Empörung! Twitter! oder: Alltagsfaschismus
Posted by flatter under politik[12] Comments
17. Jul 2019 18:20
Exemplarisch für die Zunft der Abschreiber verlinke ich hier den “Stern”, der es einmal mehr schafft, die Begriffe “Twitter” und “Empörung” in einem Text unterzubringen. Ach was! Da lässt jemand in ein paar Zeilen eine Provokation auf der Trollpiste vom Stapel und darauf springen welche an? Hatten wir ja noch nie, zumal wenn der Urheber dafür bekannt ist, seine faschistischen Ausfälle nicht kontrollieren zu können oder zu wollen.
“Wann kommt endlich der Aufstand der Generäle?“, so seine Frage, die er später, wie die Sandkastenfaschisten das heute so zu tun pflegen, relativiert. Aber neiin, er meinte doch nicht einen Putsch! Es muss einem völlig egal sein, was er meinte, wie er es meinte und ob er überhaupt etwas meinte. In dieser Phase des Zerfalls einer Parlamentarischen Demokratie haben die Nazis nicht die Eier, Klartext zu reden. Sie ergehen sich in Andeutungen, Vieldeutigkeiten und schlimmstenfalls nehmen sie morgen zurück, was sie heute schwadroniert haben.
“Endlich”
Sie werden dafür gewählt. Nein, nicht trotzdem, sondern deswegen. Ihre Wähler wollen das. Sie wollen in dieser Phase diese Repräsentation ihrer faschistischen Gesinnung, so wie sie in einer späteren Phase den ganzen Rest wollen, vom Pogrom bis zum Vernichtungskrieg. Das macht sie geil, damit fühlen sie sich überlegen und stark. Ihre Weltuntergangsphantasien halten sowohl ihr krudes Weltbild als auch ihre Psyche zusammen. Sie sind dasselbe Pack auf derselben Basis wie dunnemals.
Und wie dunnemals glauben die Schleichers, von Papens und Brünings, die Konservativen, Klerikalen und heimlich Nationalen, das sei eine Randerscheinung, gestützt von verirrten Bürgerlich-Konservativen, die sich schon wieder einreihen werden. Alles nur Großmannssucht, Provokation und Protest. Ihnen gefällt sogar, dass die Rechtsnationalen die Linken in den Schatten stellen.
Einer der Hauptunterschiede ist der, dass wir das alles schon hinter uns haben, dass eigentlich niemand glauben kann, so etwas könne es nicht geben. Trotzdem lässt man die Faschisten gewähren, die einen Testballon nach dem anderen ablassen, bis “endlich” einer fliegt oder zwei oder drei. Immerhin haben sie den politischen Mord bereits realisiert, jetzt kokettieren sie mit dem Putsch. Das sind Nazis. Sie reden so, sie denken so, sie handeln so. Und dafür werden sie gewählt.
Juli 17th, 2019 at 21:51
Ich kann dir nicht folgen, da auf diesem Kurzmitteilungs- Dienst Honks sämtlicher Parteien viral defäktieren spielt es eigentlich keine Rolle wer nun was wann gemeint hat oder wer von der Maus abgerutscht ist.
Aber ich vermute mal es war jemand von der “prokapitalistischen” AfD, wobei, es könnte auch der Horst gewesen sein. Aber der twittert ja nicht.
Nichts desto Trotz einen Link zum Rubikon. Es geht um den NSU, Kassel, DNA- Spuren und einen toten Regierungspräsidenten.
https://www.rubikon.news/artikel/das-gestandnis
Twitter abschalten, schon allein der Umwelt zuliebe!
Juli 17th, 2019 at 23:34
Twitter fuckt mich sowohl inhaltlich als auch technisch ab, ich beziehe mich auf die Rezeption durch andere Medien.
Juli 18th, 2019 at 11:08
Aber das ist doch der Trick.
Unsere Zeit ist so “schnelllebig”, da passieren so viele “wichtige” und “interessante” Dinge, da muss man einfach berichten!
Der Journalist hat ja gar keine Zeit mehr für Recherche, jede “News” muss raus. Das bringt Klicks, das bringt Kohle. Die Politiker nutzen den Dauershitstorm gerne und befeuern ihn wo sie nur können.
In diesem Schwall aus Dung die wirklich wichtigen Nachrichten zu finden ist arbeit.
Idiocrazy ist Wirklichkeit.
So, ich muss jetzt zu Youtube.
Vielleicht haben Scheuer oder Spahn schon ein neues Schmink- Tutorial hoch geladen.
Juli 18th, 2019 at 21:46
OT: Schönes Projekt: Erich Mühsams Tagebücher.
Juli 18th, 2019 at 21:48
u got mail.
Juli 18th, 2019 at 22:25
R@iner, danke und weil ich den hier des öfteren mal zitiert habe, setze ich mal Erich Mühsams tagebucheintrag vom 17.10. 1915 hierhin:
München, Sonntag, d. 17. Oktober 1915.
Paul Scheerbart ist gestorben – nach der kurzen Zeitungsnotiz, aus der ich es erfuhr, „einem Schlaganfall erlegen“. Ich finde mich noch gar nicht zurecht in dem Gedanken, daß dieser wundervolle, wunderliche Wunderkerl tot sein soll. Die Zeitungen nennen ihn einen komischen Kauz, einen Sonderling und wie noch alles. Daß sie und das Publikum ihn haben verhungern lassen, wie seinerzeit Peter Hille, das wollen sie nicht wissen. Einmal sah ich, wie es in ihm aussah: als unser grotesker Zeitungsplan „Das Vaterland“ in der groteskesten Weise scheiterte (das beschreibe ich nochmal ausführlich) und sein unbändiges Lachen plötzlich in wildes Weinen umschlug … Ich bin überzeugt, daß Scheerbart ein Opfer des Kriegs geworden ist, wie er natürlich auch sonst etwas später ein Opfer des Alkohols, und das heißt der Not, geworden wäre. Aber die maßlose Teuerung dieser Zeit, wird dem Bären ja nicht einmal mehr gestattet haben, den Schweinebauch mit Rüben zu kochen, der sonst herhalten mußte, wenn überhaupt zum Essen etwas Geld da war. Die Freunde, die sonst aushalfen, mögen versagt haben, und die Bitternis der Entbehrung wird noch ärger und verzweifelter im Hause gespukt haben wie in normalen Zeiten. Und dann werden der Zorn und der Abscheu vor der „großen Zeit“ das ihrige getan haben. Wie wunderschöne Bücher hat Scheerbart gegen den Krieg geschrieben (ich habe ihn im „Kain“ einmal für den Friedens-Nobelpreis vorgeschlagen). Wie hat er zeitlebens gehöhnt über den Wahnsinn der Menschen, die statt sich der Herrlichkeit des Alls zu freuen, gegeneinander losziehn, um sich gegenseitig umzubringen. Nun ist er tot – der liebe unvergleichliche Mensch, der „lieblose Schwärmer“ – vielleicht fährt seine unsterbliche Seele auf der „Perpeh“ eigner Konstruktion durch die unendliche Welt, ruht auf dem Saturnring aus Aluminium und erzählt den Bewohnern der Milchstraße, wie die der Erde ihr eignes Fundament und alles Leben darauf mit eigens ersonnenen Schreckensmaschinen zu vernichten trachten und darüber ihre feinsten Dichter und besten Spötter im Elend sterben lassen.
Mit dem doppelstern hat er sich auch beschäftigt, der gute Scheerbart, aber das muss jetzt nicht hierhin.
Ich mag beide, den Mühsam und den Scheerbart und sitze gerad im garten, alkoholgeschwängert und schau dem dunkelwerden zu, da wird man so melancholisch – prösterchen.
Juli 18th, 2019 at 22:29
Cheers, my dears!
Juli 18th, 2019 at 23:59
Es ist nicht unkomisch, die sehr große Schnittmengen aufweisenden Definitionen einer “Gegenöffentlichkeit” von Journalisten, Bloggern und Twitterkaspern zu lesen. Nur in der Bewertung finden sie keinen Konsens.
Juli 19th, 2019 at 00:12
Vaschteh ick nisch.
Juli 19th, 2019 at 12:28
OT: “Geheimdienstkontrolleure prüfen Umgang mit rechtsextremen Verdachtsfällen” – die werden aber jetzt hingucken und alles werden die rauskriegen!
Juli 20th, 2019 at 11:06
Jetzt sollte aber mal einer der Uschi sagen, dass sie nun doch nicht Nato-Generalin geworden ist, sondern dem ‘Friedensprojekt’ EU vorsteht. Ähhh…
Juli 21st, 2019 at 13:14
Hier noch mal ein sehr [in]teressantes [In]terview zu Transhumanismus und KI. Hat durchaus auch was mit ‘Alltagsfaschismus’ zu tun.