichkeit, “mit” Menschen, “über” die generellen (eben auch irrationalen) Eigenarten von Menschen zu sprechen und darüber eine Brücke zu schlagen, die es evtl. allen ermöglicht sich damit zu reflektieren. Irgendeine Methodik dafür, würde ich aber ablehnen, sonst wird da gleich wieder ein System draus oder irgendwelche Coaches basteln Bauanleitungen dafür. Gerade dieser zeitgemäße übergroße Hang zur funktionalen Auswertung zur Funktionalisierung von Menschen, ist der Punkt, der mich am meisten beschäftigt. Insofern gefällt mit epikurs letzter Satz ganz besonders gut.
April 12th, 2016 at 09:58
Ich hätte gern eine Auseinandersetzung. “VT oder nicht?”, das kann man analysieren, und das wird immer wichtiger, weil so viele VTen sich als wahr erweisen.
Ich denke, es ist überaus plausibel anzumnehmen, dass ‘die Dienste’ natürlich jede gesellschaftliche Entwicklung verfolgen und Bewegungen zum Zwecke der Beobachtung und Beeinflussung auch zu infiltrieren suchen. Man wird daher auch immer entsprechende Spuren und Indizien irgendwo finden können.
April 12th, 2016 at 10:31
@eb – ich habe nichts gegen @epikurs letzten Satz. Warum auch, im Gegenteil. Wenn hier festgestellt wird, daß Menschen (gemeinsam) nur über x, y, z reden wollen – Ja, verdammich, dann reden wir (gemeinsam) über x, y und z.
Wenn es nicht gelingt dabei Neugier, Selbstdenken und Liebe zur Wahrheit zu finden/ zu wecken – warum muß das an den anderen liegen?
Vielleicht liegt es ja an uns?
Vielleicht sehen wir das Gesuchte nur nicht oder finden schon ‘ihre’ Themen blöd.
Warum eigentlich?
Sie finden sie nicht blöd und wir wollen mit ihnen reden – warum sollten ‘die anderen’ dann was ändern? ;)
April 12th, 2016 at 11:37
“Aus gutem Grund gibt es Parlamente. Sie schützen die Demokratie vor dem Volk und das Volk vor sich selbst. Denn beim Volk, das ist eine paradoxe Wahrheit, ist die Demokratie nicht gut aufgehoben. Volkes Stimme und Fortschritt – das geht nicht gut zusammen.”
Das sagt dieser Linke vom Spiegel.
April 12th, 2016 at 11:58
@22: Die Stadt Madrid hat die Internetseite Decide Madrid eingerichtet, auf der jede/r Bürger eintragen kann, was ihrer/seiner Meinung nach mit 60 Millionen Euro gemacht werden soll. Am Ende wird über die Vorschläge abgestimmt.
Zu beachten ist auch, dass die Stadt ein eigenes Portal zur Transparenz hat. An diese Voraussetzung hat der Spiegel-Linke jetzt gar nicht gedacht.
An der Uni in Barcelona finde ein paar Tage freie Veranstaltungen zur Partizipation der Bürger statt. Am liebsten würde ich hinfahren, was mir aber nichts brächte, da ich kein katalanisch kann.
Augstein ist von vorvorgestern, aber genau der richtige Magnet für die noch blöderen Kommentatoren dort.
OT: Oh, der wdr hat knallhart recherchiert: Fast jedem zweiten Rentner droht die Altersarmut
April 12th, 2016 at 12:42
OT – Erster großer Teilerfolg der Flipperkugel und seiner Bumpergesellen!
April 12th, 2016 at 14:27
OT: Mit der spd wird es keine Grundgesetzänderung geben!!1!
April 12th, 2016 at 15:41
Ich spreche ihm hiermit mein vollstes Vertrauen aus. Nächste Station: 17%.
April 12th, 2016 at 16:31
@18
Siehe Wat seine Antwort in #21. Zudem möchte ich noch etwas hinzufügen. Ich werfe die These in den Raum, dass für >90% “Neugier, Selbstdenken und Liebe zur Wahrheit” aus den Themen “Lohnarbeit, Familienklatsch, Kinder, Wohnung, Haus, Auto, Garten, Ernährung, smartphone-Gedaller und sonstigen Konsum-Kram” besteht. Das sind nunmal ihre Prioritäten.
Du musst schon quasi gezielt nach Menschen suchen, die sich über fachspezifische, soziale, politische, philosophische, usw. auf einem gewissen Niveau unterhalten wollen. Geh doch mal in ein paar Kneipen oder Cafes, wenn z.B. ein Bayern Spiel läuft. Da haste eher den 0815 Normalo und die Themen die ihn bewegen sowie das Niveau. Da kommen schon gerne aktuelle Themen auf. Öffentlicher Nahverkehr ist auch interessant. Ich lausche manchmal mit und bin oft schockiert über die vielen vermeintlichen Fakten, welche keine sind oder einfach fehlendes Wissen um überhaupt einigermassen fundiert darüber zu diskutieren. Oft hören sie sich nicht einmal zu, sondern die Gesprächsteilnehmer wollen einfach alle nur ihre Position kund tun und das wars. Wenns schon an der Gesprächskultur mangelt, bei den Inhalten sind wir da noch nicht mal.
#22
1. Sowas sagen natürlich besonders gerne Personen, welche politische Macht bei möglichst Wenigen konzentrieren möchten. 2. Nach der Logik haben auch z.B. Adel/Klerus gedacht/gehandelt. Der doofe Pöbel musste ja vor sich selbst geschützt werden. Damals gabs noch den Bonus “Gottes Wille”. Das doofe ist nur, wie soll man Schwimmen lernen, wenn man nie ins Wasser steigt. Wenn man nie den Mut hat z.B. mehr direkte Demokratie zu wagen, neue Wirtschaftssysteme ausprobieren, …, dann werden die Leutz auch nie lernen damit umzugehen.
#24
Im TP Artikel wird wiederrum auf den Welt Artikel “SPD im Umfrage-Schock” verwiesen. Dort gibt es folgendes Zitat von SPD-Generalsekretärin Katarina Barley auf die Frage ob eine Personaldebatte im Bezug auf Gabriel notwendig erscheint:
«Ich bin der festen Überzeugung, dass uns Personaldebatten nicht hochbringen werden», sagte Barley in Berlin. Die Partei habe auch kein Glaubwürdigkeitsproblem, weil die SPD seit zweieinhalb Jahren in der großen Koalition «ursozialdemokratische Politik» mache. «Was wir da durchsetzen und umsetzen konnten, ist beeindruckend», meinte Barley mit Blick auf Mindestlohn, Renten, Frauenrechte oder Integrationspaket.
Ist das schon Realitätsverweigerung oder glaubt Sie wirklich was sie da von sich gibt? Falls ja, dann ist der Anspruch der SPD an “ursozialdemokratische Politik” aber verdammt niedrig oder die Definition hat sich um 180 Grad gedreht.
April 12th, 2016 at 18:30
Ich bin überzeugt davon, sie glaubt das wirklich. Echt jetzt. Ihre Realität sieht mit Sicherheit auch so aus.
Da liegt der s.g. Maßstab nämlich bei dem, was sonst gekommen wäre, wenn die SPD nichts gemacht hätte oder das Ganze nicht so wie gemacht mitgemacht hätte, weil sie dann in der Zukunft nichts mehr machen könnte.
Vergeßt (mE) einfach mal, daß die alle doof und mutwillig bös’ sind – sind die nicht. Wollen die auch nicht sein.
… Es gibt so viele Rechtfertigungen vor sich selbst, dieses oder jenes zu tun oder zu lassen – und für jeden einzelnen sind das im Endeffekt so was wie ‘unumstößliche’ Wahrheiten.
Guckt uns doch hier an. Jeder hat für sich seine Gründe.
Das einzige was uns vielleicht/ evtl. manchmal heraushebt ist, daß uns die Gründe der/ des anderen persönlich interessieren – aber teilen wir sie deshalb? Müssen wir das überhaupt?
Reicht es vielleicht auch einfach bei allen unterschiedlichen persönlichen Gründen, den einen (kleinen) Grund zu finden, der uns eint – als ausgerechnet immer alle aufzulisten, von denen eh klar ist, daß sie uns trennen (würden).
April 13th, 2016 at 10:00
Nein Wat, dagegen wehre ich mich. Was du machst ist quasi das Gegenextrem zur Dogmatik, nämlich die absolute Beliebigkeit, weil ja angeblich sowieso alles subjektiv ist. Ja, ich gucke auch uns hier an. Ich stimme ja auch oft nicht mit flatter oder anderen Kommentatoren in jedem Punkt überein. Dennoch gibt es hier konstruktives Streiten, Differenziertheit, Empathie, usw. Und jetzt guck dir mal Anne Will und Co. an, wo die angebliche Elite unserer Landes sitzt und was die so von sich geben. Die haben oft nicht einmal eine Gesprächskultur und unterbrechen einfach jeden wie sie lustig sind.
Es gibt auch in den Sozialwissenschaften genug Fakten, Logik, Argumente sowie “ungenutzte” Thesen. Die Analyse des Kapitalismus ist doch z.B. hier oft vortrefflich gelungen und zeigt ganz klar auf, dass es vom Prinzip her nicht auf Dauer funktioniert. Hier fällt dann gerne die Aussage “die Fehler sind systemimmanent” und das finde ich nachvollziehbar, besonders wenn man auch die Geschichte zur Analyse hinzunimmt. Das Festhalten daran mag persönliche Gründe haben (Macht, Gier, Inkompetenz, …), aber man kann es sehr wohl objektiv analysieren und aufzeigen, dass es höchstwahrscheinlich bessere Alternativen gibt.
Und genau das ist es, was mich so sehr an unserer Welt nervt. Das quasi der Anspruch (besonders in der Politik) das Minimum der Möglichkeiten als völlig ausreichend zu sehen und sich alle selbstzufrieden auf die Schulter klopfen. Ich weiss, Demokratie ist nicht die Herrschaft der Kompetenten (das hätte wieder andere Nachteile), sondern die der Mehrheit. Aber wenn man es genau nimmt, stimmt ja nicht mal das in den meisten Demokratien.
April 13th, 2016 at 11:18
Es ist mE keine Beliebigkeit, jedem die ihm eigene Geschwindigkeit beim Begreifen seines Seins ‘einzuräumen’.
Oder bist Du jemand, der schon immer alles so wußte, wie er es heute weiß?
Ich bin es nicht. Ich habe meine Zet gebraucht und werde sie weiter brauchen. Ich kann nicht einmal eindeutig sagen, wo da Anfang und da Ende ist.
Außer eines: Menschliche Objektivität ist ein Widerspruch in sich. Mensch ist Subjekt; Objekt erst mit dem Tod…
April 13th, 2016 at 13:03
Passend dazu…