Das deutsche Narrativ (1): Wir Antifaschisten
Posted by flatter under best of , narrativ[129] Comments
23. Jan 2015 17:34
Bundesarchiv, B 145 Bild-F015051-0003 / Patzek, Renate / CC-BY-SA
Wenn man sich in diesen Tagen fragt, warum eine bestimmte ‘Wirklichkeit’ präsentiert wird von Medien und dem politischen Establishment, eine, die keine Hemmungen zeigt gegen Biegen und Brechen, eine, die von Lesern und Zuschauern aggressiv fordert, man solle sie gefälligst glauben und nichts anderes, ist es schwierig, einen Ansatzpunkt für eine Erklärung zu finden.
Beispiele: Ein brutaler islamischer Despot wird posthum nicht nur zum Friedensengel verklärt, sondern auch noch zum Freund der Frauen. Da werden Bildausschnitte gewählt, aus denen eine völlig andere Geschichte spricht als sich ereignet hat und Kritik daran rüde abgebürstet. Da wird nach immer drastischeren Beschneidungen der Bürgerrechte geschrien, just nachdem sich wieder einmal gezeigt hat, dass dies den vorgeblichen Zweck völlig verfehlt.
Die Agenda
Dennoch sieht man sich einer Front gegenüber, einer Einheitspropaganda, die provozierend tölpelhaft erscheint. „Wie können sie das ernsthaft erzählen?” ist die Frage. Dabei hilft es wenig, auf die Arroganz der Macht zu verweisen und auf Interessen, die dahinter stehen. Natürlich ist das meist so, aber es erklärt weder die konkreten Inhalte noch die Selbstverständlichkeit, mit der die Balken gebogen werden. Dazu muss man weiter zurückgehen.
Die beherrschenden Themen, zu denen die absurdesten Konstrukte von ‘Wahrheit’ geliefert werden, sind die Ökonomie der ‘Krisen’, die militarisierte Außenpolitik als ‘Antiterrorkampf’ sowie das Handeln und Behandeln der Geheimdienste, deren unkontrollierter Macht von Seiten derer, die sie kontrollieren sollten, mit immer mehr Befugnissen begegnet wird. Dabei fallen hierzulande zwei Phänomene auf: Einerseits sind deutsche ‘Dienste’ eng mit einem wuchernden Konglomerat der NATO verbunden, andererseits hat sich herausgestellt, dass sie im Inland mit Netzwerken von Neonazis verfilzt sind.
Wenn man weiß, dass die deutschen Dienste von Nazis und Alliierten aufgebaut worden sind und dass auch die staatliche Strafverfolgung und Justiz zutiefst von Nazis durchdrungen waren und von ihnen aufgebaut wurden, liegt die Frage nach einer Kontinuität nahe. Gibt es noch andere Stränge der Geschichte, die nie abgerissen sind? Kann es sein, dass die Lebenslüge einer nie demokratisch gewordenen Gesellschaft sich offenbart? Dazu müssen wir uns in die Zeit zurück begeben, in der das Nazireich in die Bundesrepublik Deutschland überführt wurde. Ein Seitenblick auf die DDR wird ebenfalls hilfreich sein, da die aber nicht zur NATO gehörte, sondern dereinst zum ‘Feind’, ist dort ein Bruch nur logisch.
Nützliche Nazis, gefährliche Linke
Für mich war ein Anlass zu diesem Versuch der hervorragende Artikel von Thomas Fischer, der gleich zwei Aspekte des Problems berührt: Die Frage, warum ein Richter solche Qualität abliefert, zu der Journalisten nicht mehr fähig scheinen und sein bemerkenswerter Satz: “Die ersten sechs Generalbundesanwälte unserer Republik waren frühere Mitglieder der NSDAP” (dezente Korrektur und weitere Informationen dazu hier). Die Kontinuität der Herrschaft von Nazis ausgerechnet im Bereich Innere Sicherheit war nahezu total. Das muss man sich zunächst vor Augen halten, wenn man verstehen will, wie der Apparat noch heute aufgebaut ist.
Die Alliierten unter Führung der USA hatten einige prominente Nazis hinrichten lassen und mit den anderen einfach weitergemacht. Sogar einen gemeinsamen Feind hatte man mit ‘den Russen’, der Sowjetunion. Die Deutschen kamen vor allem nicht darüber hinweg, von den “Untermenschen” des Ostens besiegt worden zu sein und die USA mussten die Systemkonkurrenz angreifen. Die Einigkeit gegen den bösen Russen trug vom ersten Tag – bis heute. Dazu konnte man ehemalige Nazis hervorragend gebrauchen, während etwa Sozialisten beide Projekte aufs Äußerste gefährdet hätten. Dazu mehr im nächsten Artikel.
Alle Artikel zum Thema auf einer Seite gibt es hier.
Januar 23rd, 2015 at 19:32
Ich hab hier mit der Fixiertheit auf die Nazis so meine Probleme. War es nicht so, dass die Nazis diejenigen waren, welche erstmals den Staatsapparat für den ‘einfachen’ Bürger öffneten – die es dann dort allerdings meist nie über einfaches Beamtentum hinaus schafften. (Mehr war auch sicherlich nicht geplant.) Posten mit größerer ‘Reichweite’ (z.B. höhere Richter o.ä.) waren zuvor schon, blieben und sind weiterhin nur dem Großbürgertum (und in abnehmend sichtbaren Maße dem Adel) vorbehalten. Da seh ich aber eine Kontinuität welche weit vor den Nazis anfing. Da war die DDR mit ihrer Fortführung des Kader-Systems der Nazis im Bruch der Kontinuität sicherlich gründlicher, beim Nazi-Nacheifern aber auch. Geht es nicht vielmehr darum, dass Elite-Ethik im Kapitalismus zwangsläufig menschenverachtend und damit natürlich gern rechtsradikal/faschistisch sein muß??
Januar 23rd, 2015 at 21:03
Die Kontinuität bei herrschender Klasse und Herrschaftsmitteln lässt sich ja nicht wegreden. Es bedarf schon einer verheerenden Entvölkerung in einem größeren Gebiet um da etwas, was den Namen ‘Bruch’ verdient, entstehen zu lassen. Umgedreht geht sicher auch – und da frag mal ‘nen Durchschnittsbürger (egal woher) ob er das Neue mit ordentlich Risiko dem bekannten Elend vorzieht…
Und gerade in dieser Kontinuität, in die sich die Nazis ja auch nur wie viele andere eingliedern ließen, sind die propagandistisch verwursteten Themen sowie die Art und Weise ihres Vortrags ja (wie im Text beschrieben) ohne Alternative. Erst wenn es nicht mehr funktioniert, müsste eine neue Idee her. Und die käme, denn diesbezüglich kann den Herrschenden ja durchaus eine ordentliche Portion Wachsamkeit attestiert werden.
Januar 23rd, 2015 at 21:41
“Die Kontinuität bei herrschender Klasse und Herrschaftsmitteln lässt sich ja nicht wegreden. Es bedarf schon einer verheerenden Entvölkerung in einem größeren Gebiet um da etwas, was den Namen ‘Bruch’ verdient, entstehen zu lassen.”
Nee, ‘Bruch’ nicht und “Bruch” auch nicht – Herrschaftsmittel sind immer die gleichen…
… Zuckerbrot oder Peitsche.
Eingesetzt je nach wirtschaftlicher Situation.
Und wenn das ganze noch unter einer insgesamt Warenwirtschaft ‘firmiert’, kann ‘man’ (also wenigstens ich und jeder, der gucken kann) ein Lehrbuch draus machen.
Einfach aufschreiben, was beim Augenaufmachen zu sehen ist.
Wird zwar nicht unbedingt ein Science-Fiction, daß es daMax lesen würde, aber allemal ‘ne dicke Schwarte ;)
Sie haben mit der ‘Übernahme’ in den weiteren Bestand nur ein paar Jahre ‘gespart’, ich denke, es braucht einen bestimmten Typ, daß er als Handlanger brauchbar ist – der würde so oder so ‘entwickelt’ – oder wo kommen solche Typen sonst her, wo es vorher so etwas nicht gab.
Januar 23rd, 2015 at 21:50
@Lycalopex : “Da seh ich aber eine Kontinuität welche weit vor den Nazis anfing“. Mag sein, aber ich wollte nicht im Paläolithikum anfangen. Es geht mir ja gerade um eine Kontinuität, die hier wohl eher scheigend geleugnet wird. Im übrigen fokussiere ich ja eben nicht auf die Richter, sondern auf den Apparat – also Polizei, Spitzel, Gestapo, Wehrmacht, SA, SS und alles, was davon übernommen wurde.
Januar 24th, 2015 at 00:38
“Kann es sein, dass die Lebenslüge einer nie demokratisch gewordenen Gesellschaft sich offenbart?” Sind denn die anderen (Länder) demokratisch/wahr (geworden)? Findet sich jede Kontinuität nicht auch in Nachbarschaft und überall sonst (Großbürgertum, Adel & Co.)?
“Merr kennt sich, merr hilft sich!”
@flatter (4)
Allerding: Schweigend geleugnet, das ist schon ‘ne eigene (deutsche?) Qualität.
Januar 24th, 2015 at 01:11
Ich weiß, dass das ein schwachpunkt ist, aber ich kenne nur diese Gesellschaft wirklich gut, weil ich ihre Sprache beherrsche und hier aufgewachsen bin. Zudem ist es ein tragisches ‘Glück’, in dem Land zu leben, das die Nachfolge des vermeintlich Undenkbaren angetreten hat. Ich kann daher aufzeigen, wie furchtbar denkbar das ist.
Januar 24th, 2015 at 01:34
So ganz nebenbei, Du Sack, ich hab’ ‘ne schlaflos kurze Nacht vor mir. Warum muss ich auch solche Sätze “Träumt Euch, Ihr Steuerberater und Wirtschaftsstrategen, Ihr Halbmarathonläufer und Porsche-Besteller, Vertriebsberater und Servicekräfte, einen einzigen Tag lang hinein in die Unendlichkeit eines Lebens als Dreck. Und sagt mir dann, was “mutig” ist.” lesen?
Hammers am Ende doch nur mit “durchschnittlich einssiebzig hoch gestapelten Zellhaufen” zu tun?
Boaeji fühl’ ich mich wieder schoiße nach soviel Feynsinn!
Januar 24th, 2015 at 02:27
Schweigend geleugnet oder “strategien der leugnung und impliziten rechtfertigung” und “verschwiemelter philosemitismus” (siehe z.b. auch Böll, Ansichten eines Clowns).
“Der fall der sekretärin Ilse F. (`diente´ nach 1945 bis zu ihrer pensionierung 1967 fünf hamburger bürgermeistern – SPD – und war davor sekretärin des hamburger NSDAP-gauleiters und reichsstatthalters), die an exponierter stelle gearbeitet hatte und dennoch nichts erfahren haben wollte, war nach 1945 für den umgang vieler deutscher mit den massenverbrechen der ns-zeit geradezu repräsentativ. Kaum jemand zeigte sich bereit über sein wissen offen zu sprechen, während diejenigen in der mehrheit waren, die ihr nichtwissen oft gebetsmühlenhaft mit dem satz bekundeten >>es<< nicht gewusst zu haben. Diese redewendung kam manchem ausländischen beobachter wie eine heimliche deutsche nationalhymne vor." (Bajohr/Pohl, Der Holocaust als Offenes Geheimnis, 2006)
Das undenkbare ist nicht nur furchtbar denkbar, es kündigt sich an und ist als option fundamentaler bestandteil des neoliberalismus/kapitalismus.
Januar 24th, 2015 at 09:34
Eine individualschuld gab es ja bekanntlich nicht. Dafür wurde doch eine Kollektivschuld postuliert hinter der sich alle Täter einrichten konnten. Eine Aufarbeitung war in der BRD nie erwünscht.
Januar 24th, 2015 at 11:31
Der neue Schlieffen*-Plan zur Gewährung der inneren Sicherheit für Wohlhabende. :-(
Was hat Schlieffen mit dem Asylbewerheim zu tun?
Der Name des Vorsitzenden Richters der entscheidenden Kammer wird in den Medien verschwiegen. “Der Speichel” fordert sogar auf, die Richter nicht zu kritisieren. Heute Morgen ist einem Kommentator bei NDR-Info jedoch ein Faux-Pas passiert, er hat Eckhardt Graf von Schliefffen gesagt. Da sollten doch bei jedem erst einmal die Alarmglocken läuten, denn so viel reaktionäre Kontinuität erlebt man so offensichtlich nicht alle Tage.
Der “Preußische-Anzeiger” hat sofort und folgerichtig eine Jubelmeldung gebracht.
*… innerhalb weniger Wochen sollten die deutschen Truppen nach Osten verlegt werden, um gegen Russland vorzugehen!
Januar 24th, 2015 at 12:09
Sie waren nie weg. Sie schlieffen nur!
Und überhaupt: So was wie der BGH-Richter Fischer dürfte wohl leider die Ausnahme sein.
Januar 24th, 2015 at 13:16
@ maguscarolus
Einer der “Besten” wurden aber u.a. “Heil-Wacher” Generalbundesanwalt.
http://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Fr%C3%A4nkel
“Im Falle eines nach seiner Auffassung zu Unrecht nicht zum Tode verurteilten Diebes von drei Paar Schuhen, einer Aktentasche und anderen eher geringwertigen Gegenständen formulierte Fränkel, es handele sich um einen für die Volksgemeinschaft gefährlichen und wertlosen Menschen.”
Da kann sich PEGIDA doch noch ein paar Anregungen holen.
Januar 24th, 2015 at 13:55
OT: Tangerine Dream founder Edgar Froese dies
Ich mochte immer das: Tangerine Dream Live in Zürich 2012: »Stratosfear 2005«
Früher halt. *seufz*
Januar 24th, 2015 at 16:29
“Gibt es noch andere Stränge der Geschichte, die nie abgerissen sind?”
Freilich! Armee für den Bürgerkrieg
Januar 24th, 2015 at 17:47
OT: Die Guten mal wieder: Sz, Briten lieferten Gaddafi-Kritiker an Libyen aus
Januar 24th, 2015 at 20:01
@Rainer – Dann heute abend Rubicon…
Januar 24th, 2015 at 20:29
@Peinhart: Wenn die Pilze wirken, gibt’s Ash Ra Tempel und zum wegnickern Popol Vuh. Ach, ich weiß nicht …
Januar 24th, 2015 at 23:47
“Gibt es noch andere Stränge der Geschichte, die nie abgerissen sind?”
Freilich, ja, sicher doch.
Linke, die mit dem Staat den Staat ‘vertreiben’ wollen.
… und das nicht einmal gezwungenermaßen, wie die ‘gegenüberliegende’ Seite, die ihre Macht erhalten muß. Sie wollen ihre damit gewinnen.^^
Januar 25th, 2015 at 11:01
OT: Die FAZ macht ihren Job und schreibt für Griechenland einen “Börsencrash” herbei. Die Märkte wolen das so.
Januar 25th, 2015 at 11:13
@flatter: Und darunter findet Allianz-Vorstand Zimmerer einen neuen Schuldigen: Die ezb.
Ob man sich noch für das Marsprogramm bewerben kann?
Greek Elections 2015 | LIVE
Januar 25th, 2015 at 11:53
Ob man sich noch für das Marsprogramm bewerben kann?
Dann doch lieber die Pilze. :p
Januar 25th, 2015 at 13:44
Griechenland hat die Wahl
Januar 25th, 2015 at 14:55
@wat (18)
und noch einer (Strang):
Leute, die genau wissen, was den Begriff Staat ausmacht. Und deshalb nicht lange zögern, ihn zu verwenden.
Kann ja sein, daß nach Ihrer Definition von ‘Staat’ nur ein staatsloses Gemeinschaftswesen -als Ziel der progressiven Gesellschaftsgestaltung- Sinn ergibt.
Ob Ihre Definition die einzig mögliche/sinnvolle ist?
Januar 25th, 2015 at 15:18
OT: Eins in die Fresse – vor allem in die der rund 7 Mio. Leistungsbezieher…..
http://www.zeit.de/2015/02/kapitalismus-depression-untersuchung-studie
Auszug: “Ist es kein Fortschritt, dass Eltern nie zuvor so viel Zeit mit ihren Kindern verbracht und so viel Mühe für ihre Erziehung aufgewendet haben wie heute? Stehen gestiegene Scheidungsraten nicht auch dafür, dass Menschen sich von der Verpflichtung befreien, ein ganzes Leben in einer unglücklichen Ehe zu verbringen? Hilft der irritierende Pluralismus von Lebensstilen nicht auch dabei, den eigenen Horizont zu erweitern?”
Januar 25th, 2015 at 15:34
“Ob man sich noch für das Marsprogramm bewerben kann?”
Hilft nix mehr, der Russe steht vor der Tür
Januar 25th, 2015 at 17:00
Mariupol (3) Technologie der Provokation
Wie befürchtet …
Januar 25th, 2015 at 18:24
@lentroham(23)
“Kann ja sein, daß nach Ihrer Definition von ‘Staat’ nur ein staatsloses Gemeinschaftswesen -als Ziel der progressiven Gesellschaftsgestaltung- Sinn ergibt.
Ob Ihre Definition die einzig mögliche/sinnvolle ist?”
Die einzig mögliche ganz sicher nicht und sinnvoll erklärt sich auch erst aus dem, zu was das ganze gut sein soll…
… bzw. was damit erreicht werden soll.
Btw. sogar “progressiv” ist eine Frage des Ausgangsstandpunktes.
Will sich ein Bauer emanzipieren, hat er andere Ziele als ein Kleinbürger – noch anders wären wohl die des Lohnabhängigen^^
Januar 25th, 2015 at 18:36
“Will sich ein Bauer emanzipieren, hat er andere Ziele als ein Kleinbürger – noch anders wären wohl die des Lohnabhängigen”
Wie kommst du darauf, als Staatsbürger wollen die alle das selbe, weil sie ihn als ihren Staat interpretieren, guckst du hier: Recht – Schutz von Person & Eigentum – Moral
Januar 25th, 2015 at 18:40
Komisch, ich bin auch Staatsbürger und will schon was anderes als Du @Samson ;)
Januar 25th, 2015 at 18:51
@Wat.: Ich weiß, nur verwechselst du dein Ideal mit Willen
Januar 25th, 2015 at 18:54
@Samson – Link funktioniert nicht.
Abgesehen davon mag ich alles mögliche verwechseln, aber nicht, daß Du was anderes möchtest als ich.
Oder anders ausgedrückt, daß Du generalisierst, wo es Dir besser (an-)stünde zu differenzieren.
Januar 25th, 2015 at 19:02
Ich habe schon einen anderen Zugang zu dem Begriff “Ideal” in dem Zusammenhang. Ist doch mein Ziel kein Ideal, daß es zu verwirklichen gilt, es ist die Bewegung, die den jetzigen Zustand aufhebt – ja, ich hab den ollen Kerl wirklich im ganzen und mehrmals gelesen…
Das Bochumer Programm (der nun reparierte Link) als mein Ideal, noch dazu überhaupt als ein Ideal zu bezeichnen, Samson, sorry, mach Dich nicht lächerlich.
Januar 25th, 2015 at 19:03
Jetzt sollte der Link funtionieren. Was du oder ich möchten, hat überdies nichts mit Differenzierung in Bezug auf Definition des bürgerlichen Staates zu tun, die ist entweder richtig oder falsch, wenn dir diese Definition falsch vorkommt, dann erklär halt warum …
Januar 25th, 2015 at 19:10
Da auch dieser Link nicht funktioniert @Samson, vermute ich mal, daß das eine Definition von Staat ist, die besagt, daß der Staat das Machtinstrument der jeweils herrschenden Klasse ist.
Wenn das diese Definition sagt, stimme ich der vollumfänglich zu und habe damit meine Begründung, warum ich Staat nicht will.
In dem Moment, in dem die Lohnabängigen/ Lohnarbeiter/ arbeitenden/herstellenden/ produzierenden Menschen die Macht hätten, würden sie sich selbst als herrschende Klasse, da schon als Klasse aufheben…
… ja steht och beim ollen Zottel.
Bisher hatten diese sie aber noch nie, und wer nach Staat ruft, auch wenn’s ein anderer sein soll, sorgt, ob bewußt oder unbewußt auch dafür, daß sich daran nichts ändern kann.
Januar 25th, 2015 at 19:18
@Wat. – 32: Erklär doch mal, wie bspw. die Bewegung, die den jetzigen Zustand aufhebt selbsiges bewerkstelligt, indem sie gewerkschaftliche Forderungen aufmacht, welche die Lohnarbeit noch nicht mal in Frage stellt und statt dessen die Selbstverwaltung von Sozialleistungen durch deren Bezieher fordert …
[Edit] der Link funktioniert, andernfalls http://www.gegenstandpunkt.com/vlg/staat/staat_01.htm
Januar 25th, 2015 at 19:29
Tja Samson, wenn L. im Jahre 1905 schrieb, daß die Arbeiter nur zu tradeunionistischem Handeln in der Lage sind, dann ist natürlich bis heute in Stein gemeißelt, daß das so ist, oder wie.
Auf die Idee, Aneignungsbewegung könnte auch die Bestimmung über eigenes sein, kommst Du nicht.
Staat zurücknehmen, selbst entscheiden (uU auch erst lernen), geht aber über genau diese Stellen.
Sich nicht alles vorsetzen lassen (müssen) ebenfalls.
Das ganze Bochumer Programm geht nur bis an die vermutliche Grenze des jetzigen Systems, keinen Milimeter darüber hinaus – es wird nur erwähnt, daß unser Ziel die Beseitigung der Lohnarbeit ist.
Um die nicht gegen Geld-Arbeit einzutauschen, die dann inhaltlich fast das gleiche ist, nur eben kein Kapitalist da, der da ausbeutet, sondern ein anderer/oder andere – bedarf es schon ein paar Übungsrunden, wie das gehen könnte.
Und das kriegen die, um die es geht besser heraus, als irgendwelche Hirnies (wie bspw. wir) vom Schreibtisch oder der Bibliothek aus – denn sie müssen dann so leben wollen… und auch können.
Januar 25th, 2015 at 19:29
“In dem Moment, in dem die Lohnabängigen/ Lohnarbeiter/ arbeitenden/herstellenden/ produzierendem Menschen die Macht hätte, würden sie sich selbst als herrschende Klasse, sogar als Klasse aufheben…”
Das ist halt auch so eine gern vorgetragene Idealvorstellung von Leuten, die von den Organisationsformen und -mitteln, die Marx für notwendig hielt, bevor die Klassen verschwänden, i.d.R. nix (mehr) wissen wollen.
Januar 25th, 2015 at 19:31
OT: Speichel.de entdeckt in Griechenland einen Linksruck®
Januar 25th, 2015 at 19:33
[Ich frage mich ja oft, was die Reaktion an Marxisten so gefährlich findet.]
Januar 25th, 2015 at 19:42
@ flatter: was die Kapitalfraktion resp Reaktion an Marxisten so gefährlich findet ist, dass solche Aufrufe womöglich irgendwann die nötige Beachtung finden, und zwar nicht nur an der Peripherie …
Januar 25th, 2015 at 19:49
Eben, das ist doch eine Lachnummer.
Januar 25th, 2015 at 19:50
Von diesen Organisationsformen und -mitteln @Samson will ich schon darum nichts mehr wissen, weil ich von denen im wahrsten Wortsinn die Nase gestrichen voll habe. (Im übrigen stammen die ‘richtigen’ von Lenin, darum mag ich den so besonders)
Sie bringen die Emanzipation der arbeitenden Menschen nicht einen Mikrometer vorwärts, im Gegenteil, an dem Bärendienst knabbern ringsum noch alle.
Oder meinste etwa, wir müßten nur besser argumentieren können?
Vergiß es.
Jeder Lohnabhängige, der von radikalen Linken für blöd, dumm, whatever minderbemittelt gehalten wird, ist schlauer als alle solche radikalen Linken zusammen – seine (Lebens-)Lektion war ihm (dabei) auch sehr lehrreich.
Januar 25th, 2015 at 20:35
@flatter: so lange sie eine Randgruppe sind, die sich ums (arbeitende) Volk bemühen, sicher. Und noch mehr weil durchweg alle Marxisten gegenwärtig entweder individualisiert oder in Fraktionen zersplittert sind, die sich primär wechselseitig des Revisionismus bezichtigen.
@Wat.: die (Lebens-)Lektion macht der Lohnabhängige als gegen seinesgleichen konkurrierender Arbeitnehmer und zugleich als Staatsbürger und ruft deswegen laufend die verkehrten Instanzen an, um seine Lage verbessert zu bekommen. Das ist im Kern das, was Lenin mit dem tradeunionistischem Handeln meinte. Aber der wusste auch, dass die Arbeiter sich organisieren müssten, wenn sie die Ursachen ihrer Lage beseitigen wollen.
Btw, an dem ‘Bärendienst’ knabbert längst niemand, die gegenwärtige Ausbeutung bewerkstelligen gegenwärtige Kapitalisten.
Januar 25th, 2015 at 20:44
Sie bleiben vor allem eine Randgruppe, weil sie nicht kommunizieren, sondern dozieren, einreden und verkünden. Ich habe es noch nie erlebt, dass mir ein Marxist eine Frage gestellt hat, auf die er nicht die ‘richtige’ Antwort schon wusste. Ich will aber gefragt werden und umworben. Ich will, dass mir wer zuhört, versteht, was ich denke und das berücksichtigt. Leider kein Feature bei dieser Randgruppe.
p.s.: schon Vokabeln wie “tradeunionistisch” weisen darauf hin, dass hier jemand gar keine Verständigung anstrebt.
Januar 25th, 2015 at 20:45
@Samson: Tja und als sie sich organisierten, fand er das in genau dem Moment nicht mehr lustig, als seine Interessen andere waren, egal.
Sie/wir müssen uns organisieren, stelle ich nicht eine Sekunde in Abrede, die Frage ist: Wozu?
Und da ist die Formulierung “die Ursachen ihrer Lage beseitigen wollen” ein gelinde gesagt: Allgemeinplatz.
Du willst den Kapitalismus weg haben, ich Herrschaft. Möglicherweise setzt Du das gleich, ich nicht.
cut
________________________
Ok, ich mach’s kurz und breche es herunter auf:
Wir müssen zur Partei werden, keine Partei gründen.
[@flatter, geht das Mäandern hier in Ordnung, hast ja einen neuen Opener, da dachte ich, wir 'dürfen']
Januar 25th, 2015 at 20:47
[ Yo, was willste nu auch dagegen machen? ;-) ]
Januar 25th, 2015 at 21:32
Der Euro schwächelt, obwohl erst 40% der Stimmen ausgezählt sind. m(
Pasok verliert 7%, Syriza gewinnt 9% gegenüber 2012. Der Rest bleibt gleich.
Januar 25th, 2015 at 22:08
@Wat [45]:
Ich stimme Dir voll zu !
Januar 25th, 2015 at 22:12
“Du willst den Kapitalismus weg haben, ich Herrschaft. Möglicherweise setzt Du das gleich, ich nicht.”
Das halt ich nu wieder für zu allgemein, und hat m.E. essentiell auch nicht mehr viel mit dem Rauschebart zu tun. Wenn man, wie hier immer mal wieder, die Grenzen kapitalistischen Wirtschaftens bspw. am Theorem des Profitratenfalls kenntlich macht, kommt man m.E. nicht umhin, sich mit Szenarien von vernünftig geplanter gesellschaftlicher Produktion zu beschäftigen, also in letzer Konsequenz mit dem Zweck solcher Produktion überhaupt. Dass sowas von Anfang an ohne politisch organisierte Macht geht, halte ich für zweifelhaft. Wie die Organsiation beschaffen sein müsste/sollte ist eine andere Frage
Januar 25th, 2015 at 22:35
@Samson(49)
“vernünftig geplante[
r] gesellschaftliche[r] Produktion”Egal wie Du das findest, egal wie ich das finde – die, die produzieren müssen das vernünftig finden (können) – weil – sie ‘müssen’ das letztendlich machen!!!1!
Jeder andere hat da gar nichts zu finden oder zu befinden, er kann mitproduzieren (hieße ja lange nicht, daß immer alle zu gleicher Zeit) oder hält (sorry) die Klappe. ;)
Btw. Unsere Interessen können die der Lohnabhängigen sein, aber die der Lohnabhängigen müssen(!) unsere sein, auch wenn sie uns noch so verquer vorkommen – ansonsten arbeitest Du gegen sie – wärest ein komischer ‘Vollstrecker’ ihrer Interessen ;)
PS – Zweck von Produktion?
Leben – darum machen wir das im übrigen in jeder Gesellschaftsform. Die Mittel sind verschieden.
Januar 25th, 2015 at 23:35
Ahso, beinahe vergessen…
Der Nächste, der mir voll zustimmt, gibt mir bitte auch was zu trinken ;)
Januar 26th, 2015 at 06:21
“Der Nächste, der mir voll zustimmt, gibt mir bitte auch was zu trinken ;)”
Habe nur eine Flasche Champagner, schmeckt Dir sowas ?
Januar 26th, 2015 at 08:24
[Besser als Rotkäppchen, wenn es denn wirklich welcher ist.]
Januar 26th, 2015 at 09:48
@ Wat 50: Ich versteh nicht ganz, woher die Dichotomie “wir” (wer ist das?) und “die Lohnabhängigen” kommt. Ich bin ganz eindeutig lohnabhängig. Ich glaube kaum, dass hier eine einzige Person mitliest, die das nicht ist (die Kategorie umfasst natürlich auch Renten- und Sozialleistungsabhängige).
Alle, die zwangläufig ihr Leben lang in dieser Gesellschaft (im weitesten Sinne, also auch unter staatskapitalistischen Verhältnissen) verbracht haben, tragen ihre Deformationen spazieren. Lebensäusserungen unter diesen Umständen als legitimiert, weil irgendwie genuin oder gar “natürlich” zu betrachten, halte ich für extrem naiv. Bei denen, die sich nicht unter Einsatz von einem Haufen Zeit und Mühe immer weiter mit dem, was sie selbst und andere denken, beschäftigen ist die aus-dem-Bauch-heraus Reaktion und Interessenäusserung meistens eine in Form von “ich hab den Schuldigen ausgemacht, eigentlich müssen wir nur den loswerden”. Ob das jetzt Muslime, gierige Bänker (oder direkt Zionisten), korrupte Politiker, Faule, Kommunisten oder Marsmännchen sind, halte ich für unerheblich.
Ich habe zwei Möglichkeiten, solchen “Interessen” zu begegnen: ich halte sie für genuin und sehe dann keinerlei Veranlassung, mich für sie einzusetzen, eher im Gegenteil. Oder ich gehe davon aus, dass solchen Interessen bestimmte Ursachen zugrunde liegen, die sich z.B. durch sozio- und psychologische Analysen freilegen lassen. Darin kann man nun den Aspekt sehen, dass einige sich und ihre Ideen über andere stellen wollen (und die Gefahr besteht) oder eben die Hoffnung, dass man am Ende vielleicht ausnahmsweise mal nicht irgendwelchen Reflexen ausgeliefert ist. Ich denke nicht, dass lesen und nachdenken schädlich ist und in der Praxis dann durch irgendwie “unverdorbene” Menschen neutralisiert werden muss.
Mein Interesse daran, dass eine andere, hoffentlich bessere Gesellschaft die Kopplung von Bedürfnissen an Leistung (auf welche Art auch immer, Lohnabhängigkeit oder eine andere Variante von “wer nicht arbeitet soll auch nicht essen” – an dieser Stelle geraten wir dann auch regelmässig aneinander, von wegen die Produzenten haben alleiniges Bestimmungsrecht zu haben) aufhebt, ist stark genug, dass ich das nicht zugunsten irgendwelche “einfacherer” oder “volksnäherer” Interessen aufgeben möchte. Über die konkrete Umsetzung spreche ich gerne, noch lieber erarbeite ich sie in irgendeiner Form von Praxis (bisher sehe ich da aber nix Konkretes, nirgends). Und drunter mach ich’s nicht, sorry.
P.S.: Zu trinken kriegste hier übrigens trotzdem was, falls es dich mal hierher verschlägt ;-)
Januar 26th, 2015 at 12:39
Der Witz ist eben nur, dass es diese “Kopplung von Bedürfnissen an Leistung” bloß in der Propaganda gibt. Der Lohn ist in Wahrheit der Preis für die Ware Arbeitskraft. Dass diese überhaupt als solche, also quasi getrennt von der physischen Person, behandelt wird, liegt daran, dass die Arbeitsmittel in Privatbesitz sind, und zwar ebenso getrennt von Besitzern der Arbeitskraft. Formal wird die Arbeitskraft also ihren Besitzern von denen der Arbeitsmittel quasi abgekauft, und das wie jede x-beliebige andere Ware zu ihrem Marktpreis (Vermutlich ist das auch der Grund, warum Marx seine Analyse der kapitalistischen Produktionsweise mit der Ware und nicht mit der Arbeit oder deren Resultaten begann).
Januar 26th, 2015 at 13:34
Das ist aber so ein Detail, das man anders sehen kann. Arbeit als Ware mit einem Preis zu betrachten, ist eine Krücke der Theorie, dahinter steht keine empirische Tatsache. Es gibt daher auch Perspektiven, aus denen es nicht sinvoll ist, Arbeit als Ware zu betrachten. Wo man es tut (und es eben auch sinnvoll ist), muss man sich stets deutlich machen, dass die “Ware” eine Eigendynamik hat, einen Einfluss auf ihren Preis, was für keine andere Ware gilt. Die 60er/70er Jahre sind ein Beispiel dafür, dass gewisse (auch erstrittene) Konditionen den Preis nach oben treiben, während die 80er ff die Gegendynamik zeigen. Die systematische Schwächung der Gewerkschaften ist eine Voraussetzung für niedrige Preise. Hinzu kommt, dass der Preis/Lohn wiederum einen erheblichen Einfluss auf den Absatz ‘anderer’ Waren hat. Die Reduktion des Lohns auf einen Warenpreis ist daher immer mit Vorsicht zu genießen.
Januar 26th, 2015 at 13:44
Mir gefällt die Zuordnung von Arbeit zu einem Markt überhaupt nicht, weil der Gedanke des freiwilligen Anbietens eben im Sinne einer Ware den Besitzlosen völlig abgeht. Gerade deshalb gibt es ja die positivistische Begleitung à la “Selbstverwirklichung”, “Jeder ist seines Glückes Schmied” und so fort.
Der “Arbeitsmarkt” als Begriff ist aus meiner Sicht bereits Schönfärberei.
Und den Satz @Amikes hatte ich eh anders interpretiert.
Januar 26th, 2015 at 14:11
Mit letzterem sind wir wieder beim Überbau, der alles andere als irrelevant ist: Die Behauptung, man müsse sich das Leben ‘verdienen’ ist das vermutlich wichtigste ideologsche Fundament der Preisbildung. Ohne das ist Arbeit entweder unbezahlbar oder muss durch direktere Gewalt erzwungen werden.
Januar 26th, 2015 at 14:14
@Amike(54)
“Mein Interesse daran, dass eine andere, hoffentlich bessere Gesellschaft die Kopplung von Bedürfnissen an Leistung (auf welche Art auch immer, Lohnabhängigkeit oder eine andere Variante von “wer nicht arbeitet soll auch nicht essen” – an dieser Stelle geraten wir dann auch regelmässig aneinander, von wegen die Produzenten haben alleiniges Bestimmungsrecht zu haben) aufhebt, ist stark genug, dass ich das nicht zugunsten irgendwelche “einfacherer” oder “volksnäherer” Interessen aufgeben möchte.”
Feynsinn ergänzt sein Schaufenster mit dem Zusatz: Keine Herren, keine Sklaven.
Für weniger bin ich nicht bereit diesen sch… Kapitalismus verlassen zu wollen.
Warum sollte ich “Keine Herren, keine Sklaven” anders sehen (können), weil es de facto im Kapitalismus keine Sklaven mehr sind sondern Lohnarbeiter, die sich buckeln müssen?
Wenn die ökonomischen Zwänge des Kapitalismus resp. der Kapitalist ihnen sagt, was sie zu tun haben, ist das verwerflich, aber wenn das irgend ein anderer tut, der auch nicht selbst macht, dann ist das verzeihlich/entschuldbar/ok?
Nee, Amike.
Alleiniges Bestimmungsrecht haben sie dann, wenn sie keine ‘Sklaven’ sind. Sie bestimmen, was/wozu/für wen gemacht wird – niemand sonst.
Alleiniges Bestimmungsrecht heißt ja nicht, daß sie es nur für sich verwenden… aber niemand, wirklich niemand darf ihnen vorschreiben, was, wofür und für wen.
Sonst kannste Dir das Frei-sein-Gedöhns gleich sparen.
Alles andere ist und bleibt – ja, Ausbeutung!
Januar 26th, 2015 at 14:24
Das ist ja deine bekannte Ansicht. Es ist zwar sehr schwierig, das abstrakt zu diskutieren (also jenseits eines konkreten Modells, besser noch Projektes), aber ich meine, dass es immer wieder an der Frage entlang schleift, ob und inwiefern organisatorische Zwänge deine radikale Einstellung nicht illusorisch machen. Nehmen wir also an, ein paar Freie oder auch viele tun sich zusammen, haben die Ressourcen und beschlössen, gemeinsam etwas auf die Beine zu bringen. Dazu bedarf es organisatorischer Strukturen, in deren Rahmen Aufgaben verteilt werden. Ist es dann bereits Ausbeutung, jemandes Zusage beim Wort zu nehmen? Ist es andererseits Ausbeutung, wenn jemandem dirigistische Aufgaben zukommen, der/die also kuzfristig Entscheidungen treffen darf, ohne sich jeden Schritt vom Plenum absegnen zu lassen? Ist jede Form des Delegierens demnach Ausbeutung?
Januar 26th, 2015 at 14:36
@flatter
“Ist jede Form des Delegierens demnach Ausbeutung?”
Nein.
In den meisten Fällen bedarf es möglicherweise sogar einer Projektleitung – nur, die kommt aus den eigenen Reihen und ist das a) nicht für alle Projekte und b) das Projekt geht auch nicht ‘hundert’ Jahre und das nächste Mal ist er es wahrscheinlich nicht, ist ja ein anderes Projekt zb.
Mir geht es darum, vielleicht habe ich das ja nur nicht deutlich genug herausgestellt: Da steht nicht einer oder welche außen vor und dirigiert das ganze und das ist dann auch noch das einzige, was er mit dem Dingens zu tun hat.
Ansonsten ist ein Wort ein Wort, wenn Du das in der heutigen Welt nicht so häufig findest, bei Deinen Freunden wirste schon ‘aufpassen’, daß sie es nur so werden, sind oder bleiben.
… im übrigen kann der, der sich an Zusagen nicht halten will/kann auch nüscht alleine – er braucht also eine sehr plausible Begründung, wenn die ‘durchgehen’ soll.
“Keine Böcke” kommt dem nichtmal ganz leise über die Lippen, wetten ;)
Januar 26th, 2015 at 14:50
Aukay, thnx.
Januar 26th, 2015 at 14:59
@flatter #56: Die Krücke der Theorie differenziert genau deswegen zwischen Arbeitskraft als Ware und Arbeit als deren Substanz (meinetwegen deren ‘Gebrauchswert’ für den/die Besitzer der Arbeitsmittel). Der von Marx unterstellte, in sich selber widersprüchliche ‘Doppelcharakter’ Wert vs. Gebrauchswert gilt hier gleichermaßen. Das tatsächlich bezahlter Preis und Wert real voneinander abweichen (können), ändert an der Analyse nix. Mit dem Verweis auf politische Konstellationen, welche Lohnsteigerung oder -senkung zur Folge haben, rennst du eher ‘offene Türen’ ein. Analog dazu verhält es sich bspw. mit den ‘entgegenwirkenden Ursachen’ zu denen auch ideologische Aspekte wie die jeweilige Propaganda der
LügenpresseMainstreampresse gehört.Januar 26th, 2015 at 15:16
Man belädt die Preisbildung/Werttheorie aber eben gern mit so vielen Implikationen, dass es oft besser ist, sie gar nicht anzuwenden, weil andere Erklärungsmuster zu ähnlichen Resultaten auf kürzeren und plausibleren Wegen kommen.
Januar 26th, 2015 at 15:18
Ändert aber nichts daran, dass die Reproduktionskosten der Arbeitskraft einem permanenten Druck nach unten unterliegen.
Man kann die Phase des Fordismus auch als eine historische Ausnahmeerscheinung auffassen. Die Gewerkschaften durften die Faust erheben, weil die Produktion auf Hochtouren gefahren wurde, dafür immer mehr Arbeitskräfte eingespeist als freigesetzt wurden und die Waren auch ihre Abnehmer fanden.
Gesamtgesellschaftlich gesehen haben wir es mit massiven Lohnsenkungen zu tun. Zur Lohnsenkung gehören nicht nur vereinbarte Lohnsenkungen, Aufstocker und Billiglöhner, sondern auch die schleichende Abwälzung der sog. Lohnnebenkosten auf die Lohnarbeiter sowie Intensivierung und Ausweitung der Arbeit.
Der Mindestlohn ist kein Lohn, der mindestens gezahlt werden muss, sondern ein Höchstlohn. Dieser Mindestlohn wird trotz allem Theater darum, die Löhne nochmals auf breiter Front senken.
Der Nachfrageausfall durch Lohnsenkungen hat Unternehmen noch nie dazu veranlasst, ihre Löhne freiwillig anzuheben.
Also bewegen wir uns wieder in Richtung kapitalistischer Normalität.
Dazu könnte auch wieder die Einrichtung eines Arbeitsdienstes, die sog. Plichtarbeit für Jugendliche oder auch solche Überlegungen, wie die Ableistung kostenloser Arbeit durch Langzeitarbeitslose für ein Jahr lang( in Frankreich bereits von einigen Unternehmen vorgeschlagen).
@Rainer
Was stört Dich daran. Wir sind überwiegend Lohnarbeiter und wir dürfen unsere Arbeitskraft “freiwillig” anbieten.
Keiner wird dazu gezwungen.
Was Dich wohl stört ist die verschleiernde Ideologie dahinter. Allen werden die gleichen Chancen eröffnet. Keiner wird daran gehindert eine Schule zu besuchen, einen Beruf zu erlernen, zu studieren und Geld zu scheffeln.
Wenn man es nicht geschafft hat, weil dann doch ein paar Voraussetzungen fehlten, kann keiner etwas dafür. Dann heisst es eben: Jeder ist seines Glückes Schmied.”
Januar 26th, 2015 at 15:51
OT: Avantgardistische Parteien stellen sich vor: Tumult an Universität in Erfurt: AfD-Abgeordnete soll Gegendemonstrantin gebissen haben
Januar 26th, 2015 at 17:41
@ Wat.: Ich meine nicht, dass sich eine Kaste von “Bestimmern” bilden soll, die über die Produktion bestimmt und die anderen machen lässt. Ich lehne nur das ab, was flatter in 58 erwähnt hat: dass man sich seine Existens gefälligst erstmal zu verdienen hat. Genau darin sehe ich eben schon eine menschenfeindliche Einstellung, nicht umsonst stand über der Pforte des Konzentrationslagers “Arbeit macht frei”.
Ausserdem berührt flatter einen weiteren entscheidenden Punkt in 60: die konkrete Organisation. Nur um des theoretischen Ideals willen, dass absolut jeder (solang er es sich denn durch seine Mitarbeit verdient hat…) gleich viel zu bestimmen hat, sämtliche für die Produktion wichtigen Entscheidungen einem universaldilletantischen Kollektiv (deine Utopie vom “jeder lernt halt von allem was”) zu überlassen halte ich für unpraktikabel. Es gibt unendlich viele Spezialisierungen innerhalb der Produktion, die durchaus wichtig und nicht nur der kapitalistisch bedingten Arbeitsteilung geschuldet sind. Ich kann dir in Zukunft vllt mal ein Hörgerät produzieren, deswegen kann ich aber noch lange nicht “Herzschrittmacher”, nur weil das auch Medizintechnik ist. Ausserdem will wahrscheinlich auch keiner, dass derjenige, der einem gestern die Haare geschnitten hat, einem heute den erwähnten Herzschrittmacher einpflanzt, nur weil man ja bei beidem irgendwie rumschnippeln muss.
Ich denke, wenn man nicht zurück zu einem Stand der Produktion von vor 100+ Jahren zurück will (mal abgesehen davon, dass das vermutlich auch keine Willensfrage ist), in dem alle alles zumindest einigermassen “können” können, dann muss man Kompetenz in Produktionsentscheidungen mit einbeziehen. Auf welche Weise das machbar ist ohne dass sich Eliten und neue Machtverhältnisse bilden: harte Nuss, die wir da noch zu knacken haben.
Aber wenn wir schon von Idealen sprechen: mir schwebt da auch eher eine Produktion vor, die die Mitglieder einer Gesellschaft nicht so viel wie möglich in Produktionsprozesse einbindet, sondern so viel wie nötig. Bestenfalls kaum, und für diesen Fall hat uns der Kapitalismus ja immerhin schonmal die Vorarbeit geleistet, dass menschliche Arbeitskraft in vielen Produktionsprozessen immer weniger benötigt wird.
Januar 26th, 2015 at 17:53
@64 flatter
“Man belädt…” Ich muss Dir in sofern zustimmen, dass die Werttheorie von Marx nicht unbedingt allgemeine Lektüre sind und auch das Bedürnis nach dieser Lektüre nicht weit verbreitet ist.
Das sie etwas zur allgemeinen Bewusstseinshebung beiträgt, schliesse ich so gut wie aus.
Das Menschen ein Bedürfnis haben, sich diesen Weg(Umweg) zu ersparen kann ich ebenfalls nachvollziehen, dass ihre Fragen leichtverständliche Antworten haben wollen ebenso.
Jetzt kommt mein Aber: Was ist unverständlich daran, das die Arbeitskraft mehr Werte schaffen kann, als zur ihrer eigenen Reproduktion erforderlich sind.
Darum dreht sich doch die ganze Scheisse im unendlichen Kreise, und wird durch die Entwicklung der Produktivkräfte immer mehr ad absurdum geführt.
Alle Ökonomen, die ich noch bei einigermassen Verstande führen will, erkennen diesen Zusammenhang.
Wenn andere Erklärungen (das Muster klammere ich mal aus) zu ähnlichen Resultaten auf kürzeren und plausibleren Wegen kommen, dann gib mir bitte ein Beispiel!
Januar 26th, 2015 at 17:58
@flatter: Welche Erklärungsmuster führen denn “zu ähnlichen Resultaten auf kürzeren und plausibleren Wegen“?
@Troptard: Der Kostendruck bezieht sich auf alle Kosten gleichermaßen, und ist Resultat der Konkurrenz der Kapitalbesitzer um den gesellschaftlich produzierten Profit. Lohnsenkung ist halt ein Mittel, innerhalb dieser Konkurrenz erfolgreich zu sein, Steigerung der Produktivität (mehr Produkt mit gleicher angewandter Arbeit oder gleiches Produkt mit weniger bezahlter Arbeitskraft) ein anderes.
Den historischen Ausnahmecharakter würde ich nicht unbedingt an der Einführung der Fließbandarbeit festmachen, wodurch die Produktivität zwar gesteigert wurde, aber noch nicht der Umsatz angekurbelt. Das ging erst durch Staatseingriffe (bspw. Keynes) und Konsumentenkredite. Erst dadurch mutierten die Lohnabhängigen zu ‘Verbrauchern’ einerseits und zu am Erfolg ihres Staates interessierten Patrioten andererseits.
Januar 26th, 2015 at 18:07
Es geht um die absolut notwendige Arbeit.
Was davon Maschinen erledigen können, da kannste Dir absolut sicher sein @Amike, das werden über kurz oder lang Maschinen machen.
Die Wartung dieser, da kannste genauso sicher sein, wird aber als absolut notwendige Arbeit über bleiben – und das geht alle an.
Wir hatte das hier schon mal: Es geht nicht darum, daß jeder Hirnchirurg ist oder werden kann, es geht mE darum, daß der Hirnchirurg nicht nur Hirnchirurg ist sondern ihm der ganze Mist, den er überhaupt nicht toll, nicht lustig, nervig, unter seiner Bildung/Würde/whatever findet, auch was anzugehen hat.
Spezialisten sind zumeist absolute Fach-Idioten – warum diese darauf so stolz sind, entzieht sich eh meinem Horizont.
Wer sich in den allgemeinen Prozeß einbringt, da mittut, auf was auch immer sich da Menschen einigen, der bestimmt, was da wie und durch wen passiert und auch für wen (Alte, Kinder, Kranke verhungern da bestimmt nicht – wer darüber hinaus meint, nichts mitmachen zu müssen, braucht auch nicht mit nem gelben Schein zu winken, gibt eh keine Stelle, wo er den abgeben kann, hat er eben keine Böcke) – aber all diese bestimmen eben nicht, was die anderen in dem allgemeinen Prozeß wie und für wen tun.
Die klugen Ratschläge und Forderungen kann stellen, wer dabei ist, alle anderen kriegen, was die ‘Macher’ ihnen zugestehen. Bitten ist ‘erlaubt’, auch wenn es was von Betteln hat – hat es. Soll es auch.
Punkt.
Januar 26th, 2015 at 18:22
OT: was hält die werte kommentatorschaft eigentlich von der *hust* anscheinenden (würg) “querfront” in griechenland? ich steig da nicht mehr durch.
Januar 26th, 2015 at 18:22
@Amike 67
Ich muss Dir zustimmen.
Du hast das ja noch differenzieren können. Ich habe das emotional nicht geschafft. Bei Wat hatte ich eher den Eindruck, dass dort die historische Vergangenheit (Arbeiter-und Bauernstaat?) etwas hinterlassen hat.
Dort gab es ja auch das “Recht auf Arbeit, die eigentlich eine Zwangsverpflichtung war.
Was mich besonders stört ist, dass das Individium ersetzt wird durch Arbeit.
Obwohl wir daraus längst entwachsen sind, wird dem Menschen in der Gesellschaft weniger Bedeutung beigemessen als es Adorno und Horkheimer in Dialektik der Aufklärung “Denkmale der Humanität” über die französische bürgerliche Gesellschaft ausgesagt haben und der Rauschebart als Vision, obwohl die Vorraussetzungen dafür noch nicht einmal ansatzweise
gegeben waren.
Dein letzter Absatz trifft genau auch meine Gedanken.
Januar 26th, 2015 at 18:27
@dkt – Was ich davon halte ? Eine schöne Scheiße, die sich grad Teile der Linken schön zu reden versucht. Mehr als ratlos.
Januar 26th, 2015 at 18:27
Das Individuum kann erst in der Gemeinschaft eines sein. Erst in/mit der Gemeinschaft ist individuelles Leben möglich.
Klar, gibt es auch Gemeinschaften, die jegliche Individualität aufheben (wollen).
Das will ich ja gerade nicht.
Sei(d) doch mal realistisch: Allein kann keiner auch nur irgendwas, nicht mal überleben.
Und um genau das werden sich auch weiterhin alle gemeinsam kümmern müssen.
Danach oder auch ansonsten soll jeder nach seiner Facon selig werden (können).
Btw. Eine Kritik aus Sicht des bürgerlichen Subjekts ist da etwas fehlplaciert.
Januar 26th, 2015 at 18:30
@70
Wat
Du bist echt entlarvend.
Warum sollte denn jeder Mensch Hirnchirurg werden und warum sollte jeder Mensch eine Maschine warten.
Hast Du Bedenken gegen Bedürfnisse, die Menschen selber entwickeln und auch befriedigt haben möchten.
Willst Du diese in ein passendes Korsett für alle zwingen.
Januar 26th, 2015 at 18:39
Danke @Troptard.
Es soll ja nicht jeder Hirnchirurg werden können – nur – letztes Mal bei so einer Diskussion hier kam nicht das Hörgerat, da kam der Hirnchirurg, was ja nicht jeder werden kann und soll.
Ich habe nur eine Befürchtung und die nur in solchen Diskussionen, daß irgendjemand denken könnte, er könne sich aus allem raushalten u/o sein Leben ausschließlich(!) nach seinen Präferenzen gestalten.
Ergänzung:
Warum sollte ich was gegen sich entwickelnde Bedürfnisse von Menschen haben – sorry, auf welchem Mond lebst Du denn – es braucht halt nur jemanden, der die umsetzt und wer das nicht alleine kann (das kann keiner), muß sich nunmal mit anderen ins Benehmen setzen.
Januar 26th, 2015 at 18:53
@Troptard(68): Erschöpfte sich die Werttheorie in diesen paar Sätzen, gäbe es allerdings keinen kürzeren Weg der Erkenntnis.
Samson(69): Jede beliebige Theorie, die nicht auf Marx fußt, ist eine Alternative. Fast jede führt hier und da auf kürzerem Wege zu bestimmten Einsichten.
Konkret ist die Werttheorie ein arger Umweg, um die Differenz zwischen dinglichen Waren und Arbeit zu fassen. Da reicht die Alltagskompetenz völlig hin, die erkennt, das Dinge nichts tun. Die marxschen Differenzierungen machen fast ausschließlich in seiner eigenen Theorie Sinn. Ich kann damit vielleicht sogar das Funktionieren einer Uhr erklären, bevorzuge aber dennoch die Theoreme der Mechanik.
Januar 26th, 2015 at 20:13
“Ich denke, wenn man nicht zurück zu einem Stand der Produktion von vor 100+ Jahren zurück will (mal abgesehen davon, dass das vermutlich auch keine Willensfrage ist), in dem alle alles zumindest einigermassen “können” können, dann muss man Kompetenz in Produktionsentscheidungen mit einbeziehen. Auf welche Weise das machbar ist ohne dass sich Eliten und neue Machtverhältnisse bilden: harte Nuss, die wir da noch zu knacken haben.”
Die Realität in der Industrie sieht ja wohl eher anders aus, Arbeiten sind streckenweise in solche Teilstücke zerlegt, daß sie jeder, wirklich jeder binnen kürzester Zeit als Ungelernter(!) erledigen kann.
Kompetenz kannste nur in Produktionsentscheidungen einbeziehen, wenn Du sie hast und wenn Du sie nicht hast, haste mE genau zwei Möglichkeiten, Du verschaffst Dir selbst genau diese Kompetenz (lernen!) oder es wird ohne Dich entschieden – dann beschwer Dich nicht über die Entscheidung – die Konsequenzen daraus trägst Du nämlich trotzdem. C’est la vie.
Das ist dauerhaft gar nicht anders machbar, als daß sich sonst Eliten herausbilden müssen und daraus logisch dann Machtkonstellationen.
Btw. Niemand muß auch nur irgendwas MÜSSEN, nicht mal heute – nur – zu aller Zeit mit den Konsequenzen, die daraus zwangsläufig resultieren, leben (können).
Januar 26th, 2015 at 20:32
@flatter 77
Deine Antwort auf Samson(69)
“Jede Theorie, die nicht auf Marx fusst, ist eine Alternative.
Ich glaube Du hasst das in Deinem Blog schon mal ähnlich formuliert. Willst Du Dich damit als Antimarxist positionieren?
Mir kann das relativ egal sein, weil ich selbst nicht mit den blauen Bänden vom Rauschebart im Kopf herumlaufe, aber auch keine Notwendigkeit sehe, so einen Satz wie oben rauszulassen.
Warum haut man solche Sätze raus?
Weil ein Flatter erkannt hat, dass der olle Rauschebart das nur für sich alleine geschrieben hat, mit einer Flasche Wein am Tisch und dabei ziemlich besoffen war? Eine Art Tagebuch, o.K..
Ja, Ja die Alltagskompetenz erkennt, der gesunde Menschenverstand als Kronzeuge der Erkenntnis.
Januar 26th, 2015 at 21:19
@Wat #70: “das werden über kurz oder lang Maschinen machen”. Ach ja, und wer entwickelt, konstruiert und baut die dann? Und wie, mit welchen Mitteln und mit welcher Organisation der Arbeit? Und wer plant und organisiert deren Einsatz? “Die Wartung … geht alle an.” Na dann prost!
@Wat #78: “…in solche Teilstücke zerlegt, daß sie jeder, wirklich jeder binnen kürzester Zeit als Ungelernter(!) erledigen kann.” Na na, so mag das sich ja zuweilen am Fließband darstellen, in den Planungs- und Konstruktionsbüros, in den Entwicklungs- und Testlabors sieht’s aber ganz anders aus, und von der Entwicklung der zugehörigen Theorie wollen wir da lieber gar nicht erst anfangen…
Fazit: Du scheinst reichlich simple und naive Vorstellungen von der Komplexität nicht nur der industriellen Produktion (Hardware, Software, Organisation) zu haben. Ein Realitätscheck ist angesagt…
Januar 26th, 2015 at 21:24
Jo, klar, ich bin der Depp, aber sicher doch.
Alle werden das tun und wenn sie es nicht können oder wollen oder beides oder alles drei dann findet es eben nicht statt.
Oder sie suchen sich einen oder mehrere, der/die das für sie erledigt – Danke, in genau dem Moment ist Kapitalismus die beste aller Ordnungen.
Bis zum nächsten Mal in Eurer Traumwelt. Ich hab keine, ich lebe hier. Mache heute das, morgen vielleicht das und übermorgen was anderes – ich kann das – ich war mir nie zu was zu schade und niemals zu unbeweglich mich zu bewegen.
Allerdings auch niemals so blöde nicht zu wissen, wann es genug ist, was ich mir zumute oder anderen zumute.
Und nun zum Wetter :P
Januar 26th, 2015 at 21:36
@Troptard(79): Ist schon einigermaßen erschütternd, was du da bietest. Ich soll also “Antimarxist” sein – ich weiß zwar nicht, was das ist, aber mir fehlt auch schon die Phantasie, wie man in bezug auf mich darauf kommen kann.
Schlimm finde ich aber, dass du offenbar meinst, es könne nur eine richtige Theorie geben. Aus meiner Sicht ist jede (gute, konsistente, brauchbare) Theorie nichts anderes als eine Perspektive – die Beschreibung der Welt oder eines Teils aus einem bestimmten Fokus. Deshalb ist jede Theorie eine Alternative zu jeder anderen.
Januar 26th, 2015 at 21:39
hrmpf. yep, das war deutlich. damit mein ich nicht dich @piet. (ohmann, was ne scheisse, das)
zum wetta. ich träum vom frühling. so wie wat.
Januar 26th, 2015 at 21:42
die “marxist”-”antimarxist”-nummer hattet ihr beiden schonmal. plus unverständnis der begrifflichkeit an sich. könnte mich täuschen, war aber eigentlich zu deutliches pseudo-dejavu.
Januar 26th, 2015 at 21:57
@Wat #81: “Danke, in genau dem Moment ist Kapitalismus die beste aller Ordnungen.” Wieso das denn? Versteh ich nicht!
Ich lebe auch hier. Wo denn sonst? Das Nachdenken über die Lösung dieser Fragen unter Berücksichtigung eben dieser Komplexität der modernen Produktionsverhältnisse und (folglich) auch der Gesellschaft, mit dem Ziel, den menschenverachtenden Kapitalismus zu überwinden und eine neue Form zu schaffen, kann man sich allerdings nicht ersparen. Was soll da die Anspielung auf “Eure Traumwelt”?
Wer hat denn gesagt, daß Du ein Depp bist? Ich habe lediglich konstatiert, daß Deine hier dargebotene Analyse simpel und naiv ist und das auch begründet. Kommunikations- oder Verständnisproblem?
Januar 26th, 2015 at 22:14
@bernd_r
Nein, ich denke nicht, daß das ein Kommunikations- oder Verständigungsproblem ist.
Hier wird nichtmal nur das Haar in der Suppe gesucht, hier wird auf die Schüssel eingeschlagen – nein, nicht nur von Dir, bei dem ich auch nicht sicher sein kann, ob Du anderes von mir schon gelesen hast – bei Troptard und Amike kann ich das aber.
Wie auch immer eine Analyse tatsächlich aussehen würde, wenn wir nicht von unserer Ofenbank-Mentalität und unserem Spezialisten-Roß runterkommen, brauch’s gar nicht mehr eine Theorie, wie das gehen würde – und wenn wir da wenigstens vom Wollen und versuchtem Tun durch paralleles Lernen runter sind, brauch’s auch keine (mehr).
Die Arbeitsteilung war die Voraussetzung für die Entstehung von Klassen – behalten wir die, wie bei einer Besitzstandswahrung aufrecht – kriegen wir die Klassen nicht oder niemals dauerhaft los.
Und ich wiederhole mich – dann empfehle ich – hier im Kapitalismus zu bleiben. Spätestens die Enkel wollen da dann sowieso freiwillig wieder hin.
Ist halt die Entscheidung: Was ist uns (wie) wichtig.
Btw. ich bitte zu beachten, daß ich “Wir” schrieb, trotzdem ich auf dem Trip nicht bin und vielleicht sogar niemals war.
Januar 26th, 2015 at 22:23
Ich kann mir vorstellen, dass es immer noch ein Problem der Verständigung ist, weshalb ich auch nach dem Delegieren fragte. Was ich nicht verstehe, ist warum das zwischen euch jetzt nicht die Frage ist: wo denn der Widersprch Wat.s gegen hochkomplexe Produktion sei – ich sehe da nämlich keinen – und wo denn hochkomlpexe Produktion notwendig ‘wen von außen’ haben muss, der da Vorgaben macht. Es bedürfte eben komplexer Kommunikations – und Entwicklungsprozesse, um das Außen nach innen zu holen, um aus Auftraggebern und Profiteuren eingebundene Teilhaber zu machen. Zusammen machen – das geht theoretisch auch global. Die Utopie wäre wohl, das so etwas wüchse, aus unabhängigen Kommunen, die sich verabreden, zusammen zu machen und selbstverständlich zu teilen.
Januar 26th, 2015 at 22:29
Das mit den Kommunen ist vielleicht auch nur ein Strang. Aber als Kontrast gegen die nur betriebliche Organisation ganz gut, wie ich finde.
Alte Ansichten waren mir immer zu betriebsfixiert. Leben ist die Kommune… mit den dort ansässigen Betrieben.
Es gibt doch auch Landkommunen, die brauchen wir eines Tages mit ihren Erfahrungen und Produkten bestimmt genauso wie sie uns derzeit ‘entbehren’ oder für Geld einkaufen müssen…
Und… tut mir leid, so komplex, daß man die Hacken vor Ehrfurcht zusammen schlagen muß, ist ein Betrieb mit seiner Belegschaftsstruktur und seiner Organisation nun auch nicht – auch die Welt ist nur groß – aber wir viele ;)
Januar 26th, 2015 at 22:34
ich wage jetzt mal die behauptung, daß eine hauptmotivation der entwicklung einer eigenständigen KI der wunsch nach einer “lösenden” intelligenz ohne ego, die die entsprechende “deligierungen” übernimmt, ist. wenn wir schon bei hochkomplex sind.
Januar 26th, 2015 at 22:34
@Wat.: Ich hatte vor Jahren vorgeschlagen, dass man alleine die (Lebens-) Zeit als Maßstab nehmen und – in heutigen Kategorien gedacht – danach die Verteilung vornimmt. Hatte dir nicht gefallen. Eine Welt ohne Arbeitsteilung halte ich für genau den Rückschritt auf die Bäume, den Du immer ablehnst.
p.s. #88: Es geht doch nicht darum, dass man die Hacken zusammen schlägt. Es geht darum, dass Du für ein produktives Wissen z.B. in Physik 5-10 Jahre brauchst, bis Du überhaupt eine Idee hast.
p.s. #89: Lehne ich ab. Zu viel “Zeitgeist”-Filme geschaut?
Januar 26th, 2015 at 22:35
@Wat (88): Ich sag nur: Quellcode, den beherrscht niemand!!1!
Januar 26th, 2015 at 22:40
@R@iner (90): Ich sehe auch nicht, dass Wat. Arbeitsteilung in dem Sinne irgendwo ablehnt. Sie argumentiert nach meinem Verständnis nur so sperrig, wo es um so etwas wie Freiwilligkeit geht. Dahinter stünden eben Prozesse, die sichern, dass es keinen Arbeitszwang gibt; Prozesse, die man sich schwer abstrakt vorstellen kann.
Ich selbst bin ja durchaus der Ansicht, dass es so etwas wie Pflicht, aufs Minimum begrenzt, weiter geben müsste, aber das ist in einer anderen Produktionswelt sicher auch weniger strittig als man sich das heute aus unserer Erfahrung ausmalt.
Januar 26th, 2015 at 22:41
@Quellcode: zumindest nicht, wenn man Microsoft heißt, odda so^^
Januar 26th, 2015 at 22:43
#93: Unfug.
Januar 26th, 2015 at 22:43
… ist des Scherzes zweiter Vorname.
Januar 26th, 2015 at 23:08
zeitgeist? igitt. ich dacht eher an so heuler wie “The Forbin Project” und die roboterentwicklung im allgemeinen (die utopie der abschaffung der lohnarbeit mittels geilomattechnologie, vastehste). *eigentlich* liegt mein unzusammenhängendes gestammel an dem zweiten gorillafinger, dem bestreben nach simuliertem sozialkontakt und daß ich gerade aus meinem januarloch rauskomme mit dementsprechender neujustierung.
Januar 26th, 2015 at 23:11
na, aber bitte höchstens die pflicht zu teilen, ne?
Januar 26th, 2015 at 23:14
Yapp, auch die Mühe.
Januar 26th, 2015 at 23:21
*stöhn*. navonmirausauchdie.
Januar 26th, 2015 at 23:31
Loslos, arrrbeitänn!
Januar 26th, 2015 at 23:46
fuckyou schatzi *kicher*. mal ganz von ab bin ich SCHWERST kommunegeschädigt, also hübsch langsam mitm delegiern hier.
nächtle. und vom frühling träumen. kann ick nur empfehln.
Januar 26th, 2015 at 23:50
Sleep well!
Januar 26th, 2015 at 23:51
Pssst @flatter(100), nicht das böse Wort. Nicken war schon anstrengend genug für mich – Dank dem Interpréteur.
Januar 26th, 2015 at 23:57
@Wat #86: “Ofenbank-Mentalität”, “Spezialisten-Roß”, was sollen diese unproduktiven Plattheiten, diese unbelegten Einkastelungen, wo bleiben die Argumente? Oder sollen wir hier nur egoblubbern? Ich geb’s auf!
@flatter #87: Der Widerspruch ist z.B. hier: ” das werden über kurz oder lang Maschinen machen.” Naive Vorstellung! Maschinen “machen” sich nicht selbst (das wäre SF), und “machen” es auch nicht von selbst, sie werden von Menschen gemacht und eingesetzt. Und diese Menschen kommen auch nicht von “außen”, wie Du es darstellst, sie sind genauso “drinnen”, wie alle andern auch, in den gleichen oder ähnlichen, mal besser, mal schlechter dotierten Abhängigkeitsverhältnissen, je nach ihrem aktuellen “Wert” für das Kapital. Es geht m.E. um die Abschaffung der profitgenerierenden Maschinerie, d.h. des gesellschaftlich erarbeiteten, aber privat angeeigneten Mehrwerts, und damit des Profits!
@R@iner #90: das p.s.: genau! Nix heute hier, morgen da!
Abschaffung der Klassen durch Abschaffung der Arbeitsteilung? Ich würde gern mal wissen, wie man mit “kommunaler” Wirtschaft sieben, und demnächst wahrscheinlich zehn Milliarden Menschen auf diesem Planeten ernähren will und dabei dann eine Umwelt gewährleisten, darin, wenn auch bescheiden, in Frieden, Freiheit und Würde leben zu können…
Das Nachdenken über diese Probleme versetzt mich weder auf die “Ofenbank”, noch läßt sie mich das “Spezialisten-Roß” besteigen…
Fazit: Es ist m.E. zu schwierig, solche Diskussionen fruchtbar in der Form von “Blog-Kommentaren” führen zu können. Lassen wir’s damit bewenden!
Januar 27th, 2015 at 00:02
“wie man mit “kommunaler” Wirtschaft sieben, und demnächst wahrscheinlich zehn Milliarden Menschen auf diesem Planeten ernähren will”
Wie kann eine Zelle einen milliarden Zellen umfassenden Organismus organisieren?
Januar 27th, 2015 at 00:14
Das rauszubekommen wäre interessant und würde vielleicht neue Horizonte eröffnen! Doch große Hoffnung hätte ich darin auch nicht – es wäre mir zu biologistisch. Du bist Philosoph: Sage mir etwas über die Natur des Menschen, und als Soziologe über das Wesen der menschlichen Gesellschaft!
Januar 27th, 2015 at 00:22
Nee, nicht wenn Du mir so kommst… @bernd_r
Wir könnten heute mit dem vorhandenen Produktionskapazitäten 12 Milliarden Menschen ernähren, hatte ich zuletzt gelesen, ja Quelle bleibe ich schuldig, und die Betriebe stehen immer(!) in Kommunen.
Arbeitsteilung ist hauptsächlich, aber nicht nur, die Teilung nach Hand- und Kopfarbeit – der s.g. Gesamtarbeiter schafft aber alles. Da ist a) keiner mehr oder weniger wichtig und b) keiner hat ein Etikett auf der Stirn bei Geburt, daß er nur dieses oder jenes können soll. Die Ausbildung/Bildung richtet (ab).
Klar, keine Maschine konzipiert sich selbst, stellt sich selbst her, sie schaltet sich weder selbst an oder ab, sie wartet sich auch nicht selbst, das machen Menschen.
Aber es steht nirgends, daß das nur bestimmte Menschen können können oder dürfen oder müssen.
Eine andere Gesellschaft, die zurecht den Anspruch, frei für ihre Gesellschaftsmitglieder zu sein, auf ihr Schild klebt, kann es sich nicht ‘leisten’, daß da jeder nur auf (s)ein Spezialistenwissen fokussiert ist, er alles andere weder können noch machen will.
Allein um Produktionsentscheidungen treffen zu können, braucht es Wissen um die(se) Produktion.
Es geht da ja nicht nur um drei Pullover in Gelb oder Blau – zumal auch da bestimmt nicht verkehrt ist, was von Fasern und Färbemitteln zu verstehen, jedenfalls nicht, wenn Du gleich nebenan von der Produktionsstätte wohnst. (Da rede ich noch nicht von der Fasergewinnung)
Im normalen Leben interessieren sich Menschen dafür, je näher wer an einem Atommeiler wohnt, um so mehr (nur als Bsp)
Und Ofenbank-Mentalität, ist der etwas bissige Ausdruck für die Fähigkeit nicht nach draußen zu gucken und auf dem zu beharren, was er kennt.
Innen sind Menschen in dem Prozeß des gemeinsam füreinander Tuens – wo wärest Du – ok, ich vermute, Du bist auch nicht mehr so ganz jung, aber ja noch geistig fit und in die Tasten hauen kannste auch noch – was würdest Du da in den Prozeß einbringen – Ratschläge und Forderungen gehen nach meinem Verständnis nur dann, wenn Du Innen bist.
Oder hast Du (nur) Erwartungen.
Es geht nicht um Verteilung – es geht um gemeinsam füreinander Machen…
Januar 27th, 2015 at 00:24
@bernd_r (106): Kenne ich nicht, ich weiß nur, dass sich (sorry für die terminologische Krücke) Systeme entwickeln oder vergehen. Ich habe auch wenig Hoffnung auf solche Entwicklung, aber sie ist möglich. Das da oben war auch kein Biologismus, sondern ein Bild. Kommunen, die sich zusammen tun und gemeinsam schaffen als Gegenmodell zu dem ewigen hierarchischen Organisationsmodell. Stelle dir vor, das Hirn befehligte über hierachische Strukturen jede Zelle, wir könnten nicht einmal atmen. Oh warte, das ist ja das, was die Menschheit gerade buchstäblich so macht.
Januar 27th, 2015 at 01:33
@flatter #108: In Teilbereichen, z.B. in der FOSS (Free and Open Source Software)-Bewegung, gibt es ja schon solche nichthierarchischen Organisationsformen – und ihr Erfolg ist durchaus beachtlich und bedeutsam (FSF, GNU-Linux, BSD, Android, Mozilla etc. pp., es geht endlos weiter)! Die Entwickler-Communities schaffen diese Werte ja nicht nur für sich oder ihresgleichen, sondern für alle Menschen. Die Ergebnisse stehen der gesamten Menschheit frei zur Verfügung! Das ist großartig, das gibt Hoffnung! Es gibt auch schon eine Bewegung für freies und offenes Hardware-Design (Arduino, Raspberry Pi…). Aber das ist erstmal nur ein Anfang, der Bereich ist im Rahmen der gesamten industriellen Produktion noch viel zu klein, um daraus eine zwingende Linie für die Zukunft ableiten zu können.
Die Hoffnung, solche sich selbst organisierenden Produktionsformen auch auf andere Bereiche übertragen zu können, besteht aber. Und Software, z.B. ein komplettes Betriebssystem, ist um ein bis zwei Größenordnungen komplexer als die komplexeste bisher vom Menschen konstruierte Hardware. Nur gibt es wahrscheinlich auch keinen einzelnen Menschen mehr, der das ganze in seiner vollen Komplexität auch versteht.
Die Zeiten sind vorbei! Man hört ja immer wieder von Raketen, die explodieren, von Satelliten, die nicht in der vorgesehenen Umlaufbahn ankommen etc. Und glaube mir, da geht es um Millionen, da wird genügend teures Gehirnschmalz eingesetzt, um den Erfolg zu sichern…
Viele Entwickler, die an FOSS arbeiten, machen es in ihrer Freizeit, aus Ehrgeiz, um zu lernen, um der Anerkennung ihrer Peers und des Ruhmes willen, um Berufschancen zu ermöglichen oder zu verbessern, aus Spaß an der Freud. Viele aber auch der Top-Entwickler werden von ihren Firmen – bei Super-Gehalt – dafür freigestellt bzw. gesponsort, weil die Firmen (IBM, Oracle, Sun, Google und, und, und…) aus dieser Arbeit (und das dürfen sie auch) erheblichen Profit ziehen. Ein in dieser Beziehung zwiespältiges Bild.
Ob Arbeitsorganisation dieser Art auch auf andere Bereiche – und auf welche – der industriellen Produktion übertragbar wäre, muß die Zukunft zeigen.
Nachtrag: Die FOSS-Produktion ist (noch, wenn das überhaupt je so kommen könnte) nicht im Stadium der industriellen, sondern erst der manufakturellen Produktion, d.h. Automatisierung ist z.Z. nur äußerst eingeschränkt möglich.
Januar 27th, 2015 at 12:09
Abgesehen davon, dass ich der in #82 aufgestellten These, wonach “jede (gute, konsistente, brauchbare) Theorie nichts anderes als eine Perspektive” sei, entgegenhalten würde, dass es sich dabei primär um Kritik des in der Theorie behandelten Gegenstands handelt, stelle ich hiermit offiziell den Antrag, unter Perspektiven über Internationale Kommunalwirtschaft zu debattieren.
Januar 27th, 2015 at 16:48
Irgendwie arten Diskussionen um diesen einen Punkt an dieser Stelle immer etwas aus. Seit meinem letzten Beitrag ist viel dazugekommen, ist wohl wenig sinnvoll auf alles im Einzelnen einzugehen, ich wollte nur gerne eines ergänzen:
Wenn wir hier schon die ganze Zeit explizit und implizit den Marx rumspuken haben: der Kerl war ja so blöd nicht, ich gehe davon aus, dass er den Aufbau seiner Kritik der politischen Ökonomie mit gutem Grund genau so gewählt hat. Er beginnt damit zu beschreiben, was eine Ware ist und wie sich das gesellschaftliche Verhältnis der Menschen zueinander durch eben Waren vermittelt darstellt. Zum einen setzt das eine Arbeitsteilung voraus – die es auch schon in vorkaptalistischen Zeiten gab, wenn auch nicht so ausgeprägt – und zum anderen führt es dazu, dass gesellschaftliche Arbeit sich eben nur noch als abstrakte Arbeit aufeinander beziehen kann. Zumindest in den Bereichen, in die der Kapitalismus vorgedrungen ist – wobei das inzwischen so ziemlich alle sind.
Dass aus dieser Warenkategorie dann automatisch das Geld hervorgeht, durch die Zirkulation der Waren das berühmte G-W-G’, d.h. der Zwang zum Wachstum, das erscheint mir alles recht folgerichtig (wobei dieses “Hervorgehen” nicht kausal gemeint ist).
Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass bei einer gesellschaftlichen Organisation, in der die Menschen immer noch abstrakte Arbeit aufeinander beziehen sollen (nur halt ohne Arbeitsteilung, d.h. der Gesamtarbeiter soll dann eben jede denkbare Arbeit leisten können – und sorry, dass ich da so deutlich werde, aber: das ist mit das Dümmste, was ich hier je gelesen habe, jeder der auch nur den Hauch einer Ahnung davon hat, welches Wissen und welche Fertigkeiten für wirkliche Kompetenz in der Herstellung auch nur eines einzelnen speziellen Produkts vonnöten sind, kann das einsehen – und dann bezieht man eben die geleisteten Arbeitsstunden aufeinander) dann etwas besseres als Kapitalismus herauskommen soll.
Die gesellschaftliche Grundlage bliebe die gleiche, nur die vermittelnde Kategoerie wäre dann eben nicht mehr die Ware, sondern vielleicht der Stundenzettel. Das dann gepaart damit, dass diese Gesellschaft nur dann funktioniert, wenn an alle Mitglieder Forderungen gestellt werden, die denen entsprechen, dass jeder ganz für sich und ohne andere klarkommt: jeder muss alles können. Und wenn er mal nicht kann oder – Gott bewahre – nicht will, dann ist er auf das Gutdünken eines anderen angewiesen.
So ein Entwurf lockt mich kein bisschen. Das Problem am Kapitalismus ist nicht, dass die Torte so ungleich verteilt wird (das wäre sozialdemokratische Theorie). Das Problem ist auch nicht, dass nicht alle beim Tortebacken mitgeholfen haben (das wäre dann m.E. Arbeit(s/er)marxismus). Das Problem ist, dass die Party scheisse ist. Und ein Gegenentwurf, der zuallererst von der Angst davor ausgeht, dass es am Ende irgendwem zu gut gehen könnte, kann letztendlich nur dafür sorgen, dass das Elend schön gleichmässig verteilt wird. Ist mir zu wenig.
P.S.: Die Art, wie ich mich hier auf Marx beziehe, ist übrigens äusserst salopp, ich wollte vermeiden, dass der Kommentar in einen Roman ausartet. Im gegebenen Rahmen halte ich es allerdings auch für wenig sinnvoll, sich den gesamten Begriffsapparat samt Seitenbelegen um die Ohren zu hauen.
Januar 27th, 2015 at 17:10
Januar 27th, 2015 at 20:10
@bernd_r(80):
Diese Aussagen, auf die Du so anspringst sind aber doch nicht falsch.
@R@ainer(90):
Ich hatte vor Jahren vorgeschlagen, dass man alleine die (Lebens-) Zeit als Maßstab nehmen und – in heutigen Kategorien gedacht – danach die Verteilung vornimmt.
Haben wir das nicht jetzt schon?
Januar 27th, 2015 at 20:22
@Hasenbergl: Soll das ein Witz sein? Zwischen 8,50 die Stunde oder Wiedekings 100 Mios im Jahr ist schon ein kleiner Unterschied. Außerdem bezog sich mein Kommentar auf eine Diskussion, die wir hier vor ein paar Jahren hatten. Nix für ungut.
Januar 27th, 2015 at 22:39
@Hasenbergl(113)
“Diese Aussagen, [...] sind aber doch nicht falsch.”
Nur unvorstellbar und damit können sie nicht richtig sein, odda so.
Ob eine Argumentation daran was ändern würde – glaub ich nicht – die Erfahrung lehrt mich bisher anderes.
Januar 28th, 2015 at 14:14
@(8)
Ich wurde 1955 geboren, meine Mutter 1927. Sie war also während der tausend Jahre zwischen 6 und 18 Jahre alt und hat diese im Raume Duisburg verbracht. Als ich jung war wurde über den Krieg nur als etwas Schrecklichem geredet, Gottseidank. Das nicht alles so recht schwarz weiß war in diesem Krieg, ist mir das erste Mal aufgefallen, als im Fernsehen Bilder über den Biafrakrieg gezeigt wurden mit den von Hungerbäuchen und Skelettarmen entstellten Kindern und Erwachsenen. Meine Mutter kommentierte das mit den Worten „Um Gottes willen, die sehen ja aus wie unsere russischen Kriegsgefangenen“. Als wir in Geschichte – ich ging aufs Gymnasium – das erste von drei Malen am Jahresende bis Ende 1932 gekommen waren um im nächsten Jahr wieder bei den Ägyptern zu beginnen, habe ich dann das Geschichtsbuch doch bis zu Ende gelesen und meine Mutter anschließend gefragt, wie das denn mit den Juden gewesen wäre. Davon habe sie erst nach dem Krieg erfahren; ich hatte das Gefühl, dass sie log. Fast zwanzig Jahre später, in der Nacht vor ihrem Krebstod (das soll jetzt nicht pathetisch klingen, es war tatsächlich so), hatte Sie eine morphiumbedingte schmerzfreie Phase, in der wir noch einmal ein langes Gespräch führen konnten. Ich habe sie auch da nach den Juden befragt und sie hat mir geantwortet „Ich wusste nicht genau, was mit den Juden passiert ist. Aber das es was ganz Schlimmes sein musste, wusste jeder. Man brauchte doch bloß die Augen aufzumachen um hinzusehen und die Ohren um hinzuhören. Meinst du, dass ich mich mitschuldig gemacht habe?“. Das war es also. Natürlich hatte sie sich nicht mitschuldig gemacht, wie hätte das ein Backfisch denn auch machen sollen? Aber sie hatte es sich einreden lassen, damit sie – wie alle anderen – darüber schwieg und so den Arisierungsgewinnern ermöglichte ihre Beute zu behalten und den wahren Mördern ermöglichte zu entkommen während in den fünfziger Jahren wiederaufgebaut wurde und einhunderttausend Prozesse gegen tatsächliche und vermeintliche Kommunisten angestrengt wurden vor Richtern und Staatsanwälten, die diese als Angeklagte zum Teil wohl aus dem tausendjährigen Reich schon aus anderen Prozessen gegen sich selbst kannten, die zu ca. 300 Freiheitstrafen führten, eine Zahl, die in der Größenordnung dann in den sechziger Jahren nochmals erreicht wurde, als gegen die kleinen Fische der Lagerverwaltungen vorgegangen wurde. Dann kommt noch so eine Rede von einem, der BuPrä ist, der nicht mal weiß, was der Unterschied zwischen der Massenvernichtung von 6 Millionen Juden und 2 Millionen Sinti, Roma, Behinderten etc. und dem Totschlag an – sagen wir mal – 50 Millionen Chinesen während der Kulturrevolution ist und für den Krieg und Menschrechtsverletzungen des großen Verbündeten keinerlei Erwähnung wert sind. Es ist irgendwie zum Speien.
Februar 3rd, 2015 at 08:18
Wat 59
Kibuzzim und Moschawim gefallen mir sehr gut. Letztere sind in kleineren Verbänden zentral organisiert. Darüber gepackt eine Regional- /Länderverwaltung (man muss die Staatsgebiete ja nicht gleich auflösen wegen Etnischzeugs).
Februar 3rd, 2015 at 20:35
@OSU(117)
Mir auch… – jedenfalls die Kibuzze (so hat sich bei mir von Anfang an der Name eingeprägt), das andere kenne ich nicht, aber möglicherweise habe ich das auch gleich unbewußt ausgeklammert als merkenswertes, sorry.
Warum sind so viele Kibuzze gescheitert oder scheitern noch? Welche haben warum länger ‘gelebt’ als andere.
Ich denke, diese Erkenntnisse könn(t)en uns auch weiterhelfen.
Btw. Staatsgebiete kannste mE so wenig mal eben auflösen, wie Staaten – die haben ihre Ursache und Begründung. So lange diese nicht weg sind, kriegste sie auch gar nicht weg – vernünftigweise ist darum sogar jeder Versuch dazu zu unterlassen (meine ich).
Februar 6th, 2015 at 17:06
(Notiz an mich): https://www.youtube.com/watch?v=ubhHQFVxY3k 30:00
Februar 6th, 2015 at 19:16
@flatter(119): Nach Minute 11:21 weiß ich, daß ich mir den Rest auch noch anhören werde. Danke, daß Du solche Notizen an Dich hier zwischenparkst. So erfahre ich davon und kann eine Notiz für mich draus machen…
Februar 6th, 2015 at 19:18
Den Tip hab ich vom üblichen Verdächtigen ;-)
Februar 6th, 2015 at 19:30
Minute 18~: “Marx’scher Sozialismus noch irgendwie zivilisiert, dann kommen die unzivilisierten Kinder (2. Internationale)…” guck an, ich grinse grade über beide Backen… ok, Wangen.
Obwohl, da hört garantiert wieder einer raus, daß erst mit den Methoden der zweiten Internationale das Kapital zu ärgern ist – nee, würde ich dann sagen, bei der 1. IAA (erste Internationale) merken sie das nur nicht so schnell, weil ja liberaler, odda so ;)
Februar 6th, 2015 at 20:01
Das kann man dann auch hier ablegen: Ernst Nolte, “Vergangenheit, die nicht vergehen will” [Historikerstreit], 6. Juni 1986
Februar 6th, 2015 at 20:07
HA! Ich hab aber das hier gebookmarktet!!1!
Februar 6th, 2015 at 20:12
Dann lösch mich doch aus deiner Hutablage. Schieß doch auf den Wackeldackel, der sich nicht wehren kann.
Februar 6th, 2015 at 20:15
Hörst du das Ticken? Hörst du das?!!
Februar 6th, 2015 at 20:19
Ohjott, die deutschen “Historiker” des Historikerstreits. Absolutes Gesindel, unterste Schiene, Gauck hat mit einigen von denen ma was verfasst…
Februar 6th, 2015 at 20:57
@cb(127) – es macht aber mE einen riesigen Unterschied, ob jemand durch Lesen/Hören selbst zu diesem Urteil kommt, oder ob er einfach ein Urteil über etwas von anderen übernimmt.
Ja, vielleicht kommt er auch zu einem anderen – er sollte es aber gehört/gelesen haben, bevor sein Urteil kommt…
Edit: Daß Du Dir das schon ‘angetan’ hast, glaub’ ich Dir ;)
Februar 6th, 2015 at 22:11
Ich möchte auch mal was ‘bookmarken’, vielleicht stolpert ja @bernd_r drüber und ist mir nicht mehr ganz so gram, daß ich so wenig erklärt habe:
In dieser Diskussion hatte ich mal versucht aufzuzeigen, wie ich mir den Weg in eine andere Gesellschaft so vorstelle und warum – mit wenig Erfolg, eingestandenermaßen…