Vom Ver-dienen und Be-lohnen
Posted by flatter under kapital , theorie[51] Comments
27. Feb 2020 19:57
Es wird viel geredet über Geld, Kapital, Zinsen und dergleichen. Selten kommt dabei die ganz konkrete Wirkung des Geldes auf den Menschen zur Sprache, bei der alltäglichen Anwendung quasi. Ich möchte mich einmal mit der psychologischen Wirkung des Geldes auf den Menschen befassen, die nämlich eine tragende Säule des Systems ist und die man kaum wird ändern können.
Geld, vor allem Bargeld, wird ausschließlich positiv betrachtet. Es zu haben, zu bekommen, darüber verfügen zu können, verleiht ein gutes Gefühl. Sogar ausgerechnet diejenigen, die ständig ‘knapp bei Kasse’ sind. erleben es nicht etwa als den Fluch, der es ist, sondern im Gegenteil als Segen, geadezu als Erlösung, wenn es endlich wieder welches gibt.
Haben wollen
Das Fehlen von Geld wird empfunden wie Deprivation – der Verlust der nähernden Mutter. Verlust, womöglich durch eigenes Handeln, wird empfunden wie eine Strafe, die Folge der Schuld, die sich als Empfinden wiederum gegen den Sünder wendet. So ist Geld in einer Gesellschaft, in der es ‘zum Leben’ gebraucht wird, per se ein Belohnungssystem, ähnlich einer starken Sucht. Obendrein heißt der Lebensunterhalt der Massen sprichwörtlich “Lohn”; diesen gibt es für die Selbstunterwerfung im Dienst des Profits.
Wer nicht mitmacht, wer keinen Herrn hat, wird bestraft – durch Armut, Gängelung, Ächtung. Die meisten Menschen reagieren mit starker Abneigung auf die Idee einer geldlosen Gesellschaft. Es erscheint ihnen, als verstoße sie gegen sämtliche Naturgesetze. Dies ist das Resultat tief sitzender Gewöhnung, Abhängigkeit, Konditionierung und Unwissenheit. Gerade Letztere wird aus nachvollziehbaren Gründen nach Kräften gefördert von den Profiteuren, die keinen Zweifel am System und ihrer Rolle zulassen können. Das bedeutet aber keineswegs, dass ‘Mächtige’ oder ‘Eliten’ all diese Effekte erfunden haben.
Hand Gottes
Geld, das in vorkapitalistischen Zeiten noch Tauschmittel gewesen sein mag und ansonsten Instrument einer anderen Form von Herrschaft war, bringt die Tendenz zu diesem Suchtverhältnis mit sich, spätestens eben, wenn es in die kapitalistische Phase eintritt. Ursprünglich ist dieses Suchtverhältnis ein Nebeneffekt, der die meisten Menschen auch gar nicht betraf, weil ihr Leben und Wirtschaften nur mittelbar mit Geld zu tun hatte. Niemand hat das geplant, aber es ist eine zentrale Wirkung.
Die völlig irrationale Herrschaft des Kapitals über die Menschen (übrigens auch über die Reichen und Superreichen) hat auch damit zu tun, dass Geld fast immer als positiver Verstärker auftritt und deshalb aus Gründen der Konditionierung nie infrage gestellt wird. Seine fatale Wirkung bleibt ebenso für jeden Einzelnen eine abstrakte Fernwirkung wie die rationale Kritik Sache einer komplexen Wissenschaft ohne Zugang zum Alltag.
Verräter
In einem solchen System muss die Propaganda der Konservativen (Reaktionären), die das System erhalten wollen, zwangsläufig absurd sein. So kommt sie um die Ecke mit religiös-psychotischen Welterklärungen wie der “unsichtbaren Hand des Marktes”. Der Gipfel ist die Mär von der ‘Eigenverantwortung’, ihrerseits Spross einer protestantischen Religiosität.
Das System ist hoch komplex und psychologisch von einer Suchtstruktur geprägt. Individuelles Handeln findet als Ursache für relevante Folgen gar nicht statt, zumal auch niemand Einfluss auf die Rahmenbedingungen hat. ‘Eigenverantwortung’ tritt dennoch auf als Vorwurf ausgerechnet gegen jene, die aus dem System herausfallen. Junkies beschimpfen die Nichtsüchtigen, weil die ihre Pflicht an der Spritze vernachlässigen. So vernünftig ist das.
Februar 28th, 2020 at 09:12
Selten guter Post, Thx.
Natürlich haben wir (Order der besten Gattin), gebunkert, palettenweise ;-), wg. Covit19, und wg. Stromausfall, und wg. Trump & Boris … muss man doch, oder? Und, was macht der Mensch, der am Ende des Geldes noch ein paar Tage Monat über hat? Was bunkert der?
“Das Fehlen von Geld wird empfunden wie Deprivation – der Verlust der nähernden Mutter. Verlust, womöglich durch eigenes Handeln, wird empfunden wie eine Strafe, die Folge der Schuld, die sich als Empfinden wiederum gegen den Sünder wendet.” So isses, selbst schuld, das faule Pack!
Horst sagt: als als Segen … ein als reicht, gell.
Februar 28th, 2020 at 10:36
@flatter (Nachtrag)
Viele Deiner Gedanken sind hervorragend – und noch besser(!) formuliert.
Du erwähnst eine Abneigung gegen “die Idee einer geldlosen Gesellschaft“ und meinst sicher nicht eine Aversion gegen Verpflichtung/Gegenverpflichtung (gegen mesopotamische Tontafeln oder Zählstöcke (en. Tallystick) gegen das, was man Leistung/Gegenleistung, auch Lieferung/Zahlung usw. nennt) – Geld ist nämlich kein Tauschmittel, Geld iss nix anners als Kredit (besser: eigentlich Verpflichtung/Gegenverpflichtung s.u.)!
Bestimmt hast Du recht, wenn Du sagst “Niemand hat das geplant, aber es ist eine zentrale Wirkung.“ und (sinngemäß) dieses System wird von Gierhälsen und Machtbesessenen (auch nur Menschen!) zu Lasten der (indolenten? ignoranten? denkunfähigen/-unwilligen? ungebildeten? …) Massen pervertiert und ausgenutzt. (Zitat hierzu, per 1793, Adam Ferguson: „History is a result of human action, but not a result of any human design.“)
Goethe (Zitat mit „e“): „Nach Gelde drängt, Am Gelde hängt Doch alles.“ Und so sollte man sich doch näher mit Geld befassen: Warum, wieso, wozu? Woher? Wohin? Diskussionsansätze, auf die ich mich hier beziehen will, finden sich hier. Die Links auf A. Mitchell-Innes verweisen jeweils auf die kpl. Texte im englischen Original, das Buch von G.F. Knapp ist über archive.org – oder bei MAKROSKOP – zu erhalten. Wohlgemerkt: Nicht Wahrheiten (nur logische Argumente und die dazu gehörigen Befunde) sondern nur Diskussionsansätze!
Leider isses so: Alles was denk- und machbar ist, im positiven Sinne, hat seine zweite Seite. Deshalb: Messer sollten verboten werden! ;-)
Februar 28th, 2020 at 11:42
“…die nämlich eine tragende Säule des Systems ist und die man kaum wird ändern können.” ODER “…, die man kaum ändern können wird.”
Februar 28th, 2020 at 14:04
@Helmut: Geld ist als Kapital immer noch etwas völlig anderes und als “Gegenverpflichtung” braucht das kein Mensch. Hatten wir auch schon oft genug hier: Wenn man so etwas überhaupt denkt, kann man sich mit Zeit als Währung behelfen. Es wird schon niemand eine Inflation herbei trödeln und “Gegenverpflichtung” kann man nicht akkumulieren. Das sind so Modelle von eben jenen, die nicht ohne Geld können wollen.
Februar 28th, 2020 at 17:41
Solange wie am Geld hängen (gerade Leute, die sich für l i n k s halten orientieren sich vortrefflich am Geld!) sind wir alle sehr lenkbar.
Was gibt es für Alternativen in einem Staat, wo für den einzelnen monatliche Abgaben anfallen (Miete, Versicherungen etc.)?
Aussteigen können nur ganz wenige, aber dann kaum mit einer Möglichkeit hier zu bleiben.
Kinder und Ehefrauen, die zu Hause bleiben haben immerhin gewisse innere Freiheiten; auch Menschen, die mit Mindestlohn oder Hartz 4 zufrieden sind -vorausgesetzt, sie verbummeln ihr Leben nicht vor dem Fernseher oder mit diversen Medien-!
Februar 28th, 2020 at 21:31
Die Milliardaries und Millionaries dieser Welt sollten einem, natürlich freiwillig, Selbstversuch zustimmen. Eingesperrt in einen engen Käfig in dem trölfzen Multifantastilliarden von Dollars, Euros usw. geparkt sind, nebst 500 Tonnen Gold (als Kompott), sonst nichts, müssen sie 4 Wochen überleben. Wenn das gelingt dann ist Geldmachen der einzige Sinn und Zweck des menschlichen Daseins…
@Helmut Höft: Geld ist Macht, ist Herrschaft, ist die Legitimation des auf kriminelle Weise entstandenen Eigentums. Geld ist auch Religion, das Erste Gebot…you know…
Geld ist eine Lüge, die wohl grösste Lüge der der Mensch je erlegen ist.
Gestern war Zahltag (H4), heute auch – Rente. Musste in den Markt des Vertrauens, sah die Einkaufswagen, sah die Gesichter. Raus, raus, ich muss hier raus…
Leg mich da mal fest. Was wir im hier und heute erleben ist der Anfang vom Ende des Geldes – und damit der Eigentumsordnung – . Und dann? Keine Ahnung…
@flatter, das mit der Inflation seh etwas anders. Halts für möglich das sich das Geld in einer globalen Hyperinflation auflöst…Egal, der Dreck muss weg…
Februar 28th, 2020 at 21:35
o.t.: win 10 ist der letzte Dreck…, bin leider druff angewiesen…
Februar 28th, 2020 at 23:24
Ich meinte mit ” Inflation herbei trödeln”, dass das bei einer Währung ‘Zeit’ nicht passieren kann. Die andere ist aufs Fürchterlichste zu erwarten.
Februar 29th, 2020 at 15:28
Aus gegebenem (oder gefundenem) Anlass (Nr 10) eine Anregung für anarchisches Denken: Die Welt muss nicht erst eingerichtet werden, so dass der Mensch in ihr wohnen kann. [...] Letztendlich ist also auch der Eifer, die Welt politisch zu ordnen, vergebens, denn zum einen ist dies so überflüssig, wie wenn man dem Gelben Fluss ein Bett graben wollte, zum anderen wissen die Menschen ohnehin, wie sie den Vorschriften und Gesetzen entgehen, so wie der Vogel in die Höhe fliegt, um dem Pfeil zu entkommen.
Was, bittschön, soll da erst recht eine ‘Ordnung’ wie das Geld, in der auf’s kleinlichste ‘abgerechnet’ wird? Wissen die Menschen nicht eigentlich von selbst, wie sie sich verhalten wollen? Erst die ‘Erziehung’ treibt es ihnen aus.
Februar 29th, 2020 at 17:11
Ich lese gerade das libertäre Manifest von Stefan Blankertz und muss schon sagen, dass die Welt der Hardcorekapitalisten merkwürdig ist. Nach einer kurzen Einführung in frühe Gesellschaftsstrukturen, in denen immer schon Geld als Tauschmittel verwendet wurde, kommt wie aus dem Nichts die Figur des Kapitalisten. Der Kapitalist in früheren Kulturkreisen ist aber keiner der Arbeiter ausbeutet, sondern wird nur verstanden als jemand, der arbeitet und ein Ergebnis hervorbringt. Jeder ist Kapitalist, der Schuster, der Bauer und sogar Menschen, die nur für ihre Subsistenz arbeiten.
Dann kamen irgendwann Staatsstrukturen, die den ganzen schönen “Kapitalismus” kaputt gemacht haben, mit ihrem Zentralgeld. Alles wäre so schön, wenn jeder Dödel sein eigenes Geld kreieren könnte und die Konsumenten dann durch das Kaufen das Beste Geld bestimmen, also z.B. eines mit stabilen Preisen, frei von Inflation, das ständig Wachstum garantiert.
So gut wie jede Seite habe ich mir markiert, weil ständig Gedankengänge präsentiert werden, die einfach nicht in meinen Schädel wollen.
Das ist eine besondere Sorte der Marktverehrer, die sich schon um das Wohl des Menschen sorgen, dieses aber nur am freien Markt verwirklicht sehen und nicht kapieren (können), dass Kapital der Prozess G-W-G’ ist, der notwendigerweise einer Ausbeutung bedarf, in der es notwendigerweise Kreditgeld geben muss, weil ansonsten alles nur schleppend vorwärts geht. Eine Ausbeutung durch den Kapitalisten ist nicht bekannt (wahrscheinlich nicht mal denkbar), wohl aber durch den Staat, der die Idylle aus Kapitalist und Arbeiter stört, indem er den Kapitalisten durch Steuern und Auflagen bestiehlt. Dadurch gerät der Wohlstand unter den Arbeitern in Gefahr und der Staat nimmt das geklaute Geld und verteilt es an die Arbeiter und sonstige. Die hat er auf diese Weise an sich gebunden und ihr Denken geändert. Wir sind alle unfähig den staatenlosen Kapitalismus zu denken und damit umzusetzen und uns alle zu befreien.
Welcher Gedanke fehlt hier, um festzustellen, dass der Prozess des Kapitals ohne einen Staat ein genauso beschissenes Resultat hervorbringen wird wie jetzt auch. Worin besteht die Leistung des Geldes, die ohne Staat zur Utopie führen soll?
Februar 29th, 2020 at 17:24
@Peinhart:
Was, bittschön, soll da erst recht eine ‘Ordnung’ wie das Geld, in der auf’s kleinlichste ‘abgerechnet’ wird?
Komischerweise scheint der Aufwand des gegenseitigen Verrechnens auch gar nicht gescheut oder als lästig empfunden zu werden.
Februar 29th, 2020 at 18:32
Geld macht nicht möglich, Geld verhindert.
@Harold
So lange es was zum Verrechnen gibt :-P
Februar 29th, 2020 at 19:04
Es ist halt einmal so. War auch schon immer. Kann man nix dran machen.
Und deshalb macht sich auch niemand den tatsächlichen – und vollkommen ‘unproduktiven’ – Aufwand so richtig klar. Und am schönsten wird es halt, wenn ‘aus Prinzip’ zB im Rahmen von HIV oder Grusi Cent-Beträge mit mehrstelligem Euro-Aufwand zurückgefordert werden. Und das widerum fällt auch nur deshalb negativ auf, weil die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht hinhauen mag.
Februar 29th, 2020 at 22:36
@flatter (4)
Du sagst hier “… die ganz konkrete Wirkung des Geldes …” und ” Ich möchte mich einmal mit der psychologischen Wirkung des Geldes auf den Menschen befassen, …”, weiter geht’s mit “Geld, vor allem Bargeld … Das Fehlen von Geld wird empfunden wie …” Du redest hier also von und über Geld, u.a.. Wenn das soweit richtig ist, dann gilt es zu klären, was ist Geld?
Geld “ist ein Geschöpf der Rechtsordnung …” (G.F. Knapp – ist also chartal), Geld ist Kredit (Mitchell-Innes – ist also Leistung/Gegenleistung); beide meinen im Ergebnis dasselbe. Weder Knapp noch Innes haben den tiefen Teller (des Geldes) erfunden, da gibt’s zeitnah und länger davor und danach noch weitere Erfinder (z. B. Nicholas Barbon in “A discourse concerning coining the new money lighter …” – im Rahmen des Great Recoinage Act, England 1696). Die Menschen haben sich vermutlich schon seit eh, ganz sicher aber seit verschiedene Formen von Geld nachweisbar sind, mit Geld beschäftigt.*)
Das wäre also das Ding mit dem Geld, aus meiner Sicht, das Ding mit mit real money, okay?
Wie kommt man an Geld? Der Staat (also letzt endlich WIR und für uns die entsprechenden Institutionen) gibt es aus (bringt es in Verkehr und drängt es auf: “Ich zahle nur in meiner Währung und Zahlungen an mich akzeptiere ich nur in meiner Währung!”) und alle anderen hängen sich praktischerweise dran. An Geld komme ich also nur, wenn ich eine geldwerte Leistung erbringe, diese wird in der Währung des Staates erechnet und geleistet und erlaubt mir wiederum meinen Verpflichtungen gegenüber dem Staat nach zukommen (Steuern, Gebühren, Abgaben, staatl. Dienstleistungen etc.).
Hier kommen wir dann – imho – spätestens zusammen: WIR sind der Staat (ja, ich lass’ mich da auf nix anners ein), aaaber regieren tut das KAPITAL und die von ihm “Inthronisierten”. Kapital (das Kapital eines Kapitalisten – so to speak – enthält unter anderem Geld) hat die Macht die Menschen ans rabotten zu bringen und dafür Geld zu geben, dass diese a) haben wollen und b) wieder brav zurück geben (Steuern, Gebühren, Abgaben, staatl. Dienstleistungen etc. …)
Hier wird’s dann schwierig: Hier verweben sich dann die verschiedenen Interessen zu einem unauflösbaren Knäuel – die Menschen wollen nicht alle gärtnern, metzgern und backen, sie wollen Lebensmittel kaufen. Also machen sie sich auf den Weg, Geld zu verdienen …
*)Es gab also genügend Zeit sich mit diesem Messer (Geld) zu beschäftigen und es zu missbrauchen. Ceterum censeo: Messer sollten verboten werden! Eine geeignete Form von Geld hingegen nicht! Was also ist zum GEBRAUCH von Geld zusagen? Dieser macht Geld idT zu einem Machtinstrument aller erster Güte. Der Gebrauch und die damit verbundenen (vorhandenen und nicht vorhandenen) Regelungen. …
Der Gebrauch von Geld hat Dich also an die Tastaur getrieben, oder? Was man mit Geld (v.a. mit Privater Geldschöpfung) so alles macht: Das ist die Katastrophe u.a. mit den von Dir bescgriebenen Auswirkungen auf die Menschen.
“Hatten wir auch schon oft genug hier:” iss kein Argument, ich bin in der Lage auch nach mehrmaligem Vortrag nicht zu verstehen. Erklär’s mir besser (einmal haste das ja schon geschafft, gelle, streng Dich an Duke)!
Was ich hier nicht verstanden habe: “… kann man sich mit Zeit als Währung behelfen.” gibt’s Zeit jezz auch in giraler Form, Scheck, Karte? (ironisch gemeint, die Frache iss ernst: Was meinst Du?)
Februar 29th, 2020 at 22:56
Nachtrach:
Keystroke Kapitalismus
März 1st, 2020 at 11:19
“Wir” sind der Staat? Interessane Ansicht, der ich mich nicht anschließe. ‘Ich’ bin auch kein Staat, auch nicht in einem Wir. Der (westliche) Staat vertritt in einer Konstellation Kapital vs. Bevölkerung immer das Kapital. Das scheint in Sozenköppe nicht reinzugehen, dabei sorgen die an erster Stelle dafür. Es sind ohnehin die Zentralbanken bzw. das System der Geldschöpfung und nicht irgendwelche Leute, die Geld generieren.
Das ist aber ja überhaupt nicht mein Fokus. Ich frage danach, wieso Menschen Angst davor haben, dass die Geißel Geld abgeschafft wird und suche Gründe dafür.
Referenz für die Diskussion über ein Leben ohne Geld ist immer gern das hier; Zeit als Währung bedeutet: Wenn wer meint, die Versorgung mit Gütern sollte an Arbeitseinsatz geknüpft werden, dann ist eine Stunde Einsatz eben das Maß des Anspruchs, und der darf dann nicht übertragbar sein. So kann es keine Akkumulation mehr geben.
Es ist aber eben am wichtigsten, sich von den Hirnschranken zu lösen, Versorgung ginge nur über Tausch und Besitzansprüche. Der ganze Quatsch muss weg, und wenn man sich eben überlegt, wie man Bevölkerung versorgt und Bedürfnisse stillt, ist Geld nur ein Hindernis. Wann immer ich mit Menschen zusammen gelebt habe, haben wir uns auch nicht gegenseitig bezahlt. Das ist doch absurd.
p.s.: “Der Gebrauch von Geld hat Dich also an die Tastaur getrieben, oder?”
Soll das ein Argument sein? Wenn mich ein Mord “an die Tastatur treibt”, das ist dann was?
März 1st, 2020 at 11:54
Wortklauberei – imho. Was ist Staat? Ich bin auch kein Staat, aber Bestandteil eines solchen, und in der Summe sind WIR alle das, was neben Landschaft & Co., diesen repräsentieren. (da kannst Du jezz wieder kräftig drin rumrühren – nich bös’ gemeint). “Der (westliche) Staat …” vertritt! Ich vetrete nicht, Du vertrittst nicht, wir werden vertreten (ob wir wollen oder nicht) und die Vertreter werden vom Kapital direkt und indirekt in Position geschoben. Wo ist da unser Dissenz?
“… wieso Menschen Angst davor haben, dass die Geißel Geld abgeschafft …” Wieso ist Geld eine Geißel? Wieso ist ein Messer eine Waffe? Der Gebrauch macht’s!
Mit Deinem Link muss ich mich erst beschäftigen – zum p.s: Nein, kein Argument, eine Frage (zu erkennen am ?). Du hast recht insofern ich hätte schreiben sollen: “… oder ist es etwas anderes?” Letzteres ist inzwischen klar, davor war zuviel Geld.
März 1st, 2020 at 12:03
Laurene Powell Jobs Is Putting Her Own Dent in the Universe
An interview with the 35th-richest person in the world, who is funding efforts on immigration, education and independent media.
[..] I think about it a lot. It’s not right for individuals to accumulate a massive amount of wealth that’s equivalent to millions and millions of other people combined. There’s nothing fair about that. We saw that at the turn of the 19th and 20th centuries with the Rockefellers and Carnegies and Mellons and Fords of the world. That kind of accumulation of wealth is dangerous for a society. It shouldn’t be this way.
März 1st, 2020 at 12:11
@Helmut: Deine Vergleiche sind mir zu banal. Bildet ein Messer Systeme aus? Vergleichen wir als nächstes einen Staat mit einem Kaugummi? Kommt es immer nur darauf an, wie man ‘etwas benutzt’? Wie benutze ich eine Atmosphäre oder das Wetter? Und wenn schon Waffe, dann nehmen wir doch bitte eine Bombe, am liebsten eine Atombombe. Die ist sicher auch zu etwas gut, und schließlich gehört sie ja uns®!
Und noch einmal: Ich bin kein “Bestandteil” dieses Staates. Ich repräsentiere ihn nicht und er mich nicht. Er vertritt die Interessen des Kapitals und einer öffentlichen Ordnung, in deren Kern das Kapitalverhältnis steht.
Wenn du überall nach Menschen suchst, die nach ihrem Willen etwas entscheiden, begibst du dich in einen Tunnel, in dem ich dich nicht erreiche.
März 1st, 2020 at 12:32
@Helmut: Vielleicht hilft ja Marx weiter: Geld
Oder wie wäre es mit David Graebers “Schulden. Die ersten 5000 Jahre”?
Friedrich Merz: “Kauft Aktien!”
Wallstreet: Global stock markets have lost $6 trillion in value in six days
Man kann Geld ja nicht einmal essen.
März 1st, 2020 at 13:05
Raul Zelik: [..] Und es muss darum gehen, einem falschen Staatsbegriff zu widersprechen. Der Staat war nie das Bollwerk gegen das Kapital, wie Sozialdemokrat_innen behaupteten. Der Staat war und ist eine Herrschaftseinrichtung des Kapitals, dem durch soziale und demokratische Kämpfe allerdings auch Forderungen der unteren Klassen eingeschrieben wurden. (Bewegung ohne Basis)
März 1st, 2020 at 15:47
@R@iner: Warentausch mag historisch Geld erklären, wie Mehrwert zustandekommt, ist damit längst nicht gesagt. Zumal aller kapitalistischer Warentausch überhaupt nur stattfindet, wenn sich dabei ein Mehrwert ‘realisieren’ lässt.
März 1st, 2020 at 18:38
Der sozialistische Warentausch macht nichts anderes!
Mehrwert ist immer Ausbeutung, denn für Ausbeutung spricht die Mittelherkunft, nicht die Mittelverwendung.
Muß ich Ausbeutung erklären?
März 1st, 2020 at 19:30
Es gibt ja auch keinen sozialistischen Warentausch. Viele ‘Diskussionen’ von gestern kann man sich sparen, weil sie auf Mangelwirtschaft aufsetzen, die es in dieser Form nicht mehr geben wird.
Im Grunde ist die kap. Ideologie ja auch noch von einem Phantom des Mangels bestimmt. Eine der vielen Absurditäten im Kabinett.
März 2nd, 2020 at 09:04
@R@iner (20)
Marx hilft nicht weiter, Marx ist Charatlist was Geld betrifft. Folgt man Mitchell-Innes (Geld ist Kredit) sind alle anderen Folgen inbegriffen. Mit Marx (und den meisten seiner Exegeten) tu’ ich mich ungeheuer schwer; ich komm’ einfach nicht auf diese Temperatur.
@flatter (19)
Deine Vergleich sind mir zu hoch. Ich habe Messer nicht als Vergleich benutzt, sondern als Bild. Natürlich macht es nicht das Ding allein, natürlich macht’s der Gebrauch. So ist es auch beim Geld: Ich kann es banalisieren als Tauschmittel – auch so verwenden – ich kann es beschreiben als Machtmittel – und so gebrauchen (ausschließlich?); ich muss es erst aber ergründen.
Dass Geld ein wesentlicher Bestandteil von Macht ist (wenn nicht die tragende Säule) wurde von mir nicht bestritten; Macht wird vorausgesetzt um (chartales) Geld zu proklamieren und durchzusetzen.
“Wenn du überall nach Menschen suchst, … einen Tunnel, in dem ich dich nicht erreiche.” Zeit als das neue Geld, (time is realy money – scnr). Ja, es könnte sein, dass zwei Tunnel aufeinander treffen(?). Dass hier immer “das” System diskutiert wird, da sind wir – weitgehend – d’accord. Dass Menschen in solchen Systemen vorkommen … da wird’s schwierig? Woher “Das” System kommt …? Auch schwierig? Dieses System ist kein Naturgesetz, sonst kann die Diskussion darüber beendet werden.
In dem von Dir verlinkten Post ist also Zeit (aufzuwendende) das neue Geld?, “zeitliche Aufwand für die notwendigen Tätigkeiten … ist so zu verteilen, dass das erforderliche Maß an Wochen- und Lebensarbeitszeit von allen geleistet wird.” Wer verteilt? Das System? Menschen?
Und was macht das “Zeitgeld” mit den Menschen?
März 2nd, 2020 at 09:36
@Helmut: Vor der Beschäftigung mit verschiedenen Geldtheorien stellt sich mir die einfache Frage: Ich habe Bedürfnisse wie essen und wohnen. Wie kann es sein, dass mir jemand erlaubt oder untersagt, ob ich diese (für mich recht wichtigen) Dinge darf?
Schau doch ruhig mal, wie David Graeber (Ethnologe) argumentiert. Das Stichwort lautet “Reziprozität”.
März 2nd, 2020 at 11:23
@R@iner
Wie kommt es, dass neben vielen solch kluger Erkenntnisse einerseits andererseits soviel weniger kluge Praxis geschieht? Ich kann nicht alles lesen, ein jeder hat so seine Säulenheiligen die in die jeweilige Denke und Vorbildung passt. Das ist weder despektierlich noch überhaupt wertend gemeint – das ist nur natürlich.
Schau Dir doch ruhig mal Randall Wrays “Modernes Geld verstehen” an. Dort werden auch kluge Gedanken zum täglichen Leben und erleben der Menschen gedacht. Einsteigen kannst Du hier. Ein zentraler Baustein der dort erwähnten MMT ist das ELR-Programm (goverment as Employer of Last Ressort – jeder der arbeiten will bekommt einen Job …)
März 2nd, 2020 at 12:12
Staatlich garantierte Ausbeutung for everyone. Echt ein Fortschritt. So bekommt wenigstens jeder ‘sein Geld’… Vielleicht liest du den Eingangsbeitrag noch mal…?
März 2nd, 2020 at 12:15
@25
“Dieses System ist kein Naturgesetz, sonst kann die Diskussion darüber beendet werden.”
Doch genau das ist es: ein Naturgesetz (das der gesellschaftlichen Natur); und zwar ein unbewusstes, das zB beschrieben wird durch das “der zweiten Natur”, “der List der Vernunft”, der “Invisible Hand”, des “Gehäuses der Hörigkeit”, des “Über-Ich” (Gewissen) uvm.
Das große Verdienst von Marx ist, dass er die Genese des Wertes (aus Arbeit statt merkantil aus Handel entstehend) versucht aufzuklären – statt ihn wie Smith und Ricardo dogmatisch (voraus)zu setzen.
Setzung eines Referenzmaßes (zum Gegenwert) ist die Grundlage herrschaftlicher und ausbeuterischer Verhältnisse – egal welchen Fetisch man zum tauschen nutzt.
Die Diskussion beginnt genau da, wo dogmatisch-unbewusstes herrscht und nicht hinterfragt bzw. reflektierend aufgeklärt wird.
März 2nd, 2020 at 16:38
@Helmut: Wer verteilt die Arbeit in deiner Küche? In Erweiterng dessen, auch das steht im verlinkten Artikel, kann man elektronisch komplexere Arbeiten organisieren, nachdem Bedatf und Bereitschaft festgestellt wurden.
Warum krallst du dich so am Geld fest – und schlägst weiterhin Zwangsarbeit vor (die dann aber auch jeder machen darf, wie schön!)? Ich will kein Geld, ich will keine Arbeit für Geld, ich will keinen Reichtum und keine Armut. Das bringt Geld aber mit sich. Dies ist ein Gesetz, das sich aus allen Geldkreisläufen extrahieren lässt. Und machen wir uns doch mal nix vor: Du willst eigentlich so wenig wie möglich ändern. Das läuft aber darauf hinaus, dass sich essenziell gar nichts ändert. Es gibt keinen Übermenschen, der ein Geldsystem von oben oder außen beherrscht.
März 2nd, 2020 at 16:47
@Helmut: Das hatten wir hier schon vor 10 Jahren oder so. Auch die mmt wird nicht helfen, wenn es dann heißt, die Sanierung des Planeten kostet 45 Zillarden irgendwas.
Ich hänge übrigens an keinem Verein oder guten Aussagen Einzelner.
Mir ist das wumpe, Hauptsache, das Geld und andere Äquivalente kommen irgendwann weg.
März 2nd, 2020 at 18:41
Nachdem im Beitrag 5 mal die Rede von Geld war – zähle ich Kapital, Zinsen und ‘knapp bei Kasse’ mit, sind’s 9 mal – kam dann die angekündigte psychologische Wirkung zur Sprache. Dem hat die #1 Rechnung getragen (@Peinhart – ich habe gelesen und – glaub’ ich immer noch – mindestens tlw. verstanden). Dann kam der Nachtrag *ächz*, in dem ich mich bemühsigt sah, etwas zum Geld zu sagen und zu verlinken …
@Peinhart
“Staatlich garantierte Ausbeutung for everyone. Echt ein Fortschritt.” Kann man so interpretieren, wenn man will und entsprechend ‘voreingestellt’ ist, muss man aber nicht – es geht auch anzunehmen als “einen Schritt aus den Strukturen, dem System” rauszukommen. Um dahin zu kommen, muss man aber nicht unbedingt Marx lesen, glaub’ ich zumindest.
@Mecki
Schöne Theorien um die “Invisible Hand” & Co. – und was Soziologen und Psychologen alles daraus machen, da ist viel dran. Und wenn das ein Naturgesetz ist – Achtung, Metapher: “Die Schoiße in der ich sitze ist eine ganz schlimme, tägliche Marter. Aber etwas ändern? Lieber nicht; die andere Schoiße, die dann auf mich zu kommt, die kenn’ ich nicht, es könnte noch schlimmer werden … bevor ich mich darauf einlasse, dann lieber weiter wie bisher, ich komme schon durch!” – ja, dann geht die Diskussion los, Du und eine handvoll Mitstreiter gegen den Rest. Mach’ einen Blog auf und diskutiere.
@R@iner
“Das hatten wir hier schon vor 10 Jahren oder so [kein hilfreiches Argument]. Auch die mmt wird nicht helfen, wenn es dann heißt, die Sanierung des Planeten kostet 45 Zillarden irgendwas.” Der Drops ist seit Mitte der 80-ziger gelutscht, der Club of Rome kam 1 Sekunde vor 12 und wurde erfolgreich verlacht oder ignoriert. Strukturen? Ja. System? Ja. Wenn rigend etwas helfen könnte, dann gewiss etwas was so oder sso ähnlich wie MMT aussieht. Deine Formulierung legt nicht nahe, dass das Verständnis der MMT, und das Nachdenken darüber, ausreichend ist.
“Ich hänge übrigens an keinem Verein oder guten Aussagen Einzelner.” Ich auch nicht. Ich lese z. B. Knapp oder Wray (während Du Graeber oder Piketty liest) und dann mache(n) ich mir/wir meine/unseren Gedanken.
Ansonsten bin ich dieser Diskussion müde, es gelingt mir nicht, verständlich rüberzukommen, so dass möglicherweise auch für andere außer mir ein Nutzen rüberkommt. Mir fehlen halt ein paar Semester Soziologie, Philosophie, Marx und Co. *lach*
Ich hoffe, niemanden zu sehr auf die Füße getreten zu haben. Als Goodwill (flatter schrub letztens was zu Brechts Dreigroschenoper, Film) nehmt dieses hier! Die Aufnahme im Radio war besser, sry.
März 2nd, 2020 at 18:53
@Helmut: Du weißt nicht, was ich lese. Meine Themen sind Gleichheit, Ausbeutung und – ja doch – Freiheit. Leute, die sich mit den Mysterien des Geldes beschäftigen, haben darauf keine Antworten, die mir bisher aufgefallen wären.
Was hier in D-Land stattfindet, ist die Verteilung von Essenmarken für >50 Prozent der Bevölkerung und die merken es nicht, weil sie Dank des Universalitätscharakters des Tauschmittels Geld auch mal dafür tanken dürfen. Na, vielen Dank auch!
Auf den Fuß trittst Du mir nicht, aber mich befällt so eine furchtbare Langeweile…
März 2nd, 2020 at 18:56
@Helmut: Was, Ausländer, die kein anständiges Deutsch können, verhunzen auf YOUTUBE!!!11! unser Kulturgut? Du bist gesperrt, verbannt und ausgebürgert.
März 2nd, 2020 at 19:41
Als eine Art Metadonprogramm könnten die empirisch gewonnenen Einsichten der MMT in meinen Augen schon helfen, um die Bevölkerung weniger erpressbar vom privaten Arbeitsmarkt zu machen.
März 2nd, 2020 at 19:53
@flatter
THANKS, SIR, THANKS!
@R@iner
Alles richtisch!
März 2nd, 2020 at 20:23
*lol*
Sir! Thanks, Sir!
Geld ist aber nunmal nicht nur Tauschmittel…
Man muß kein Marxianer sein, nicht einmal überhaupt ein Buch gelesen haben, um zu sehen, dat de Düvel immer up den jrößten Hoven schitt‘.
März 2nd, 2020 at 21:21
@Wat.
*grins*
März 3rd, 2020 at 12:15
Hallo,
nachdem schon etwas Ermüdung in der Diskussion einzusetzen scheint: Ich hätte da mal eine Frage…
Also, ich arbeite in einer Bäckerei (echt!). Von da (oder von einer anderen Bäckerei) wollt Ihr (direkt an der Backstube, im Supermarkt, beim Bioladen) euer Brot holen. Ohne Geld. Schön. Kriegt ihr.
Nun will ich endlich wieder mal eine neue Hose haben, die alte ist fadenscheinig. Gut, gehe ich in einen Laden und nehme mir eine Hose. Auch gut. Kriege ich.
Aber ehrlich, ich habe nun lange genug in der Backstube und im Verkauf gerackert. Das muss jetzt mal reichen. Ich geh da nicht mehr hin und hole mir die Hosen (und das Essen, und alles andere was ich will) künftig einfach so.
Mir erscheinen vielleicht 35 Jahre als “genug gerackert”. Anderen reichen vielleicht auch 20, 5 oder ein halbes Jahr? Und irgendwie fühlt man sich schlecht, hat Rücken, Liebeskummer, sonstwas …
Auch gut?
Nee – ohne mich!
Worauf ich hinaus will: Eine hoch arbeitsteilige Gesellschaft kommt um eine wie auch immer geartete Verrechnung von Leistung und Gegenleistung nicht herum, weil sonst die Reziprokität nicht gewahrt (und nicht glaubhaft vermittelt) werden kann. Der Mensch ist nämlich weder edel noch böse, sondern einfach opportunistisch: Mit möglichst geringem Aufwand möglichst viel erreichen!
Wenn wir das Geld nun abschaffen: Wie soll die Verrechnung geschehen? Gar nicht? Klappt nicht.
Und bevor ich die Verrechnung über einen Zentralcomputer laufen lasse, in dem man meine Daten bei Abweichung von Pfad der Tugend einfach wegmanipulieren kann, nehme ich lieber Münzen und Scheine (das Problem hat e-Geld, also Zahlen in Computern, natürlich auch).
Cave: Mit dem oben Geschriebenen will ich keineswegs behaupten, das derzeitige Wirtschaften hätte irgendwas mit Wahrung der Reziprokität (vulgo “Gerechtigkeit”) zu tun!
Aber es liegt nicht am Geld. Es liegt an der Macht, die sich für sie passende Gesetze schafft (und kauft, und bei Bedarf auch wieder straflos bricht).
Marx hatte mit Geld übrigens auch ein Problem: Es war immer zu wenig. In Briefen an Engels frohlockt er über das baldige Ableben von reichen Erbonkeln, dass er kaum erwarten kann … was für ein Drecksack!
März 3rd, 2020 at 18:16
@ToKatz
(leider ist ein Teil zu dieser Diskussion im Parallel-Thread fehlgelandet, vielleicht schaufelt das flatter ja noch hierher^^)
Ich kann Dich beruhigen:
Geld ist nicht mal eben so abschaffbar. Wenn die Herstellung Ware ist, läuft auch alles danach über die Warenform.
Ob das Geld nun „klassisches“ Geld ist, rote oder blaue Murmeln oder irgendein (anderes) Äquivalent ist zu vernachlässigen.
PS – Warum sollte ich mein Brot im Supermarkt holen wollen, nö.
Wie wäre es denn, wenn Du uns (ok, ich kann das schon) Brotbacken beibringst, und wir machen das zukünftig zusammen.
Brauchste weniger in der Backstube stehen und lernst dafür Hosen ‚machen‘.
Irgendwie müssen wir das mit der Fachidiotie der Arbeitsteilung kleiner kriegen.
März 3rd, 2020 at 18:32
“Worauf ich hinaus will: Eine hoch arbeitsteilige Gesellschaft kommt um eine wie auch immer geartete Verrechnung von Leistung und Gegenleistung nicht herum, weil sonst die Reziprokität nicht gewahrt (und nicht glaubhaft vermittelt) werden kann. Der Mensch ist nämlich weder edel noch böse, sondern einfach opportunistisch: Mit möglichst geringem Aufwand möglichst viel erreichen!”
Wenn das dein Menschenbild ist, dann wünsche ich dir viel Spaß, wenn jemand in deiner Familie pflegebedürftig wird.
März 3rd, 2020 at 18:44
Ich habe keine Ahnung, was wo fehlgelandet ist, aber es ist mir zu aufwendig, das zusammenzulegen. Läuft doch ;-)
März 4th, 2020 at 17:29
@Rainer:
Dein Wunsch ist bereits in Erfüllung gegangen, den Spaß hatte ich einige Jahre. Danke sehr für die netten Wünsche!
Und ja, wir haben uns als Familie gut gekümmert und alles gemacht was möglich war, um demjenigen zu helfen. Denn wir wussten, dass der das im umgekehrte Fall für jeden von uns ebenfalls getan hätte. Totaler Opportunismus, sag ich Dir!
Aber statt mir “viel Spaß”, also das Gegenteil davon, zu wünschen hättest Du ja mal erklären können, wie Du “Nassauer” / “Freeloader” behandelt wissen möchtest. Aber da kommt nix, nur Angriff unter der Gürtellinie…
März 4th, 2020 at 18:07
@ToKatz – Wenn ich deinen Post richtig verstehe, stolpert dein Bedürfnis nach ‘Verrechnung’ an der Stelle, wo es ‘hätte’ heisst. Das klingt jetzt weder ver- noch be-rechnend, oder auch opportunistisch. Und doch scheint für dich die Reziprozität gewahrt aufgrund einer Annahme, die sich (so vermute ich mal) gar nicht mehr bestätigen kann, und die sich übrigens auch dann nicht betätigt hätte, wenn du zB seine entsprechende Hilfe nie benötigt hättest. Irgendwas stimmt da nicht mit dir. ;)
März 5th, 2020 at 08:19
@ToKatz: Meine Absicht war nicht, dir etwas zu wünschen. Ich stellte vielmehr eine Konstellation zur Diskussion, die den Leistungsgedanken entweder an die Wand fahren lässt oder die Tür für die Vernichtung unwerten Lebens öffnet.
Okay, Du fühltest dich persönlich auf den Schlips getreten. Tut mir leid und btw: Ich kenne die Situation auch aus eigenem Erleben über fast 2 Jahrzehnte.
Was mich dann wundert, ist, dass Du am Ende wissen willst, wie ich mit “Nassauern” umgehe. Sorry, aber das zeigt mir, dass Du nichts daraus gelernt hast.
Wenn am Anfang “Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen” steht, dann ist der Weg zu Arbeitslagern nicht allzu weit.
Damit unterstelle ich dir nicht, dass Du ein beschissenes Nazidreckschweinarschloch bist, sondern möchte darauf hinweisen, dass aus reiner Logik B auf A folgt.
Außerdem: Ist ein Politiker, der nicht einmal Brötchen herstellt, ein Nassauer? Ist ein Aktionär, der nur noch von fremder Arbeit lebt einer? Wo sind Rechtsanwälte anzusiedeln, die nicht einmal einen Schrank aus Holz bauen können? Sollen die weg, weil ich die nicht brauche?
Denk mal schön drüber nach.
Ich habe in der Technik gelernt, dass man zur ersten Analyse von Modellen Extremwerte ansetzt, um sich das Verhalten eines Systems anzuschauen. Das sieht beispielsweise so aus, dass man gedanklich zuerst -1000 Volt und dann +1000 an den Operationsverstärkereingang legt. In der Realität wären die Dinger natürlich sofort kaputt, in Gedanken aber wird einem so klar, welche Bauteile einer Gesamtschaltung in welchem Bereich was tun und welche nur wenig zum Gesamtergebnis beitragen.
Den gleichen Denkansatz erlaube ich mir auf so ziemlich alles andere auszudehnen und kann nun nicht behaupten, in meinen Einschätzungen damit wirklich sehr weit entfernt von den sich ergebenden Realitäten gelegen zu haben.
Mach’ das einfach auch und Du kannst plötzlich die Zukunft regelrecht greifen, die sich aus den im Hier und Jetzt gesetzten Anfangsbedingungen ergibt.
Nochmal: Wenn nur die, die “hart arbeiten” einen Wert haben, dann ist die Errichtung von Lagern nicht weit.
März 5th, 2020 at 22:37
Ok,
Wir machen also eine Gesellschaft ohne jede Verrechnung von Geben und Nehmen. Jetzt lege ich da mal Deine -1000 Volt an: Nun schaffen noch 30% und backen, nähen, usw. und 70% machen “irgendwas mit Medien” oder “Kunst” oder “Politik” oder so was.
Ups. Das war jetzt zu nahe an der Realität.
Also nochmal, jetzt wirklich -1000 Volt:
10% nähen, backen, verteilen, verwalten (teils sinnvoll, teils weniger), singen und dichten – und 90% liegen nur am Strand.
Nun, der Laden fliegt natürlich auseinander.
So – was lernen wir daraus?
Es braucht irgendwelche Regulative, dass Geben und Nehmen im Verhältnis bleiben. Niemand fühlt sich gerne ausgenutzt – und wenn’s dann nicht nur ein Gefühl, sondern wirklich so ist um so schlimmer.
Welche Art von Regulativ schlägst Du vor?
März 5th, 2020 at 22:46
@ Peinhart: Och, mit mir stimmt vielleicht vieles nicht – wie bei jedem.
Aber ich finde das nun völlig o.k., aufgrund einer solchen Annahme die Reziprokität gewahrt zu sehen. Weil die Annahme nicht einfach aus der Luft gegriffen ist, sondern im umgekehrten Fall mit hoher Sicherheit auch so eingetroffen wäre. Also gibt es keinen Anlass, mich da ausgenutzt zu fühlen.
Es gibt auch einen Begriff dafür: Solidarität.
Jup, das Ding ohne Einbahnstraße (was viele nicht verstehen, die es fordern), was man nie erzwingen kann, sondern dass aus Vertrauen (und Erfahrung) wachsen muss.
Wo also stolpert da was? Verstehe ich nicht…
März 5th, 2020 at 23:12
Ich versuche es einmal: Menschlich (ich schrieb das unter dem anderen Artikel) ist das hinfällig. Ich lasse mich nicht bezahlen und erwarte kein Äquivalent, wenn ich in meinem Unfeld etwas für andere tue. Andersherum auch nicht. Wir wissen, dass wir füreinander dasind.
Auf der organisatorischen Ebene ist Äquivalenz auch Quatsch, nichts zeigt uns das besser als der Kapitalismus, der aus Geldwirtschaft zwangsläufig folgt, zumal, wenn es arbeitsteilig wird. Überall, wo es so versucht wurde, gab es entweder absurden Reichtum und ebensolche Armut oder eine Bürokratie mit nicht weniger absurden Machtverhältnissen. Das haben wir hier 100 mal durchgekaut (wahrscheinlich öfter), dazu können wir ggf. ein paar Links liefern.
Die Frage wäre also: Wie organisieren Menschen Gesellschaft und Versorgung so, dass absurde und und von Macht/Gewalt geprägte Zustände vermieden werden. Viele hier sind so wie ich davon überzeugt, dass das mit Geld nicht geht.
Reziprozität in dem Sinne, dass ja niemand mehr tut als andere, ist schlicht unmöglich, auch nicht in Familien, Freundeskreisen oder sonstwie. Ich habe noch nie wen kennenegelernt, der es ablehnt, irgendwetwas für andere zu tun, und wenn, regelt das sein Umfeld, dazu braucht es kein Äquivalent.
Ich bin auch nicht naiv: Egal, was du versuchst, es wird immer Leute geben, die sich weniger engagiert verhalten oder meinetwegen auch faul, unsozial, was weiß ich. Es ist aber nicht zufällig eine Legende im Kapitalismus, dass Anstrengung belohnt wird und man deshalb etwas braucht, das dafür sorgt, dass nicht die Schnorrer überhand nehmen. Geld ist das Allerletzte, das so etwas sichern könnte (see “Rich Kids on Instagram). Trittbrettfahrer kann man aushalten, wenn sie es aushalten, dafür als Arschgeigen zu gelten. Tatsächlich werden in der Geldwirtschaft hauptsächlcih Menschen bespuckt, die nichts dafür können, dass sie arm sind oder nicht lohnarbeiten.
Zehntausende Jahre wurde das ohne Geld oder erlogene Äquivalenz geregelt. Ich persönlich (das gilt auch hier nicht für alle) bin ja durchaus für gewisse Pflichten, und in jeder Gesellschaft gibt es welche, die nicht mitmachen. Na und? Sollen wir uns ernsthaft von dem Problemchen aufhalten lassen?
Geld oder der Mythos von der Äquivalenz richtet furchtbaren Schaden an und führt nicht einmal dazu, dass eine Mehrheit(!) unterversorgt ist. In einer utopischen Zukunft hätte ich daher gern etwas, das Menschen erlaubt, sich so organisieren, dass wenigstens das Überleben funktioniert. Das ist mir wichtig, nicht, ob irgendwelche Schnorrer dabei auch überleben.
Sorry für die Textlänge.
März 6th, 2020 at 02:41
@ToKatz(46):
Warum nimmst Du denn an, dass in einer “Gesellschaft ohne jede Verrechnung von Geben und Nehmen” die Leute wieder sich mit den gleichen Bullshit-Jobs beschäftigen, die sie jetzt nur wegen der Bezahlung machen?
Warum gehst Du davon aus, dass die Menschen sich dann noch nennenswert mit Verteilung beschäftigen werden? Warum sollte sich jemand dann noch mit so etwas wie BWL beschäftigen (Optimieren von Tätigkeitsabläufen können die Fachbereiche selber besser)?
Zur Erinnerung: Etwas mehr als 30% geben in Deutschland momentan selber zu, dass sie einen Bullshit-Job ausführen.
Aus meiner Ansicht würde ich den Anteil der Bullshit-Jobs wesentlich höher ansetzen, und da nehme ich kaum eine Branche aus, eben weil hier für den Profit und nicht für den Bedarf produziert wird.
März 18th, 2020 at 18:11
@ flatter
Wieso soll Geld kein Tauschmittel sein? Es IST Tauschmittel, allgemeines Wertäquivalent, und zwar notwendigerweise. ABER es ist als solches nicht gesellschaftlicher Zweck. Zweck ist Geld als TauschWERT, als der abstrakte Reichtum, um den es geht. Kapital ist dann die Reinform dieses Tauschwerts.
Geld ist also etwas ambivalentes. Einerseits Mittel (Tauschmittel, Zahlungsmittel), andrerseits TauschWERT). Auf der Seite des Tauschwerts kommt es eben auf den Wert an und nicht auf den Tausch, der unterstellt ist. Am liebsten würde das Kapital sein Geld gar nicht in die Zirkulation entlassen, wenn es nicht zum Zweck des Erhalts als Kapital für einen Verwertungsprozeß immerzu vorgeschossen werden müßte.
Tauschwert, Kapital, abstrakter Reichtum: Der Zweck der heutigen Ökonomie. Daß dieser Zweck Staatsräson ist, weil die monopolisierte Gewalt davon profitieren möchte und profitiert, macht klar, warum dem Staat so immens viel am Aufrechterhalten dieser an sich absurden Ökonomie liegt, an der er unerbittlich festhält, Krise hin oder her.
März 18th, 2020 at 20:50
Mit dem Begriff “Tauschmittel” ist Geld grundfalsch beschrieben. Man kann eine Hand auch als “Putzmittel” beschreiben, trifft aber nicht ganz die Vielfalt des Objektes.