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Quelle: Pixabay

Ich hatte heute ein Gespräch mit jemandem, den man mit Recht als rechten Verschwörungstheoretiker bezeichnen kann. Er glaubt an “Gruppen”, die das System “aufgesetzt” haben, weil sie davon Profitieren, deutete an, dass ihre Mittel “Papiergeld” und “Zinsen” sind und wusste auch sogleich zu bestätigen, dass es um Rothschilds und Rockefellers geht. Ein netter Kerl, der mit einer EU-Ausländerin verheiratet ist und den ich nicht verdächtige, jemanden in eine Gaskammer führen zu wollen. Jemand halt, der “im Internet” solche Quellen findet.

Schwindel

Ich habe versucht ihm deutlich zu machen, dass Personen austauschbar sind und auch die Frage in den Raum gestellt, was diese Herren der Welt denn machen würden, wenn sie den Kapitalismus doch nicht mehr wollten. Welche Möglichkeiten sie da so hätten. Im Übrigen skizzierte ich ihm, dass es einen Zusammenhang gibt zwischen Industrialisierung und Geldwirtschaft, durfte ihn das holde Prinzip Geld-Ware-Geld darlegen und erklären, dass über die Notwenigkeit hinaus, aus Geld mehr Geld zu machen, Lohnarbeit charakteristisch für Kapitalismus ist.

Er hat sich das alles geduldig angehört und blieb ganz ruhig. Ich bin nicht sein Feind; er denkt nur anders. Und hier haben wir den Schlamassel. Ich gerate immer wieder in Szenarien wie das Höhlengleichnis. Ein Problem beim Versuch, sich verständlich zu machen, ist die Komplexität eines Weltbildes. Der Mensch mag es einfach. Wenn alles stets in Bewegung ist, alles Wissen Halbwertszeiten hat und Erkenntnisse nicht mehr greifbar sind, sondern sich nur durch komplexe Zusammenhänge und historische Hintergründe erklären, macht das einen furchtbar anstrengenden Eindruck. Was hat man auch davon?!

Wem man folgen kann

Das kannst du auch bewusst langsam und dosiert versuchen, du kannst geradezu sehen wie dein Gegenüber aussteigt. Zweitens, das halte ich für das viel größere Problem, ist die Neigzung zur Personalisierung ein so dickes Brett, dass du spätestens daran scheiterst. Dieses Handicap haben ja wahrlich nicht nur die Experten für jüdische Verschwörer, sondern beinahe alle anderen auch. Wir haben das hier regelmäßig, wenn es um die Sozialdemokraten geht und ihre Überzeugung, man könne die Welt mithilfe des richtigen Willens ändern. Ähnlich sieht es aus mit Leuten, die sich gegen Wissenschaft sträuben und ernsthaft einer Art Bauchgefühl vertrauen®.

Die Lebenswelt der Desinteressierten besteht – mit oder ohne Elektronikspielzeug – ohnehin aus einer Kette von persönlichen Erfahrungen und Konflikten; eine Abstraktion davon findet selten statt. Schlimmer aber noch; Die ‘Gebildeten’, die sich für politisch interessiert halten. Von ihnen höre ich regelmäßig, dass “der ein guter Mann ist“, “die alles schuld ist” und dass alles besser würde, wenn nur “die richtigen ans Ruder” kämen, in der Steigerung der Starke Mann.

Die ganze politische Repräsentanz und ihre mediale Aufbereitung bauen ja darauf auf, dass es Personen zu wählen gibt und Personen stellvertretend streiten, wobei die Mittel, mit denen sie zu überzeugen versuchen, wiederum auf persönliche Befindlichkeiten abzielen. Plausibilität wird durch Vertrauen ersetzt, Logik durch Sympathie. Es stellt sich die Frage, ob in sich schlüssige Erklärungsmodelle dagegen überhaupt bestehen können.