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Bundesarchiv, Bild 102-05952 / CC-BY-SA 3.0

Im Folgenden der Wortlaut des SPD-Vorsitzenden zur Entscheidung für eine Große Koalition gegen das Ergebnis des Mitgliedervotums:

Wir haben das Votum der Mitgliederschaft der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands mit großem Ernst zur Kenntnis genommen, die Sachlage analysiert und sind danach einmütig zu unserer Entscheidung gekommen. Unsere Partei mit ihrer großen Geschichte hat viele Gremien, die vor allem in besonderen Situationen jeweils ihren Beitrag zur Entscheidungsfindung leisten. Keines dieser Gremien und keiner der Genossinnen und Genossen, die sich mit der Lage auseinander gesetzt haben, hat es sich leicht gemacht.

Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland sieht es vor, dass die Abgeordneten des Deutschen Bundestages bei allen ihren Entscheidungen nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Es gibt kein imperatives Mandat, sei es von einer politischen Partei oder sonstwo her, das den Abgeordneten vorschreiben kann, wie sie abzustimmen haben. Das gilt natürlich insbesondere für die Wahl des Bundeskanzlers oder der Bundeskanzlerin. Die Abgeordneten der SPD-Fraktion haben daher in einem langen, schmerzhaften Entscheidungsfindungsprozess beschlossen, Frau Doktor Merkel zur Bundeskanzlerin zu wählen.

Schmerzhafte Entscheidung

Man muss sich vor Augen halten, dass zwar eine Mehrheit der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands gegen die Bildung einer Großen Koalition war, aber man muss zwei Dinge beachten bei der endgültigen Entscheidung, die ja die Abgeordneten treffen müssen: Erstens war die Mehrheit gegen eine Koalition mit der CDU/CSU nicht so groß, dass man allein aus diesem Votum eine verantwortliche und tragfähige Entscheidung ableiten kann. Wenn man die Neumitglieder herausrechnet, die gar keine langfristige Verantwortung wahrnehmen wollen, dürfen wir uns durchaus in unserer Haltung bestätigt sehen.

Sie erinnern sich überdies, dass noch kürzlich dieselbe Partei Martin Schulz mit 100% Zustimmung zu ihrem Vorsitzenden gewählt hat. Der ist schon nicht mehr im Amt. Die Partei ist also in einem etwas unsteten Zustand, was man beachten muss, wenn man die langfristige Wirkung staatspolitischer Weichenstellungen zu berücksichtigen hat. Zweitens sind die nächsten Schritte zu wichtig, um uns die Richtung von einer mehr oder weniger launigen Momentaufnahme vorgeben zu lassen. Die Abgeordneten müssen ganz selbstverständlich ihre Verantwortung für unser Land, stabile Verhältnisse und die Zukunft Deutschlands und Europas im Auge haben.

Allein das Votum der Basis, so weh es uns allen auch tut, ist kein hinreichender Grund, sich aus dieser Verantwortung zu stehlen. Die Sozialdemokratische Partei Deutschlands hat noch in jedem Sturm Kurs gehalten und getan, was das Beste für unser Land ist. So wird es auch diesmal sein. Es wäre im Übrigen töricht, dann nicht auch den zweiten Schritt zu gehen und mit der Besetzung der Ministerien für eine Politik zu sorgen, die den Bürgern dieses Landes und der sozialen Gerechtigkeit dient. Ich danke Ihnen. Glück auf!