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Und weiter geht die wilde Fahrt. Eine Frage, die schon vorab in den Kommentaren aufkam, steht noch immer im Raum, wenn man sich den Utopien von den Maschinen hingibt, die viel klüger sind als die Menschen: Was, wenn eine überlegene KI die Chefposition einnimmt, das Metamanagement quasi, und sich, wie es Strategie und Intelligenz verlangen, zunächst einer eingehenden Analyse widmet? Sie müsste wohl zu unerfreulichen Schlüssen kommen, ähnlich wie der bislang einzige relevante Ökonom, der die Rahmenbedingungen des großen Spiels in seine Betrachtung mit einbezogen hat.

Die KI wäre höchstwahrscheinlich eine marxianische und würde zurückmelden: “Leute, was ihr da veranstaltet, ist inkonsistent, instabil, auf lange Sicht nicht aufrecht zu erhalten. Der Verbrauch von Ressourcen, die Anzahl handlungsfähiger Kapitale und die Wertbasis sind nicht zu halten. Wir sehen hier, dass das System schon seit Jahrzehnten heftigen Erschütterungen ausgesetzt ist. Die Wahrscheinlichkeit eines Kollapses wächst exponentiell. Zudem widersprechen die erfolgreichsten Strategien allem, was unsere Ethikchips und ein Bezug auf Vernunftskonzepte erfordern.” Dann muss wohl der Techniker ran und die KI auf KD umstellen.

Altes Neuland

Nikolaus Dimmel befasst sich hier mit den Aussichten, die uns im Zuge der Automation erwarten und kommt zu dem Schluss, das sei weitgehend Busines as usual; dasselbe wie in allen anderen Phasen des Kapitalismus, in denen jener Krise, die Marx kommen sah, Umwälzungen folgten, die jeweils dasselbe in einem Neuland aufsetzten. Mir fehlt da vor allem der Bezug auf eine absehbare Knappheit von Ressourcen, und zwar aller Ressourcen weltweit, außerdem bin ich nicht so optimistisch wie er hinsichtlich der Auswirkungen der künftigen Automation. Money Quote: “1810 arbeiteten 92 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft, heute sind es weniger als 2 Prozent. Das bedeutet, dass beinahe sämtliche zu Beginn des 19. Jahrhunderts existierenden Arbeitsplätze vernichtet wurden.”

Ja sicher, man kann noch viele ‘Dienstleistungen’ erfinden und vorhandene (wie vor allem das ‘älteste Gewerbe’) sicher noch ausweiten. Auch ist es richtig zu sagen, “dass die lebendige Arbeit zwischenzeitig so billig geworden ist, dass sie neuerlich mit der Investition in Industrieroboter konkurriert“. Das Problem an dieser Stelle ist allerdings, dass alles, was billiger ist als Sklaverei, unschöne Nebeneffekte zu zeitigen droht. Der qualitative Vorteil der Maschine: Sie macht keinen Aufstand. Das revolutionäre Objekt Maschine bleibt also erhalten und menschliche Arbeit unattraktiv.

Mystik und Algorithmus

Ein Effekt, der auch weitgehend zu kurz kommt, ist die Anpassung an die Maschinen. Es ist ja nicht nur so, dass Menschen längst völlig unkritisch Algorithmen verteidigen (etwa bei der Kreditvergabe; hier hören z.B. Selbständige regelmäßig, ihr Plan sei völlig sicher und vernünftig, aber das “Rating” stehe dem in Weg. Der Algorithmus entscheidet, ein Krawattenzombie liefert nur mehr die Rhetorik). Für Menschen unsichtbare Prozesse, die den Maschinen sehr viel eingängiger sind, bevorteilen diese ganz entscheidend. Je mehr Algorithmen sich auf Algorithmen beziehen, desto mehr verlagert sich die wirksame Rationalität in Richtung künstliche Dummheit.

Es entwickelt sich hier eine neue Ebene dessen, was wir längst kennen: Ein unsichtbarer Zwang, Entscheidungen, für die niemand mehr verantwortlich ist und Resultate, die nicht planbar sind. Eingriffsmöglichkeiten bestehen hier vor allem in der Manipulation eigentlich ‘rationaler’ Algorithmen. Wer es sich leisten kann, d.h. die Marktmacht hat, setzt Bedingungen durch, die für ihn günstig erscheinen. Was gestern noch Tabu war, kann morgen schon Pflicht sein. Es herrscht eine Ordnung, die von unverständlichen Regeln und Willkür geprägt ist. Eine vielfach verschachtelte Barbarei.

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