Quelle: Ludwig Binder Haus der Geschichte CC BY-SA 2.0
Ich bin schon lange müde, gegen die Einordnung gewisser symbolpolitischer Ansätze als “links” zu zetern. Es hat keinen Zweck. Die Einen bilden autoritäre Ideologien aus, um dem weißen Patriarchat® eine aus ihrem Tunnelblick perfekte Welt aufzuzwingen, die Anderen treiben Personenkult, gern auch so weit, dass sie im kackbraunen Sumpf landen. Eine wahre Meisterleistung dieser Charge hat Lisa Fitz hingelegt, die in gebrochenen Reimen Blödheiten aneinander reihert, in denen sich alles findet, das eine Paranoia so braucht: dunkle Bedrohungen, Juden, geheime Weltenlenker.
Das ist kein Zufall. Die Dummheit beginnt bei Sozialdemokraten wie Flassbeck, die es nicht begreifen wollen, dass Politik und Macht keine Frage von Personen ist und endet bei Faschisten, die ihren intellektuellen Kahlschlag in Feindbilder münden lassen. Der Pilz wuchert schon immer in der Sozialdemokratie, die seit ihrem Bestehen zwei Säulen der Linken bekämpft hat: eine klare Analyse und starke außerparlamentarische Strukturen.
Der Übergang
Letzterem mag man mit gewissem Recht widersprechen, denn sowohl Marx als auch die Gewerkschaften waren in den Frühzeiten der Sozen ihre Wegbegleiter. Sie haben sich aber eben nicht zufällig von beidem getrennt bzw. die Macht der Gewerkschaften selbst aktiv so verstümmelt, dass diese Jahrzehnte lang um niedrige Löhne gebettelt haben und sowieso nur mehr Tarifpartei sind, wo sie einmal relevante Politische Macht waren.
Inzwischen hat es der Parlamentsstaat geschafft, dass Millionen Lohnabhängige ohnmächtig und unorganisiert sind. Dass überhaupt in Deutschland ‘politische Streiks’ von Anfang an verboten waren, zeigt, dass es nie vorgesehen war, das Proletariat an politischer Macht zu beteiligen. Während der Kommunismus vernichtet wurde, wurde als Sozialdemokratie eine Organisation von Funktionären und Emporkömmlingen gepeppelt, die bei der ersten Gelegenheit ihre Klientel endgültig verraten und sich ganz in den Dienst des Profits gestellt hat.
Der Untergang
Bis dahin vergingen allerdings einige Jahrzehnte, in denen Personalisierung und Symbolpolitik so eingeschliffen wurden, dass eine zunächst am ‘Wachstum’ beteiligte Bevölkerung völlig desorganisiert und auf den Parteien-Wahlkult dressiert wurde. Das Meisterstück auch in dieser Kategorie war die Zähmung der Grünen, ihr medial beförderter Wandel zur Führerpartei und die Korrumpierung der Funktionäre, die jegliche außerparlamentarische Politik lahmgelegt hat.
Gäbe es noch einen sinnvollen begriff von “links”, er müsste sich zuallererst mit dem epischen Versagen der eigenen Partei und all seiner Organisationsformen identifizieren. Wir haben verloren, und zwar in einem Ausmaß, das bezweifeln lässt, ob es noch jemals eine relevante linke Kraft geben kann. Für die Interessen der Lohnabhängigen, der Armen, der Ausgebeuteten und Arbeitslosen kämpft heute niemand mehr außer ihnen selbst, vereinzelt, schwach und gedemütigt.
Was bleibt
Dagegen hilft kein Feindbild. Es sind nicht die Juden, die Freimaurer, die Syrer oder ein alter weißer Mann, die man besiegen muss, um uns aus dem Elend zu erlösen, sondern seit zweihundert Jahren und mehr zuerst der Kapitalismus. Der wird uns nicht füttern; er hat uns nie mehr gelassen als das, was dem Profit diente. Er wird auch nicht aufhören Kriege zu führen, Menschen zu unterjochen, zu töten und zu korrumpieren. Es gibt keinen ‘Richtigen am Ruder’ und schon gar keinen Staat, der uns hilft, während er verfassungsgemäß das Eigentum der Eigentümer schützt.
Die Analyse muss ehrlich sein, die verbleibenden Möglichkeiten klar und frei von Illusionen. Dann können sich – vielleicht – Zellen bilden, aus denen etwas entsteht, das sich mit Macht zurückholt, was das Kapital an sich gerissen hat. Es wird mindestens Jahrzehnte brauchen und ist in dieser Puppenstübchen-Demokratie nicht zu haben. Da kannst du nur ein rechter Hanswurst werden, deine Feindbilder und deine falsche Moral pflegen und hoffen, dass es die Anderen erwischt. Die sind dann schon irgendwie selbst schuld.
Februar 19th, 2018 at 17:47
Man muss es schaffen bei Anne Will eingeladen zu werden.
Und wenn Anne nicht damit rechnet, springt man auf und ruft die Revolution aus.
Alle Zuschauer machen dann wie im Rausch mit.
Man muss das Subjekt der Revolution dort abholen wo
es sitzt !
Februar 19th, 2018 at 20:14
Düster, düster…
Nur die Fitz ausgerechnet als Beispiel für Linkesversagen aufzuführen? Nun ja, sie ist mir nur zweimal auffällig geworden. Das erstemal irgendwann in den 1980zigern mit ihrem Lied, “Mein Mann ist ein Perser” und die weitere Textzeile, “ist ein ganz perverser”, fiel damals schon unter die Rubrik – lahme Kalauer.
Da war dann meine zweite Wahrnehmung ihres Auftrittes im “Dschungel Camp” nur konsequent.
Kabarettist ist m.M.nach kein Gütesiegel für “Links”. Es gab schon zu jeder Zeit den Hofnarren der systemkonforme Spässchen machte. Nuhr lässt grüßen.
Februar 19th, 2018 at 20:31
[...] Es gibt keine Linke Eine Zustandsbeschreibung. Kurzer Auszug: „Sowohl Marx als auch die Gewerkschaften waren in den Frühzeiten der Sozen ihre Wegbegleiter. Sie haben sich aber eben nicht zufällig von beidem getrennt bzw. die Macht der Gewerkschaften selbst aktiv so verstümmelt, dass diese Jahrzehnte lang um niedrige Löhne gebettelt haben und sowieso nur mehr Tarifpartei sind, wo sie einmal relevante Politische Macht waren.“ [...]
Februar 19th, 2018 at 21:24
Es liegt nicht mehr an uns und das ist auch gar nicht nötig, weil es das chinesische Jahrhundert werden wird. Und wer ist heute auf diesem Planeten noch linker als die Chinesen… :D
Nicht nur dass sie kommunistisch sind, sie nutzen auch noch die Innovationskraft des Kapitalismus “XD” und ziehen sämtliche Register der Informationsbeschaffung, der Cloud und der KI. Das wird uns ans Licht führen, was sonst ? Oder vernichten, naja, vielleicht nicht alle. Wir können nur noch zuschauen, aber viele Generationen wird es nicht mehr dauern. Es geht jetzt schnell. Glaubt mir. Was wollt Ihr auch sonst tun ? ^^
Februar 19th, 2018 at 23:10
Zur Abschaffung des Kapitalismus braucht es keine “Linke”. Das kann – und wird – der Kapitalismus allein leisten. Das Gefühl hier ‘falsch’ zu leben ist einzig auf subjektiver Ebene relevant. Etwas, was über den jeweiligen privaten Bekanntenkreis hinaus keinerlei Wirksamkeit entfaltet. Aber die Summe aller privaten Bekanntenkreise zusammen ist leider immer noch Kapitalismus.
Ich verstehe hier Kapitalismus ganz bewußt als gesamtmenschliches Handlungs- und Denkprodukt. Und Rückkopplungen über die Reproduktionsweise halte ich für allenfalls schwache Ausreden für das einzig schuldfähige Subjekt in diesem Ganzen – den Menschen. Wieviel muss eigentlich noch passieren, dass diese Träumerei vom ‘schöpferischen Potential’ dieser Spezies aufhört. Neben still und leise vor sich hinleben (was bisher wohl nur anfangs öfter gelang) können wir ausschließlich destruktiven Scheiß auftürmen, bis dieser unter sich zusammenbricht. Mensch seid doch froh wenn ihr das ‘still und leise’ hinkriegt und nicht ständig gesellschaftsreleventen Gigantismus produzieren müsst.
Sorry wenn das wieder so absolut rüberkommt..
Februar 19th, 2018 at 23:20
“Schuld”, da bin ich mal absolut, ist eine Kategorie von Idioten für Idioten. Es gibt keinen verstandesgemäßen Aspekt, in dem Schuld irgend einen Sinn ergibt. Sie ist Herrschaftsinstrument und Selbstunterwerfung. Wenn ich nach Handlungsoptionen suche, komme ich ggf. zu dem Schluss, dass ich keine habe – aber ‘Schuld’ ist freiwillige Selbstaufgabe, die von jedweder Rationalität befreit und Mythen freisetzt, die das je Bestehende festigen.
Februar 20th, 2018 at 07:14
1) „Sozialdemokratie, die seit ihrem Bestehen zwei Säulen der Linken bekämpft hat: eine klare Analyse und starke außerparlamentarische Strukturen.“
Wie stark waren denn die „zwei Säulen der Linken“? Wo war denn die „klare Analyse der Linken“? Wo waren denn ihre „starken außerparlamentarischen Strukturen“. Ich bitte um historische Quellen und Beispiele. Mir fehlen sie.
2) „Die Dummheit beginnt bei Sozialdemokraten wie XY, die nicht begreifen wollen, dass …
Ist es nicht Dummheit, wenn ich anderen Menschen/Strömungen vorwerfe, dass sie nicht das wollen, was ich will?
Die (Mehrheits)Sozialdemokraten wollten NIE etwas anderes als erträglichere Verhältnisse für Lohnarbeiter schaffen. Sie wollten NIE Lohnarbeit und Kapitalismus beseitigen. Wegweisende historische Quellen (1848, 1918, 1945) kann ich beibringen.
Sorry für die schlechte Botschaft!
Wal B.
Februar 20th, 2018 at 07:46
Wal B.: Zu Deiner Frage unter 1.: Kannst Du alles hier nachlesen “Feuer und Flamme”
http://t1p.de/idpw
“Feuer und Flamme 2″
http://t1p.de/2co8
Februar 20th, 2018 at 08:28
@8
als Alt68er habe ich etliches davon mitgemacht.
flatter sprach aber von linken “Säulen”, nicht von Kerzen.
Februar 20th, 2018 at 09:58
@Wal B. (7):
»Die (Mehrheits)Sozialdemokraten wollten NIE etwas anderes als erträglichere Verhältnisse für Lohnarbeiter schaffen. Sie wollten NIE Lohnarbeit und Kapitalismus beseitigen.«
Genau das ist doch das Problem, dass sich beides ausschließt.
Februar 20th, 2018 at 10:07
Und ich dachte Schuld würde 2018 Chulz geschrieben.
Februar 20th, 2018 at 10:14
@10.
Genau!
Erträglichere Lohnarbeit und Abschaffung der Lohnarbeit haben wenig bis nichts miteinander zu tun.
Sozialdemokraten wollen ersteres, ich/wir wollen letzteres. Kann man daraus irgend einen Vorwurf konstruieren (Dummheit oder gar “Verrat”), dass Sozialdemokraten anderes wollen als ich/wir?
Das war meine Frage.
Februar 20th, 2018 at 10:50
@Wal.: Ich sprach u.a. sehr ausdrücklich von Gewerkschaften. Lesen bildet.
Wenn ich wem Dummheit vorwerfe, hat das absolut nichts damit zu tun, ob er will was ich will. Es hat etwas mit Dummheit zu tun.
Februar 20th, 2018 at 11:01
Sozialdemokratische Gewerkschaftsbewegung oder Sozialdemokratische Partei ist Jacke wie Hose. Das eine kommt nicht ohne das andere.
Die Forderungen nach einer erträglicheren Existenz der Lohnarbeiter ergaben sich aus den Lebensverhältnissen im Kapitalismus des 19. und 20. Jahrhunderts.
Mir erschließt sich nicht, was das Eintreten für diese Forderungen mit „Dummheit“ zu tun hätten.
Februar 20th, 2018 at 11:04
Mir auch nicht, denn das sage ich nirgends.
Februar 20th, 2018 at 11:09
Die Peene-Werft bei Wolgast (Mecklenburg-Vorpommern) baut derzeit 33 Küstenboote für Saudi-Arabien. Ein Auftragsvolumen von 500 Mio Euro sichert vorerst 300 Arbeitsplätze. Ministerpräsidentin von Meck-Pom, M. Schwesig (SPD) saß als stellv. Parteivorsitzende auch in der GroKo-Verhandlungsrunde und hat dort selbstverständlich Ihre Landesinteressen (Erhalt von Arbeitsplätzen) zum Kapitel Rüstungsexporte vertreten.
Das SPD-typische Arbeitsplatzargument muss immer wieder dafür herhalten, dass politische Sauereien gegen die vitalen Interessen der Bevölkerung fortgesetzt werden. Kennen wir noch von der Atomkraft, aktuell von den Braunkohlekraftwerken, der Automobilindustrie und der Massentierhaltung. Die Henker sind immer die ersten, die gegen die Abschaffung der Todesstrafe sind.
Eine Illusion ist, wenn die Politik suggeriert, Arbeitsplätze gegen Kapitalinteressen erhalten zu können. Holzmann, Air-Berlin, Opel Bochum, Nokia, Siemens und die Deutsche Bank lassen herzlich grüßen, während sie gleichzeitig über die Zahl 300 nur müde lächeln.
Februar 20th, 2018 at 11:26
Der weitgereiste Antisemi-Wanderpokal wird nun auch mal Lisa Fitz in die Hand gedrückt – welcome to the club.
Bloß nix Falsches über die eigenpatentierten Berufsopfa Rothschild und Soros sagen. Und wehe, Du gibst RT deutsch ein Interview.
Das SPD-Parteiblatt FR scheint dem hiesigen Blogbetreiber tatsächlich seriös zu sein – kicher…
Februar 20th, 2018 at 12:42
Mann, Mann, Mann wie borniert muss man eigentlich sein, dass man glaubt die Komplexität des Kapitalismus mit Personalisierung “erklären” zu können und sich dabei als “Durchblicker” zu genieren?
Das dann das personifizierte Übel der Welt “zufällig” ausgerechnet immer jüdisch und nicht Beispielsweise Rupert Murdoch oder einer dieser Arisierungsgewinnler a la Quants oder Flicks (wäre für eine dt. Kabarettistin doch naheliegend) heissen ist auch rein “zufällig”.
Jaja,immer diese Denkverbote… wo doch die Fitz so eine Tabubrecherin ist…
Februar 20th, 2018 at 12:44
@17
Können wir uns darauf einigen, daß Lisa Fitz hier so oder so nicht das Problem ist?
Es geht eigentlich noch nichteinmal um den konkreten Begriff “links”, sondern es geht um die Inhalte, mit denen dieser Begriff einmal kongruent war.
Und am eigentlichsten geht es um Menschlichkeit.
Ich empfehle die gestrige (19.2.) Folge der NDR Intensivstation. Einer der Kabarettisten verweigerte die beliebte Politikerschelte und begann eine abgrundtiefe Schmähung und Beschimpfung des gesamten Volkes, repräsentiert durch das anwesende Publikum, welches er rüde beleidigte und mit Blitzen bewarf. Der Applaus war euphorisch, jedoch schmerzhaft.
Außerdem empfehle ich die heutige in ähnliche Richtung gehende Kampagne des Kiezschreibers!
Februar 20th, 2018 at 13:04
Das ist ein eitler Schwätzer ohne Umgamgsformen! :p Weshalb ich ihm selbst diesen simplen Kommentar verweigere:
Kapitalismus ist die Anwendung höchst rationaler Methoden zu einem höchst irrationalen Zweck.
So.
Februar 20th, 2018 at 13:34
@flatter#6
Da macht er sichs aber bissl einfacher als er nötig hätte. Rein verstandesgemäß ist dem so – nur ist die Welt kein reines Verstandesgebilde und ein ausschließlich rationaler Erklärungsansatz mit lückenhaft noch sehr nett beschrieben. Und nur weil die Katholen & Co. den Begriff für sich reserviert zu haben scheinen, heißt dass nicht, dass dem Menschen etwas Selbstbeherrschung nicht ganz gut täte. Da hätten wir sie dann doch wieder – die Beherrschung, die leider auch mit dem Zusatz ‘selbst’ nicht ohne Konzept von richtig/falsch, von Verantwortung und damit von Schuld auskommt.
Wahrscheinlich reden wir von sehr verschiedenen Vorstellungen von Schuld.
Februar 20th, 2018 at 14:54
Richtig/falsch sind Kategorien der Logik, nicht der Moral. Wie ich schon oft gesagt habe, ist Ethik eine Frage der sozialen Ordnung, die durch Vereinbarungen über das, was erwünscht/unerwünscht ist, formiert werden kann.
Schuld ist psychologisch ein eigenes Phänomen, das durch Druck, Unterwerfung und Angststrategien geprägt ist. Das kann man sprachlich scharf von ethischen Erwägungen trennen, sonst landet man mitten in der Religion.
Februar 20th, 2018 at 14:55
@Joker: Du hast mich jetzt einmal zu viel genervt und ich dulde hier keinen Antisemitismus. Mach’s gut!
Februar 21st, 2018 at 09:02
Ich frage mich ob dem Autor beim verfassen des Tesxtes aufgefallen ist, dass überall dort wo er SPD schreibt, auch “Die Linke.” stehen könnte.
Februar 21st, 2018 at 09:51
Für mich liest sich das so, als ob es wichtig ist das Problem “richtig” zu benennen. Denn ich glaube nicht, dass Lisa Fitz oder Flassbeck etwas anderes meinen als Feynsinn. Die Kritik gilt dem Kapitalismus und denen die davon profitieren und damit die Zustände zementieren wollen.
Das selbst die Kritik daran für eine zerfleischung unter den eigentlich Ideologisch ähnlich oder gleichen Gruppen sorgt, ist wohl eine spezielle eigenschaft von “Links” die ich noch nie verstanden habe.
Offensichtlich ist das Gefühl wichtig, auf der “richtigen” Seite zu stehen und die 100% richtige Theorie im Hintergrund zu kennen und zu vertreten.
Kein Wunder das kaum jemand mit solchen Menschen politisch zusammenarbeiten möchte. Politik funktioniert nur, wenn man das Gemeinsame findet und in der Lage ist Kompromisse zu erarbeiten. Selbst in Diktaturen ist es wichtig verschiedene Interessen zu berücksichtigen.
Aber wnn das nicht einmal innerhalb der gleichen Denkstrukturen funktioniert, ist doch jegliche politische Arbeit hoffnungslos.
Was letztlich auch viele halbwegs erfolgreiche Projekte – erfolgreich in dem Sinn, dass dadurch Veränderungen möglich gewesen wären – in der Vergangenheit gezeigt haben. Die, die nur ansatzweise Links denken, haben sich zu Tode zerfleischt und am Schluss bleiben Neoliberale und Konservative übrig. Wie z.b. bei den Grünen oder Piraten. Der Rest ist in politisch unbedeutenden Splittergruppen aktiv.
Also für mich – als politisch inaktiver – ist Lisa Fitz genauso Links wie Freysinn und ihre Forderungen unterschieden sich im Grunde nicht von denen die du hier genannt hast. Aber man kann auch in jeder Suppe ein Haar finden.
Februar 21st, 2018 at 10:01
Struppi, es ist leider schade, dass der eigentliche Artikel wg. der Personalie L. Fitz untergehen zu droht, aber da Du tatsächlich die Dämlichkeit besitzt hier eine Gleichstellung aufzustellen, ließ doch einfach meinen Kommentar (18) bis Kommenta 23 durch.
Und noch etwas, der Gegner meines Gegners ist nicht mein Freund, schon garnicht wenn er inhaltlich etwas anderes will. Nur “Kapitalismus überwinden” reicht noch nicht, es kommt nämlich darauf an die postkapitalistische Gesellschaft gemeinsam und richtig (zugegeben, ein sehr hoher Anspruch) zu gestalten.
Februar 21st, 2018 at 10:56
@Derweg: Ich schrieb “Sozialdemokratie”, damit ist selbstverstädlich auch “die Linke” gemeint.
Februar 21st, 2018 at 10:59
@Struppi. Wenn du die Unterschiede nicht sehen willst, kann ich sie dir auch nicht zeigen. Für mich sind sie unüberbrückbar.
@Fred: “Dämlichkeit” ist nicht akzeptabel. Man kann das auch höflich formulieren.
Februar 21st, 2018 at 17:26
@ Lycalopex #5, #21,
evt. geht es nicht um verschiedene Vorstellungen von Schuld, sondern um den Begriff an sich. Statt den Menschen als das “einzig schuldfähige Subjekt in diesem Ganzen” zu bezeichnen, könnte man sagen, er sei VERANTWORTLICH für das Ganze. – Der Begriff Schuld steht meist im Zusammenhang mit Unterdrückung, was zu Hilflosigkeit führen kann, während Verantwortung mehr mit Einsicht und – im Idealfall – mit dem Willen zur Veränderung zu tun hat.
Februar 21st, 2018 at 18:17
@pentimento
Verantwortlichkeit trifft es in etwa so halb wie Schuld. (Das Wort löst bei mir wegen inflationär mißbräuchlicher Verwendung wahrscheinlich ähnliche Übelkeiten aus wie bei anderen aus gleichem Grund ‘Schuld’.) Doppeldeutigkeiten in der Sprache sind schon was feines, nä.. Wenn ich ne Vase umschmeiße, dann bin ich (unabhängig von einer anzunehmenden Unabsichtlichkeit) daran schuld. Und es täte mir gut, mir darin auch klar zu sein dass dem so ist. Verantwortlichkeit erlebe ich (ja, durchaus im in der gleichen Wertungsqualität) eher als etwas zukunftgerichtetes, während die von mir gemeinte Schuld eher als ursachenbezogen also in die Vergangenheit gerichtet ist (und damit für mögliche Lernprozesse irgendwie essentieller). So ergibt sich nur aus bewußt erlebter Schuldigkeit die Möglichkeit verantwortlichen Handelns. Ich tät mir schwer dran, daraus ne Reli machen zu wollen. Aber auch wenn ich das gar nicht so aufgebauscht gemeint wissen wollte, krieg ich den Eindruck nich aus de Knochen, dass derlei schlichter Zusammenhang von der Mehrheit mehrheitlich ignoriert wird – und was dabei rauskommt nennen wir dann Kapitalismus.
Februar 21st, 2018 at 20:35
@ Lycalopex
Verstehe, was Du meinst. Aber gerade wenn Du unabsichtlich eine Vase umschmeißt, könntest Du auf dieses unsägliche, weil vielfach mißbrauchte Wort, verzichten, und einfach Ungeschicklichkeit als die URSACHE bezeichnen – und das ohne Wertung!
Viele Menschen, zu denen auch ich gehöre, reagieren verständlicherweise etwas gereizt auf dieses Wort, aber letztlich kannst Du Dich doch ausdrücken wie Du willst. :)
Februar 21st, 2018 at 21:24
Das ist ja mein Problem: Ungeschicklichkeit ist nicht die Ursache. Die Ursache war ich – also liegt es schlußendlich ausschließlich bei mir, dafür zu sorgen, dass dies in Zukunft nicht mehr geschieht. (An Ungeschicklichkeiten wird es mir auch in Zukunft nicht mangeln, so dass diese zur Unheilsverhinderung wenig taugt.) Und um Wertungen kommt man leider auch nicht ganz herum. Die Sache mit der Vase wertet sich sicherlich noch mit ‘harmlos’ – das ist aber nicht mit jeder Handlungsfolge so.
Meine eigenen Wortallergien lassen lassen mich ja ein gewisses Verständnis entwickeln und rhetorisch steht es mit meiner Klarheit auch nich immer zum Besten. Aber ich muss (eigentlich gerade deshalb) hier nicht in Watte gewickelt werden. Und genau deshalb stößt mich genau diese Verschleierei sauer auf, wenn es dann die Ungeschicklichkeit gewesen sein soll, nur weil das den personalen Zusammenhang präzieser darstellende ‘schuld sein an etwas’, so ein böses Wort enthält. Ey das muss man auch mal aushalten können wenn man eine ehrliche Analyse will (die man glaub’ ich auch von jedem erwarten dürfte). Bei ‘von Idioten für Idioten’ bin ich noch am überlegen. Zur allergrößten Not könnte man ja fragen wie es gemeint war.
Februar 21st, 2018 at 21:50
“Und um Wertungen kommt man leider auch nicht ganz herum.”
Erschließt sich mir nicht. Wieso? Wozu soll das gut sein? Schlimmer noch:
“Ey das muss man auch mal aushalten können” – wieso muss man irgendetwas aushalten können? Weil Schuld so schön sadomasochistisch ist und man sich prima in Vorwürfen wälzen kann? Das Konzept “Schuld” beruht auf “Sünde” und fordert Vergeltung; bestenfalls Unterwerfung unter die Gnade einer höheren Instanz. Ich kann nicht erkennen, wo daran auch nur ein gutes Haar sein soll, es ist aber ersichtlich, wie destruktiv sich dieses Konzept sozial auswirkt. Wir müssen uns da nicht einigen, aber ich bleibe da sehr bestimmt. Gegenseitige Rücksicht kann man sehr viel besser, entspannter und effektiver organisieren, wenn man das Konzept ‘Schuld’ ablehnt.
Februar 21st, 2018 at 23:20
Man, man, man, jetzt hat ich versucht die ganze Sache etwas nüchterner als im Erbsündenkontext aufzustellen – gelang wohl nicht. Und nun zur höheren Instanz noch Sadomasochismus.
Wir schreiben uns hier gegenseitig mit Worten die alle mehrere Bedeutungsebenen haben. Ich kann mir nun die mich beleidigende oder anderweitig meine Tagesstimmung vermiesende Ebene heraussuchen und dann ..vielleicht war das mit sadomasochistisch gemeint. Ja, das ist sozial destruktiv. Muss man aber so nicht machen. Wir fliegen hier kein Passagierflugzeug durch ein Andengewitter, wir sind hier alle nur am labern – primär also schwerst harmlos (wenn man will) aber nie eindeutig. Eine wohlwollende Interpretation beim Empfänger wäre ja auch mal was. Das meinte ich mit ‘kann man auch mal aushalten’ falls einem die zuerst wahrgenommene Lesart schwer bekömmlich scheint. Falls das hilft könnte ich dieses ‘schuld sein’ was ich meine in ‘in direktem Zusammenhang zum eigenen Handeln stehend’ übersetzen um ihm seine schlichte Sachlichkeit und Ideologiefreiheit wiederzugeben. Hab es mir da wohl mit der kürzeren Variante zu leicht machen wollen aber mehr war wirklich nicht gemeint. Ich alter Ossi bin nämlich, was Sünde und höhere Instanzen angeht, schwerst unterbelichtet (wenn auch nicht interessenbefreit) und deshalb zu diesen Themen allenfalls im Rahmen freien Assoziierens diskussionsbefähigt.
Ich erachte meinen Beitrag unter der Rubrik “jeder fange erst mal bei sich selber an” als unzulänglich ausformuliert und damit in diesem Aspekt als nicht wahrgenommen und gescheitert. Tja, werd mal in mich gehen ;-)
Februar 21st, 2018 at 23:42
Ich bin ja nicht halb so arschig wie ich gern klinge, aber ich sehe im Begriff “Schuld” (der nicht ohne das “Konzept” zu haben ist) tatsächlich einen furchtbaren Klotz am Bein der Zivilisation. Wenn ich von “Rücksicht” spreche, so nehme ich an, dass du im Grunde das meinst, dass man nicht durchs Leben marodiert und so tut, als gehe einen die Konesquenz des eigenen Handelns nichts an. Ebenso bin ich völlig bei dir, was den Umgang mit dem Begriff “Verantwotung” betrifft, der wie so viele im Zwiesprech versumpft und inzwischen auf der außenpolitischen Ebene “Krieg Führen” bedeutet, sozialpolitisch “Eigen-Verantwortung” ergo “du bist nur zu faul”.
Klar, das ist hier nur Gelaber und Getippe, auch deshalb kann ich das nur recht suboptimal vermitteln (und weil mir oft die Geduld fehlt, derzeit u.a. wegens Gesundheit).
Bei Schuld geht halt der Pitbull mit mir durch, aus schwerwiegenden Gründen.
Danke für deine Geduld!
Februar 21st, 2018 at 23:51
Schon gut, ich hatte das mit den schwerwiegenden Gründen irgendwo da hinten noch rumliegen. Bin ja froh dass es soweit noch angekommen ist. Gesundheitlich dann uns mal alles gute – komme nämlich auch nur wegen meiner AU zum schreiben..
Februar 22nd, 2018 at 01:12
Flatter @ 28: Du hast recht “Dämlichkeit” war schon sehr unhöflich und ich entschuldige mich dafür bei Struppi.
Februar 22nd, 2018 at 09:11
Moin,
nur mal so als Bsp. Ungeschick=negativ, weil wir wollen, sollen, müssen doch alle geschickt sein.
@ flatter
Das mit der Ablehnung des Begriffes Schuld, finde ich pers. höchstinteressant, vielleicht ist aber hier die dtsch. Sprache und auch das Konzept hinter dem Begriff Schuld einfach nicht geeignet.
Wie machen es denn die anderen? z. B. indigene Völker, Aborigines, Asiaten??
Und wenn kein Adressat (der Schuldige) verfügbar, wie will, soll man, eine dem Gesamtkonsens
entsprechende ?Verhaltensänderung? adressieren?
Würde das nicht der heutigen sog. “organisierten Nichtverantwortlichkeit” in die Hände spielen?
Gute Besserung
Februar 22nd, 2018 at 10:46
Interessanter Ansatz. ich kann ja nur Englisch, und da heißt es “my fault” (mein Fehler), nicht “my guilt”. Finde ich schon wesentlich konstruktiver.
Februar 22nd, 2018 at 10:52
@ flatter,
“Das Konzept “Schuld” beruht auf “Sünde” und fordert Vergeltung; bestenfalls Unterwerfung unter die Gnade einer höheren Instanz.”
Soviel ich weiß, hat die Aufklärung der mittelalterlichen Vorstellung von der Erlösung durch göttliche Gnade die Verantwortung für das eigene Handeln entgegengesetzt. Daß die Schöpfer des Neusprech manche Ausdrücke mal ad absurdum führen würden, konnte damals niemand ahnen.
Gute Besserung!
Februar 22nd, 2018 at 10:58
Auch interessant: Im Englischen ist ein Darlehen ein credit, nicht guilt; i owe you money heißt bei uns ich schulde Dir Geld. Martin Luthers Erbe?
Februar 22nd, 2018 at 12:37
Nährers dazu kann man übrigens bei Nietzsche (Genealogie der Moral) nachlesen. Dem Begriff der Schuld legt er das Vertragsverhältnis von Gläubiger und Schuldner zugrunde, das schon im alten Ägypten und im römischen Recht den Gläubiger zu Folter und Grausamkeit berechtigte: Kann der Schuldner nicht zahlen, wird dem Gläubiger “eine Art Wohlgefühl als Rückzahlung und Ausgleich zugestanden”. Und weiter:”In dieser Sphäre, im Obligationen-Rechte also, hat die moralische Begriffswelt »Schuld«, »Pflicht«, »Heiligkeit der Pflicht« ihren Entstehungsherd – ihr Anfang ist, wie der Anfang alles Großen auf Erden, gründlich und lange mit Blut begossen worden.”
Februar 23rd, 2018 at 22:22
@Pelzer
Interessant ist der historische Umgang mit Schulden im alten Ägypten und im römischen Recht. Interessant wäre auch die Frage ist, ob der Zusammengang von pekuniärer und moralischer Schuld erst im Christentum entstanden ist, oder ob dieser auch schon in den antiken Gesellschaften bestanden hat. Es wäre denkbar, daß Nietzsche, der sehr an der bigotten Erziehung durch Mutter und Schwester gelitten hat, in seiner Genealogie der Moral auf diesen unsinnigen Zusammenhang hinweisen wollte.
Februar 24th, 2018 at 08:47
@Pentimento – Mittlerweile hat sich doch die Auffassung durchgesetzt, dass das Geld selbst aus dem Opfer hervorgegangen ist – ganz gut dargestellt zB im ersten Teil des hier rezensierten Buches – dass also pekuniäre und moralische Schuld nicht erst irgendwann zusammengegangen, sondern vielmehr erstere direkt aus letzterer hervorgegangen ist. Und also auch dass Geld schon von daher auch immer schon eine ‘solide’ metaphysische Komponente aufwies, die es ihm zweifellos erleichterte, dann auch gleich und folgerichtig sozusagen das Erbe der Religion anzutreten.
Sorry für erstmal nicht mehr, aber mich hat’s auch voll erwischt…
*brutz*
Februar 24th, 2018 at 10:07
Interessanter link. Wird nicht dieser Klingelbeutel im Gottesdient auch “Opferstock” genannt? Verrückt, aber immerhin ein Fortschritt, verglichen mit den archaischen Blut – und Menschenopfern, mit denen die Natur bzw. die Götter gnädig gestimmt werden sollten. Die Psyche des Menschen befindet sich immer noch “in den Kinderschuhen der Entwicklung” ( C.G.Jung).
Etwas OT: in der Rezessionein wird erwâhnt, daß ein kleines Kind nicht zwischen dem Ich und der Welt unterscheiden kann. In diesem frühen Stadium kann es auch nicht zwischen den Eltern und der Welt unterscheiden. Deshalb erfährt das Kind alle Gewalt von außen ( wie Krieg, aber auch Hunger!) als Gewalt, die von den Eltern ausgeht. Was als Trauma durch die Eltern verinnerlicht wird, kann dann in Wahrheit auch ein Umwelttrauma sein.
Auch Dir gute Besserung!