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Merkwürdig: Ausgerechnet als ‘Argument’ gegen Sexismus entdeckt Herr De Lapuente plötzlich den Klassenkampf. Manche Manöver sind einfach zu durchsichtig. Leider mag “Dame von Welt” keine Links, aber sie hat zum Thema einen Text verfasst, dem ich weitgehend zustimmen kann. Müsst ihr selbst suchen.

Vor allem der Hinweis darauf, dass die kleinen Weinsteins ein Problem sind; eines, das sich eher nicht in die Kategorie “Klassenkampf” einordnen lässt, ist hier wichtig. Das Original übrigens auch nicht, denn viele von Weinsteins Opfern trennt keineswegs eine Klassenschranke von ihm. Dass Kapitalismus besonders geeignet ist, ausbeuterische Herrschaftsverhältnisse zu fördern, lässt sich zwar nicht leugnen, sexuelle Gewalt aber hat noch eine ganz andere Dimension.

Gar nichts gelernt

Meine Ansichten zum Gender-Sexismus ist gemeinhin bekannt; diese Form von “Feminismus”, eine Orgie der Opfermythologie, ist in diesem Zusammenhang eher fatal, weil sie obendrein die Unterschiede schleift zwischen Anmache, Sexismus und Gewalt. Geschenkt. Es geschehen aber Dinge, die mir zeigen, dass wir offenbar noch im tiefsten Hinterwald leben, Mittelalter und Steinzeit. Es ist zum Kotzen.

Noch ein Ansatz: Neulich in Barcelona griff mir eine alte dicke Frau, als sie aus der U-Bahn ausstieg, erkennbar absichtlich und mit einem dreckigen Lachen an den Hintern. “So ist das also”, dachte ich, war zunächst perplex und dann eher amüsiert. In der Tat macht es aber einen Unterschied, wenn du weißt, dass sie dir nichts anhaben kann und du das nicht alltäglich erfährst. So ist das also doch eher nicht.

Bemerkenswert derweil, dass es eine Kaste überbezahlter Sternchen ist, bei denen Arschwackeln zum Geschäft gehört, die jetzt aufbegehren. Damit meine ich absolut nicht, sie hätten kein Recht dazu. Im Gegenteil ist es traurig, wenn selbst Frauen (inzwischen auch vereinzelt Männer) mit solchen Ressourcen sich jahrelang nicht trauen sich zu äußern. Geradezu furchtbar, wenn sie es doch tun und auf Mauern der Ignoranz und Verharmlosung stoßen. In dieser Welt leben wir also. Diese Bretter sind also immer noch zu bohren. Hätte ich nicht gedacht.

Bück’ dich

Ich bin ebenfalls der Ansicht, dass das Gegenteil des Opferkultes hier Not tut; dass Frauen, die Situationen solcher Ohnmacht erlebt haben, erfahren, dass sie eben nicht ohnmächtig sind. Eine Zivilgesellschaft muss in der Lage sein, den Wichsern, die sich dergleichen rausnehmen, beizukommen. Das heißt weder, dass man wie de Lapuente den unschuldig verfolgten Jörg Kachelmann ohne Weiteres in einem Satz mit Vergewaltigern und Verdächtigen nennt, noch dass man Frauen, die sich äußern, für hysterisch erklärt oder Vergewaltigung bagatellisiert.

Es heißt offensichtlich, dass man vielen Zeitgenossen noch beibringen muss, was rudimentäre Solidarität ist und man nicht erst vor Gericht das Minimum an Anstand durchsetzen kann. Es heißt, dass die ‘westliche’ Gesellschaft unter der dünnen Tapete nach wie vor jede widerwärtige Spielart sadistischer Herrschaft duldet und Zivilisation eine Frage des Machtgefälles bleibt. Die Macht des (vermeintlich) Mächtigen zu akzeptieren, heißt zu akzeptieren, was er damit macht. Egal, in welcher Gehaltsklasse.