KI und Kapitalismus (6): Unsichtbare Hände
Posted by flatter under kapital , ki[41] Comments
30. Jan 2018 17:11
Quelle: Pixabay
Und weiter geht die wilde Fahrt. Eine Frage, die schon vorab in den Kommentaren aufkam, steht noch immer im Raum, wenn man sich den Utopien von den Maschinen hingibt, die viel klüger sind als die Menschen: Was, wenn eine überlegene KI die Chefposition einnimmt, das Metamanagement quasi, und sich, wie es Strategie und Intelligenz verlangen, zunächst einer eingehenden Analyse widmet? Sie müsste wohl zu unerfreulichen Schlüssen kommen, ähnlich wie der bislang einzige relevante Ökonom, der die Rahmenbedingungen des großen Spiels in seine Betrachtung mit einbezogen hat.
Die KI wäre höchstwahrscheinlich eine marxianische und würde zurückmelden: “Leute, was ihr da veranstaltet, ist inkonsistent, instabil, auf lange Sicht nicht aufrecht zu erhalten. Der Verbrauch von Ressourcen, die Anzahl handlungsfähiger Kapitale und die Wertbasis sind nicht zu halten. Wir sehen hier, dass das System schon seit Jahrzehnten heftigen Erschütterungen ausgesetzt ist. Die Wahrscheinlichkeit eines Kollapses wächst exponentiell. Zudem widersprechen die erfolgreichsten Strategien allem, was unsere Ethikchips und ein Bezug auf Vernunftskonzepte erfordern.” Dann muss wohl der Techniker ran und die KI auf KD umstellen.
Altes Neuland
Nikolaus Dimmel befasst sich hier mit den Aussichten, die uns im Zuge der Automation erwarten und kommt zu dem Schluss, das sei weitgehend Busines as usual; dasselbe wie in allen anderen Phasen des Kapitalismus, in denen jener Krise, die Marx kommen sah, Umwälzungen folgten, die jeweils dasselbe in einem Neuland aufsetzten. Mir fehlt da vor allem der Bezug auf eine absehbare Knappheit von Ressourcen, und zwar aller Ressourcen weltweit, außerdem bin ich nicht so optimistisch wie er hinsichtlich der Auswirkungen der künftigen Automation. Money Quote: “1810 arbeiteten 92 Prozent der Bevölkerung in der Landwirtschaft, heute sind es weniger als 2 Prozent. Das bedeutet, dass beinahe sämtliche zu Beginn des 19. Jahrhunderts existierenden Arbeitsplätze vernichtet wurden.”
Ja sicher, man kann noch viele ‘Dienstleistungen’ erfinden und vorhandene (wie vor allem das ‘älteste Gewerbe’) sicher noch ausweiten. Auch ist es richtig zu sagen, “dass die lebendige Arbeit zwischenzeitig so billig geworden ist, dass sie neuerlich mit der Investition in Industrieroboter konkurriert“. Das Problem an dieser Stelle ist allerdings, dass alles, was billiger ist als Sklaverei, unschöne Nebeneffekte zu zeitigen droht. Der qualitative Vorteil der Maschine: Sie macht keinen Aufstand. Das revolutionäre Objekt Maschine bleibt also erhalten und menschliche Arbeit unattraktiv.
Mystik und Algorithmus
Ein Effekt, der auch weitgehend zu kurz kommt, ist die Anpassung an die Maschinen. Es ist ja nicht nur so, dass Menschen längst völlig unkritisch Algorithmen verteidigen (etwa bei der Kreditvergabe; hier hören z.B. Selbständige regelmäßig, ihr Plan sei völlig sicher und vernünftig, aber das “Rating” stehe dem in Weg. Der Algorithmus entscheidet, ein Krawattenzombie liefert nur mehr die Rhetorik). Für Menschen unsichtbare Prozesse, die den Maschinen sehr viel eingängiger sind, bevorteilen diese ganz entscheidend. Je mehr Algorithmen sich auf Algorithmen beziehen, desto mehr verlagert sich die wirksame Rationalität in Richtung künstliche Dummheit.
Es entwickelt sich hier eine neue Ebene dessen, was wir längst kennen: Ein unsichtbarer Zwang, Entscheidungen, für die niemand mehr verantwortlich ist und Resultate, die nicht planbar sind. Eingriffsmöglichkeiten bestehen hier vor allem in der Manipulation eigentlich ‘rationaler’ Algorithmen. Wer es sich leisten kann, d.h. die Marktmacht hat, setzt Bedingungen durch, die für ihn günstig erscheinen. Was gestern noch Tabu war, kann morgen schon Pflicht sein. Es herrscht eine Ordnung, die von unverständlichen Regeln und Willkür geprägt ist. Eine vielfach verschachtelte Barbarei.
Alle Artikel zum Thema in Reihe gibt es hier.
Januar 30th, 2018 at 20:10
Der Industrie-Roboter hat einen nicht zu unterschätzenden Nachteil, seine Arbeitskraft ist so billig oder teuer wie seine Arbeitsleistung ;)
Zum Ein- und Ausschalten braucht es immer noch einen Malocher, schnuppe, daß der dann vielleicht Dipl. Ing. oder Master ist.
Für Letzten erhöht sich die Ausbeutungsrate und alle anderen wollen mit ihren ‘unsichtbaren’ Händen immer noch essen – incl. den Eigentümern der I-R.
Rhetorische Rechtfertigungen kommen so nebenbei bemerkt aus der Zirkulationssphäre, die nur dadurch indirekt produktiv sein kann, weil die Produktionssphäre produktiv ist.
Probleme, die durch ‘Geld’ entstanden sind, sind besagterweise nur schlecht oder gar nicht mit Geld lösbar.
Der eingestellte Manager ist wohl als Lohnarbeiter doch ein bisken zu ‘gefährlich’ geworden – tja, wenn die ‘ursprüngliche’ Kernkompetenz vom Eigentümer weg’geht’, hätte der wohl wenigstens noch das ‘ursprüngliche’ Machtgefühl…
PS – Ich fühl(te) mich so unnervig so unvollständig ;)
Januar 30th, 2018 at 21:03
Is ja die Krux vor der sich nich wenige in die Hosen machen: KI würde das Ausschalten verhindern (gibt da ne gute Folge bei Akte X). Nur habn diese Dropse einfach ma ihr Hirn ausgeschaltet.
Is genau das was mich beim hpd uffregt, ihr geißelt Religionen? Dann geißelt endlich die Markt/Geldreligion, dann gehts nen Schritt voran (“… ähnlich wie der bislang einzige relevante Ökonom, der die Rahmenbedingungen des großen Spiels in seine Betrachtung mit einbezogen hat.)…
Dächt ich schriebs schon ma…KI…das letzte Aufgebot…
Januar 30th, 2018 at 21:55
Letztlich soll ja nicht irgendeine KI zusammen gekloppt werden, sondern es soll, auf künstlichem Wege, dass Gehirn des Menschen nachgebildet werden. Eine funktionierende Nachbildung kann jedoch erst dann gelingen, wenn das Funktionieren des Gehirns vollumfänglich erforscht wurde. Das ist noch nicht abschliessend der Fall. Man ist aber auf gutem Wege. Bis dahin bleiben die Maschinen erst einmal ziemlich geistlos. Vielleicht taucht in der Maschine aber tatsächlich auch irgendwann gar kein Ich-Bewusstsein sondern ein Wir-Bewusstsein auf. Die könnte zwar auch Management, aber wer würde das denn wollen?
Januar 30th, 2018 at 22:12
@2 “…KI…das letzte Aufgebot…”
So wie damals die ***Wunderwaffe***?
Januar 31st, 2018 at 00:14
Ja, L´Andratté. Ziemlich genau so.
Januar 31st, 2018 at 02:54
Ja, Landratte, seit Jahr und Tag gehts hier darum zu verstehn das es in dieser absurden Veranstaltung nur darum geht das Geld zu vermehren. Und genau das funzt nich mehr.
Wert is das Zauberwort. Dieses Dingens was es gar nich gibt.
Das Kapital hat fertig, s`wär schön wenns die 99 % verstehen täten…
Januar 31st, 2018 at 09:03
@flatter – Sehr guter Text. Du solltest dich definitiv sperren. :p
Februar 1st, 2018 at 11:47
‘S geht bei 4null um Kostenreduktion, um weniger Arbeits(lohn)einsatz? Nu sind aber Löhne nich nur Kosten sondern auch Einkommen – es fracht sich also wer dann die mit weniger Arbeits(lohn)einsatz gefertigte Ware wovon kauft und konsumiert.
(Hatten wir, glaub’ ich, schon an anderer Stelle: Die Roboter und Maschinen müssen dann halt selber konsumieren)
Februar 1st, 2018 at 11:53
(Dafür müssten sie aber erst einmal ein eichnes Einkommen…)
Februar 1st, 2018 at 13:37
Fragen sie Prof Sinn: `Konzerne investieren, Konzerne produzieren, Konzerne konsumieren.`- Problem gelöst…
Februar 1st, 2018 at 17:08
Was fällt ‘Wissenschaftlern’ ein, die quantentechnische Forschung zu betreiben gedenken? Das hier:
“Europa braucht jetzt strategische Investition, um die zweite Quantenrevolution anzuführen. Auf seiner wissenschaftlichen Exzellenz aufbauend hat Europa die Gelegenheit, eine wettbewerbsfähige Industrie für langfristigen Wohlstand und Sicherheit zu schaffen.”
Investition, Profit, Propaganda und Weltherrschaft. Danke, Sie dürfen gehen!
Das ist aus diesem PR-Gebrabbel hier auf TP. Der Autor ist Karnevalspräsident, Allfunctionmultimamanger, Chief Inspector Central Executioner und Startupscene-Entrepeneurship Captain Lieutenant. Hat wer was zu kiffen?
Februar 1st, 2018 at 17:49
Mich aber quält die Frage, welcher Fahne es wohl bedarf, um bei einer Quantenrevolution ganz vorne mitmarschieren zu können. Kann man darauf noch irgendwas erkennen, und wenn ja, mit welchem Werkzeug…? Hat wer einen Holzhammer?
Februar 1st, 2018 at 19:13
@ flatter
Mein Lieblingswissenschaftler ist Prof. Dr. oec. habil. und damit “Experte für Komplexitätsmanagement, Governance und Leadership, Wissenschaftler, Autor und Unternehmer”. Er lebe hoch! Wer so viel ist, hat sicherlich ganz viel zu erzählen, nicht nur an langen Tagen. Wurde also etwas revolutioniert, braucht’s dann nur noch transformiert zu werden, damit die (#WERT!)-Verhältnisse letztlich so belassen werden können, wie sie sind.
Februar 1st, 2018 at 20:25
@#9 + 10
Wollt Ihr misch ärschern? ;-) *g*
Februar 1st, 2018 at 20:36
@#11
Der Tittel (des Knilch) iss ja suuper. Ja, kiffen, das täte jezz not!
Btw.: Deine 5 … äh 6-teilige Trilogie gefällt ja außerordentlich – kommt da noch ‘was nach? Oder wird das ‘n Dauerbörner? (Isch frach ja nur weschen meinem Mehlverteiler, ju noww)
Februar 1st, 2018 at 20:48
@ Vogel
Das denke ich nicht. Manche Fragen stellen sich doch auch gar nicht aus der Sache heraus, sondern werden von Personen (z.B. Du oder ich), die gar nicht genug Titel haben um eine sachgrundgerechte Bewertung überhaupt abgeben zu können, durch die Scheisse gezogen. Wer soll sich denn mit diesen ganze komplizierten Sachen da auch insgesamt beschäftigen? Jemand in seinem Blaumann bspw. hat doch von dem, was die auf maßgeschneiderten Dreiteiler da veranstalten, keinerlei Schimmer. Woher denn auch?
Februar 1st, 2018 at 21:07
@Vogel: Geplant ist eigentlich nichts mehr, aber diese Stimmen, du weißt schon …
Februar 2nd, 2018 at 14:24
Dann leg doch jetzt endlich mal das Telefon weg! :p
Februar 2nd, 2018 at 18:46
OT: Dieses Schwein hier hatte Spaß am Sex. So einer darf nie wieder einen Job kriegen!!1!!
Februar 3rd, 2018 at 08:12
Zu 19: Die Fähigkeit zur Differenzierung sollte selbstverständlich nicht verloren gehen.
In der Nachbarschaft lese ich (“Wedel ist unschuldig”)die obsessive Berufung auf die verfassungsrechtliche Unschuldsvermutung einerseits, was implizit andererseits bedeutet, dass die Anschuldigungen bis dato unisono von Frauen vorgetragen werden, deren Lebensinhalt Falschbeschuldigungen gegen Männer sind – mit dem Risiko einer fünfjährigen Haftstrafe.
Februar 3rd, 2018 at 09:52
Hier vergeht sich der Konicz jetzt auch noch an Wissenschaft und DdA. Hatten wir zwar auch seinerzeit schon kurz, passt aber hier auch nochmal. Denn es ist in erster Linie diese ‘Vernunft’ bzw ‘Intelligenz’, die sich ‘wohlfeil’ algorithmisieren lässt und es auch schon in hohem Maße ist. Die im ersten Teil des Openers gestellte Frage kann eine solche ‘KI’ so natürlich nie erreichen, da sie ihr gesamtes Dasein, ihre ‘Existenzgrundlage’ in Frage stellen würde.
Februar 3rd, 2018 at 11:54
@Katze
D’accord – ‘s iss ja so einfach das Volk zu erschrecken – und so niedlich zu sehn, wie die dann alle durcheinanderlaufen und gackern *böseguck*
@flatter
Jaja, diese Stimmen – do jit et ävver Mittelsche för dat udder dat (för zum drüme).
Februar 3rd, 2018 at 11:57
KI und algorithmisierbare Wohlfahrt via fefe
Februar 3rd, 2018 at 12:01
@altautonomer: Die Haftandrohung gilt nur für beeidete oder Eidesstattliche Versicherungen gegenüber einer Behörde. Was unsere Medien da derzeit veranstalten, ist aber das absolute Gegenteil einer sog. “Wahrheitsfindung”. Damit wird nicht nur ein ggf. Schuldiger, sondern jeder Verdächtige getroffen. Der Hinweis auf den Fall Kachelmann ist ja ganz richtig – ihm wirft Frau Schwarzer ja bis heute Dreck hinterher, obwohl er erwiesen unschuldig ist.
Das da oben habe ich allerdings verlinkt, weil es inzwischen längst auch um einvernehmliche Handlungen geht, weil sie sexuell sind. Das ist eine der tragenden Säulen dieser neupietistischen Hysterie.
p.s.: Verleumdung wiederum bedürfte des Beweises, der nicht möglich ist,.
p.p.s.: Komme mir jetzt ja keiner und unterstelle mir ‘Solidarität mit Wedel o.ä..
Februar 3rd, 2018 at 13:40
Da gibt’s doch auch noch was vom Fischer zum Thema. Diesmal allerdings nicht in der ‘Zeit’…
Februar 3rd, 2018 at 14:06
Der Fischer ist ein genialer Polemiker, aber eben auch ein geschwätziger Narziss (im metaphorischen Sinne, nicht pathologisch wie etwa Trump). Damit erweist er seinen berechtigten und fundierten Einwänden einen Bärendienst, weil er am Ende eine Art Entertainment aus der Sache macht, das ihr ebenso schlecht zu Gesicht steht wie besagte Hysterie. Ein Fall heißt “Fall”, weil er ein Bündel von Fakten ist, die zunächst freigelegt werden müssen, um zu einem Urteil zu kommen – nicht nur juristisch, sondern in der einfachen Form einer belastbaren Wertung. Ehe es dazu aber kommen kann, sitzen schon zu viele Fliegen auf der Scheiße. Emotionen reichlich; hie um des Opfertums Willen, dort zur Rettung von Diskurs und Rechtsstaat. Parteien müssen her und die berühmte “Seite”, auf der man zu stehen hätte. Ich komme ja auch nicht ohne Polemik hin, versuche aber, das zunächst von außen zu betrachten und festzustellen, was wer tut und wie er es macht. Urteile zu fällen, ist Sache der Fliegen.
Februar 3rd, 2018 at 17:19
“Der Fischer ist ein genialer Polemiker, aber eben auch ein geschwätziger Narziss …”
In manchen ZEIT-Kolumnen kam er dem sicher nahe, aber gerade hier sehe ich das ganz und gar nicht. Er beweist sogar recht große Geduld im Umgang mit einigen (mir) schwer erträglichen Kommentatoren. Ich finde ihn hier weit weniger saftig und weit stärker argumentativ fordernd als manchmal in der ZEIT.
PS. – Danke an @Peinhart für den Hinweis. Mich hat wieder sehr gefesselt, wie Fischer ein Steckenpferd reitet, das kein Spielzeug ist: der Bigotterie eines juste milieu entgegenzutreten, das sich jedem #aufschrei und jedem #metoo anschließt und dabei aussieht, als wollte es überdeutlich zeigen, daß seine Vertreter ganz selbstverständlich zu den besseren Menschen gehören, die niemals, aber auch niemals in ihrem Leben etwas Zweifelhaftes getan haben könnten. Niemals! – Als Ostler kennt man diese Haltung als die Begrüßungsgeste der bundesdeutschen middle class – und derer, die gern dazugehören wollten – gegenüber den Ostlern mit ihrem ‘falschen Leben’ nach 1990. Die manchmal offene, meist angedeutete Geste: Also wirklich! Wie konnten Sie nur?!
Fischer ist ein sehr interessanter Mann, der offenbar einige Erfahrungen jenseits der Lebenswelten bürgerlicher Haussöhne gemacht und energisch und produktiv verarbeitet hat.
PPS. – Kopfzerbrechen bereitet mir, daß auch eine gescheite und reflektierte Strafrechtsprofessorin wie Monika Frommel (in einem Kommentar zur Kritik an Fischer durch eine Frau Dr. Elisa Hoven) befürchtet, daß wir uns in einer schleichenden Verschiebung nun auch des allgemeinen Rechtsgefühls hin zu einem Habitus befinden, das durch kommerzielle Strategien der Aufmerksamkeitslenkung, Skandalisierung und Brutalisierung bestimmt ist und in den USA exemplarisch vorliegt. Der kluge Eric Hobsbawm hat, ich glaube schon 1970, einmal angemerkt, daß die ausschließliche Orientierung des Handelns am Maßstab der Effektivität etwas unangenehm werden könnte, denn am effektivsten sei – die Barbarei.
Februar 3rd, 2018 at 17:43
Das Problem, das ich mit diesem Artikel habe, ist die Geschwätzigkeit, die es Gegnern zu leicht macht, sich an Details festzufressen und das als Verteidigungsrede zu interpretieren. Hier schlägt Geschwätzigkeit Rhetorik, weil der Text solche Längen hat, dass selbst ich zwischenzeitlich den Kontext verliere – dass es nämlich von vorn bis hinten um Medien geht und nicht um die Frage, wer was getan hat und was daraus zu folgern ist.
Februar 3rd, 2018 at 17:59
Es tröstet mich, daß es nicht nur an mir zu liegen scheint, Fischers Darstellungen manchmal nur mit Mühe folgen zu können.
Daß dieser Stil Fehldeutungen erleichtert, mag sein, aber darauf gebe ich nichts mehr. Ich habe inzwischen einmal zu oft erlebt, daß man sich noch so sehr um Durchsichtigkeit, Präzision und Knappheit bemühen kann – wer nicht verstehen will, versteht nicht, wer unbedingt seine zufälligen Vorurteile verteidigen will, hört gar nicht hin. Ich bemühe mich weiter, klar zu sein, aber laß die Schäumenden und die Ochsen einfach reden, ohne mich weiter drum zu kümmern. So ist Kürze und Einfacheit für mich kein wichtiges Kriterium mehr bei Texten andrer – vor allem nicht, wenn sie so lebensvoll sind.
Februar 3rd, 2018 at 21:10
Die vermeintliche “Geschwätzigkeit” Fischers ist gerade das Erfrischende in dieser sonst staubtrocken-moralisch geführter Debatte. Diesem heiligen Ernst des Alice-Schwarzer-Feminismus mit seinem Schwanzab-Populismus sollte man mit genau jener schwungvollen Leichtigkeit – bei gleichzeitiger juristischer Präzision – begegnen, wie dies Fischer tut.
Februar 16th, 2018 at 15:24
Noch eine Ergänzung zum Thema und ein weiteres Erklärungspuzzlesteinchen, warum es jetzt unter ‘Künstliche Intelligenz’ nicht mehr gehen kann – weniger wäre ja auch eine Beleidigung der Klientel, die es jetzt so allmählich zu betreffen beginnt… und die bleibt ja erstmal nach wie vor sehr wichtig für die Ruhe im Karton. Leere Fabrikhallen konnten sie nicht wirklich schocken, leere Redaktionsstuben und Kanzleien aber um so mehr.
März 1st, 2018 at 09:04
Und hier noch ein brauchbarer Artikel zum Thema KI und Kapital.
Die bittere Ironie an dem – aus klassischen Fachidiotentum erwachsenen – Ignoranzgebilde des Transhumanismus besteht selbstverständlich darin, dass „die Maschinen“ längst über die Menschheit herrschen. Sie tun es seit der Durchsetzung des Kapitalismus – nur tun sie es nicht bewusst. [...] [S]ie tun es als Konkretisierungen der realabstrakten, blinden Verwertungsbewegung des Kapitals [...]
März 14th, 2018 at 12:24
Und noch ein sehr interessanter Beifang aus diesem, auch ansonsten lesenswerten Interview:
Umgekehrt wird der Mensch zum Computer gemacht. So virtuell wie die Bilder und Welten auf der Oberfläche des Bildschirms werden auch Körper, Seele und Geist des Menschen. Das Gehirn als „CPU“ (Central Process Unit) erzeugt diese Bilder und entwirft uns, die wir uns gleichsam als Programm durchs Leben bewegen. In diesem Bild vom Menschen spielt die Differenz zwischen Gefühl und Bewußtsein kaum eine Rolle – beides sind Funktionen, die der Programmerfüllung untergeordnet sind.
Der Körper wird entfleischt, dafür bekommt er gänzlich ungreifbare, abstrakte „informationelle Netzwerke“ implantiert. Das Problem: einen solchen Körper kann man nicht mehr fühlen, über ihn kann man nicht mehr selbst verfügen. In einem solchen Körper kann man nicht mehr wohnen, sondern man ist exterritorialisiert. Gleichsam von außen redet man über Werte, Kurven und Wahrscheinlichkeiten, die dieser (eher unzuverläsige) Körper „produziert“. Der Körper wird durchgescannt, als tauglich befunden oder verworfen. Aufgerüstet mit Technik und chemischen Mixturen können entsprechende Experten daran gehen, Fettpolster zu beseitigen, Haare einzupflanzen, Augenfarben zu verändern – Angst und Traurigkeit zu eliminieren.
Die Verabsolutierung des Gehirns als Leitorgan, als Konstruktionsstelle für Wirklichkeit setzt den Körper ins Unrecht. Der Körper ist lediglich ausführende Mechanik. Die Seele, heute einfach synonym für Gefühle, ist vom Gehirn gemacht.
Quelle: Der niedergeschlagene Mensch
(Depression. Eine sozialwissenschaftliche Studie zu Geschichte und gesellschaftlicher Bedeutung einer Diagnose)
Die Gefährlichkeit der KI, das wird auch hier noch einmal deutlich, liegt wieder mal nicht in der Technik selbst, sondern in der (Deutungs-) Macht, die ‘wir’ Menschen ihr auf den verschiedensten Ebenen einzuräumen bereit sind. Wir machen uns selbst zu Sklaven eines noch dazu ziemlich platten Modells.
Ausdrückliche Leseempfehlung, trotz 190 Seiten pdf…
März 14th, 2018 at 17:07
@ Peinhart #33: Ich finde den gezogenen Vergleich mitsamt Versinnbildlichung der virtuellen Realität, in welcher Mensch dahinsiecht, richtig gut.
Der eigentliche Adressat, welcher dies schlußfolgernd erkennen sollte, wird damit jedoch in seiner VR nicht mehr erreicht.
April 2nd, 2018 at 17:24
Ein an sich nicht schlechter und kritischer Artikel über die ‘Digitalisierung der Gefühle‘ – der es dabei aber schafft, nicht ein einziges mal den menschlichen Körper, die ‘Leiblichkeit’ zu erwähnen.
Mai 2nd, 2018 at 15:38
Und noch einmal vorgeholt – die hier auch frei runterladbaren drei Broschüren scheinen mir ausgesprochen lesenswert, auf jeden Fall trifft es auf den KI-Artikel in BandIII, der mir auch insgesamt am interessantesten erscheint, zu. Erstaunlicherweise kommt er sogar zu ähnlichen Ergebnissen wie wir hier. ;)
Mai 2nd, 2018 at 20:59
“Nutzen Sie die Stärken unserer autistischen Consultants für Ihre IT- und Compliance-Projekte: Mustererkennung und Detailgenauigkeit, Aufmerksamkeit und Ausdauer, angeborenes Qualitätsbewusstsein, Spezialinteresse, Leidenschaft für die Sache sowie absolute Ehrlichkeit.” (Auticon)
Warum diese nutzbaren Stärken nur auf IT- und Compliance-Projekte beschränken?
Mai 14th, 2018 at 10:51
Der hier gehört unbedingt auch noch angehängt:
Viele Forscher auf diesem Gebiet tappten im Dunkeln und wüssten eigentlich nicht, was sie täten. Nicht nur einzelne Algorithmen funktionierten wie eine “Black Box”, bei der man nur Ein- und Ausgabe kennen und nicht verstehe, was im Inneren geschehe. Ganze Teile der KI-Forschergemeinschaft würden inzwischen genauso anmuten.
Der Informatiker François Chollet, ebenfalls von Google, formuliert es so: Man programmiere die Software schlicht so, dass sie die Trefferquote maximiere. Trotz tausender wissenschaftlicher Arbeiten zum Thema basiere das aber im Wesentlichen auf Versuch und Irrtum.
Erinnert mich an mein eigenes Vorgehen, wenn ich mal Grafik programmieren musste. Erweckt nicht gerade Vertrauen. Aber wir sollen wollen. Existentielle Entscheidungen möglichst. Vielleicht hängt der Hype auch damit zusammen, dass eh niemand mehr so recht weiter weiss.
Mai 14th, 2018 at 11:22
Das bestätigt nicht nur die beiden letzten Absätze im Opner, sondern auch: “Das befähigt sie aber keineswegs zu Lösungen komplexer Probleme, zumal solcher von der unfassbaren Komplexität lebendiger Organismen. Von denen haben ihre Schöpfer ja kaum einen Schimmer.” aus Teil drei. Dass Kapitalismus hier das Bezugssystem ist, liegt im Begriff “funktionieren”. Sieht so aus, als täte es, was es soll(!), kann also ausgeliefert werden. KI als Bananenware.
Juli 21st, 2018 at 13:25
Trotz einiger Ausreisser und einer letztlich unzureichenden Gegenstrategie ist das hier doch noch eine lesenswerte Ergänzung zum gesamten Komplex.
September 1st, 2018 at 16:30
Ich hätte da noch paar Texte, die mir in letzter Zeit so zum Thema untergekommen sind… Mit der Komplexität des ‘Denkens’ aus systemtheoretischer Sicht beschäftigt sich der (auch ansonsten lesenswerte) tp-Autor Jörg Räwel insbesondere in Können Maschinen denken sowie Das Hirngespinst des Gedankenlesens.
Martin Burckhardt hingegen plädiert in diesem Interview für eine Erweiterung der Maschinen-Metapher, wie sie weiland vor allem von Lewis Mumford eingeführt und heute bspw von Fabian Scheidler verwendet wird. Das so beworbene Buch steht auf der Leseliste, harrt aber noch…
Derweil will mir scheinen, dass eine wesentliche Beschränkung aller KI-Algorithmen darin liegt, dass sie ihren vorgebenen Rahmen nicht überschreiten können. So ist es natürlich möglich, eine KI zu implementieren, die im sog. Hochfrequenzhandel jedem menschlichen Entscheider haushoch überlegen ist. Ihre Antworten werden aber immer die vorgegebene Form ‘x verkaufen, y behalten, z kaufen’ haben, der menschliche Entscheider hingegen mit der Frage ‘Was soll der Scheiss – wer bin ich denn, und was mach ich hier?’ auch den Rahmen verlassen bzw in Frage stellen kann.
Das hat offenbar auch das Pentagon erkannt und bittet um Vorschläge für eine KI, die ‘selbst Daten sammeln, Hypothesen entwicklen, Modelle erzeugen und überprüfen können’ soll. Das wäre mE aber auch nur eine erweiterte Problemstellung, die der KI dann entsprechend aber erstmal eine ‘Idee’ davon vermitteln müsste, was ‘Daten’, ‘Modelle’, ‘Hypothesen’ etc sind und wie sie sich aufeinander beziehen. Dazu wäre zunächst einmal ‘viel Glück’ zu wünschen, andererseits anzumerken, dass der beschränkende Rahmen damit zwar erweitert, aber natürlich keineswegs aufgehoben wäre.
Und dann war da auch noch was von Sascha Lobo… ;)