Demokratie – ein Mythos (4)
Posted by flatter under narrativ , staat[74] Comments
06. Sep 2020 18:58
Quelle: Bundesarchiv, Bild 183-1987-0909-423 / Sindermann, Jürgen / CC-BY-SA
Kommen wir zum Kern des Begriffs: “Demokratie”, eine Herrschaft des Volkes. Im Grunde reicht das schon, um den mythischen Charakter der Idee festzumachen. Was soll das sein, ein “Volk” und wie soll es (über sich selbst) herrschen? Nicht zufällig ist “Volk” ein politisch rechts zu verortender Begriff, der entsprechend mit allen möglichen Mythen aufgeladen wird.
Es gibt Entstehungsmythen, Abstammungsmythen, rassische Mythen und religiöse Mythen, auf denen sich der Begriff aufbauen lässt. Einer rationalen Definition entzieht er sich. Und gerade wenn man ihn entkleidet und auf die eben anwesende oder eingeschriebene Bevölkerung bezieht, zerfällt er.
Mitbestimmung
Herrschaft nämlich, Macht, ist keine rein politische und Politik schon immer abhängig, das sollten nicht nur Marxisten verstanden haben, von der Ökonomie – viel mehr als umgekehrt. Das deutsche Projekt “Bundesrepublik” war u.a. darum von Anfang an ein sozialdemokratisches. Prototypisch für diesen Ansatz steht die Idee “Betriebliche Mitbestimmung”.
Nicht nur der Staat sollte vermeintlich von innen und außen durch seine Bewohner kontrolliert werden, auch die Wirtschaft, nämlich über die Betriebe und ihre innere Organisation sowie über Gewerkschaften, an deren Macht vorbei kein Unternehmen sollte walten können. Das sah anfangs auch beinahe so aus, als könne es funktionieren.
… geht vom Kapital aus
Nehmen wir den Schnelldurchlauf: Ehe jemals wirklich Arbeiter und Angestellte über ihren beruflichen Alltag oder gar die Produktionsbedingungen bestimmen konnten, wurde ihnen das bisschen, das sie hatten, wieder genommen. Der Trend geht seit Langem zum Mietsklaven, Hire and Fire, Lohnstagnation und sowieso Befehl und Gehorsam. Ja, die ‘Demokratie’ postuliert “Gleichheits- und Freiheitsrechte, die sie aufgrund ihrer Eigentumsverhältnisse gar nicht einlösen kann.” Man hätte das wissen können, zumal in den 50ern Marx noch gelesen wurde.
Der Staat, jene Demokratie, die sich ausdrücklich “liberale Demokratie” nennt, schwächt sich absichtsvoll und seiner Grundideologie folgend selbst und gleichermaßen innerhalb seines schwindenden Einflusses den der Arbeiterschaft. Der Verzicht auf die Bestimmung der Produktionsbedingungen – was ja kommunistisch gewesen wäre – und die Beschränkung auf ‘Mitbestimmung’ hat nicht gehalten. Das Kapital, der Verwertungszwang, bestimmt über Arbeit und Staat, am Ende total.
September 6th, 2020 at 23:44
Das mit dem “Volk” musste ich auch erst mal lernen. Da wo ich herkomme hatte das Wort eine ganz andere Bedeutung, da war nix mystisches oder gar “völkisches”. Am besten wäre es noch mit “Fußvolk” zu übersetzen, die “Bessergestellten” oder gar “Obrigkeit” gehörten jedenfalls nicht dazu. Die jenseits der Grenze gehörten auch zum “Volk”. Mir fällt es sehr schwer, das anders zu denken. Auch bei “Völkern” sind für mich deren Obermotze nicht Teil des Volkes.
……………
So lange der Verwertungszwang die Produktionsbedingungen vorgibt, bleibt “Mitbestimmung” letztendlich eine Chimäre, wie der Rest der Veranstaltung “Demokratie, Menschenrechte, Freiheit …” – muss man sich “leisten können”.
September 6th, 2020 at 23:54
Da ist das, wo du herkommst, aber recht kapriziös. Königer, Kaiser, Führer haben sich schon immer als inkarnierte Volkskörper inszeniert (erster Diener, de pluribus unum (okay, das ist ein Präsident). Nachgerade jede Rede zu Volk und Nation hebt darauf ab. Das Fußvolk kommt da immer schön abstrakt vor und wurde als Leibeigene, Arbeitsdrohnen und Kanonenfutter für Volk und Vaterland® geehrt.
September 6th, 2020 at 23:59
Da hatte mal ein Kabarettist ein Programm mit dem schönen Titel ‘Wir sind was volkt’… und jüngst vernahm ich, dass Vonnegut einst Böll gefragt habe, was denn der Deutschen größtes Problem sei, und dessen kurze Antwort ‘Gehorsamkeit’. Worauf es laut Frau Ahrendt ja nun verdammt noch mal kein Recht gäbe. Auch sie wird das nicht ohne Bedacht und wiederholten Anlass formuliert haben. Und das kommt in diesem Land eben auch noch erschwerend hinzu, zu dieser ganzen ‘Demokratie’.
September 7th, 2020 at 00:04
Die kniefeällige Religiosität und der Eifer einer widerwärtigen, protestantisch geprägten (Arbeits-)moral kommen ebenfalls hinzu, ich erwähne das ja periodisch. Was da herrscht, ist nicht bloß ökonomisch zur Mythologie verurteilt, es ist ja im Vorgang ohnehin religiös und bildet immer wieder solche Strukturen aus.
September 7th, 2020 at 08:14
Passend zum Volk:
Der Bauernverband fordert mehr “Wertschätzung für die Arbeit der Bauern”.
Da hat Covid-19 doch den Weg gewiesen. Die “Elite” könnte doch jetzt den Plebs animieren, für die Bauern zu applaudieren. Das kostet nichts, sieht auf YT und in den Tagesmärchen fast so gut aus wie eine Fußball-Choreo und gibt allen Teilnehmern ein gutes Gefühl.
Volk leitet sich ab von Gefolge, ausnahmsweise sehr treffend. Volk hat immer und überall nur ein Motto:
Es heißt weder ‘Lass mir nicht denken’ noch ‘Lass mich nicht denken’, es heißt ‘Lass andere denken’.
September 7th, 2020 at 08:25
@2
Dieses Volk, das ich meine, hat das aber anders gesehen. Die Herrschaften können ja gerne meinen, dass sie dazu gehören. Das Volk betrachtet sich da halt eher als “das einfache Volk”, so wie es auch in “Er stammt aus dem Volk” nicht als Ethnie oder ähnliches gesehen wird. Nach was will man in DE Volk definieren, Sprache, Kultur, Ethnie, Staat, Nation? Nach jeder dieser Kategorien kann man das ad absurdum führen.
Aber ich habe es mittlerweile gelernt, das Wort zu vermeiden, auch wenn es mich manchmal nervt. Wahrscheinlich haben wir in DE diese Definition vor allem den “Völkischen” zu verdanken. Oder was bedeutet “Power to the People”? “El pueblo unido” oder “Avanti popolo” kommen doch auch von ziemlich links. Da scheint es die Bedeutung zu haben, welche ich beschrieben habe.
September 7th, 2020 at 08:33
@5
Bei mir heißt’s “Lass mir die Ruh”, Diogenes hat es etwas anders ausgedrückt.
Aber schön, wenn jemand seine Vorurteile veröffentlicht. Oder ist das ein “Outing” von jemand aus dem Volk?
September 7th, 2020 at 10:24
Nach meiner Definition gibt es hier nur ein Volk, sofern man sich dieses Begriffes überhaupt bedienen mag, nämlich das Volk der Menschen. Jeder der meint etwas besseres zu sein, kann sich darüber hinaus noch in etwaige Unter- und Übervölker einteilen (lassen). Ein Blick auf die Ursprünge all dessen lässt erkennen, wie rückständig das Ganze in der Sache ist. Für manche hingegen ist es wichtig und Teil ihrer sogenannten Identität, unbedingt zu einem Volk zu gehören und auch noch stolz darauf zu sein. Dabei kann stolz doch eigentlich nur aus ehrlicher Arbeit erwachsen.
September 7th, 2020 at 10:34
Ich bin ganz bei Renée, und auch die historische Sprachwissenschaft ist auf unserer Seite:
VOLK aus dem Wörterbuch der Brüder Grimm:
„1) die älteste Bedeutung ist geschlossene Abteilung von Kriegern, Heerhaufe; …
2) VOLK häufig im Sinne von Hausgemeinschaft … oder besonders von Gesinde….
4) eine Menge von Menschen … früh stellt sich dabei die soziale Wertung ein, die Beziehung auf die Menge der geringen Leute….
8) einschränkend, herabsetzend, verächtlich, so sehr häufig in der Umgangssprache…
10) die Jugend, junge Leute….
12) aus der Bedeutung Heerschar, Heeresabteilung entwickelt sich schon in alter Zeit die der Gesamtheit der Männer (dann auch ihrer Angehörigen), die durch Sprache, Abstammung, politische Organisation sich gegen andere derartige Gesamtheiten absondert… der Absolutismus drückt die Stände zur Machtlosigkeit herab, die gesamte Bevölkerung tritt als Einheit der Regierten, der Unterthanen dem Fürsten gegenüber… trotzdem bleibt bis auf die Gegenwart Volk als Theilbegriff bestehen für die Masse der Bevölkerung, von der die höhere Beamtenschaft, die Schichten höherer Bildung oder großen Besitzes, Adel, Geistlichkeit ausgeschieden sind. … a) die große Masse der Bevölkerung im Gegensatz zu einer Oberschicht.“
September 7th, 2020 at 11:05
Ein Volksbegriff, von dem man quasi beliebig Stände ausschließen kann, ist mir kein bisschen sympathischer. Er wäre aber auch vormodern.
September 7th, 2020 at 11:42
Ich weiß wohl, wie sehr Nazis das Wort “Volk” missbraucht haben. Aber weder der Nazi-Gebrauch, noch der heutige Gebrauch von Linken ist für eine Wortbedeutung allein maßgeblich – erst recht nicht, wenn es sich um Linke handelt, die die deutsche Sprache so wenig kennen oder so wenig schätzen, dass sie ihre “Slogans” meist auf Englisch raushauen.
September 7th, 2020 at 14:09
also langsam kommts mir so vor als würz hier reaktionär…
Dabei kann stolz doch eigentlich nur aus ehrlicher Arbeit erwachsen
erst recht nicht, wenn es sich um Linke handelt, die die deutsche Sprache so wenig kennen oder so wenig schätzen, dass sie ihre “Slogans” meist auf Englisch raushauen.
but thats just my perception.
September 7th, 2020 at 15:43
ein neues Etikett in meiner Hüte-Sammlung: “reaktionär”. Interessant!
September 7th, 2020 at 16:05
@Wal:
Du kannst nicht ernsthaft eine Etymologie pflegen, die neuere Entwicklungen einfach auslässt. Die Nazis waren weder die Ersten noch die Einzigen, die Volk, Nation und solchen Tinnef als Einheit betrachtet haben. Diese Problematik haftet dem Begriff an, deshalb kann man sie auch nicht ignorieren.
Ich verweise zudem bescheiden auf den Zusammenhang: Das Volk als herrschendes, und zwar in einer staatlichen ‘Demokratie’. Das hat dann mit deinem Begriffskonstrukt herzlich wenig zu tun.
September 7th, 2020 at 16:39
Die “neueren Entwicklungen” werden z.B. von DKT repräsentiert, die kann und will ich ignorieren.
Das “Volk” hat eine so lange und wechselvolle Geschichte, die man nicht eindimensional eingrenzen kann. Ja, dem Wort “haftet eine Problematik an”, deshalb verwende ich das Wort sparsam und in wohlüberlegtem Zusammenhang.
Im übrigen ist die Übersetzung von “demos” = “Volk” (im Sinne von “Alle”) ganz geschichtslos und falsch.
Wie schon im antiken Athen hat Demokratie immer nur als Privileg einer Minderheit funktioniert. Im ganzen 19. Jahrhundert war die Demokratie (das aktive und passive Wahlrecht) ein Privileg der wohlhabenden Männer, die sich heftig gegen die Gleichbehandlung der Armen (Männer wie Frauen) wehrten. Nirgends und niemals war Demokratie die “Herrschaft von Allen” – wie es uns im Politikunterricht erzählt wird.
Auch heute ist “Demokratie” die Herrschaft einer Minderheit, der politischen Klasse, die angeblich “im Namen aller” regiert, in der Tat aber willenloses Werkzeug des kapitalistischen Verwertungszwangs ist.
Deine “Spracherziehung” nehme ich auch persönlich. Ich habe die deutsche Sprache studiert und im Ausland mehrere Jahre als Deutschlehrer gearbeitet. Ich muss mir von niemanden empfehlen lassen, wie ich die deutsche Sprache zu benutzen habe.
Nochmals: Kein Wort der Allgemeinsprache ist das Werk oder das Eigentum einer Gruppe. Sprache ist immer ein Gemeinschaftswerk vielfältiger und teilweise auch widersprüchlicher Akteure. Das resultiert dann auch in schillernden und sogar widersprüchlichen Bedeutungen. Siehe zum “modernen” Gebrauch: https://www.duden.de/rechtschreibung/Volk
September 7th, 2020 at 17:05
Im übrigen ist die Übersetzung von “demos” = “Volk” (im Sinne von “Alle”) ganz geschichtslos und falsch.
Es mag geschichtslos sein und auch falsch, wenn man die tatsächlich ‘herrschenden’ Verhältnisse betrachtet. Aber es entspricht dem Anspruch, der in und von einer ‘modernen Demokratie’ formuliert wird.
September 7th, 2020 at 20:09
@Wal: Ich “empfehle” dir gar nichts, nehme mir aber gleichwohl die Freiheit, Begriffe anders zu interpretieren und einen anderen Fokus zu setzen. Auf dem hässlichen Gebäude in Berlin steht “dem deutschen Volke”. Wie kommt das bloß dorthin und was meinen die damit? In welchem Bezug steht das zu der ‘Demokratie’ dieser Republik? Darf ich die eigentlich so nennen? Ich meine, sie heißt doch so? Das Ding, in dem ‘Geheimdienste’ ihr unkontrolliertes Unwesen treiben und ihrerseits die Bürger (sind das eigentlich “Bürger”?) zu durchlechten sich ungeniert erlauben.
Ich werde mich nicht an jedweden Wettbewerben um eine ‘korrekte’ Begriffsverwendung beteiligen, zumal Begriffe immer im Fluss sind. Ich hab dieses Philosophiedings studiert, ich darf auch was. Worauf ich aber ohnehin hinauswill, ist ja der Mythos. Die Ansprüche, mit denen der Bergiff und seine Staatswirklichkeit behängt werden, sind irrational und selbstverständlich geschichtslos.
September 7th, 2020 at 21:06
@7:
Wer sich freiwillig unter dem Begriff Volk subsumieren lässt haben sehr schön die Hygiene-Demos gezeigt.
Das lasse ich mir gerne auch als Vorurteil ankreiden.
Eine Zugehörigkeit zu irgendeinem Volk lehne ich hingegen ab, da ich damit ja automatisch exkludiere.
September 7th, 2020 at 21:13
Bisschen Exklusion is immer. :p
September 7th, 2020 at 21:41
Ich wäre gern Exklusionshelfer. Das kann ich auf allen Ebenen gut :-P
September 8th, 2020 at 05:42
Da sind wir in Sachen Begriffe bei einer Diktatur gelandet, von einer Personengruppe, welche für sich die Deutungshoheit reklamiert. Typisches Verhalten von Leuten, welche gerne über andere Menschen bestimmen wollen.
Dem deutschen Volke geht mir am Allerwertesten vorbei, da es ein solches gar nicht gibt. Nach letztem Wissensstand stammen wir alle aus Ostafrika, also sind wir Kenianer, Somalier oder Äthiopier.
Hiermit exkludiere ich das BRD-Volk von meiner Wenigkeit.
@18
Ja, ich exkludiere die herrschende sowie die politische Klasse und ihre oberen Helfer. Das Volk, welches ich meine, verteilt sich über den ganzen Globus und zeichnet sich dadurch aus, dass es nicht viel zu melden hat.
Ich halte nichts vom völkischen Denken, ob positiv oder negativ konnotiert. Genauso wenig wie von positivem oder negativem Personenkult.
September 8th, 2020 at 08:10
@Wal, ich glaube das DKT bei den Anglizismen richtigerweise einigen Linken eine gewisse Internationalität unterstellt und da bietet sich nun mal English als Weltsprache an.
Jetzt könnten wir uns darüber streiten ob es Beispielsweise in Hamburg auf Demos sinnvoll ist 80% der Slogans auf englisch zu skandieren und ob man so gesellschaftlich intervenieren will oder sich in seiner eigenen Szenesuppe wälzen will.
Obwohl gängige Slogans durchaus schnell vom “Volkskörper” (hehehe) verstanden werden.
Ansonsten halte ich es mit Bernd (18).
PS: reneé, ich kann beim besten Willen nicht erkennen was an völkischen Denken oder Personenkult “positiv konnotiert” sein soll.
September 8th, 2020 at 09:47
Mein Abschluss:
Das griechische „demos“ meint die Wehrgemeinschaft der waffenfähigen Männer. Davon ausgeschlossen sind Frauen, Kinder, Sklaven und alle Mitbewohner aus anderen Ländern und Regionen.
Von den rund 50.000 Bewohnern des klassischen Athen gehörten vielleicht 5.000 zum Demos. Ausgeschlossen vom Demos waren die rund 20.000 Frauen, Kinder und Jugendliche, rund 5.000 zugezogene (meist) Griechen (“Metöken”) und gut 20.000 Sklaven (meist aus dem Norden und Nordosten).
Der Athener Demos verstand sich nicht als „Volk“. Als „Volk“ rechneten sich die Athener wie die Spartaner oder Korinther zu den „Griechen“.
„Demos“ mit „Volk“ zu übersetzen, ist Ideologie. Eine zutreffendere Übersetzung von „Demokratie“ wäre „Bürgerherrschaft“.
Nachschlag: Und niemand verballhornt unsere Sprache mehr als professorale Philosophen (zB. “an und für sich”) und professionelle Juristen (zB. “Terrorismus”).
September 8th, 2020 at 10:39
Ich weiß, die sind so. Alle. Worauf ich aber hinauswollte, ist, dass Philosophie nicht von Begriffsarbeit zu trennen ist, vielmehr großenteils darin besteht. Beim Schwanzvergleich kann ich demnach mithalten. Ich habe es nicht so mit Reinerhaltung. Ein Begriff muss sich im Kontext und seinen Bezügen entfalten. Dabei kann es immer passieren, dass die einem kurz darauf schon wieder davonschwimmen.
September 8th, 2020 at 11:29
Eine zutreffendere Übersetzung von „Demokratie“ wäre „Bürgerherrschaft“.
Bourgeois oder citoyen…? – Der ‘Witz’ der ‘modernen Demokratie’ ist doch gerade, dass jetzt das ganze ‘Volk’ nur noch aus ‘Bürgern’ bestehen soll.
September 8th, 2020 at 15:27
@Peinhart
Auch im antiken Athen gab es natürlich den Unterschied zwischen den De-jure-Bürgern (von Geburt), die aber nicht täglich ihre Arbeit verlassen konnten, um über politische Fragen zu entscheiden, und den reichen De-facto-Bürgern, die es sich als Ausbeuter von Sklavenarbeit leisten konnten, Tag für Tag “in Politik zu machen”. Trotzdem war uns die attische Demokratie weit voraus.
Zum heutigen “Bürger”: Wer nicht (mit)entscheiden kann über die Gemeinschaftsfragen und Gemeinschaftsaufgaben, ist ein “Bürger” nur dem Namen nach, ansonsten ist er Untertan. Das Wahlkreuz entscheidet keinerlei Sachfragen. Ansonsten genügt es die deutsche Grammatik zu kennen: die Inschrift auf dem Reichstag sieht das “Volk” nur im Dativ als Objekt, nicht als Subjekt des politischen Handelns. Ganz offiziell sind wir als Volk nur Untertanen.
September 8th, 2020 at 20:56
Möglich, dass unsereiner die Dinge aus einem anderen Metier sieht. Aber wissenschaftlich betrachtet, könnte man Feinsynn unverändert als eine Art Mini-Preprint-Server einer Methodik bezeichnen, die ich bei den Soziologen und auch anderen Geisteswissenschaften vermisse. Es ist …. nur ein Gedanke. Eine Hypothese, … eine Spekulation. Aber bei Soziologen, immerhin eine Ausnahme. (Was meinst du dazu, – @Flatter?) Ich weiß, es ist nicht beim Thema und ich bin auf deiner Seite. (Du musst es nicht frei schalten, wenn du nicht willst, es reicht mir, wenn du vermutest, worauf ich hinaus will.)
September 8th, 2020 at 21:38
Interessante Betrachtung. Der Vorteil des Blogs ist, dass wissenschaftlich gedacht und im Extremfall sogar eine Art Fortschritt angestoßen werden kann, ohne grundsätzlich einen wissenschaftlichen Anspruch zu erheben. Bestenfalls entsteht dabei eine wissenschaftliche Haltung, die auf der anderen Seite, in den organisierten Wissenschaften, bedauerlicher Weise nicht immer gepflegt wird.
September 8th, 2020 at 21:51
Es geht nicht um Interesse. Euch Geisteswissenschaftler fehlt etwas, was die Naturwissenschaft hat. Methodik. Praktische … Methodik. Einzig sichtbar, in einem blog, bei euch. Du bist Soziologe. Soziologen, – haben sich als Gesellschaftsgestalter geriert. Und jetzt, – kneifen sie, vor dem, was sie taten. Natürlich, betrifft nicht alle. Es gibt einsame Seelen darunter, die besser machen wollten/wollen. Aber ihr habt eurer eigenes Schiff nicht im Griff der Kritik.
September 8th, 2020 at 22:05
Ich bin kein Soziologe (keine Ahnung, wie du darauf kommst. Ich habe das zwar auch studiert, aber die Schublade passt kein Stück.), und so wie ich Philosophie verstehe, schließt sie 2020 (wieder) unbedingt naturwissenschaftliches Denken ein. Wissenschaftlichkeit betrachte ich ohnehin als unteilbar. Es ist eine Prozesshaftigkeit, die benennbaren Kriterein folgt. Wer die Welt heute verstehen will, kommt m.E. u.a. um Physik nicht herum. Dumm gelaufen, weil die wiederum mit Mathematik zu tun hat.
Was “im Griff der Kritik” ist, weiß ich nicht. Kritik gehört zum Prozess. An wenigsten mag ich diese ewige “ihr” oder “die”. “Ihr” seid so und so, deshalb seid ihr dies und das – oder eben umgekehrt. Mit solchen Sätzen bestätigt man nur das eigene Vorurteil und verliert die Sache aus dem Fokus.
p.s.: Dass Soziologen “Gesellschaftsgestalter” seien, ist eher ein schlechter Witz.
September 8th, 2020 at 22:12
Hmmm, Philosophie schließt naturwissenschaftliches Denken ein? Woher nimmst du das? Sloterdüscht? Der kreist noch mit’m Raumschiff Erde um die Welt. Precht? Die letzte ehrlich Ausssage von einem Philosophen, hörte ich von einem Karlsruher. “Die Philosophie ist auf dem Markt angekommen”. Gut, Ehrlichkeit mag ich. Wieso bist du jetzt kein Soziologe mehr? Gabst du das nicht mal an, in deinem Impressum? Hey, ich bin Informatiker, – und es gibt wenig Fakultäten, die so eine Scheiße gebaut haben wie wir. Wir haben sogar Sascha Lobo akzeptiert. Unfassbar. Yooo, – kriegt ihr Soziologen das auch hin? Ich mein, einfach mal praktisch zu dem stehen, was man ist, was man tut, – und es auch dort angreifen, wo es falsch läuft? Die Welt erklären, kann jeder. Außerdem hab ich dich in Erinnerung, dass du mal von Wissenschaft sprachest, – und ihrem Sinn. Tu was dafür und fang bei euch Soziologen an.
September 8th, 2020 at 22:21
Zu Letzterem: Nö. Und wenn du nur Personen, zumal Fernsehphilosphen anführen kannst, bin ich raus. Wir reden über 2500 Jahre Wissenschaftsgeschichte, über Wissenschaftlichekeit und wie sie sich entwickelt hat. Du kannst dir (ich nehme da das Mittelalter aus) mit einer beliebigen Epoche beschäftigen, es gab vor der Moderne zwischen der Philosophie und (den später so bezeichneten) Naturwissenschaften nie eine haltbare Grenze. Letztere haben sich (nach der Antike) ironischer Weise ausgrechnet aus der Alchimie entwicklet, und die Mathematiker jener Zeit waren zumeist ausgewiesene Philosophen.
Precht, my Ass!
September 8th, 2020 at 22:24
Ja, ich weiß. 2500 Jahre Wissenschaftsgeschichte. Erklärt sich in meinem letzten Kommentar, denn ich erweitern musste.
September 8th, 2020 at 22:28
Ich habe jetzt, wie du ausdrücklich zur Kenntis genommen hast, deutlich erklärt, dass ich kein Soziologe bin, nicht unter “die” firmiere, und du kommst mir schon wieder mit “ihr Soziologen”? Mit wem redest du?
Kennst du derweil eigentlich den Unterschied zwischen Theoriebildung und einem “run”-Befehl? Wusstest du, dass die meisten Theorien Einsteins zu seiner Lebzeit nicht effektiv überprüft werden konnten? Und wenn es um die Möglichkeiten gesellschaftlicher Entwicklungen geht, dann musst du als kleiner Coder monieren, dass es dafür keine Labor-Designs gibt? Was willst du von mir?
September 8th, 2020 at 22:37
Schwafel nich rum. Es ist unglaublich vieles richtig, was du sagst. Yooo, – dahinter hab ich eine schier unglaubliche Quantität von Soziologen, die selbst noch Astrophsychologie verkaufen. That’s – the reality. Sei ehrlich. Im Grunde hat deine Fakultät nicht mal den Unterschied zwischen Hypothese und Theorie drauf. Und das wirfst du mir jetzt vor? Komm zu Potte. Da draußen explodiert ein Eso-Markt mit allen Konsequenzen. Unterstützt, von euch Soziologen. Und außer dir, – gibt es da nichts, was sich wenigstens dieser Realität stellt.
September 8th, 2020 at 22:45
“Meine Fakultät” Soziologie. Personen und was sie tun. Ein Maß an Ignoranz, das ich lange nicht mehr hatte. Und dann dieser Ton: “Schwafel nich rum.”,”Komm zu Potte.”
Versuchst du womöglich, mir arrogant zu kommen? Von hier oben sieht das aus wie Kindergarten. Der Kommentarbereich steht Diskussionsbeiträgen zur Verfügung, nicht infantiler Selbtsdarstellung. Danke für das Beispiel.
September 9th, 2020 at 00:00
Fürs Protokoll: Nachdem ich das hier von dem Herrn nicht zügig freigeschaltet hatte:
“Ja gut, – the last hope ist gone. Das erste was Schwurbler sagen, wenn sie ihnen was quer kommt. “Hach Gott, was für eine Ignoranz, was für eine Arroganz”. Und sie diskutierten und diskutieren und diskutieren, es gefiel ihnen zu diskutieren, – solange sie nicht ins Schwarze greifen mussten.”,
kam das hier:
“Feigling.”
Ich finde das nach wie vor dankenswert, um das Niveu zu dokumentieren, mit dem ich mich hier in ernsthaften Versuchen von Antworten herumschlage. Fortan wird dieses Getroll, dessen Niveau für sich spricht, automatisch in die Gosse geroutet.
September 9th, 2020 at 11:28
Schäuble schlägt vor, die Gefangenen von Moria nach Mordor zu verlegen.
September 9th, 2020 at 11:37
Wie jetzt, die deutsche Standardtalkshow ist nicht repräsentativ besetzt? Die kriegen aber wirklich alles raus!
September 9th, 2020 at 11:49
Unterstützt, von euch Soziologen
geil. zum dritten mal…Yoooo!
September 9th, 2020 at 16:34
würde mich nicht die bohne wundern, wenn die insassen ihr KZ selbst angezündet haben; war wahrscheinlich die einzige möglichkeit, diesem scheissknast wenigstens kurzfristig zu entkommen. tote gabs ja anscheinend keine. go figure.
September 9th, 2020 at 21:28
@22
Weiß ich auch nicht, es gibt Leute, die sehen das aber so. Frag doch mal Kalbitz oder Nawalny.
Soll mir aber egal sein, wenn sich das Volk im Auftrag ihrer Obrigkeiten demnächst wieder gegenseitig abschlachten soll. Oder wird es mit dem Begriff Proletariat besser?
September 9th, 2020 at 21:53
Semantisch kriegt man das ebenso wenig in den Griff wie es noch ein ‘Subjekt der Revolution’ gibt. Es gibt Eigentümer, Profiteure, Manager usw., die sind schon keine homogene Gruppe und gehen fließend über in die Abhängigen, bis hin zu den Besitzlosen, Armen, Chancenlosen. ‘Superreiche’ fallen schon aus dem Raster und dürfen als eine spezielle Problemgruppe betrachtet werden, andererseits konkurrieren sie in demselben großen System, aus dem kein Entkommen ist.
Man kann utopisch versuchen, den Kerngedanken der Selbstbestimmung (was immer nur Sinn ergibt, wenn das alle sind) positiv zu besetzen. ‘Demokratie’ wäre dafür aber ebenfalls zu abgelutscht. Ein perfides Element des Narrativs ist ja das vermeintliche Versprechen, ein ‘Volk’ bestimme über seine Wirklichkeit. Pure Mythologie eben.
September 9th, 2020 at 21:58
@25
Fällt mir schwer, mich mit “Bürger” angesprochen zu fühlen. Für wen soll ich denn bürgen?
September 9th, 2020 at 22:22
Au ja, wir wollen sein ein einig Volk von Bürgen. :D
September 9th, 2020 at 22:23
OT: huch, da explodiert anscheinend doch grade was unter mango mussolinis arsch; bob woodward hat tatsächlich nicht nur just quotes für sein buch, sondern tapes, wie doofus sich bezüglich corona um kopf und kragen quasselt:
It goes through the air,” Trump said during that conversation. “That’s always tougher than the touch. You don’t have to touch things. Right? But the air, you just breathe the air and that’s how it’s passed. And so that’s a very tricky one. That’s a very delicate one. It’s also more deadly than even your strenuous flus”…“It’s so easily transmissible, you wouldn’t even believe it.”…“I wanted to always play it down,” the president said on March 19. “I still like playing it down, because I don’t want to create a panic.”
der vollidiot hat allen ernstens aus eigenem antrieb woodward 18 mal angerufen und sich ausquetschen lassen…kannste dir nich ausdenken.
achja, und 2017 angeblich knapp an nem kleinen nuklearen faustkampf mit nordkorea vorbeigeschrammt, aber seit kim theOrangeMenace mit “Your Excellency” anquatscht, is alles super.
edith: ohmygodness, hell just froze over: “Specifically asked whether he downplayed the seriousness of the coronavirus pandemic, Trump told reporters, “In order to reduce panic, perhaps that’s so.”
September 9th, 2020 at 22:25
Der Fefe kriegt auch alles raus.
September 9th, 2020 at 22:26
you won the bullshitbingo for this thread, peinhart; that was just perfect.
September 9th, 2020 at 22:41
ahja, das “I have built a nuclear – a weapons system that nobody’s ever had in this country before”-geprahle. daß die pentagon-clique nicht längst komplett freidreht…weird timeline indeed.
September 10th, 2020 at 09:55
Mich amüsiert das Gefordere, die Morianer jetzt stattdessen hier reinzulassen. Man habe doch Platz. Pointe: Diejenigen, die „Wir haben Platz“ skandieren, skandierten noch letzte Woche, dass sie keine Wohnung kriegen, weil es zu wenig davon gibt.
Können ja hier auf der Straße leben, wenn sie wollen, die Morianer.
Seufz.
Derweil eskent die Ober-SPD, „die Bundesregierung“ möge jetzt gefälligst endlich was dafür tun, dass „die Flüchtlinge“ reinkommen. Kam im März nur halbgut an, die Idee. Also bei der Ober-SPD.
September 10th, 2020 at 11:08
Deshalb gibt es ja zwei Ober-SPDen: Die Fraktion und die Paddei (Basis!!!).
September 10th, 2020 at 16:10
Hessens Europaministerin Lucia Puttrich (gegenüber) dem drecksblatt…„Die Bilder des brennenden Flüchtlingscamps lassen uns auch fragen, was einige Menschen dazu bringt, ihre sichere Unterkunft in Europa anzuzünden“
“sichere unterkunft”…fuck youuuuuuu!
September 10th, 2020 at 16:44
Nuja, sicherer als vielerorts das Mieten.
September 10th, 2020 at 17:18
well, cant really argue with that. so sicher wie knäste halt sind. (ohmann, wenn nur noch zynismus bleibt…passt auch zu frau lehmanns spruch “Kritik dient nicht mehr der Auseinandersetzung, um einen Fehler zu beheben und etwas zu verbessern, sondern fungiert allerhöchstens noch als Ventil” im neuen post)
September 10th, 2020 at 17:54
Ist vielleicht das kommende Ding: Ein paar Quadratmeter Boden kaufen, Zaun drum, Tafel einrichten und den Leuten abnehmen, was sie haben. Wer rauswill, muss such zahlen. Reverse Gated Community. Ich bring’ das an die Boerse.
September 10th, 2020 at 18:06
Gibt’s Dividende? Dann bin ich dabei.
September 10th, 2020 at 18:07
Alter, das sind Aktien. Gibt es da Dividende? Trägt der Papst ne Kutte?
September 10th, 2020 at 18:14
Nicht unbedingt. Ich hab allerdings alle Aktien abgestoßen, die Dividende nur als Reinvestment ausschütten.
September 18th, 2020 at 23:52
Ein interessanter, wenn auch nicht ganz neuer Ansatz, den Hang zu Verschwörungstheorien aus dem zunehmenden Verlust der Selbstbestimmung im Spätkapitalismus zu erklären. Das Fazit ist dann allerdings wieder dürftig.
September 19th, 2020 at 00:02
Yo; “entgrenzter” “Markt” und “Kapitalismus”. So wie nasses Wasser. Das muss trockener. Freiheit ist zu neoliberal. Dann doch an den Implikationen schroff gescheitert.
September 19th, 2020 at 09:14
@peinhart
Ich sehe das komplett anders. Der Text interpretiert die (Zunahme der?) Verschwörungstheorien als politischen Rückschritt. Gegenüber dem religiösen Weltbild, wo Außerirdische den Gang der Welt bestimmen, ist jedoch jede Verschwörungstheorie ein Fortschritt an vorgestellter Selbstbestimmung, weil es hier Menschen sind, die der Menschen Schicksal bestimmen. Die Fremdbestimmung liegt nicht mehr im Jenseits, sondern schon im Diesseits.
Allerdings sind Verschwörungstheorien die typische Sichtweise von Kleinproduzenten. Wer immer mal in einem Großbetrieb gearbeitet hat, weiß, wie wenig die „Macher da oben“ wissen und wie wenig sie wirklich im Griff haben. Von dieser Erfahrung aus, ist die Vorstellung aberwitzig, dass eine Clique von Geschäftsführern die Geschicke ganzer Länder oder gar der ganzen Erde lenken könnten.
September 19th, 2020 at 09:49
Gegenüber dem religiösen Weltbild, wo Außerirdische den Gang der Welt bestimmen, …
Danke für den Lacher.
September 19th, 2020 at 10:18
Nachtrag:
Verschwörungstheorien sind die politische Entsprechung zum wirtschaftlichen Antimonopolismus.
September 19th, 2020 at 13:28
Gegenüber dem religiösen Weltbild, wo Außerirdische den Gang der Welt bestimmen, ist jedoch jede Verschwörungstheorie ein Fortschritt an vorgestellter Selbstbestimmung [...]
Abgesehen davon, dass auch so manche Verschwörungstheorie Zuflucht zu Außerirdischen nimmt – von welchem Jahrhundert reden wir…?
September 19th, 2020 at 13:55
Meines Wissens entstanden die ersten relevanten Verschwörungstheorien mit dem Aufkommen kapitalistischer Monopole/Großbetriebe/Großfinanz, in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Während des kurzen “gemütlichen/sozialdemokratischen Kapitalismus” verloren Verschwörungstheoretiker an Einfluss. Jetzt haben sie wieder Konjunktur.
September 20th, 2020 at 16:41
Das hier passt ganz gut zu unserem kleinen Disput hier. Einen politischen Fortschritt mag ich da immer noch nicht sehen, und dass Verschwörungstheorien wieder Konjunktur haben liegt auch nicht daran, dass religiöse Welterklärungen im Rückgang befindlich wären, ich sehe im Gegenteil darin eben den Versuch, die ‘Religion’ Kapitalismus gerade nicht antasten zu wollen bzw zu müssen. Die immer weniger zu leugnende ‘Schlechtigkeit der Welt’ wird durch ‘Finstere Mächte’® erklärt, die an sich gute ‘Gottheit’ so entlastet. Das ist doch religiöses Denken par excellence.
September 21st, 2020 at 15:57
Ich hatte vor einigen Jahren eine weitere Idee dazu. Für die Menschen in “vorwissenschaftlicher” Zeit wurden unerklärliche Ereignisse und Katastrophen mit Geistern und Göttern erklärt. Dann gab es die Entwicklung und die Entdeckungen der Naturwissenschaften und deren Erklärungen dieser Vorgänge. Einige Zeit konnten gut Gebildete Menschen “auf der Höhe ihrer Zeit” sein und einen Überblick über alle Wissenschaften haben. Mittlerweile ist das so ausdifferenziert, dass kaum einer in der Lage ist, wenigstens einen groben Überblick zu haben. Für “Otto Normal” ist das nur noch verwirrend. Ich hatte mir damals gedacht, dass hier jegliche Art von Scharlatanen leichtes Spiel haben wird, auf komplizierte Sachverhalte einfache Antworten zu geben.
September 21st, 2020 at 16:26
@Peinhart
Wenn es nur ums Verurteilen von Verschwörungstheorien geht, haben wir gar keinen Disput.
Wenn aber Religionen und „religöse Welterklärungen“ gleichgesetzt, das Verschwinden der Religion abgestritten und sogar der Kapitalismus zur Religion erklärt wird, finde ich keinen Ansatz für einen klärenden Disput.
https://marx-forum.de/Forum/gallery/index.php?image/1035-ist-religion-wichtig/
September 21st, 2020 at 18:03
Es stellt sich mal wieder heraus, dass die Banken die Schnittstelle zwischen gutem und schlechtem Geld sind, was auch völlig logisch ist.
Nicht alle kommen allerdings zu diesem Schluß, wie man liest: [..] SPD-Chef Norbert Walter-Borjans forderte “endlich transparente Regeln und eine fühlbare Sanktionierung von Verstößen”. Gegenüber den Zeitungen der Funke Mediengruppe kritisierte er, CDU und CSU würden Vorstöße der SPD blockieren, “moralische Kategorien zur Richtschnur des Wirtschaftens” zu machen. [..]
Mehr Moral, das wird’s sicher bringen. Ab jetzt sollen alle einfach mal lieb zueinander sein.
Wozu auch die ganzen Jahrhunderte, die für ein durchsetzbares Rechtssystem aufgewendet wurden.
Legal, illegal, moralmoral.
September 21st, 2020 at 18:32
Moral verträgt sich nicht mit einem aus Gesetzen bestehenden ‘durchsetzbaren Rechtssystem’. Was nicht unbedingt gegen Moral sprechen muss, nur verkommt sie dann zu eben dem, was hier schon des öfteren und völlig zu Recht kritisiert wurde. Recht in diesem Sinne ersetzt Moral nicht nur, es zersetzt sie auch. Was nicht ausdrücklich verboten ist, ist dann eben erlaubt. Sagt der Zersetzgeber. Oder so.
September 21st, 2020 at 23:43
ethik is irgendwie ausm rennen, wa? alles quasselt nur von “moral”, obwohl sich “moral” nur aus der jeweiligen gesellschaft definiert…und welche “moral” wird dann durch den kapitalismus definiert?
da gebietet doch die ethik; fuck.them.all.
September 22nd, 2020 at 00:14
Ethik ist mitnichten aus dem Rennen, wenn man darunter die Lehre von den ‘Moralen’ oder Moralvorstellungen versteht. Natürlich definiert sich das aus der jeweiligen Gesellschaft, und in der kapitalistischen ist es eben eine, die es mit dem Gesetz zu tun hat. Und das ist zwangsläufig so strukturiert, dass das Gelingen der Kapitalverwertung gewährleistet ist. Notfalls durch die sogenannten ‘Lücken’. Anders ginge es doch gar nicht… Oder geht’s nicht mehr.
September 22nd, 2020 at 05:08
achja, moralphilosophie. komm ich mir jetzt durchaus blöd vor. thnx peinhart.
September 30th, 2020 at 18:55
Hier gibt’s noch ein paar warme Worte zum Thema Kapitalismus und Demokratie, bzw deren Simulation.