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2018


 
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Vielleicht bin ich ein Freak, ein Nerd, einer, der sich immer übersetzen muss, damit man ihn versteht. An diesem Ort sicher nicht der einzige, aber eben so weit anders, dass die eigene Sprache zur Fremdsprache wird. Ein Beispiel dafür, womöglich das wichtigste, ist mein Beharren auf die Wirkung des Systems, das Spiel der Kräfte, den Rahmen der Optionen, Möglichkeiten, Hindernisse, Illusionen. Dabei ist der Glaube, das sei anders – weil ja schließlich immer Menschen entscheiden – eher eine Modeerscheinung.

Als Foucault am Ende von “Die Ordnung der Dinge” schrieb, der Mensch sei wie ein Gesicht im Sand, das verschwinden werde, hatte er vermutlich Recht. Die Idee “Mensch”, der moderne Glaube, Menschen träfen Entscheidungen, womöglich bewusste, und entschieden so über ihr Schicksal und das ihrer Nationen, ist jung und doch schon hinfällig. Noch vor zweihundert Jahren hätte man sich rechtfertigen müssen, wenn man dem Menschen solches Bewusstsein und solche Entscheidungsfähigkeit überhaupt nachgesagt hätte.

Gott lenkt

Es war Gott, der entschied. Was der Mensch tat oder nicht, war das Ergebnis der Wirkung höherer Mächte; Gottes selbstverständlich, aber auch des Teufels, der Dämonen, des Schicksals. Was heute noch in den Religionen – auch und gerade in den christlichen – an Irrationalem lauert und jedem Gedanken an Verstand und Vernunft Hohn spricht, ist ja noch immer nicht neutralisiert. Schaut man sich an, was die Menschen global bewegt, wie sie denken, entscheiden und wonach sie leben, spielen Bewusstsein und Rationalität überhaupt keine Rolle. Das gilt für alle Menschen, also auch für solche, die man “Entscheider” nennt.

Es ist also völlig normal, davon auszugehen, dass nicht die Einzelnen und ihr Wille, Ihr Verstand oder sonst etwas Menschliches darüber entscheidet, was sozial und politisch geschieht. Lediglich der fromme Wunsch der Intellektuellen des 18. Jahrhunderts und die damals als probat erkannte Basis von Verträgen haben dazu geführt, dass Willensbekundungen und Verhandlungen zu einer relevanten Größe wurden. Diese aber mit der Wirklichkeit zu verwechseln, ist allzu menschlich – und völlig widersinnig.

Gehen wir einmal mehr zurück zu Freund Luther und der Befreiung der Christen von der Jahrhunderte währenden Befehlsgewalt einer reaktionären Einrichtung, die jeden geistigen und technischen Fortschritt erfolgreich verhindert hatte. Mit der neuen ‘Freiheit’ kamen aber ebenso neue Ketten, Denkverbote und ein jetzt noch raffinierterer Psychoterror. Ja, der Mensch wurde befreit aus seiner Rolle als Sünder, der reuig zu seiner Kirche kriechen musste, um sich Gottes Gnade bescheinigen zu lassen. Er war jetzt frei davon.

Dein Wille geschehe

Künftig thronte ein zorniger Gott über ihm, dessen Gnade bis in alle Ewigkeit ungewiss ist. Man kann sich nie genug anstrengen, rechtfertigen, die Ordnung stützen, unterordnen. Besser, man bückt sich im Zweifelsfall tiefer. Man muss sich ‘verantworten’, all sein Leben lang, und bleibt doch ohne Absolution. Der von der kirchlichen Gnade ‘Freie’ ist fortan ein hoffnungsloser Sünder – es sei denn, Gottes Wille hat ihm zum Fürsten bestimmt.

In der Moderne sind die Fürsten Oligarchen, die Sünder nach wie vor Sünder, denen man ihre Eigenverantwortung einbläut. In der neuen Hölle erzählt man ihnen, sie seien nicht bloß selbst schuld, sondern sie – als Menschen – selbst ihres Glückes Schmied, denn das Ganze sei die Summe des Willens der Einzelnen und jeder einzelne Wille der Grund für das dazugehörige Los. Alles eine Frage der Mühe, der Einsicht, der Hingabe. Der Kontostand, so die Auslegung der Calvinisten und Kapitalisten, ist dabei der Indikator dafür, was man so ‘verdient’ hat (an Gottes Gnade).

Das, liebe Freunde des freien Willens, ist die ideologische Basis für den bekloppten Irrglauben an die Macht der Menschen, ihren Willen und wie man diesen bloß gestalten müsste, um jene zur Glückseligkeit aller einzusetzen. Es hat in der Geschichte der Menschheit noch kein Land gegeben, keine Gesellschaft und keinen Staat, deren Form, Wohl und Wehe von irgendeinem menschlichen Willen abhing. So etwas wird es auch niemals geben.

 

GEGEN DIE ISLAMISIERUNG
DEUTSCHER ABSCHIEBEKNÄSTE!!!1¹!!

 
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Quelle: Pixabay

In unserer beliebten Serie “Märchen, die man auch anders vorlesen kann” möchte ich heute einmal ein Buch besprechen, das die Älteren unter euch noch kennen. Der Titel sagt mir überhaupt nichts, aber da kann man mal sehen, dass nicht alle Besteller “Spiegel”-kompatibel oder sonstwie reißerisch sein müssen.

“Bibel” also, ein ähnlich komischer Titel wie “Du den”, unter dem man sich zwar etwas vorstellen kann, aber sicher nicht das, was dann geliefert wird. Okay “Bi Belle” verspricht auch etwas, dem kommt unser Werk aber immerhin genremäßig nahe. Um nackte Weiber und Kerle, Lug, Betrug, Schande und Strafe geht es da von Anfang an; reichlich Sex and Crime, was stark anhebt (“Sodom und Gomorrha”) im Verlauf aber stark nachlässt. Ja, bis auf die Offenbarung des Johannes selbstverständlich. Ganz am Ende geht es dann doch noch einmal steil.

Sex, Drugs and Crime

Ich bin als Atheist selbstverständlich relativ bibelfest, habe auch “Mein Kampf” und die “Texte der RAF” gelesen. Es ist sehr traurig, dass im Christlichen Abendland® des Hetzers Luther kein Mensch dessen Bibel liest. Nicht einmal die verdammte Bergpredigt, die ich sogar mit meiner satanistischen Tochter gelesen habe. Dabei ist das echt ein Trip; der Autor hat gekifft, was die Birne abkann – eher sogar das entscheidende Quentchen drüber. Aber das ist absolut nix gegen dem Hans seine Apokalypse. Was der Typ sich an Pilzen eingeworfen hat, ist noch als Suizidversuch zu brutal. Lesen!

Schon wieder abgeschwiffen. Eigentlich wollte ich ja auf etwas ganz anderes hinaus: Judas, der alte – nein, eben weder “Verräter” noch Sozialdemokrat, sondern nach unserer Zeitrechnung der erste Träger des “Balls of Steel-Award”. Während Jesse verständlicherweise noch rumpusste, vielleicht gar nicht auf die Idee gekommen wäre, hat der Mann mit den Stahleiern Nägel mit Köpfen gemacht. Kein Tod, kein Märtyrer. Kein Märtyrer, keine Religion. Judas wusste, was er tat und hat nicht gezögert, den Grundstein unserer Kultur zu legen.

Coole Typen aus der Vintagezeit

Dass er sich dabei ganz en passant auch selbst geopfert hat, und zwar gleich mehrfach, darf der verblödete Christenmensch nicht zur Kenntnis nehmen. Im Gegenteil hat das Präsidium, damit bloß niemand diesen Märtyrer als solchen ehrt, das freiwillige Ausscheiden aus der großen Tretmühle gleich komplett zur Todsünde® erklärt. Niederträchtig.

Damit ist Ju der zweite wirklich coole Typ, dem sie erst die Karriere und dann für alle Ewigkeit den Ruf versaut haben. Vorher war da ja schon dieser fünfte Erzengel, der keinen Bock hatte, sich von einem launigen Weltherrscher kritiklos herumschubsen zu lassen. Von vornherein war der in diesem Film schon gebrandmarkt, war er doch der Einzige, dessen Namen nicht auf “-el” endete. Billig. Erstaunlich, wie sich solche Narrative halten, obwohl jeder Verstand und der elaborierte Geschmack dagegen eigentlich auf die Barrikaden gehen müssten.

 
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Quelle: Pixabay

Ich hatte heute ein Gespräch mit jemandem, den man mit Recht als rechten Verschwörungstheoretiker bezeichnen kann. Er glaubt an “Gruppen”, die das System “aufgesetzt” haben, weil sie davon Profitieren, deutete an, dass ihre Mittel “Papiergeld” und “Zinsen” sind und wusste auch sogleich zu bestätigen, dass es um Rothschilds und Rockefellers geht. Ein netter Kerl, der mit einer EU-Ausländerin verheiratet ist und den ich nicht verdächtige, jemanden in eine Gaskammer führen zu wollen. Jemand halt, der “im Internet” solche Quellen findet.

Schwindel

Ich habe versucht ihm deutlich zu machen, dass Personen austauschbar sind und auch die Frage in den Raum gestellt, was diese Herren der Welt denn machen würden, wenn sie den Kapitalismus doch nicht mehr wollten. Welche Möglichkeiten sie da so hätten. Im Übrigen skizzierte ich ihm, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen Industrialisierung und Geldwirtschaft, durfte ihn das holde Prinzip Geld-Ware-Geld darlegen und erklären, dass über die Notwenigkeit hinaus, aus Geld mehr Geld zu machen, Lohnarbeit charakteristisch für Kapitalismus ist.

Er hat sich das alles geduldig angehört und blieb ganz ruhig. Ich bin nicht sein Feind; er denkt nur anders. Und hier haben wir den Schlamassel. Ich gerate immer wieder in Szenarien wie das Höhlengleichnis. Ein Problem beim Versuch, sich verständlich zu machen, ist die Komplexität eines Weltbildes. Der Mensch mag es einfach. Wenn alles stets in Bewegung ist, alles Wissen Halbwertszeiten hat und Erkenntnisse nicht mehr greifbar sind, sondern sich nur durch komplexe Zusammenhänge und historische Hintergründe erklären, macht das einen furchtbar anstrengenden Eindruck. Was hat man auch davon?!

Wem man folgen kann

Das kannst du auch bewusst langsam und dosiert versuchen, du kannst geradezu sehen wie dein Gegenüber aussteigt. Zweitens, das halte ich für das viel größere Problem, ist die Neigzung zur Personalisierung ein so dickes Brett, dass du spätestens daran scheiterst. Dieses Handicap haben ja wahrlich nicht nur die Experten für jüdische Verschwörer, sondern beinahe alle anderen auch. Wir haben das hier regelmäßig, wenn es um die Sozialdemokraten geht und ihre Überzeugung, man könne die Welt mithilfe des richtigen Willens ändern. Ähnlich sieht es aus mit Leuten, die sich gegen Wissenschaft sträuben und ernsthaft einer Art Bauchgefühl vertrauen®.

Die Lebenswelt der Desinteressierten besteht – mit oder ohne Elektronikspielzeug – ohnehin aus einer Kette von persönlichen Erfahrungen und Konflikten; eine Abstraktion davon findet selten statt. Schlimmer aber noch; Die ‘Gebildeten’, die sich für politisch interessiert halten. Von ihnen höre ich regelmäßig, dass “der ein guter Mann ist“, “die alles schuld ist” und dass alles besser würde, wenn nur “die richtigen ans Ruder” kämen, in der Steigerung der Starke Mann.

Die ganze politische Repräsentanz und ihre mediale Aufbereitung bauen ja darauf auf, dass es Personen zu wählen gibt und Personen stellvertretend streiten, wobei die Mittel, mit denen sie zu überzeugen versuchen, wiederum auf persönliche Befindlichkeiten abzielen. Plausibilität wird durch Vertrauen ersetzt, Logik durch Sympathie. Es stellt sich die Frage, ob in sich schlüssige Erklärungsmodelle dagegen überhaupt bestehen können.

 
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Es gibt sehr offensichtlich unterschiedliche Vorstellungen davon, was ein gutes Argument sei. Wer die Macht hat, eine große Propagandamaschine zu betreiben, dem gilt vielleicht die dumpfe Wiederholung beliebigen Blödsinns als solches, denn die wirkt schließlich. Putinputinputin! Ganz unabhängig von langfristiger Wirkung und Kriterien wie Schlüssigkeit, Wahrheit und Plausibilität wird auch gern alles genommen, was den eigenen Standpunkt und seine Anhänger bestätigt. Schaalke!

Ich werde aber nicht müde zu lesen, was geschrieben steht, zu sehen, was ist und das nach reproduzierbaren Regeln miteinander zu verbinden. Das tut oft ziemlich weh. Bei Reizthemen durchzudringen mit jeglicher Differenzierung oder Korrektur im Dienste der Wirklichkeit, eine Sisyphusarbeit. Wohlan!

Zum Beispiel Feminismus. Aus sehr unterschiedlichen Gründen sind sie schon auf der Palme, wenn man es nur sagt: “Feminismus”! Feuer! Schnellschnell! Volle Deckung! Ich persönlich verwehre mich gegen jede Form von Sexismus, weswegen mir auch das, was sich heute als sektenartige Empöreria und Sprachpolizei Aufmerksamkeit verschafft, zuwider ist. So wie der solchem Sexismus assoziierte Rassismus, bei dem der weiße Mann böse ist, weil er weiß ist. Dafür muss mir niemand ‘Argumente’ liefern. Ich lehne das ab. Punkt.

Böser Sexist

Ein paar Beispiele, wie man damit umgehen kann oder nicht: Da ist etwa die propagandistische Wiederholung des Vorwurfs von “Sexismus” gegen Leute, deren Meinung man nicht mag. Prominenter Fall: James Damore. Er hat in seinem berüchtigten Memo wissenschaftliche Studien zitiert, die zu dem Schluss kommen, dass Männer und Frauen unterschiedlich sind.

Diese Unterschiede hat er benannt, ohne sie zu bewerten und hat Möglichkeiten aufgezeigt, wie man diese Unterschiede verringern oder mit ihnen umgehen kann. Damore argumentiert strikt wissenschaftlich und lässt erkennen, dass er weiß, was eine statistische Verteilung ist. Was er sagt, hat Hand und Fuß, ist belegt und reproduzierbar. Man kann mit derselben Wissenschaftlichkeit dagegen halten, wenn es widersprechende Erkenntnisse gibt. Ist das Sexismus? Ist es ‘Ableismus’, wenn man keine Rücksicht auf die Argumente von Idioten nimmt?

Männerhasserweib

Ein Beispiel, wie man genauso schnell beleidigt sein kann wie diejenigen, denen man das implizit vorwirft, hat Kollege Epikur vorgelegt. Der wirft Margarete Stokowski vor: “In ihren Artikeln trieft es regelrecht vor Männerhass. Schuld an allem Übel auf der Welt sind -wie könnte es anders sein- Männer.” Dann folgen drei Zitate.

Nun, wäre es nicht passend gewesen, ihr den Hass und die Beschuldigung wenigstens ansatzweise nachzuweisen? Soll das Hass sein, wenn wer eine andere Meinung hat und die (obendrein dezent) polemisch äußert? Ich halte Stokowski für eine der wenigen Autoren, die man noch lesen kann beim ‘Spiegel’, womöglich für die einzige. Sie ist bissig, sie hat Meinung, sie ist absolut nicht beleidigend und sie kann schreiben. Wer ihre Polemik als “Hass” etikettiert, sollte sich sich im Keller verschanzen und sich vor Wattebäuschen hüten.

Dasselbe in schwarz

Wo Substanz ist, Verständnis und Geschichtsbewusstsein, wird es regelmäßig kompliziert. Wie Rassismus, Chauvinismus und Ausbeutung zusammenhängen, erklärt nachgerade schön in seinem Tiefsinn Achille Mbembe (ein alter schwarzer Mann, ist der jetzt eigentlich gut oder schlecht?). Zitat:

Die Eigenschaft, ein Mensch zu sein, wurde nicht allen menschlichen Individuen zugesprochen, sondern nur einer weißen Person, genauer: dem weißen Mann, nicht etwa Frauen. Der weiße Mann galt als herausragend. Alle anderen waren anders, sie mochten menschliche Wesen sein, aber sie waren nicht wie wir, zwischen ihnen und uns existieren Grenzen.

Das ist exakt das, wogegen sich vorgeblich der o.g. neue Sexismus und Rassismus wenden. Mbembe zeigt hier aber ganz andere Wege und Denkmuster auf, wie man dem begegnen kann. Ausdrückliche Leseempfehlung.

 
vg

Quelle: Pixabay

Via Kay Sokolowsky wurde mir folgendes Zitat zuteil:

Mir ist sehr unwohl dabei, dass in diesen Tagen ein sehr kleiner Teil der Bevölkerung darüber bestimmt, ob wir nun jetzt endlich eine neue Regierung bekommen oder nicht. Ich bin mir auch nicht sicher, ob Abstimmungen wie der Mitgliederentscheid der SPD über die große Koalition unsere Demokratie wirklich besser machen – oder ob sie nicht am Ende (unabsichtlich) die Demokratie gefährden.” Keinen Link dafür, “Zeit” und Michael Thumann.

In Ergänzung widme ich mich kurz dem Verbrechen gegen die Logik, das solche ‘Argumente’ ermöglicht: Entscheidet demnach also immer derjenige, der in der Zählung die Anzahl der Minderheit überbietet? Wenn also 199 für etwas sind und 199 dagegen, entscheidet dann der Zweihundertste (bzw. der 399.) ganz allein? Oder ist es so, dass eine Partei einer Koalition beitreten muss, weil eine andere, womöglich größere, sich schon dafür entschieden hat? Ausgerechnet in eine Koalition, die vorab bereits die Verschwörung gegen das Grundgesetz festgelegt hat? in einem politischen System, in dem schon traditionell kleine Klientelparteien die Richtung bestimmt haben?

Wir sind Volker

Ausgerechnet in einem System, das die Stellvertretung der Stellvertretung für “Demokratie” erklärt, in dem Fraktionsvorstände und Hinterzimmerzirkel abnicken lassen, was zuvor in Gremien oder undurchschaubaren Strukturen ausbaldowert wurde, ist “ein kleiner Teil der Bevölkerung” zu wenig und “gefährdet die Demokratie”? Ja genau, eben diese Demokratie®, die mit Mehrheiten nichts zu tun hat und schon gar nicht mit der “Bevölkerung” dem Volk, das sie im Titel trägt. So ist sie, die Demokratie der “Zeit”: elitär, atlantisch, demagogisch.

Dabei ist der Spaß noch gar nicht zu ende. Ernsthaft, Sozen? Heiko Maas? Der reaktionärste, autoritätshörigste Nützling, der je im Amt des Bundesjustizministers dilettierte? Der den Faschisten hier dasselbe Bett gemacht hat, in dem sie sich in Österreich derzeit wälzen? Fefe fragt völlig zurecht (aus Sicht von Russen und Chinesen): “Sagen Sie, waren Sie nicht der Erfinder des Gesetzes, mit dem die Russen jetzt ihre Medien zensieren? Und SIE wollen UNS Vorhaltungen machen!?

Not Amused But Entertained

Ich freue mich jedenfalls auf den Versuch, Nahles zur Vorsitzenden wählen zu lassen. Das wird sicher eine Riesenparty, diese Erneuerung®. Fürs Protokoll: Nein, ich bin keineswegs der Ansicht, dass die personelle Besetzung relevant für politische Strukturen ist in dieser Demokratie®, aber sie ist ein Symptom, so wie es die Besetzung des POTUS mit Donald Drumpf ist. So weit konnte es kommen. Im Schatten dieses Bösen gedeiht die Verschwörungstheorie auf offener Bühne. Wissens schon: Die Russen kommen!!1!

Alles, was bleibt, und das muss man ihnen lassen, ist Entertainment, und zwar vom Gröbsten. Jeden Tag etwas Neues zu lachen, zum Weinen, zum Spielen und Schokolade Popcorn. Der zuletzt Genannte trifft sich demnächst mit dem komischen dicken Jungen; sie spielen “Meiner ist aber Größer”. Mal gucken, wohin sie zielen und womit und wo das dann landet. Wie auch immer; Putin wird sich freuen®.

 
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So, jetzt wird wieder eingehegt und sozial gerechtelt, Freunde. Die GröKo ist da. Die nächste dürfte dann CDU/CSU/AfD sein, also die nächste Gröko oder auch GrömöKo. Noch werden sie zu schüchtern sein sie umzusetzen, aber vielleicht werden einige von uns in acht Jahren ja auch noch leben. Merkels Kanzlerinnenrekordeinstellung wird derweil begleitet vom willigsten Stück politischen Gammelfleischs, das sich in alle Öffnungen … Was ist? Findet ihr das, was da in Berlin abgeht, etwa appetitlicher?

Zwei Drittel knapp sind also für die von den Chefs gewählte Geschmacksrichtung des Untergangs. Glauben wir das einfach mal, dann zeigt sich: Die Spezialdemokratie schafft es inzwischen routiniert, stets so viel Verstand aus der Mitgliederschaft zu vertreiben, dass die nächste Dimension hirnloser Anbiederung an die Macht® jeweils noch abgenickt wird. Die nächste Fluchtwelle steht an, sodass beim nächsten Mal die verbliebenen dreißigtausend Mitglieder auch für einen AfD-Kanzler stimmen werden, wenn der Befehl ergeht.

Feiglinge

Über die neoliberalen Promis, ihre charakterliche, intellektuelle und politische Befähigung, ist jede Aussage Energieverschwendung. So ein Bit verbraucht schließlich Strom. Ein klitzekleines bisschen interessanter ist da noch die Basis®, die immer unter Schmerzen®, inzwischen wohl überall gepierct, wo es wirklich säuisch wehtut, staatstragend abstimmt. Das Chaos droht, der Russ, der Beelzebub, die Neuwahl. Oh ach und weh!

Es ist ja keine Überraschung, dass es nicht die Mutigsten sind, die noch der Verrräterpartei angehören. Die Partei von Hartz vier, von Afghanistan, von Totalüberwachung, von Deregulierung, Rentenkürzung, Ausbeutung und Treue zum Kapital. Die sich nicht schämt, eine Tradition als ‘Arbeiterpartei’ abzufeiern und von ‘sozialer Gerechtigkeit’ zu faseln – als hätte sie in den vergangenen 30 Jahren je etwas anderes getan, als ihre Menschenverachtung in Floskeln zu gießen. Die ihr noch angehören, waren einmal mehr folgsam.

Die Erpressung war mit Händen zu greifen. Nahles, Scholz, Schulz, Gabriel und andere Neoliberale hatten also beschlossen, die Koalition anzustreben, die sie zuvor ausgeschlossen hatten. Diese Komplettversager des parteipolitischen Managements haben die SPD vor die Wahl gestellt, sofort oder erst in vier Jahren das Zeugnis ihrer Verzichtbarkeit ausgestellt zu bekommen. Die hat die Hosen voll und drückt sich zunächst vor der Konsequenz. Das ist eigentlich das Einzige, das mich ein wenig ärgert. Ich kann diesen korrupten Haufen nicht schnell genug untergehen sehen. Jetzt müssen wir uns halt noch etwas gedulden.

 
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Ich habe zugesagt, dieses Buch zu lesen und zu besprechen. Ersteres war hart. Das Folgende ist eine Kurzfassung; ich könnte mir jeden zweiten Satz zur Brust nehmen.
Eine Grundabsicht kann ich sogar verstehen; Was heute so alles als “links” etikettiert wird, verdankt sich einer Aufmerksamkeitsökonomie, die zwischen Maischberger, Twitter und Facebook jeden ernsthaften politischen Diskurs zermahlt. Dies hätte man analysieren können, was aber leider nicht stattfindet. Im Gegenteil sind die genannten Medien diejenigen, auf die sich der Autor selbst stützt. Inhalt war aus, dafür war noch reichlich Wertung da. Permanent werden Menschen, Gruppen und “Theorien” bewertet, ohne dass man eigentlich erfährt, was sie sagen und warum das falsch ist.

Was man von der “linken Linken“, an der sich De Lapuente reibt, zu halten hat, ist leicht zu erkennen, die Sprache verrät es:
Fundis/Fundamentalisten“, “chaotisches Geschwader“, “Schwarzblockwarte“, “Chaotentum“, “Kaste von Hohepriestern“, “Fundi-Zunft“, “Jünger des Grundeinkommens“, das sind diejenigen, die “Wähler verschrecken“, “sich im Milieu einnisten“, “Parolen skandieren” und einem “Wahn der Weltrettung” anhängen.

Wer schuld ist

Ich empfehle ja immer dringend, sich mit konkreten Texten auseinanderzusetzen und diese zu analysieren, anstatt der Beliebigkeit einer Bewertung von Personen und den Stereotypen eines Urteils über Gruppen zu verfallen. Der Autor hält es umgekehrt; hier wird personalisiert, dass es scheppert, bis hin zu naiven pseudopsychologischen Scheindiagnosen. Die Guten sind hier Wagenknecht und Lafontaine, die Bösen linke Linke wie die Altgrünen Ebermann und vor allem Ditfurth. Letzterer sagt er halbgar ein “aufgestautes Psychotrauma” nach, ganzen Gruppen linker Linker diagnostiziert er “Narzissmus“. Weitere Urteile: “Geriatrischer Radikalismus“, “Verbitterung und poststalinistischer Säuberungszwang“. Kein Kommentar dazu.

Wo es Inhalte streift, wird es zumindest ärgerlich. Das Niveau der ‘Theorie’ ist naiv und verdreht zentrale Begriffe gar ins Gegenteil. Da wird “Marxisten” nachgesagt, sie “tun sich schwer mit Praxis ohne Theorie“, was “materialistisch” sei; “idealistische” “Maoisten” hingegen “verabscheuen eine Theorie ohne Praxis“. De Lapuente identifiziert Materialismus mit Ökonomie und Idealismus mit politischen Zielen. Mit diesem vorwissenschaftlichen Verständnis kann man so etwas wie Produktionsbedingungen freilich nicht denken.

Es ist viel die Rede von “Kapitalismus”, ohne dass auch nur gestreift wird, was das ist, bis auf diese kapriziöse Formulierung: Kapitalismus sei “jene Produktionsweise [...], die in den letzten 200 Jahren einen massiven Gewinn an Lebensqualität verursacht hat.” Wo soll man da anfangen? Beim den Unterschieden zwischen technischer Entwicklung, Produktionsweisen, Produktionsbedingungen, Privateigentum, Produktivität, Arbeitsteilung? Nein, das Gute, das uns BMW und Iphone beschert, ist der Kapitalismus, wie wir ja wissen. Alles andere ist Marx, und der ist zwar “brillant” (warum eigentlich?), aber so was von Achtzehnhundert. Genau wie dieser Darwin. Oder Newton. Olle Kamellen halt.

Rettet Jürgen!

Den Vogel abgeschossen hat der Autor aber mit seinen Aussagen zu Brandts Radikalenerlass. Er nennt sie “Berufsverbote für Sympathisanten des terroristischen Milieus“, an anderer Stelle: “Man hatte es immerhin mit der Sympathisantenszene der RAF-Mörder zu tun“. Ist das übelste Geschichtsklitterung, macht er sich mit den damaligen Denunzianten der “Sympathisanten” gemein oder hat er schlicht null Ahnung, wovon er da redet? Nehmen wir gnädig Letzteres an, dann soll er das bitte am Stammtisch erzählen, aber nicht ein Buch schreiben, dessen Klappentext von “brillanter Analyse” schwafelt. Ja, ich rege mich gerade auf.

Seine Gegner zu kriminalisieren, zu pathologisieren und zu infantilisieren ist die feine Art nicht, De Lapuente scheut aber kein Mittel, um seinen Kampf um die vielfach erwähnte “Deutungshoheit” strikt auf der persönlichen Ebene zu führen (dafür bekommt man hier gemeinhin Hausverbot). Das Sahnehäubchen ist der rote Faden in Form von Joe the Plumber, der bei ihm “Jürgen” heißt, sein Bekannter, der doch so gern die Linke wählen würde, sich aber wegen der schlimmen linken Linken nicht traut und lieber Mutti gewählt hat. Die Moral der Geschichte: Wir verlieren Jürgen an die Rechte, weil die kindisch-narzisstischen Verbrecherfreunde der Radikalen die gute Idee der “regierungsfähigen” Linken beschmutzen. Brillant.

 
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Bundesarchiv, Bild 102-05952 / CC-BY-SA 3.0

Im Folgenden der Wortlaut des SPD-Vorsitzenden zur Entscheidung für eine Große Koalition gegen das Ergebnis des Mitgliedervotums:

Wir haben das Votum der Mitgliederschaft der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands mit großem Ernst zur Kenntnis genommen, die Sachlage analysiert und sind danach einmütig zu unserer Entscheidung gekommen. Unsere Partei mit ihrer großen Geschichte hat viele Gremien, die vor allem in besonderen Situationen jeweils ihren Beitrag zur Entscheidungsfindung leisten. Keines dieser Gremien und keiner der Genossinnen und Genossen, die sich mit der Lage auseinander gesetzt haben, hat es sich leicht gemacht.

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sieht es vor, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages bei allen ihren Entscheidungen nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Es gibt kein imperatives Mandat, sei es von einer politischen Partei oder sonstwo her, das den Abgeordneten vorschreiben kann, wie sie abzustimmen haben. Das gilt natürlich insbesondere für die Wahl des Bundeskanzlers oder der Bundeskanzlerin. Die Abgeordneten der SPD-Fraktion haben daher in einem langen, schmerzhaften Entscheidungsfindungsprozess beschlossen, Frau Doktor Merkel zur Bundeskanzlerin zu wählen.

Schmerzhafte Entscheidung

Man muss sich vor Augen halten, dass zwar eine Mehrheit der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands gegen die Bildung einer Großen Koalition war, aber man muss zwei Dinge beachten bei der endgültigen Entscheidung, die ja die Abgeordneten treffen müssen: Erstens war die Mehrheit gegen eine Koalition mit der CDU/CSU nicht so groß, dass man allein aus diesem Votum eine verantwortliche und tragfähige Entscheidung ableiten kann. Wenn man die Neumitglieder herausrechnet, die gar keine langfristige Verantwortung wahrnehmen wollen, dürfen wir uns durchaus in unserer Haltung bestätigt sehen.

Sie erinnern sich überdies, dass noch kürzlich dieselbe Partei Martin Schulz mit 100% Zustimmung zu ihrem Vorsitzenden gewählt hat. Der ist schon nicht mehr im Amt. Die Partei ist also in einem etwas unsteten Zustand, was man beachten muss, wenn man die langfristige Wirkung staatspolitischer Weichenstellungen zu berücksichtigen hat. Zweitens sind die nächsten Schritte zu wichtig, um uns die Richtung von einer mehr oder weniger launigen Momentaufnahme vorgeben zu lassen. Die Abgeordneten müssen ganz selbstverständlich ihre Verantwortung für unser Land, stabile Verhältnisse und die Zukunft Deutschlands und Europas im Auge haben.

Allein das Votum der Basis, so weh es uns allen auch tut, ist kein hinreichender Grund, sich aus dieser Verantwortung zu stehlen. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands hat noch in jedem Sturm Kurs gehalten und getan, was das Beste für unser Land ist. So wird es auch diesmal sein. Es wäre im Übrigen töricht, dann nicht auch den zweiten Schritt zu gehen und mit der Besetzung der Ministerien für eine Politik zu sorgen, die den Bürgern dieses Landes und der sozialen Gerechtigkeit dient. Ich danke Ihnen. Glück auf!

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Und dann kommen sie alle an, die Putinversteher, und jeder hat seinen anständigen Russen. Es ist ja klar, die anderen sind Schweine, aber dieser eine ist ein prima Russe. Jetzt bei Olympia hat es sich doch wieder gezeigt: Die dopen sogar beim Curling. Und dann geht ein deutscher Schmierfink, der den kritischen Journalismus in den Schmutz zieht, zu Russia Today und ist auch noch stolz drauf.

Hajo Seppelt ist Stammgast in den Spocht-Schauen, was mir nicht entging, weil ich im Halbkoma tatsächlich eine Woche lang meinen Fernseher als Hörspielautomat laufen ließ, während ich mit der Couch zu einem haarigen Schleimklumpen fusionierte. Hajo Seppelt, das ist derart unterste Charge, dass ich noch halluzinierend und röchelnd nach der Sternfeuerung griff, um das weg zu zappen. Dann lieber in Würde sterben.

Putins Hater

Nun ist das ja nicht das Einzige, das die Russen böse, schlecht und fies macht, weswegen wir sie vermutlich irgendwie demnächst wieder werden ausrotten müssen, auf den Spuren Napoleons und seines größten Nachfolgers aller Zeiten. Nein, sie sind zum Beispiel auch Hasser. Schwulenhasser zumal, die unsere homosexuellen Freunde diskriminieren.

Infam, wie Putins Russen so tun, als sei es ein krimineller Akt, wenn Schwule schwul leben, und zwar mit der abscheulichen Begründung, sie machten quasi Werbung für eine Art Sexualverbrechen. Zu sagen, was ist, stellt das Regime des Machthabers Putin unter Strafe, und seine Russen applaudieren noch!

Es entgeht einem eine ganze Menge, wenn man man die mühsam eingefügten Links in einem Text völlig ignoriert. Zumindest dem im letzten Absatz hier sollte man Beachtung schenken. Das nämlich ist unsere progressive, aufgeklärte, menschenfreundliche und emanzipierte Gesellschaft, vertreten durch sämtliche größten und kleinsten Koalitionen. Wie kommt man eigentlich auf die Idee, eine christliche Leitkultur® könne irgendwem da draußen moralisch kommen? Ach ja, wir sind ja die Guten.

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