Ich muss an dieser Stelle zunächst einräumen, dass ich mich mit dem Thema ein wenig verhoben habe. Das macht aber nichts, denn ich habe andererseits den Eindruck, dass einige dennoch einen leicht veränderten Blick auf ‘Gewalt’ haben und das vor allem die Frage im Raum steht, was das denn überhaupt ist. Diesbezüglich kriege ich hier garantiert den Deckel nicht drauf, und die Frage wird weitgehend offen bleiben. Ich gehe daher meinem eigenen Gedankengang nach und versuche, den mit Ansätzen aus den Kommentaren zu verbinden.
Mir selbst folgend, habe ich Gewalt als Handlungsoption verstanden, als Gegensatz zur Ohnmacht. In der Situation, die oft traumatisch wirkt, ist das ja auch ganz plastisch so: Der Täter übt Gewalt aus, dass ohnmächtige Opfer leidet darunter. Meine Spekulation ist die, dass dieselbe Situation dem Opfer allein schon dadurch Handlungsspielraum lässt, wenn es von der Gewalt nicht überrascht wird und gelernt hat, mit Gewalt umzugehen – selbst wenn es hoffnungslos schwächer ist. In den Fällen, in denen Täter gerade durch die erkennbaren Ohnmachtsgefühle ihrer Opfer motiviert werden, kann sogar das schon wirksam sein.
Widerstand ist sinnvoll
Vor allem aber gibt es ein Vorher, Während und Nachher des Ereignisses, die eine ‘normale’ Zeitlinie ergeben. Die Tat wirft das – gelähmte – Opfer nicht aus der Zeit, sondern befähigt es zu handeln, sobald die Macht des Täters endet. Die Ereignisse um H.Weinstein und ähnliche Fälle zeigen hingegen, dass Scham und Schock dazu geführt haben, sich nicht einmal nachher zu äußern. Dies führt obendrein dazu, dass sich die Machtspähre solcher Serientäter enorm erweitert. Zur Vollständigkeit sei bemerkt, dass Gegengewalt ein oft äußerst probates Mittel ist, selbst für Schwächere.
Das Problem, das ich hier sehe, ist das Tabu über Gewalt. Das Motto “Keine Gewalt!” ist strunzdumm. Dazu muss man nicht einmal (was durchaus berechtigt ist) auf strukturelle Gewalt hinweisen. Auch Notwehr ist Gewalt, und wer von vornherein darauf verzichtet, begibt sich freiwillig in die Hand fremder Mächte. Der stumpfe unzivilisierte Faustkampf wird vermutlich als vulgär empfunden, als proletenhaft. Der Diskurs über Gewalt hingegen ist zivilisiert, eine Angelegenheit der Mittelschicht. Da gibt es keine Gewalt. Kurzum: Der gesellschaftliche Umgang damit wird festgelegt von Leuten, die nicht wissen wollen, was das ist.
Akademische Frage
Da kommt dann die akademische Frage auf, was das denn sei? Zwang, Nötigung, Körperverletzung, im Weg Rumstehen – wo fängt sie an, wo hört sie auf? Eine Spezialabteilung entdeckt sie derweil in der brutalen Anwendung von Artikeln, Wortendungen und Astrid-Lindgren-Büchern. Wenn man so weit von realer Gewalt entfernt ist und noch zu blöd zu abstrahieren, dass die Staaten, die hier juristisch eingreifen sollen, gerade massenhaft Menschen töten (‘Krieg gegen den Terror’), macht man Fehler. Das führt auch dazu, dass hinter der Fassade solcher Debatten jahrzehntelang vergewaltigt werden kann und es niemand wahrhaben will.
Kurzum: Die Frage, was Gewalt sei, kann man nur beantworten, wenn man sie erlebt – vor allem kollektiv – und offen damit umgeht. Das heißt, dass man es nicht dem Strafgesetz und der Polizei überlassen darf. Diese Gesellschaft muss gewaltbereiter werden. Das bedeutet keineswegs, dass es dann mehr Gewalt gibt. Damit sind wir dann immer noch nicht beim Schlimmsten, das wir inzwischen “Verantwortung Übernehmen” nennen. Diese perverse Kultur schlachtet massenhaft Menschen ab und nennt noch nicht einmal das Gewalt. Ernsthaft: Wir tun pazifistisch und schwafeln von Gewaltlosigkeit, während für uns nicht einmal das Töten von Artgenossen Tabu ist.
November 27th, 2017 at 18:04
Ich halte das komplette Gewalttabu ebenfalls für unsinnig, weil unrealistisch. In den Texten hier hast du ja dargelegt, dass Gewalt ohnehin präsent ist, ob man sie nun so nennt oder nicht. Das bedingungslose “keine Gewalt” ist dann naiv bzw. trägt zur Beibehaltung von den aktuellen Gewaltverhältnissen bei. Im kleineren Kontext habe ich mich das schon als Jugendlicher gefragt: wenn jemand vor mir steht, der mir in die Fresse hauen will, wie weit hilft dann meine grundsätzliche Haltung, keine (in dem Fall körperliche) Gewalt anzuwenden, weiter. Ganz offensichtlich gibt es meines Erachtens bereits auf dieser sehr simplen Ebene Situationen, anhand derer man sehen kann, dass eine einfache Formel wie diese nicht allgemein trägt. Später, im Politikwissenschaftsstudium, sind mir dann Extremismusskalen begegnet. Und da habe ich mich dann bei den Extremisten wiedergefunden, da ich selbstverständlich nicht komplett ausschließen würde, für politische Ziele Gewalt anzuwenden. Kommt halt immer auf die Situation, die Alternativen und die Art der Gewalt an. Und wiederum: innerhalb des aktuellen Systems wird ja eben auch Gewalt angewendet. Und das Gewalttabu ist somit – da gehe ich komplett mit den getroffenen Aussagen konform – keines, das hilft, Gewalt zu vermeiden, sondern eines, das die Debatte darüber erschwert.
November 27th, 2017 at 20:20
Ein, zwei Hinweise aus “Gewalt” von Steve Pinker das ich gerade zufällig am lesen bin.
Historisch gesehen entwickelt sich die Mordrate als allgemeiner Gewaltindikator einer Gesellschaft seit einiger Zeit relativ steil nach unten, insbesondere seit der Staaten und der damit einhergehenden Befriedung mittels eines Gewaltmonopols (Leviathan nach Hobbes).
Anarchie weckt in Staatsbürgern daher nicht ganz zu Unrecht Erinnerungen an frühere Mördergruben. Ergo eigene Gewaltanwendung, auch und gerade als Möglichkeit, ist böse (mit den USA und deren Süden als besondere Ausnahme). Statistisch gibt es in der jüngeren Zeit allerdings die Anomalie einer steigenden Mordquote zwischen den 60ern und 80ern (innerstädtische NoGo Areas, Vorstadtflucht des Bürgertums). Erst in den 90ern sank das dann recht schnell auf das heutige niedrige Niveau, aus nicht ganz eindeutigen Gründen. Das kann unterschwellig beim 68er Gebashe auch eine gewisse Rolle spielen.
Dazu war die Gewalt früher über die ganze Gesellschaft in etwa gleich, ist heute aber eher ein Unterschichtenphänomen. Pinkert führt dies auf die praktische Staatenlosigkeit zurück die entsteht wenn die Justiz die eigenen Probleme nicht löst und man sowas wie Gerichte nur aus dem Fernsehen bzw. als feindlichen Schicksalsschlag kennt (was für Sehende ja offensichtlich ist). Gewalt ist also wie die schlechte Sprache oder offener Rassismus etwas das man der Unterschicht zuschreibt und wer nicht dazugehört muss sie tabuisieren oder er hat nen Problem in seiner Klasse.
Dazu kommt die Angst, denn gerade Flüchtlingen aus failed states, also mehr oder minder Anarchien, ist Gewalt und deren Anwendung sehr vertraut, was für den Bürger aber auch bedeuted das mit solchen Menschen kein Staat zu machen ist, in dem jeder seinen Wohlstand in Frieden genießen kann. Je mehr Gewalt also zu einer realen Option gesellschaftlichen Handelns wird, desto mehr muss sie tabuisiert werden. Jedes Kind soll verstehen: wer Gewalt anwendet, gehört nicht zu UNS und ist damit ein Fall für die Polizei/Abschiebehaft. Dazu passt der Komplex Familienehre. Für den Rest gibts Krimis.
Das Gewalttabu ist also zusammengefasst historisch und sozial begründet, bildet eine der kulturellen Stützen des Staats und ist dazu auch im Vergleich zu anderen Tabus sehr logisch und recht gut begründbar. Das macht es stark genug um die extremsten Blüten zu treiben, etwa den Opferkult. Dies gerade dann, wenn die Gewalt fast ausgelöscht ist. Also etwa an Hochschulen in der Generation nach 90, also bei Kindern der Oberschicht ohne eigene Gewalterfahrungen. Dazu ist es ein Mittel im gesellschaftlichen Abwehrkampf, der umso härter (und absurderweise gewalttätiger) geführt wird, je mehr die Gewalt aus der Unterschicht einzubrechen droht.
November 27th, 2017 at 20:50
@ Marcus
Also ist Wohlstand, der in dieser Wirtschaftsweise nie alle erreichen wird, die wohl sicherste Gewaltprävention.
November 27th, 2017 at 21:00
Der Antifaschist Horst Schöppner hatte vor gut einem Jahr mal eine interessante – und für die Zeitung erstaunlich mutige – Wortmeldung im Neuen Deutschland abgegeben:
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1012881.debatte-gewalt-gegen-nazis.html
Leider sind seit einem Online-Relaunch vor kurzem die aufschlussreichen Kommentare nicht mehr einsehbar. Da war viel Gegeifer von Pegidalafisten und AfD-Verstehern zu lesen (einer verurteilte sogar das Prager Attentat auf Heydrich).
November 27th, 2017 at 21:16
Hm. Ist Gewalt alles das, was Menschen gegen den Willen anderer Menschen tun? Das wäre eine sehr weit gefasste und globale Definition. Oder ist es Gewalt, wenn das Opfer es so empfindet? Ist es etwas subjektives? Oder kann man es objektiv benennen?
Gewalt wird gerne als Unterschichtenphänomen dargestellt – meine Eltern haben mir beigebracht, dass dumm ist, wer sich prügelt. Ist natürlich Quatsch, aber diese Wahrnehmung und Darstellung trägt dazu bei, dass z.B. Weinstein so lange unbehelligt bleiben konnte – weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Da man in der Oberschicht ja keine Gewalt ausübt, haben alle weggesehen, weil sonst der gesellschaftliche Narrativ nicht mehr stimmt.
Das Gewaltmonopol liegt (offiziell & legal) beim Staat. Und wie jedes Monopol wird es mißbraucht. Egal ob nun offensichtlich, wie völlig überzogene Polizeiaktionen, oder durch die Hintertür, wie durch “Sozial”gesetzgebung, die alles andere ist und mit voller Härte durchgesetzt wird. Oder der Umbau des Staates von einem Sozialstaat zu einem Asozialstaat (“marktkonforme Demokratie”), der sich gegen die Gesellschaft richtet und von vielen als Gewalt empfunden wird, auch wenn es nicht so ausgedrückt wird.
November 27th, 2017 at 21:25
@Marcus (5)
- Es nervt bereits ungemein, zum x-ten Mal auf den Unterschied zwischen Anarchie – Ordnung ohne Herrschaft durch Selbstregulation – und Anomie – so ziemlich das genaue Gegenteil davon – hinweisen zu müssen.
Was aber bei Deiner überaus staatstragenden Argumentation dann auch nicht mehr verwundert. Die sog. westliche Welt hat ihre offene Gewalt nach WK II zu großen Teilen outgesourct, was inzwischen aus Gründen nur noch bedingt klappt. Pinker wird noch sein blaues Wunder erleben, ohne dass das wirklich ein Grund zur Freude ist.
Aber das staatliche Gewaltmonopol als irgendetwas positives hinzustellen – dazu muss nun jemand schon ziemlich gegen die Wand gerannt sein. Staaten unterdrücken Gewalt nur, besonders jene, die ihrem eigenen Bestand gefährlich werden könnte. Alle weiteren gesellschaftlichen Effekte dieser Unterdrückung sind eher positive Kollateralschäden, ohne wirkliche Absicht dahinter, geschweige denn humanistische oder altruistische Motive.
Man weiß echt nicht, wo anfangen: das staatliche Justiz- und Strafsystem: Gewaltandrohung unter völlig fragwürdigen Prämissen.
Staatlich organisierte Kriege: die größten Massaker der Geschichte – “legal”.
Pinkers Statistiken sind nicht zun Unrecht vielfach auseinander genommen worden, nicht zuletzt deshalb, weil sein Gewaltbegriff schwammig ist, und er vermutlich in Sachen Gesellschaften vor dem Neolithikum falsch liegt. siehe z.b.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gewalt:_Eine_neue_Geschichte_der_Menschheit
Der schlimmste Bock seinerseits aber besteht darin, eine der Hauptquellen für die Entstehung von Gewalt (und das vielleicht wichtigste Feld für ihre Prävention) faktisch aussen vor zu lassen: den Umgang mit Kindern. Und was den anbelangt, zeigen sich diverse Gesellschaften gerade eher wieder deutlich regressiv. Was die bekannt üblen Folgen haben wird.
November 27th, 2017 at 21:29
@ein anderer Stefan(3): Ich bin ja persönlich absolut für eine kollektiv organisierte Gewalt, von der das Gewaltmonopol ja eine Variante ist. Ich bin auch für verbindliche Regeln, auf denen sie beruht, so wie der Staat das regelt. Ich bin aber der Ansicht, dass man das ebenso wenig ein für allemal delegieren kann wie die politische Macht und dass man sich von Stellvetretern nicht entmachten lassen sollte. Für Staaten mit Gewaltmonopol heißt das, einen Plan B zu haben, der hier auch “Zivilcourage” heißt. Den kannst du aber nicht dekretieren wie neu-’Linke’ Sittenwächter oder spontan aufstellen, wenn es mal wieder zu spät ist. Das ist eine Frage des Bewusstseins und der Kultur.
November 27th, 2017 at 22:06
@Marcus/evAK – Als Kind habe ich mir manchmal einfach eine saftige Ohrfeige gewünscht. Immer noch besser als tagelang ignoriert zu werden. Auch dieser Aspekt entgeht Pinker aufgrund seines weitgehend auf physische Gewalt reduzierten Begriffs. Gewalt mag subtiler geworden sein, aber dadurch nicht unbedingt weniger verletzend.
November 27th, 2017 at 22:57
@Peinhart – Subtile Gewalt, wie Du sie nennst, hat einen für mich entscheidenden Aspekt…sie ist kaum zu erwidern! Ich kann mich im Stadion mit anderen Hools kloppen…das ist letztlich fair. Aber gegen subtile Gewalt kann ich mich kaum (straffrei) wehren…ich darf nämlich nicht die Form der Gewalt ändern!
November 27th, 2017 at 23:08
Witzigerweise sind es gerade Kinder – auch solche, die nie direkte Gewalt erlebt haben, die aus einer solchen Situation den Ausweg mit Gewalt suchen. Dann wird gern die ganze Kamarilla auf das Kind losgelassen, um den Gewalttäter zu zivilisieren.
November 27th, 2017 at 23:11
Kamarilla???
November 27th, 2017 at 23:21
Na die Amtsheinis, die für die Ordnung der Obrigkeit sorgen. Aka Jugendamt etc.. So Penner wie ich dereinst ;-)
November 27th, 2017 at 23:26
@flatter – Penner? Ich finde es völlig in Ordnung, dass Du die genetisch minderbemittelten Kinder des Prekariats halbwegs auf Linie gebracht hast.
Ist Bodenständigkeit Gewalt?
November 27th, 2017 at 23:43
“Ist Bodenständigkeit Gewalt?”
Siehe oben; Aus der Sicht derer, die sich sicher wähnen oder – wohl eher der Regelfall – die verdrängen müssen, dass sie nicht sicher sind, verschmilzt das. Gewalt ist Islam, Proletentum, Nazis aus dem Osten. ‘Wir’ sind friedlich. Diese Sicht ist zwanghaft abgehoben und delegiert die Gewaltbereitschaft an die am sprichwörtlichen Boden. Gern Minderleister, Doofe, Fanatiker.
Die am Boden oder mit dem entscheidenen bisschen mehr Abstiegsangst sehen das anders. Proleten kloppen sich und die abstiegsbedrohte (untere) Mittelschicht zündelt verbal. Vielleicht gibt es da eine Form emotional reifer Gewaltbereitschaft, die sich aus der ggf. trüben Einsicht speist, nicht(s) mehr verlieren zu können, wenn man das Tabu bricht.
p.s.: Die Ironie des ersten Satzes versteht hier nicht jeder.
November 28th, 2017 at 00:22
@flatter – “p.s.: Die Ironie des ersten Satzes versteht hier nicht jeder.”
Gewollt…Gewalt…
November 28th, 2017 at 00:39
Gehbett :-P Bis morgen!
November 28th, 2017 at 07:37
Moin,
Du stellst die Frage, was Gewalt ist und scheinst die naheliegende Antwort nicht zu sehen: Gewalt ist eine Form von Machtmißbrauch. In einer idealen Gesellschaftsform bräuchte es deshalb auch keine Gewalt zum Schutz vor Gewalt, weil man da andere Mittel hätte (Justiz etc.).
Auch die Gewalt, die von einer Revolution ausgeht ist eine Form von Machtmißbrauch (die Macht der Masse). Ob man Gewalt nun gut oder schlecht findet, hängt maßgeblich davon ab, auf welcher Seite der Machtverhältnisse man sich selbst befindet.
November 28th, 2017 at 07:47
Moin Flatter,
vielen Dank dafür das du das Thema Gewalt aufgegriffen hast. Und ich glaube nicht das du dich verhoben hast,natürlich werden wir dies nicht endgültig besprechen, aber darauf kommt es auch m.M.n. nicht an. Das Bewusstsein zu schärfen ist hier sicherlich den Vorzug zu geben.In deinem o.a. Post kann ich fast alles mittragen nur der Pkt.”Der Diskurs über Gewalt hingegen ist zivilisiert,eine Angelegenheit der Mittelschicht.Da gibt es keine Gewalt. Kurzum: Der gesellschaftliche Umgang damit wird festgelegt von Leuten, die nicht wissen wollen, was das ist.” sehe ich aus eigener Beobachtung anders. Ich behaupte das die Leute sehr wohl um Gewalt in all ihren Formen wissen und sie auch ausüben,es aber lieber übertünchen bzw. leugnen.
Weil,sie wollen ja die GUTEN sein.
Auch der Fall W. oder Cosby und wie sie alle heißen, war zumindest dem “inner circle” bekannt.
November 28th, 2017 at 10:55
@Mantikor: Ich finde die Antwort nicht naheliegend, sondern vereinfachend und falsch. Das geht aus meinen Einlassungen aus hervor. Schon “Machtmissbrauch” erschließt sich mir nicht.
November 28th, 2017 at 11:04
Weil man Macht nicht (sinnvoll/positiv) gebrauchen könne?
November 28th, 2017 at 11:06
Weil ich den Übergang nicht definieren kann und weil die Ökonomie der Macht eine starke Eigendynamik hat. Wie kommt jemand zu Macht? Will er sie überhaupt? Was wäre ‘guter’ vs. ‘schlechter’ Gebrauch? Da tut sich bestenfalls ein Diskurs auf, der den über Gewalt kreuzt.
November 28th, 2017 at 11:48
Überlege seit gestern, ob ich dir wortreich in einem Artikel meine Meinung zu Gewalt gewaltfrei darlegen sollte (ich halte – in aller Theorie – sogar Notwehr für feige), aber das wäre stillos, nehme ich an, zumal es die Diskussion noch weiter zerfasern würde. Darum stattdessen hier ein paar (Quatsch: Paar) unsortierte Gedanken:
1) Staatsexistenz bedingt Gewaltexistenz in irgendeiner kryptischen Form (siehe auch: “Gewaltmonopol”). Daraus folgt, dass Gewaltfreiheit nur bei Abwesenheit von Staat möglich ist, was im positiven oder im negativen Sinne (je nachdem, wen wer in welchem – beidseitigem – Zustand fragt) Anarchie bedeutet. Anarchie hat aber aufgrund des menschlichen Herden- und damit Leitwolftriebs nur so lange Bestand, bis sich der Erste traut, einem anderen zwecks Stärkung der eigenen Position gepflegt eine zu schallern. Anarchie ist halt auch das Recht des Stärkeren. Anders gesagt: Selbst, wenn man annimmt, dass die Gendersprallos sich nicht nur nicht zu Unrecht angegriffen fühlen, sondern in einer zivilisierten Gesellschaft dringend angeleint gehören, und Gewalt tatsächlich erst auf physikalischer Ebene beginnt, ist Gewaltfreiheit ohne grundlegende evolutionäre Änderungen (z.B.: Verzicht auf Fortpflanzungstrieb, damit weniger Ressourcenkampf herrscht) nur möglich, wenn man kein Mensch ist.
2) Du hast mit der Beobachtung, dass ein starker Staat, gelenkt von wirtschaftlichen Interessen, beim Schutz vor Gewalt besser keine besonders große Rolle spielen kann, ohne moralische Probleme bei denen, die ihn – sofern ausreichend reflektierend – um Hilfe anflehen, auszulösen, uneingeschränkt Recht. Widersprechen möchte ich allerdings, wie angekündigt, der Vermutung, die Aufgabe von Notwehr sei Selbstaufgabe. Als “Notwehr” zählt in von Gerechten gestalteter Zeit ja schon die Zerstörung von Karrieren nach Jahrzehnten, die juristische Definition ist hierbei dann auch erst mal Nebensache. Die Aufgabe von Notwehr lässt, ganz im Gegenteil, die Gewalt einseitig versanden. Ich habe zum Beispiel nicht den Eindruck, dass in Hamburg anlässlich einer größeren Wirtschaftskonferenz vor ein paar Monaten diejenigen, die sich “gewehrt” haben (auf welcher “Seite” man diese auch immer verorten mag), das sog. Gewaltproblem zu lösen geholfen haben. “Notwehr” gegen berauschte Terrortouristen hüben und/oder Gewaltmonopolisten drüben klingt ehrenvoll, wird aber selten als Deeskalation verstofflicht. Hilfreich ist sie nur, wenn man quasi ausnahmsweise einmal dazu steht, dass man eben als Mensch immer auch Egoist sein muss. – Dass das letztlich dem Bestreben Mancher widerspricht, sich v.a. dem Wohlergehen Dritter zu widmen, ist diesen Manchen dann eben auch egal.
Gewaltfreiheit wird Lüge bleiben müssen.
November 28th, 2017 at 11:56
“Aufgabe der Notwehr” ist hier missverständlich. Ich plädiere keineswegs dafür, quasi permanent Notwehr geltend zu machen und derart Terror zu legitimieren. Es dürfte in der Regel auch klüger sein, auf Notwehr konkret zu verzichten. Was ich aber meine mit “wer von vornherein darauf verzichtet“, ist der generelle Verzicht auf jede Notwehr, eben kompromisslose Gewaltlosigkeit im privaten Umgang. Die halte ich für falsch.
November 28th, 2017 at 12:05
Mir war schon zu Beginn klar, dass du mit nur 2 Teilen zum Thema nicht auskommst, weshalb mein erster Kommentar zum ersten Teil vorgreifend genau so formuliert war…
Am Ende(sic.?) steht also eine Frage im Raum, die Keiner so präzise und umfassend zu beantworten in der Lage ist. Einzig die Wechselwirkung Gewalt – Ohnmacht/Macht konnte treffend sichtbar gemacht und umrissen werden.
Aber was ist daraus zu folgern? Für den Einzelnen, die Gesellschaft, wenn nicht gar die Zivilisation?
Für mich schließt sich wieder der Kreis zum 1. Teil. Jeder muss für sich selbst entscheiden, welchen Weg er wählt. Und selbst wenn einem Entscheidungen (wie auch Gewalt) manchmal aufgedrängt oder abgenommen werden, muss diese Frage jeder für sich beantworten.
Warum sollte bewusste Gewaltlosigkeit kein Mittel zur Erreichung gesellschaftlicher Ziele darstellen? Der humanistische Grundgedanke und andere Mechanismen der Durchsetzung von Menschenrechten gründen sich ja gerade auf diesem Prinzip. Gute Beispiele dafür sind u.a. Verzicht, Demonstration, Streik oder Verweigerung, wie bspw. ziviler Ungehorsam. Sie sind gewaltlose, meist gar gewaltfreie Mittel zur Konfliktbewältigung.
Für die, die es interessiert, hier mal 2 Buchempfehlungen aus dem heimischen Regal:
https://portal.dnb.de/opac.htm?method=showFullRecord¤tResultId=%22107926369%22%26any¤tPosition=14
https://portal.dnb.de/opac.htm?method=showFullRecord¤tResultId=%22107926369%22%26any¤tPosition=13
November 28th, 2017 at 12:11
Ziviler Ungehorsam ist in den meisten mir bekannten Fällen eben auch undemokratisch (meist, um einen demokratisch legitimierten Beschluss oder eine demokratisch legitimierte politische Aktion zu bekämpfen), in diesen Fällen ist er strukturelle Gewalt gegen das Volk.
November 28th, 2017 at 12:58
@ tux. #25: Diese Sichtweise ist mir bekannt, jedoch kann man sie nur teilen, wenn man die Definition und dahinter stehende Intention des Begriffs der “strukturellen Gewalt” derart verzerrt, dass er den Wortsinn verkehrt.
Das wurde gern und durchaus mit Absicht zum Ziele der Diskreditierung der Friedensbewegung und friedlichen Massenproteste in den 70´er sowie 80´er Jahren angeführt und stellt mMn eine weit überholte Sichtweise dar.
Strukturelle Gewalt gegen “das Volk” durch “das Volk” ist an sich bereits fragwürdig. Und ziviler Ungehorsam ist die gewaltlose Maßnahme der (Ver-)Weigerung der Ausführung von gegenüber “dem Volk” getroffenen Anordnungen durch das staatliche Gewaltmonopol. Hier wurde bewusst eine Verfälschung der Kausalität vorgenommen. Leider scheint dies weiter um sich gegriffen zu haben, als mir bisher bewusst war.
Wenn wir dann noch aufdröseln, inwiefern und durch welche Mittel (bspw. staatl. Gewalt) demokratische Prozesse oder Aktionen überhaupt Legitimation erfahren sollen, kommt man zu keinem Ende. Denn dann müsste man gleich noch den Legitimitätsbegriff i.V.m. der Charakteristik demokratischen Strukturen heutiger Gesellschaften betrachten und das wird ziemlich hässlich.
November 28th, 2017 at 13:13
Strukturelle Gewalt gegen “das Volk” durch “das Volk” ist an sich nur dann fragwürdig, wenn du das Volk nicht als Souverän akzeptierst. Nur: Wer, wenn nicht das Volk, ist denn in einer – utopisch betrachtet – funktionierenden Demokratie das wesentliche Organ?
Wenn die nominell einzig entscheidungsbefugte Instanz eine Entscheidung trifft und einzelne Widerlinge sich dieser Entscheidung widersetzen, dann ist es egal, ob diese Instanz jetzt Volk, Polizei oder Kaiser heißt. Die von dir gerade dargebotene Defensivhaltung setzt aber nur dann ein, wenn sie Volk heißt. Warum ist das so?
November 28th, 2017 at 13:29
Wer ist denn das Volk?
Im Namen des Volkes wurden durch parlamentarische Entscheidungen aufgrund von Interessen der Stromerzeuger in Deutschland Atomkraftwerke gebaut. Zu Zeiten des militanten Widerstands einer am Volk gemessenen Minderheit war es Konsens, dass Atomkraftwerke und Demokratie sich gegenseitig ausschließen. Eine Technologie mit dem Risiko des Genozids und der Anfälligkeit für Terroranschlage hat mit demokratischen Verhältnissen nichts zu tun.
Damit komme ich zu der Frage: Bist Du für oder gegen Gewalt, die ich beantworte mit “Ich bin für Gegengewalt!”.
November 28th, 2017 at 13:35
Deine Mudda ist das Volk.
Nur, weil unsere Gesellschaft keine Demokratie, sondern ein Delegiertensystem bevorzugt, heißt das nicht, dass das gut und richtig ist. Man kann sich dem selbstverständlich fügen, ich selbst lebe lieber in der Welt, die ich selbst gern vorfinden würde: Ich würde gern als Angehöriger des nominellen Souveräns wahrgenommen werden. Allerdings bin ich auch ein Befürworter der Kernenergie, insofern habe ich da vermutlich gerade weniger Schaum vor dem geistigen Mund als das vielleicht beabsichtigt war.
Gegengewalt ist die zweitfeigste der Gewalten.
November 28th, 2017 at 13:49
@ tux. #27:
Für die Betrachtung fiktiver Szenarien taugt das Beispiel des zivilen Ungehorsams als eine Form des gewaltlosen Widerstands gegen die, entgegen deiner Utopie, Herrschenden aber nicht, da sie aus der realen Notwendigkeit heraus entstanden ist, dem (militärischen) Gewaltmonopol der tatsächlich Herrschenden ohne oder mit nur geringen (zivilen) Verlusten entgegen zu treten. Nur dazu taugt dieses Konzept. In der Utopie einer für “das Volk” funktionierenden Gesellschaftsordnung sieht das vermutlich anders aus.
November 28th, 2017 at 13:59
Konkretes, wenig fiktives Beispiel: Als Mitglied des Souveräns, der sich mehrheitlich (nämlich zweistellig) dazu entschieden hat, die AfD nicht nur für eine valide Partei zu halten, sondern ihr per Wahl auch noch eine Regierungsbeteiligung zuzutrauen, denselben Souverän (also sich selbst) mit “zivilem Ungehorsam”, nämlich dem illegitimen Blockieren der gewählten Vertreter dieses Souveräns, zu unterlaufen halte ich nicht für einer funktionierenden, demokratischen Gesellschaftsordnung zuträglich.
November 28th, 2017 at 15:12
Man sollte schon Begrifflichkeiten in ihrem Sinne und nach ihrer Definition behandeln, wenn diese dem Zustand nach entsprechen.
Für Utopien und erfundene Zuschreibungen mangelt es mir momentan am entscheidenden Faktor: Zeit.
November 28th, 2017 at 15:38
Moin Tux 31,
naja über die “mehrheitlich” Entscheidung des Souveräns könnte man noch sprechen. Ansonsten verstehe ich deinen letzten Satz als Mitgehangen= Mitgefangen, sorry da bleibt meine innere Abwehr und Autonomie auf der Strecke und diese Sch… mache ich schon mehr oder minder, in meiner Reederei, seid 32 J mit. Außer die wechselnden Abbilder der verheißungsvollen Zukunft hat sich garnichts geändert.
November 28th, 2017 at 15:59
“Mitgehangen = mitgefangen” ist das Wesen der Demokratie: Mehrheit hat Recht, Rest hat Pech. Wem das nicht gefällt, der hat zwar etwas gelernt, sollte dann aber zumindest einen konstruktiven Gegenvorschlag im Köcher haben, weil, wessen Argumente sich auf “alles scheiße hier” beschränken, wenig ernst zu nehmen sein kann.
November 28th, 2017 at 16:19
Die ‘Diktatur der Mehrheit’ ist also das ‘Wesen der Demokratie’? Minderheitenschutz gibbet nicht, bzw. ist bestenfalls … ja was, eigentlich?
Selig wer, z.B., als weiße Hete (aka Mitglied der Mehrheit) geboren.^^
November 28th, 2017 at 16:51
Eine Minderheit, scheint es, ist im gesellschaftlichen Diskurs immer, wer schnell genug “Diskriminierung!” brüllt; außer, wenn weißer Mann, dann eben nicht, weil nicht sein darf, was nicht sein darf.
Ich gehe bei der Diskussion über das Wesen der Demokratie immer vom Idealfall (i.e. funktionierende Gesellschaft) aus, der besagt, dass die Mehrheit Recht hat. Dass die wenigsten Menschen zu den Klugen gehören, ist der Geburtsfehler derselben, aber Expertokratie ist unbeliebt. Die Dummen wollen das natürlich nicht. Minderheitenschutz greift jedenfalls p.d. nicht in die Demokratie ein. Dumme sind keine Minderheit. Und wenn 19,5 Prozent der Menschen die SPD wählen, dann kräht kein Hahn danach, wie viele von diesen 19,5 Prozent nun schwarz, schwul, einbeinig, einäugig oder Martin Schulz sind.
November 28th, 2017 at 17:17
Ich finde auch “Minderheitenschutz” völlig daneben. Das heißt doch immer, man definiert sich eine Minderheit, die man schon damit diskriminiert. Das ist übrigens schon fehlinterpretiert: “Niemand darf wegen … benachteiligt werden” ist kein Minderheitenschutz, sondern der Schutz für alle. Das sollte spätestens deutlich werden, wenn es um Frauen geht.
Das Problem ist auch hier Gleichhet. Wo die vorliegt, brauche ich diesen Tinnef nicht. Aber, ceterum censeo:
“Das Drama der bürgerlichen Gesellschaft ist ja, dass sie Gleichheits- und Freiheitsrechte postuliert, die sie aufgrund ihrer Eigentumsverhältnisse gar nicht einlösen kann.”
Das ist die unsichtbare Gewalt, die nicht ‘erlebt’ wird, sondern verdrängt, kaschiert und in den Befehlsketten ausgeführt.
November 28th, 2017 at 18:14
Weia, da hab’ ich grad ganz tief in die Kiste mit den Fehlinterpretationen gegriffen und einen Widerspruch gesehen (#31&34) der nur in meiner Rübe existierte. Palme mir mal eben selbst das Face.
November 29th, 2017 at 02:08
Durch den Einsatz von Gewalt offenbart sich der Feind. Täter und Opfer werden sichtbar. Irgendwann ist dann auch unklar, wer hier wer ist.
Ich stelle immer wieder fest, dass viele mit Gewalt schon deshalb nicht gut umgehen können, weil sie das Ganze meist nicht zu Ende gedacht haben. Manchmal kommt nämlich viel mehr Gewalt zurück, als ursprünglich überhaupt angeboten wurde. Plötzlich ist dann auch noch von Monstern und Bestien die Rede, welche auszulöschen seien. Primitiv!
November 29th, 2017 at 08:32
Witzigerweise hat der Rubikon just einen Artikel mit gleichem Thema im Angebot:
https://www.rubikon.news/artikel/staat-und-gewalt
Ihr sprecht euch da aber nicht irgendwie ab, oder? ;-)
November 29th, 2017 at 08:37
Moin Tux 34,
vorweg unterstelle ich mal dass dein Einwand keine Beleidigung oder Maßregelung meinerseits sein soll. Denn der BASTA Einwurf ist Quatsch. Hört sich sehr Alternativlos an, mit ein wenig Schwarmintelligenz.
Solltest du der Überzeugung sein das irgendwelche MEHRHEITEN (absolut) im hier und jetzt, die Interessen der Mehrheit des Volkes vertreten und nicht die Partikularinteressen einiger weniger, brauchen wir uns nicht weiter unterhalten.(Zitronenfalter)
Zum Thema Dummheit:
Dumm ist der, der Dummes tut.
F. Gump
:))ich ergänze: weil er es nicht besser weiß und der andere Dumme (vermeintl. Schlaue) der es besser weiß, dem Dummen nicht seine Wissenslücke aufzeigt und ihm hilft vernünftige Entscheidungen zu treffen.Danke
Ist nicht immer leicht, oft mühselig, meist frustrierend, aber wenn man nur einen erreicht ist schon viel getan.
p.s. deswegen bin ich auch beim Flatter hier, weil ich auch auf diversen Feldern ein “Dummer” bin. Mit dem Willen die ein oder andere Lücke für mich zu schließen.
November 29th, 2017 at 08:38
@ Flatter,
Das Foto zum Beitrag ist genial. Es ist vielschichtig und m.E. genauso intuitiv wie die Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde, die Stevenson übrigens geträumt, und ohne Veränderungen aufgeschrieben hat.
@ Peinhart #8
Ein Kind tagelang zu ignorieren ist psychische Gewalt und Kindesmißhandlung.
Gewalt gegenüber Kindern ist besonders schlimm, weil sie von Generation zu Generation weitergegeben wird. Hitlers willige Helfer und die Angestellten im Jobcenter sind die Ergebnisse der gleichen, deutschen Erziehung. Da die Gewaltausübenden meist physisch und psychisch, gesellschaftlich und ökonomisch überlegen sind, und in der Regel mehr Macht haben, als das Opfer, könnte man schon von ‘Machtmißbrauch’ sprechen. Am schlimmsten ist, wenn das Opfer von ihnen abhängig ist , und sich schon deshalb nicht wehren kann.
November 29th, 2017 at 08:59
Zwischen den Nazis und den Helfern im Jobcenter liegen immerhin die Ausschwitzprozesse mit einer weitgehenden Aufarbeitung der Naziverbrechen, die 68er, der Versuch der antiautoritären Erziehung, Wackersdorf, der Natodoppelbeschluß und eine riesige Friedensbewegung. Wenig bis Nichts hat sich geändert. Nur die Machtoptionen des Staates wurden erweitert.
November 29th, 2017 at 09:57
“Solltest du der Überzeugung sein das irgendwelche MEHRHEITEN (absolut) im hier und jetzt, die Interessen der Mehrheit des Volkes vertreten” – statistisch gesehen ja. Ich befürchte, dass CDU/CSU und SPD zusammen etwa für die Hälfte der Wähler politisch akzeptabel sind. Was spricht dagegen?
November 29th, 2017 at 11:14
Moin Tux 44,
Was spricht dagegen?
Naja wenn wir von Mehrheiten sprechen betrachte ich die Gesamtwählergruppe aka Volk.
Und da hat z.B. 19,5% von Hundert Leuten eine andere Bedeutung als 19,5% von 1000 Leuten, Fakt ist, die größte Gruppe der Gesamtwählergruppe aka Volk hat auf ihr sog. Wahlrecht verzichtet. Vielleicht erklären sich damit auch die verzweifelten Bemühungen (Wählt mich!!) der Parteien, in allen Medien, ihre Legitimation zu erhalten.
Obwohl sie eigentlich drauf sch..ß. könnten,da es ja wohl keine Wahlbeteiligungsuntergrenze gibt.
Aber ich denke all dies führt an Flatters Thema vorbei. Trotzdem vielen Dank für den Austausch.
November 29th, 2017 at 11:17
Das impliziert, dass Nichtwähler, würden sie zur Wahl verpflichtet, völlig anders wählen würden als Wähler, aber davon ist nicht auszugehen.
November 29th, 2017 at 11:47
Tux, nicht unbedingt. Um den Bogen zum Thema zu schlagen, vielleicht haben wir es hier mit “Gegengewalt” bzw. ziv. Ungehorsam,aufgrund der Ohnmacht zu tun??!1
November 29th, 2017 at 12:06
Du meinst: Nichtwählen als Gegengewalt? Das halte ich für eine ziemlich dumme Form von Gewalt.
November 29th, 2017 at 15:59
Wie verhält es sich eigentlich mit der merkwürdigen Tatsache, dass Gewalt zwar angeblich allenthalben tabuisiert sei, die Darstellung derselben aber zu den meist produzierten und beliebtesten Kulturerzeugnissen zählt, wenn nicht die Hitliste unangefochten anführt? Und zwar mit Altersfreigaben ab sechs, während Sex usw…?
November 29th, 2017 at 16:04
OT – Herr Berger bemerkt das ‘automatische Subjekt‘… :p
November 29th, 2017 at 16:52
Ich habe ja Anfangs etwas anderes erwartet, mehr in Richtung sexuelle Belästigung, weniger direkt auf die Fresse.
Was ich falsch finde dabei die Macht einfach so niederzubügeln. Gewalt ist ohne Macht gar nicht möglich, Gewalt setzt Macht vorraus. Also üben auch Männer wie Weinstein einfach nur Macht aus und die Opfer halten das Maul, so lange sie selbst keine Macht und Unabhängigkeit erworben haben. Dann erst machen sie einen auf #metoo, weil es ungefährlich ist. Das ist nicht verwunderlich. Das ist eigentlich ziemlich trivial. ^^
November 29th, 2017 at 16:55
@Peinhart(50): Das sind nur Vermögen, die irgendwie falsch allozieren. Oder so.
November 29th, 2017 at 16:58
@lluminator:
“Gewalt ist ohne Macht gar nicht möglich”
halte ich für Quatsch. Ich gehe hin und haue einem Bullen in die Fresse. Wieviel Macht ich habe, wird mir schon sehr bald darauf deutlich gemacht. Oder ist das kene Gewalt?
Ich schmeiße eine Scheibe ein und ein Molli hinterher. Macht? Nö. Gewalt? Täte ich doch auf jeden Fall sagen. Auch wenn ich nicht das dicke Buch schreiben will, in dem “Gewalt” definiert wird, bist du doch mit deiner Priavtansicht zum Begriff ziemlich einsam.
November 29th, 2017 at 17:05
Duden, “allozieren”: “1. eine Allokation vornehmen”
Na dann…
November 29th, 2017 at 18:10
Ich zitierte nur den Berger Jens.
November 29th, 2017 at 18:52
@55: wo schrieb er das? Im zitierten Artikel nicht.
November 29th, 2017 at 19:27
Nö, dunnemals, beim Spiegelfechter.
November 29th, 2017 at 20:15
@flatter
Aber wenn Du es schaffst den Bullen in die Fresse zu treffen ist die Macht mit Dir :D
Aber es ist OK so zu argumentieren. Es stimmt ja auch, dass die Macht des primitiven Raufboldes oder Brandstifters im jeweiligen Fall äußerst klein ist. So klein, dass er gerade mal in der Lage ist aggressiv aufzutreten. Körperlich halt. Ohne dass es lächerlich wäre, weil der körperliche Unterschied zu groß ist. Den Grad der Macht einzuordnen ist natürlich nicht möglich. Wie misst man Macht ?
November 29th, 2017 at 20:19
In midi-chlorians/cm³ ?
November 29th, 2017 at 21:32
Wie auch immer. Irgendwann wird Gewalt irrelevant. Nämlich dann wenn die Macht zu klein ist. ;)
Und darum macht es auch keinen Sinn von Gewalt ohne Macht groß zu reden.
November 29th, 2017 at 22:05
Ich sehe das nach wie vor anders. “Ohne Macht” ist ja schon psychologisch nicht sinnvoll, denn als Vorstellung und Erinnerung ist sie da ja auch dabei. In meinen Openern geht es zentral um die Idee, dass der Verzicht auf die ja tabuierte Gewalt das Gefühl der Ohnmacht verstärkt und teils hervorruft. Gerade als jemand, der nicht die Macht hat, ist Gewalt eben Handlungsoption, selbst wenn sie nichts erreicht. Das Gefühl, handeln zu können, verändert die Situation zunächst für den Machtlosen, aber eben auch für den Mächtigen, der die Kontrolle über die Situation damit verliert. Im Großen Maßstab ist es adäquat: Klar kann man Demonstrationen zusammenschießen lassen oder zumindest niederknüppeln, aber das zeitigt Folgen und ermutigt ggf. sogar die Opfer.
Eines sehe ich als erwiesen an: Macht und Gewalt fallen auseinander und sind alles andere als dasselbe.
November 30th, 2017 at 11:17
Signore Bonetti hat Interessantes zum Thema Staat und Gewalt.
November 30th, 2017 at 12:28
62: In Diskussionen um die Wahlpflicht bzw. das Wahlrecht habe ich mich schon häufig auf Agnoli (1990) bezogen. Interessierte aber niemanden, weil veraltet und 68-er-Qatsch.