Im Süden nichts Neues
Posted by flatter under journalismus , kapital[40] Comments
21. Jan 2014 12:44
Der “Welt” ist es zwei Zeilen für eine Meldung wert, ansonsten schweigt sich die deutsche Presse aus: Einen Parkplatz, so hieß es, wolle der Bürgermeister der nordspanischen Stadt Burgos bauen lassen. Die darauf folgenden landesweiten Proteste haben inzwischen zu einer angeblichen Einstellung des Projekts geführt. Die NZZ schreibt zwar darüber, aber einen bodenlosen Unfug:
“Nach Ansicht der Gegner wäre das Geld aber besser in städtischen Sozialleistungen wie Kindergärten angelegt.” Nun ist es schon dem Irrsinn schmiegsam nahe, Kindergärten als “Sozialleistungen” zu bezeichnen. Die Krönung aber: Weil also ein Parkplatz gebaut und nicht ein Kindergarten “renoviert” wird, entflammen im ganzen Land teils gewalttätige Proteste? Wir sollen die Spanier also für wütende Berserker halten, wenn wir überhaupt etwas über die jüngsten Ereignisse erfahren.
Mehr dazu, und zwar reichlich, gab es hier in den Kommentaren, von mo und R@iner zusammengetragen, die spanische Quellen, Twitter, die HuffPo und anderes heranzogen, um uns ins Bild zu setzen. Demnach geht es dort eben nicht um irgendeinen Parkplatz, sondern um eine flächendeckende Korruption. Im Gegensatz zu den hiesigen Verhältnissen ist es in Spanien auch allgemein bekannt, was wer mit wem mauschelt. In Burgos wurde also ein vorbestrafter Baulöwe mit der Verschwendung öffentlicher Mittel beauftragt, während der Bürgermeister sich von den Baufirmen Reisen spendieren ließ. In der Folge nur logisch, dass er entgegen monatelanger Proteste seine Entscheidung auf Basis höherer Ideale trifft. Es geht schließlich um Arbeitsplätze®!
Millionen Extremisten
Im Rahmen der Proteste wurden u.a. Minderjährige und Rentner verhaftet. Die spanische Polizei erweist sich derweil als ihren besten deutschen Kollegen ebenbürtig. Kommt schon mal vor, dass da einer totgeprügelt wird und der Vorfall nicht aufgeklärt werden kann, weil – déjà vu – Akten verschwinden. Im Gegensatz zur hiesigen Protestkultur, wo man sich in eine berufsjugendliche Testosteronfraktion und ein Lager bürgerlicher Pseudokritik spaltet, scheint es sich dort aber inzwischen herumgesprochen zu haben, dass der Klassenkampf von oben angenommen werden muss. Kein Wunder, in Spanien geht eine ganze Generation auf ein Leben in Armut zu, wenn es nicht bereits das ganze Volk ist. Wir haben unsere Arbeitslosigkeit nach Südeuropa exportiert und reichlich Rabatt in Form von Hoffnungslosigkeit gewährt.
Zurück zum Funken, der die landesweiten Proteste ausgelöst hat: Da i-Tüpfelchen ist die Medienmacht des besagten Baulöwen, der sich nebenbei eine Mediengruppe hält und sich seine eigenen Nachrichten macht. Dass die Proteste generell als “linksradikal” bezeichnet werden, ist insofern nicht ganz das Übliche. Der Qualitätsjournalismus kommt vielmehr direkt vom Objekt der unabhängigen Berichterstattung®.
Dort aber ist der Vorwurf des “Linksextremismus” kein Grund, in den Keller zu flüchten und zu beten, die Obrigkeit möge die furchtbaren Aufrührer richten. Im Gegenteil setzt sich dort offenbar die Erkenntnis durch, dass mit ‘radikal’ und ‘extremistisch’ jeder gemeint ist, der nicht bedingungslos vor der Macht des Kapitals kapituliert oder Menschenrechte für wichtiger hält als das Versprechen von Arbeitsplätzen. Überhaupt bricht mit der Wirtschaft auch der Glaube an ihre Medien und deren Lügen zusammen. Kein Wunder, dass wir hier nichts davon zu hören bekommen.
Januar 21st, 2014 at 18:29
Danke, flatter, für Info. Danke mo und R@iner (hab’ mich bei/über Euch informiert gehalten).
Hat schon jemand die NZZ angemehlt? Nö? Dann mach’ isch dess, gelle!
18:37 h: Erledischt. (Wär’ doch schad’, wenn die dess hier nedd mitkrische, gell?)
Januar 21st, 2014 at 22:38
naja, mit der presse ist das schon etwas komplexer: wenn man bei
nsaguggle-news “spanien proteste” als keywords probiert, ist schön zu sehen, dass die meisten redaktionen anscheinend ab dem 16. januar diesbezgl. den betrieb eingestellt haben. oder auch die sog. agenturen nicht mehr geliefert haben.der blinde fleck ist jedenfalls extrem auffällig, und zwar nicht nur bei den üblichen verdächtigen: der beitrag von reiner wandler in der taz neulich ist in meinen augen seltsam oberflächlich, selbst ein ralf streck bei telepolis ist bisher auf tauchstation gegangen. auch seiten wie labournet (an sich mit meist wirklich guter auslandsberichterstattung) haben bis dato genau nix.
im rest der welt sieht das übrigens nicht groß anders aus: ein paar berichte bei “russia today” und der bbc, der “standard” hatte einmal was, was sehr schnell wieder verschwunden war – aber selbst beim “guardian” gab´s meines wissens bisher nix.
nochmal zu erinnerung: tagelange proteste in einem europäischen kernstaat, die sich am ende auf über 40 städte ausgeweitet haben; riot-szenen en mass; ein angriff auf ein polizeirevier; die europäische premiere (immer noch mein eindruck) von LRAD – und am ende haben die diversen formen von protest und widerstand hinsichtlich des initialen projekts auch noch erfolg. und genau letzteres ist dann mit einem mehr oder weniger totalen media-blackout belegt, ein paar sehr wenige ausnahmen bestätigen die regel in der geschichte.
ich tendiere bei dieser betrachtung an sowas wie internalisierte selbstkontrolle bei vielen lohnabhängigen schreibern und schreiberinnen; andererseits erklärt das nicht das bisherige schweigen von leuten, denen man durchaus sympathie für die ereignisse unterstellen könnte. am ende ist´s einfach überlastung? unbefriedigender erklärungsversuch, aber ich bin da etwas ratlos.
und direkt zur sache: der bürgermeister von burgos wohnt direkt in einer luxuswohnung, die von eben dem bausack errichtet und vermietet wurde, der das gamonal-projekt durchführen sollte. solche news sorgen für stimmung in spanien.
und der protest in gamonal richtet sich momentan zentral auf die freilassung aller noch inhaftierten, und zur unterstreichung dieser forderung wurden heute just die bankfilialien vor ort besetzt, die vor einer woche entglast worden waren. und die handelnden sind, soweit sich das von hier sagen lässt, mehrheitlich tatsächlich die, die dort auch wohnen.
btw: habe den eindruck, dass die diskussionen in spanien unter dem eindruck der ereignisse inzwischen recht vielschichtig geworden sind, was das weitere vorgehen bei künftigen protesten angeht – aber dazu könnte r@iner vermutlich mehr sagen.
Januar 22nd, 2014 at 09:20
@mo
“internalisierte (S)elbstkontrolle” natürlich und internalisierter Neoliberalismus, internalisierte Schere im Kopp, internalisierte Einäugigkeit … mit einem Wort: Internalisierter Gummi im Kreuz – oder: Beiße nie die Hand, die den Scheck unterschreibt.
Januar 22nd, 2014 at 16:47
@mo
Die Propaganda funktioniert beeindruckend gut. In Richtung Deutschland werden solche Informationen, die auch von Griechenland, Portugal, Frankreich, usw. kommen, dem Volk unterschlagen aber, dass es Deutschland supergut geht, weiß die ganze Welt.
Wenn man in Deutschland darüber informieren würde, könnten sich z.B. die SPD-Verräter nicht dahin stellen, wie sie es gerade tun und Hollandes Nachahmung der Agenda 2010 zelebrieren. Widerliches Pack. Überall.
Januar 22nd, 2014 at 17:04
Danke an @flatter für die Zusammenfassung, die Blumen von @Vogel und @bernd_r, und an @mo für die tolle Zusammenarbeit.
Am Freitag Abend und am Samstag geht es weiter mit den Demos.
- Für autonome Stadtviertel ohne Polizeipräsenz (whut?)
- Gegen Korruption und Spekulation
- Für die straffreie Entlassung der restlichen Verhafteten
Nicht nur in Burgos wird man auf die Straße gehen, sondern auch in Huesca, Valencia und Zaragoza. Ich bin mir sicher, dass sich weitere Städte anschließen werden.
Zwischenzeitlich fanden auch Versammlungen vor den Filialen der Banken statt, die Anzeige wegen den zerstörten Fensterscheiben erstattet haben. Man hatte sie schon letzte Woche schriftlich darum gebeten, von Anzeigen abzusehen. Die BBVA hat bisher als einzige angekündigt, keine Anzeige zu erstatten.
TVE hatte manipulativ uralte Bilder von verbrannten Autos gezeigt und die
Stadthalter der MafiaRegierung versucht weiterhin, die Proteste (über das erträgliche Maß) zu kriminalisieren.@mo: Zu deinem letzten Satz: Mehr als Du weiß oder sehe ich auch nicht. #Gamonal ist weiterhin Thema auf twitter. “Dann geh’ doch nach Gamonal” sei das neue “Dann geh’ doch nach Cuba”. :-)
Januar 22nd, 2014 at 21:23
In London sollen Proteste von Hochschulbeschäftigten und Student/innen jetzt auch verboten werden. Gegen die Zustände an den Unis kann man ja auch auf einem Parkplatz im Wald protestieren. Was sich da gerade zusammenbraut, ist der massive Kampf der Macht’eliten’ gegen jede demokratische Regung. Fürwahr spannende Zeiten.
Januar 22nd, 2014 at 22:10
und in wien gibt´s am freitag beim faschistoiden ballgetanze auch gleich mal ein gefahrengebiet plus ein vermummungsverbot, das noch für ein paar flächen mehr gilt:
(…) “Die Fläche, für die das Vermummungsverbot gilt, entspricht dem gesamten Ortsgebiet von Eisenstadt. Innerhalb dieser Zone, so heißt es, dürfen sich keine Personen an öffentlichen Orten aufhalten, die ihre Gesichtszüge “durch Kleidung oder andere Gegenstände verhüllen oder verbergen, um ihre Wiedererkennung zu verhindern”. Und noch mehr: Sie dürfen keine Gegenstände dabeihaben, die dazu dienen könnten, sich zu verhüllen.”
ich empfehle ne burka – für nacktproteste ist es deutlich zu kalt.
@ r@iner: ich hatte eher – anfangs sporadisch, dann öfter – den eindruck, dass die option des militanteren auftretens gegenüber dem staat etwas ist, mit dem sich inzwischen weit mehr leute beschäftigen als zb. noch 2011. ist aber wie gesagt nur mein eindruck. wobei ich nicht der meinung bin: militanz = gewalt. erstmal ist es eine bestimmte innere haltung, die allerdings gewalt als option und notwehr auch ausdrücklich nicht ausschliesst.
Januar 22nd, 2014 at 23:33
Bzgl. Militanz und Notwehr:
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2014-01/notwehr-nsa-spionage-us-botschaft/komplettansicht
Das ist zwar letztlich völliger Käse, da abstrakte Rechtstheorie, auf die sich kein Richter einlassen wird, aber immerhin!
Auch die Reaktionen des Kommentariats sind andere als noch vor 1 oder 2 Jahren.
Es geht voran.
Das Problem ist nur, dass die politische Reaktion noch bedeutend schneller voran geht.
Januar 23rd, 2014 at 10:06
Derweil bejubelt sich Spanien, es sei jetzt quasi wieder kerngesund.
Januar 23rd, 2014 at 11:26
Überschriften in Spanien:
- Spanien zerstört im sechsten Jahr in Folge Arbeitsplätze
- Nach Berechnungen der spanischen Bank sank das bip in 2013 um 1,2%
- Olli Rehn: Spanien wird 10 Jahre brauchen, um die Krise in den Griff zu bekommen
- Die Gerichtsbarkeit suspendiert Richter Elpidio Silva wegen seiner Ermittlungen im Fall Blesa. Er meinte im Dezember, dass das spanische Justizsystem an sich korrumpiert sei. Es geht u.a. um die “Caja Madrid” und Bankia. Blesa wiederum steht in Zusammenhang mit dem Fall “Gürtel”. So wird das nichts mit der Karriere, Herr Silva. Nestbeschmutzer braucht keiner.
- Eine Ministerin meinte vor kurzem, dass Spanien stolz wäre auf die jungen Menschen die auswandern. Na dann ist ja auch das leichte Absinken der Arbeitslosenrate erklärt. Das ist übrigens belegbar und nicht einfach ein Spruch von mir. Ach, und die Kurzarbeit nimmt auch zu.
- usw. usf.
Gestern las ich das Hayek-Essay “Über die soziale Gerechtigkeit” von 1973. Für mich ist der Typ ein Fall für die Klapse. Wer bei so etwas jedenfalls nicht kotzen muss, hat die besten Voraussetzungen auch den faz-Artikel ohne Abwehrreaktion des Immunsystems richtig einordnen zu können.
- Kürzungen bei der Bildung, im Gesundheitswesen, bei den Löhnen und bei den Renten sind Wachstum. Das muss nicht erwähnt werden.
- Wir sind die Besten und deshalb sind auch unsere Methoden die besten, die feinsten und die wirksamsten (irgendwann ganz sicher).
Um sich diese “Wahrheit” zusammenlügen zu können, sollte man seine Filterbandbreite auf “narrow” gestellt haben.
Januar 23rd, 2014 at 12:29
Update Burgos: Der Bürgermeister wohnt ja, wie von mo oben erwähnt, in einem Gebäude, das dem Baulöwen gehört, der auch den Zuschlag für das Boulevard-Projekt bekommen hatte. Das Bild wird aber noch deutlicher, wenn man folgende Dinge weiß:
- Die Architektin des Gebäudes war die Tochter des Baulöwen.
- Die Größe der Wohnung ist im Grundbucheintrag falsch (zu klein) deklariert.
- Der Bürgermeister war früher zuständig für die Vergabe von Bauplätzen. Das Gebäude steht auf einem Grundstück, dessen Preis von ihm “neu bewertet”, genauer: gesenkt wurde, bevor der Baulöwe es ersteigert hatte.
- Im Viertel Gamonal gab es eine Gruppe, die für das Bauprojekt war. Nun wird gesagt, diese Gruppe hätte knapp 20.000 Euro von der Stadt bekommen.
Und noch last but not least: Rajoys Frau ließ vor einiger Zeit abtreiben.
Ich liebe diese freien Märkte.
Januar 23rd, 2014 at 15:21
Der Artikel bezieht sich zwar auf die Presselandschaft, aber auch im TV wird man umfänglich und bestens informiert.
Tagesschau, Nachtausgabe 16.1.:
Massenproteste in Spanien weiten sich aus – Tausende gehen in mehreren Städten auf die Strasse (Bild: friedlich demonstrierende Menschen mit Gamonal-Plakaten) – Umschnitt – Zusammenstöße zwischen Polizei und Demonstranten in Madrid: Polizisten prügeln mit riesig langen Schlagstöcken auf Flüchtende Menschen ein – Grund der Proteste: ‘ein Strassenbauprojekt in Burgos, welches als überflüssig und überteuert kritisiert wird’ – Das Wetter für morgen
Ich habe das erst die Nacht auf einer Aufnahme entdeckt (ja, ich habe noch TV und nehme manchmal was auf) und war fassungslos – geht doch! Super Berichterstattung, man erfährt alles nötige, nebst Kontext und Einordnung.^^
Ironiekennzeichnung erspar ich mir…
ps: das war der einzige Bericht, abgesehen von dem was mo und R@iner zusammengetragen haben, den ich in den letzten zwei Wochen wahrgenommen habe, zu dem Thema. Echt nice.
***
Die TV-”Berichterstattung” über das, was grad in der Ukraine abgeht ist zwar ausführlicher, aber leider auch nur auf ähnlich hohem Niveau.
Man reiche mir einen neuen Eimer, einen leeren. *würg*
Januar 23rd, 2014 at 15:49
Besten Dank für die Berichterstattung und die Kommentare.
Januar 23rd, 2014 at 23:08
Ich hatte davon gelesen. Dummerweise weiß ich jetzt echt nicht mehr, ob ich das woanders mitbekommen habe oder nur hier. Dabei würde mich genau das jetzt doch wirklich interessieren. Aber was hilft es, semi-senil wird nicht mehr besser.
In der SZ steht übrigens die Schlagzeile “Warum es in in der Ukraine um Europas Zukunft geht”. Da wird ordentlich krawallige Berichterstattung geboten. Aber Spanien oder Griechenland… das ja nicht so richtig Europa, ne.
“Gestern las ich das Hayek-Essay “Über die soziale Gerechtigkeit” von 1973. Für mich ist der Typ ein Fall für die Klapse.”
Ich habe mir mal Milton Friedman in einer Diskussion angetan (angeblich war der Fragesteller der sehr junge Michael Moore). Es ging um den Wert, den Wert dem man (also die Produktion) einem menschlichen Leben beimisst, usw. Ich kann gar nicht sagen wie sehr es einen da schüttelt. Ich krieg das immer nicht in den Kopf, wie Menschen da wirklich stehen können und tief innen drin denken: Der Mann hat recht. Wenn man mal die ganzen kleinen, hässlichen Gefühle wie Neid, Ängste und Maßlosigkeiten weglässt, die den einen mehr den anderen weniger lenken. Der Mann redet auf eine fürchterliche Art Dinge fürchterlichster Art. Und da muss man keine Pastorentochter für sein, um das so zu empfinden. Muss sowas sein wie die Absolution für’s Egomanentum auf der Überholspur.
Januar 23rd, 2014 at 23:43
Ach ja, Miss Uena, das ist so der Punkt, wo ich mich in Dr.flatter und Mr.flat zerteile. Der eine zieht sich die Decke übern Kopp und der andere lädt die Kalaschnikow durch. Das Resultat sind Kommunikationsangebote über die Frage, wie man mit über den Kopp gezogener Decke die Kalaschnikow in die richtige Richtung streuen lässt, ohne dabei falsche Revolutionsromantik zu entfalten oder als Lampenputzer zu enden.
Januar 23rd, 2014 at 23:54
für diejenigen, die sich mit der inzwischen gültigen neuen gesetzgebung in sachen repression in spanien noch nicht beschäftigt haben, ist der folgende text als einführung vielleicht ganz brauchbar, auch, wenn er aus einer explizit juristischen sicht geschrieben ist:
Polizeirecht statt Strafrecht – Als Reaktion auf die Explosion demokratischer Ansprüche werden in Spanien die Mittel der Politik neu zusammengesetzt
Januar 24th, 2014 at 00:11
Flatter, ist bestimmt schlimm der Zustand.
Ich hab dich vor meinem inneren Auge trotzdem jetzt mittem Betttuch durch die Wohnung schwebend… also bis zum nächsten Türrahmen dann, ne. Kennze ja, die gefährlichen Dinger, wo man nie durch kommt. :o)
Januar 24th, 2014 at 00:29
Gestern war ein guter Tag: In Marokko wird ab jetzt die Vergewaltigung (von Frauen) bestraft und Tunesien hat eine neue Verfassung.
Januar 24th, 2014 at 09:57
Telepolis: “Große Teile der bürgerlichen Mittelschicht sind dabei, sozial zu verrohen”
Jutta Ditfurth über den verwandlungsfähigen Kapitalismus, den zunehmenden Rassismus, den ausbleibenden Widerstand
Januar 24th, 2014 at 10:25
Sind dabei? Haben die bei TP die letzten 20 Jahre gepennt?
Januar 24th, 2014 at 10:42
Imho solltest Du fragen, warum Jutta Ditfurth so vorsichtig formuliert. Tp zitiert sie nur.
Januar 24th, 2014 at 12:05
Neuer Schachzug in Griechenland: Das Wohl der braven Bürger dort ist bedroht – durch den Linksterroristen. Der kam versehentlich frei, weil man ihn versehentlich freiließ. Man muss also fest damit rechnen, dass linke Gewalt in der nahen Zukunft auf das Konto gefährlicher Mörder geht und dementsprechend geahndet werden wird. “Scotland Yard und FBI” beteiligen sich bereits offiziell an der Fahndung.
Januar 24th, 2014 at 12:09
Ganz Gallien? Nein! In den USA versprüht das Privacy and Civil Liberties Oversight Board einen Hauch von Demokratie-Parfum. Die Überwachung sei unnütz und schädlich, so die Regierungskommission. Muss dringend abgeschafft werden. Oder es könnte der eine oder andere einen Unfall haben …
p.s.: Die TAZ, die immerhin einmal den Namen der Kommission nennt, gibt diesen falsch, weil verkürzt wieder.
Januar 24th, 2014 at 12:31
@22: Ich habe mir mal seinen Brief übersetzen lasssen. Wie nicht anders zu erwarten, ist seine Analyse gut. Sie ähnelt der üblichen von Jutta Ditfurth (nicht der obigen).
e.g.: [..] Destruction of the middle class, dismantling infrastructure, health – education – social state, demolished and delivered big capital, Labor laws and rights no longer exist. The society collapses. Thousands suicide, hundreds of thousands in soup kitchens, and a half million unemployed. More and more work without pay. People die beside us from hunger and cold, sleeping on benches and sidewalks, skoupidodifisi ,begging, prostitution, drugs destroy oversupply youth zeroing any available resistance.
So what are you waiting for?
If we do not act immediately, now, today, will cease to exist as a people and as a culture.
The attack on our country, is part of the imperialist – geopolitical conflict. No action is targeted against Hellenism (and Portogalismou Ispanismou and so on) as aimless claim various conspiracy theories that circulate widely in every season and extensively in times of crisis. See, that many are willing to chapsoun(?) [..]
Ob man jemals herausbekommen wird, wer das geschrieben hat?
Januar 24th, 2014 at 12:44
Kann man sich gar nicht ausdenken sowas: Wie US-Dienste sich die europäischen kaufen (via fefe).
Inhalt: CIA schickt 15 Millionen Dollar im Pappkarton nach Polen, zu deren Geheimdienst. Der baut denen dafür später Folterknäste.
Januar 24th, 2014 at 18:36
Noch ein Text über Burgos: Counterpunch, The Battle of Burgos
Januar 24th, 2014 at 21:38
ein blick nach wien am heutigen abend…die polizei hat später ihre zahlen auf 6000 teilnehmende nach oben korrigiert; von daher würde ich von 8000 ausgehen. polizeiwachen angreifen ist ebenso wie sperr- / gefahrenzonen (in wien dazu mit einer null-presse-politik, mehr hier ) einer der ersten trends dieses jahres.
es gäbe zu den szenen in ösiland einiges zu sagen, aber das spare ich mir an dieser stelle.
Januar 25th, 2014 at 01:17
*augenreib*
Danke, liebe Antifa!
was ist denn da in der redaktion passiert? mal sehen, wie lange das ohne interne distanzierung bleibt. in der sache ist das übrigens imo ziemlich richtig – es gibt viele städte/regionen, in denen es ohne antifa inzwischen noch unerträglicher wäre als eh schon. und die besten kenntnisse über die nazis sind dort auch vorhanden.
Januar 25th, 2014 at 15:31
@flatter (6): “Was sich da gerade zusammenbraut, ist der massive Kampf der Macht’eliten’ gegen jede demokratische Regung.”
das fällt inzwischen auch anderen auf:
(…) “Journalisten wurden a priori als mögliche “Feinde” eingestuft. 2.000 Polizisten – wohl bemerkt aus allen Bundesländern – mussten frühmorgens die Fahrt antreten, um in Wien abends den Demonstranten gegenüberzustehen. Das Regierungsviertel war hermetisch abgeriegelt. Wie es scheint, probte der Sicherheitsapparat für einen imaginären staatlichen Notstand.” (…)
auffällig ist nebenbei, wie schlecht die polizei ihre eigenen ansprüche/absichten umgesetzt hat – da kann sich schon die frage mal wieder stellen, ob das irgendwie vorsatz oder aber unfähigkeit gewesen ist – ersteres, um der fpö gewünschte bilder zu verschaffen; letzteres, weil sie solche auseinandersetzungen da schlicht nicht gewöhnt sind.
Januar 26th, 2014 at 10:45
Die Leute in Burgos haben ein leerstehendes Gebäude zu ihrem neuen Kulturzentrum erklärt.
Gestern haben sie die Korruption zu Grabe getragen.
Der Bürgermeister hat unterdessen seine Steuererklärung geändert und einen um 15 Monate rückdatierten Kaufvertrag für seine Wohnung vorgelegt – naja, fast, denn dem Dokument fehlten irgendwie die offiziellen Stempel. m( (Quelle: engl. per google translate)
Der wird doch nicht am Ende die Wohnung für seine Dienste geschenkt bekommen haben?
Gute Nachrichten für Spanien: Die Mehrwertsteuer für den Erwerb von Kunstobjekten wird demnächst von 21 auf 10% reduziert.
Die Leute wollen Brot? Dann sollen sie doch einfach mehr Picassos kaufen!
Januar 26th, 2014 at 12:33
Seit einer Woche wurde die erhöhte Polizeipräsenz in Zaragoza aufrecht erhalten. Kurzes Video von gestern abend.
Am Anfang ruft ein Mann den Polizisten, die die Jugendlichen kontrollieren, zu: “Das sind keine Verbrecher. Nur, dass ihr es wisst.”
Die Frau bei Minute 3 des Videos bittet den oder die mit der Kamera, das Geschehen weiter aufzunehmen.
Gespenstisch. Hoffentlich fühlen sich die, die das befürworten, jetzt richtig sicher in ihrer Stadt.
Januar 26th, 2014 at 16:49
r@iner, thx für die ergänzungen. was mir allerdings nicht klargeworden ist, warum die cops speziell in zaragoza so am rad drehen – falls es dafür eine erklärung gibt, habe ich sie bisher übersehen. die stärke der proteste am vorletzten freitag war in anderen städten ähnlich.
*
kurzer sprung über den teich nach brasilien:
“In São Paulo und Rio de Janeiro haben Tausende Menschen gegen die hohen Kosten für die Fußball-WM protestiert. Die Polizei setzte Tränengas und Gummigeschosse ein.” (…)
angesetzt waren aktionen in ca. 36 städten – der erste aktionstag einer ganzen serie in diesem jahr, die ihren höhepunkt logischerweise während der wm finden soll. beteiligung im vergleich zum letzten jahr marginal, wobei ich keine prognosen darüber abgeben würde, dass das so bleibt – je näher die wm rückt, umso mehr wird das land in den focus geraten, und umso stärker dürften die proteste werden. gründe dafür u.a. in diesem video (deutschsprachig).
während der wm wird eine extra dafür gebildete paramilitärische aufstandsbekämpfungseinheit im einsatz sein, 10.000 mann stark:
(…) “Die Task Force solle in allen zwölf WM-Städten zum Einsatz bereit sein, sagte der Kommandeur der Truppe, Oberst Alexandre Aragon, am Freitag dem Nachrichtenportal G1. Die aus Freiwilligen der nationalen Sicherheitstruppe gebildete Sondereinheit werde seit 2011 zur Konfrontation mit gewalttätigen Demonstranten ausgebildet. Sie solle die lokale Polizei bei Ausschreitungen unterstützen. Zur Ausstattung gehören auch Miniroboter, die die Proteste aus unmittelbarer Nähe filmen können.” (…)
ich bin ja zuerst von drohnen ausgegangen, aber die werden im allgemeinen auch als solche benannt – was könnten das aber sonst für robots sein?
Januar 26th, 2014 at 18:07
@mo: Warum genau das in Zaragoza solch einen verschärften Eindruck auf uns macht, kann ich dir nicht sagen. Meine Vermutung ist die, dass immer dort, wo es einst “anarchistische/republikanische Nester” gab, präventiv härter drauf gehauen wird. Die Mossos in Barcelona toppen dann alles. Okay, die Stadt ist auch mehr als dreimal so groß.
Dazu kommt, dass die Bevölkerungsanzahl von Zaragoza (schon immer) relativ stark wächst. Wenn dieses Wachstum auf Zuwanderung aus der Provinz zurückgeht, dann dürfen wir davon ausgehen, dass es früher mit besseren Arbeitsangeboten in der Stadt zu tun hatte und nun mit der Verarmung im ländlichen Bereichen in Verbindung zu bringen ist(?)
Die offizielle Arbeitslosenquote beträgt momentan ca. 18%, ist also etwas geringer als der Landesdurchschnittswert.
Das sind aber nur meine Vermutungen. Vor allem zur Stützung meiner zweiten These müsste ich einiges nachlesen. Von der ersten bin ich recht überzeugt, was nicht heißt, dass sie falsch sein kann. :-)
Der innere Teil Spaniens ist halt ein armes Land. Wenn Die Basken, die Katalonen, die Galizier und die Andalusier keinen Bock mehr haben, dann sieht es verdammt mau und trocken dort auf der Hochebene aus. Ich denke einfach, dass das eine große Rolle bei allen größeren wirtschaftspolitischen Überlegungen im Land spielt.
Januar 26th, 2014 at 18:42
p.s.: Falscher Fehler: Barcelona ist nicht mehr als dreimal so groß, sondern nur mehr als doppelt so groß wie Zaragoza bezogen auf die Einwohnerzahl. Oh, und außerdem fehlt noch ein “nicht” in einem Satz.
Januar 26th, 2014 at 20:49
Ganz schön gruselig: Grafische Übersicht der prozentualen Arbeitslosigkeit in den Provinzen Spaniens für das vierte Quartal 2013.
In der Infobox, die nach dem Klicken auf die Karte aufgeht, stehen die Daten für die vorangegangenen Quartale (Primer, Segundo, … trimestre = 1.,2., .. Q.) und das Jahr 2005.
Januar 27th, 2014 at 12:46
Letzte Meldung von mir in diesem Thread: Für den Umbau der Terasse der Wohnung des Bürgermeisters von Burgos gibt es keine Baugenehmigung. Man fragt sich dort, ob es bei dem Typ überhaupt etwas gebe, das legal ist.
Ein kleiner Ausflug in das andere Spanien. Es gab im span. Bürgerkrieg einen Menschen namens Juan Yagüe Blanco.
Während der deutsche wikipedia-Eintrag über den tapferen Soldaten auf der Seite der Nationalisten sehr sachlich gehalten ist, findet man ein paar Details mehr in dem homologen englischsprachigen:
[..] Under Yagüe’s direction thousands of prisoners and civilians, including women and children, were executed in Badajoz and buried in common graves, during the Badajoz massacre, in one of the biggest massacres by the Nationalists of the war. Before leaving the city, Yagüe was asked by the American journalist John T. Whitaker about his reason for killing all those people (10% of the city’s population) and he answered:
“Of course that we have killed them. What did you suppose? Will I take 4,000 red prisoners with my column, having to advance against the clock? Or will I leave them in my rearguard so that Badajoz will be red another time?”
Yagüe was then promoted to colonel and afterwards advanced on Madrid, capturing Trujillo, Navalmoral de la Mata and Talavera de la Reina, but was unable to take the capital. He took part in the Aragon Offensive and seized control of Belchite, Caspe and Lérida. He also played a leading role in the Nationalist victory at the Battle of the Ebro. In May 1938, Yagüe was removed from his command and imprisoned for injudicious remarks he made in a speech at Burgos, critical of Franco. He was back at the front within weeks. [..]
Der Mann hat sich alleine durch das Massaker in Badajoz an den 4.000 “roten Gefangenen” den Ruf des “Schlächters von Badajoz” verdient.
[..] It has been said that he was the only commander of Spanish forces that the Condor Legion respected. Yagüe never showed panic even when the enemy was close by, and was able to adjust battle plans quickly in order to suit changing circumstances (they hated Mola for his cautious approach). [..]
Auch bei Massenerschiessungen in anderen Teilen des Teilen, u.a. auch in Burgos selbst, findet sein Name lobende Erwähnung.
Er wurde später zum General und zum Minister der span. Luftstreitmacht unter Franco ernannt.
Jetzt kommt’s: Gestern hat der korrupte Bürgermeister von Burgos offiziell eine Ausstellung von Dokumenten und Fotos über den unerschrockenen General in Burgos genehmigt. Nicht nur das – Er ist auch der Schirmherr derselben.
Diese Ehrung wird von der Tochter Yagües organisiert und wurde schon länger quer durch alle Zeitungen diskutiert.
Die Ausstellung findet in den Räumen eines Klosters unter dem Titel “Ein Mann und die Wiederauferstehung von Burgos. Yagüe” statt. Tolle Sache.
Bin mal gespannt, wie die Leute dort reagieren werden.
Januar 27th, 2014 at 14:52
Noch eine kleine Meldung aus Spanien. Die Regierung sagt heute: “Das neue Abtreibungsgesetz ist gut für die Wirtschaft.”
Da kapitulieren selbst die Leute vom Satiremagazin El Jueves.
Januar 28th, 2014 at 08:05
Die span. Wirtschaft erhält Hilfe von einer bisher unerwähnten Stelle: Innenminister Diaz hat vergangenen Freitag gesagt, dass die heilige Teresa von Ávila (engl.) Spanien “von oben” helfen würde aus der wirtschaftlichen Situation zu kommen.
Doch, sehr überzeugend. Auf diese Idee ist hier noch keiner gekommen. Wir sollten uns auch damit abfinden, dass Krisen kommen und gehen, wenn Gott das so will. Como Dios manda.
Wieder ein Erfolg des bürgerlichen Widerstands: Nach zwei Jahren Kampf der “weißen Flut” gibt die Verwaltung der Stadt Madrid die Privatisierungspläne für sechs Krankenhäuser auf (engl.).
Januar 28th, 2014 at 11:53
@R@iner: Zu der genannten Hilfe “von oben” fällt mir nur ein, wie hier vor Jahren die Frau vom damaligen Bundespräsidenten Köhler forderte, dass in der Krise wieder mehr gebetet werde.
Na bitte, kein Grund, in Resignation zu verfallen. Also immer schön fleißig und demütig gebetet, dann wird’s was mit der Zukunft. Das dachte man sich auch beim Focus, als dort im vergangenen Jahr nach Merkels Wiederwahl getitelt wurde: “Griechen beten für eine mildere Kanzlerin”. Geht doch. Außerdem, kann uns überhaupt noch was passieren, wo doch Goldman Sachs nach eigenen Angaben “Gottes Werk” verrichtet?
Januar 29th, 2014 at 12:26
Jetzt sollen gemeldete Iregularitäten beim Bau des Krankenhauses in Burgos sogar schon in Brüssel untersucht werden. Méndez Pozo, der Baulöwe, Zeitungsherausgeber und Fernsehanstaltenbetreiber, war natürlich mit von der Partie. (tweet)