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(Zu Teil 1)

(Zu Teil 2)

Auf vielen Ebenen und mit vielen Techniken wird an den Schulen sozial selektiert und die Klassenzugehörigkeit festgelegt. Teils subtil, teils brachial werden Verhaltensmuster antrainiert, die dafür sorgen, dass die vorgezeichneten Bahnen nicht verlassen werden. Am unteren Rand stehen Dynastien, aus denen noch nie ein Kind die gymnasiale Oberstufe erreicht hat. Solche Familien sind ein Integrationsproblem, und zwar exakt dasselbe wie ghettoisierte Ausländer. Wenn man “soziale Brennpunkte” etwa “Stadtteil mit Entwicklungsbedarf” nennt, ändert das nichts an der Lage im Asiviertel. Dem entrinnt kaum jemand.

Dabei ist auch das wie bei den Migranten: Die Unterschicht bildet ihre eigene Kultur. Für viele Kinder wäre es ein Horror, das Gymnasium zu besuchen, weil sie dort niemanden kennen und von Fremden umgeben wären. Umgekehrt ist es für das Kind der Mittelschicht unmöglich, sich mit solchem Pöbel abzugeben. Ich selbst enstamme der Unterschicht, freilich einem Aufsteigerhaushalt (die gab es damals noch). “Sage mir, mit wem du umgehst und ich sage dir, wer du bist”, hieß es selbst bei uns. Selbst der obere Bodensatz hielt sich für etwas Besseres.

Kommunistische Demagogie

Dementsprechend ‘solidarisch’ ist die hiesige Arbeiterklasse. Dass auch der Filialleiter der Sparkasse dazugehört, kann er nicht wissen. Die große Suggestion, dass du bist, was du leistest, sitzt in der Mittelschicht am tiefsten. Wenn aus der jemand abstürzt (was derzeit massenhaft geschieht), sieht er das als furchtbaren Schicksalsschlag und als Ungerechtigkeit an, weil er nicht begreifen kann, dass der Boden schon immer unter ihm war. Es wird uns gelehrt, dass wir Konkurrenten sind, wir werden zu gehorsamen Strebern erzogen, die noch glauben, unerhört individuell zu sein. Alles, was die Identifikation mit der Arbeiterklasse ausmacht, wird systematisch ausgemerzt. Divide-et-impera wird in den Schulen angelegt.

Auf keiner politischen Ebene herrscht dafür ein Bewusstsein; im Gegenteil wird schon semantisch ausgeschlossen, dass darüber gesprochen werden könnte. “Klasse”, “Arbeiterklasse” gar, sind verbotene Vokabeln aus dem Arsenal kommunistischer Kampfrhetorik. Sie zu verwenden ist schlimmer als Rülpsen und Furzen. Wo ein Hauch von Ahnung aufkommt, dass Schule selektiert, wird das klammheimlich begrüßt. Selbstverständlich geht Thorben-Malte zum Gymi und Schackeline-Schantall zur Hauptschule. Schließlich geht das hier streng nach Leistung.

Den finalen Kopfschuss verpassen dann die Bologna-Hochschulen der Idee von einem durchlässigen Bildungssystem. Um die Unis endlich von linken Revoluzzern zu befreien und ihnen die Bildung auszutreiben, mit dem schönen Nebeneffekt, dass Milliarden für langjährige Studienverläufe eingespart werden, gibt es noch drei Jahre akademische Grundausbildung. Man nimmt gar den Effekt hin, dass junge Akademiker/innen völlig planlos in ihre Anschlussverwendung rutschen und viele komplett untauglich sind für das, wozu sie angeblich ausgebildet wurden. Die Priorität in diesem System ist offensichtlich. Mit Bildung hat sie nichts zu tun.