Die Sachsen sind mal wieder Avantgarde. Seitdem die Dödel aus dem Tal der Ahnungslosen Westfernsehen haben, kann man sie nicht mehr als treudoofe Grenzer und Spitzel gebrauchen, aber die Elite dieser deutschesten aller Deutschen (sieht man einmal von der Simulation einer Sprache ab, die dort gepflegt wird), marschieren noch immer voran, wenn es darum geht, die Grenzen zu schützen.
Ihr Landesobergockel Michael Kretschmer hat jetzt angesagt, wie einfach man kriminelles Pack erkennt:
„Wenn ich da sehe, dass ein Gepiercter ein großes Auto fährt, dann ist das verdächtig und kann ihn kontrollieren.“
So einfach ist das. Linkszecken und Kanaken können sich kein großes Auto leisten; sie können höchstens welche klauen oder mit Drogen finanzieren. Weiß doch jeder. Endlich sagt es mal einer!
Alles Scheise
Von Sachsen lernen, heißt völkisch lernen. Der aktuelle Exportschlager heißt daher “Heimat” und wird von allen getrommelt und gepfiffen, die glauben, das wolle der kleine Mann auf der Straße gern von ihnen hören. Von Seehofers bis Eckardts Göring stehen sie neuerdings auf “Heimat” wie sonst nur auf der Leitung. Du bist Heimat. Ich bin Heimat. Sexy Mini Pop-op Heimat. Alles ist in deutscher Heimat. Ausgerechnet die ganze neoliberale Mischpoke stimmt den braunen Schlager an, was witzig ist:
Den Sachsen wurde übel mitgespielt, wie dem ganzen Osten, wurden ihnen doch nicht nur sämtliche Straßen bis zur Unkenntlichkeit saniert. Schlimmer noch, sind sie seit 89 Fremde im eigenen Land. Ihre Lebensleistung ein untergegangener Staat, der nur mehr in Gruselgeschichten für Kinder vorkommt. Die Arbeit weg oder mies bezahlt, die Rente ein feuchter Traum. Alles, wofür sie aufdietraßegegangen® sind, ist weg, schon seit 2002. Kaum hatten sie sich die D-Mark erkämpft, war sie schon wieder futsch. Stattdessen kam Hartz vier.
Die Aussichten waren noch nie so miserabel wie heute. Ganze Dörfer verlassen, die Frauen weg, die Akademiker weg, kurzum: alles, was die Mauer einmal aufgefangen hatte. Jobwunder nicht in Sicht und kein ‚Drüben‘ mehr, das man sich erträumen kann. Heimat kaputt. Alles kaputt. Und jetzt sollen noch diese Flüchtlinge kommen. Die alles kriegen. Umsonst. Platz im Heim, warme Decken, Deutschkurse. Später sogar unser Hartz vier!
Auch die noch?!
Da weiß der Sachse: Genug ist genug. Alles, was wir hier noch haben an Heimat, sind unsere Gesichter. Solides verkniffenes Grau, aus dem der Klang der guten alten Zeit® erschallt wie das Mittagessen nach durchzechter Nacht. Wo sich „Frühaufsteher“ auch dann noch auf „Aktentasche“ reimt, wenn der letzte Angestellte vom Sachbearbeiter zum Minijob bei Amazon sanktioniert wurde. Da passt er nicht hinein, der Nafri, der Musel, der Wirtschaftsflüchtling aus Aleppo. Wenn du den antanzen lässt, begrapscht er dich noch anstatt strammzustehen.
Unsere Heimat ist kaputt genug, unsere Hoffnungen schon am Boden zerstört. Alles ist besser als das, was die Etablierten und ihre Lügenpresse aus unseren blühenden Landschaften gemacht haben. Selbst Zerstörung und Krieg sind besser, weiß der Kämpe auf der Barrikade in Leipzig-Grünau, und jetzt schicken sie uns auch noch die auf den Hals, die schon wissen, wie man so was überlebt. Aber nicht bei uns. Hier sind wir® nämlich das Volk! Wir sind das Volk! Wir sind das Volk!
p.s.: In Sachen Lesekompetenz suchen Sie die Kommentare auf. Hier gibt es nichts zu sehen.
November 1st, 2017 at 16:25
Ich frage mich schon eine Weile, warum einige BloggerInnen das Thema “Heimat” überhaupt aufgegriffen haben. Folgen Sie etwa dem Bedürfnis, diesen Begriff nicht den Rechten zu überlassen? Oder gibt es einen Heimatbegriff, der nicht politisch aufgeladen ist?
Wenn Globalisierung, die Komplexität gesellschaftlicher Veränderungen, soziale Ohnmacht, die Isolation durch den verlorenen Arbeitsplatz und das Fremde die eigene Scholle flutet, bleibt doch noch die Gemeinsame Abstammung, das WIR, die nationale Identität, ethnische Reinheit, Traditionen und die Verheißungen rechter Führer, Teil von etwas zu sein, das größer ist als man selbst: Heimat.
November 1st, 2017 at 19:11
Moinsen,
wenn ich den Bildblog von heute richtig gelesen habe, dann argumentiert Kretschmer zwar in die Richtung, das Zitat wurde aber von einem Reporter erfunden.
Grüße
November 1st, 2017 at 19:28
Kamenz: Wie das Statistische Landesamt mitteilte konnten die Bewohner des Kreises Görlitz mit 17725 Euro Jahreseinkommen den letzten Platz im Kreisranking souverän verteidigen. Lediglich die Einwohner der Stadt Leipzig konnten das mit 17482 Euro unterbieten, aber ne Stadt is nu ma ne Stadt, eben kein Kreis…
Die Angaben sind für das Jahr 2015.
Hm, 17725, frach mich wo die Scheine sind. Keller habsch keen, geh mal flink den Garten umgraben…
November 1st, 2017 at 21:34
Sicher, daß das mit dem Gepiercten keine Ente ist? Bei Bildblog flattert (Haha! Wortspiel!) gerade so eine Meldung rein.
November 1st, 2017 at 21:46
Mag sein, mag nich sein, @pantoufle: Habe den Herrn, da ich nich ma die Initialen zitiere (wegen der diplomatischen Verwicklungen) vor vier Jahren hier erlebt.
Verdummt endlich, dann klappts mit der Karriere. Davon abgesehn, Rumpelstilzchen lebt in dieser Welt. Ne, als ……bezeichne ich ihn nich, aber als sdd…und als Mann sach ih ma…da bin ich ja ne Schönheit…
November 1st, 2017 at 21:56
Tucho hat mal einen linken Zugang zum Thema Heimat vorgeschlagen: http://www.textlog.de/tucholsky-heimat.html
November 1st, 2017 at 22:02
@langlode44
Ich wollte die Figur auch nicht in Schutz nehmen – aber wenn sich das die Bild wie üblich aus den Fingern gesogen hat, ist es genau so wenig zitierfähig wie die Initialien.
@Joker
Yep!
November 1st, 2017 at 22:30
@pantoufle: Es war ein Maler, also so was wie ich, der den Nichtgenannten ausm BT kegelte. “Ich würd noch 4 Leute einstelllen, aber…” Dann machs doch du Eierkopp!!!
Für dies Jahr bin ich raus aus allerlei Aktivitäten, werd mich mehr um die bunten Papierschnipsel mühn, vielleicht geht noch was…
@pantoufle: Der ohne Initialen, der mit weitem Abstand dümmste Mensch den ich je kennengelernt habe…
Morgen is Lenka zu Mittag da, andre Geschichte…
Sonnabend Frau Trulla zu Doc…die Großen Zitzen sehn Scheiße aus…
November 2nd, 2017 at 07:47
The Joker: Ich kann da nichts Linkes erkennen. Nur weil da Tucholsky drunter steht? Eine derartig schwülstige Schwärmerei über Landschaft, Natur und Geologie findest Du auch in den Texten der Kastelruther Spasten. Hohe Berge, tiefe Täler und im Hintergrund die Rohrdommel.
Ich möchte nicht unhöflich sein und das Thema hier vertiefen; jedoch: Heimat ist lediglich der nostalgische Wunsch, sich die verlorene Kindheit zurückzuholen, in der man an Bach und Birke oder auf Geröllhalden spielen durfte und noch nicht in den Kampf um die Existenz verwickelt war. Irgendwann rief die Mutter: „Essen ist fertig! Aber erst die Hände waschen!“ Eine Schimäre.
November 2nd, 2017 at 10:06
#9
“Was soll denn da zu sehen sein?!”, fragte der Blinde.
November 2nd, 2017 at 11:33
@Kalo
Das Gedicht erschien 1929 in »Deutschland, Deutschland über alles« – wenn man noch ein Original ergattern kann: John Heartfield hat es bebildert. Es wurde zu einem von Tucholksys größten Bucherfolgen, obwohl der Börsenverein den Boykott des Buches durchzusetzen versuchte. In einer zeitgenössischen Rezension wurde es auch als »politischen Baedeker« bezeichnet. Viele von Tucholskys bekanntesten Texten finden sich darin. Am Anfang findet sich als Motto Hölderlins »so kam ich unter die Deutschen« und es ist immer wieder erstaunlich, wie wenig Patina Motto wie Inhalt angesetzt haben.
November 2nd, 2017 at 11:58
Rowohlt hatte das irgendwann auch noch mal aufgelegt, zwar nur als Taschenbuch, aber mit den Illustrationen.
November 2nd, 2017 at 12:45
Was der Kretschmer nu aber wirklich gesagt haben soll… macht’s auch nicht wirklich besser.
November 2nd, 2017 at 20:22
Ich hör immer Sachsen. Meine Güte, diese Pseudosachsen da im Osten, wissen doch gar nicht was ein echter Sachse ist. Schon die Frisuren. Gruselig. Wie man ein echtes Sachs zwischen den Zähnen hält, wissen sie auch nicht. Was wollen diese Pseudobarbaren?
November 2nd, 2017 at 21:48
Die Pegidalafisten aus dem Tal der Ahnungslosen, die schon 1989 mit “Helmüt, Helmüt” die D-Mark herbeibrüllten, bewirken nur eines:
Ich beginne zu glauben, dass die FDP recht haben könnte – was die Soli-Abschaffung angeht.
November 2nd, 2017 at 23:14
#11
Ja, eine Zierde jeder gutsortierten Bibliothek.
Die Souveränität T.s vermisse ich hier im blog zur Zeit. Man denke nur, wenn da statt “Sachse” “N.” stünde oder “J.” oder gar “F.”! Es wär nicht auszuhalten vor lauter aggressiver Pauschal- und Vorurteile.
November 2nd, 2017 at 23:24
“F.”? Whut’s dat?
November 2nd, 2017 at 23:26
Brauen ohne B.
Mit F.
November 2nd, 2017 at 23:36
Wow, ein Poet! Btw.: Lesekompetenztest bestanden, sacht der Säzzer.
November 3rd, 2017 at 11:33
Zu pauschal – zu viel Verschiebung, um ja nicht mal ins eigene Kaff schauen zu müssen, was sich da so seit Jahrzehnten zusammenbraut. Nix unterscheidet die Sachsen derzeit von den Franken, den Bayern, ja selbst den Pommern, Slowaken, Tschechen, Magyaren, Russen, Frängfurdern oder Schotten.
“Myself first” ist das gelebte Ergebnis der immerwährenden medialen und gesellschaftspolitischen kapitalistischen Gehirnwäsche. Der Ossi ist in seinem Lernverhalten nur eben sehr …. gonsegvent.
Nich, dass es das besser machen würde. Aber den Latsch müssen wir uns alle anziehen. Auch das war schon immer ein “Integrationsproblem”. Und zur Integration gehören immer alle … oder eben keiner.
November 3rd, 2017 at 12:13
#19
Bitter?
Antidot, nicht überraschend: Nachdenken, um glücklich zu werden (Spinoza).
Das verdammte Geworfensein. (Muß man nicht heideggersch esoterisch mystifizieren.) Aufwachsen in der Dumpfheit einer Familie, die sich unter ihr Schicksal duckt. Wenig Glück gehabt. Vieles wieder verloren. Wünsche und Ergebnis passen nicht, die Decke ist immer zu kurz. Frustration. Betäubung. Sich wegwünschen. Mangel an Selbstvertrauen. Mangel an Entschlußkraft. Verzweifeltes Festklammern an trüben Hoffnungsresten: das darf nicht wahr sein, so schlimm darf es nicht wirklich sein, ich muß doch auch mal was kriegen. – Und dann endlich ein kleines Glück: passabler Job, erträgliches Einkommen, kleiner Frieden, Vati, Mutti, Kinder – Bange, wenn das wieder ins Rutschen gerät, bange, bange.
Und das ist in Hattingen, Essen, Bremen, Schweppenhausen etc. anders als in Sachsen?? Ich glaub’s nicht.
Der Unterschied ist nur, daß der letzte große Geschichtsbruch im Westen schon lange ausgeheilt ist, zwei Generationen her. Die Ostler sind gerade erst durch eine Mühle der Veränderungen gedreht worden, in der sie immerzu Objekt waren, nie Subjekte. Keine verbindende Erzählung, keine gemeinsame Idee, an der ein “Wir schaffen das, wir bringen’s, und gemeinsam” hätte sich bilden können, den Rücken gerade zu machen, selbst etwas aufzubauen. Mitlaufenmüssen, nach der Decke strecken müssen, dem Chef ums Maul gehen müssen, während einem, in grausamer Ironie, das Mitläufertum der Vergangenheit um die Ohren gehauen wird …
Ein schreibender Beobachter hat 1989 im Osten sagen hören: “Nie mähr minderwertsch sein!” Tja, kann man da nur sagen, das war wohl nichts.
Ist es verwunderlich, daß manche nicht Kraft, Klarheit und Selbstvertrauen genug aufbringen, mit der Enttäuschung fertigzuwerden, ohne Projektionen als Krücke einsetzen zu müssen?
Anekdote, anderes soziales Stratum: vor fünfzehn Jahren sitze ich an der Uni mit einem Privatdozenten zusammen (der inzwischen auch freigesetzt ist), ein fast-schon-Juniorprof dabei, der cool und lächelnd anmerkt, daß wir uns doch keine Gedanken machen müssen, es stünde ja die größte Erbschaftswelle der deutschen Geschichte an. Sieh an, sage ich mir, so leicht kann es sein, wenn man auf der richtigen Seite der Geschichte geboren ist, sieh mal an. In den frühen Neunzigern war es en vogue, zu diagnostizieren, daß man im Westen schon längst ironisch existiere, denn Schicksal gebe es nicht mehr, die Ostler müßten das noch lernen.
Nun, ich denke, die Ostler haben gelernt, was Schicksal ist, gehoben oder geworfen zu werden, während man nicht besser oder schlechter als der Nachbar ist. Einige Westler eigentlich auch, z. B. hier: https://www.blaetter.de/archiv/jahrgaenge/2016/august/exzellente-entqualifizierung-das-neue-akademische-prekariat.
Und flatter? Doch wohl auch.
November 3rd, 2017 at 14:43
@peinhart@13: das is ja der witz; der scheiss hätte locker gereicht. is halt bischen komisch ein infantil reduziertes und verfälschtes zitat als empör-headline der BLÖDBLÖDERBLÖDEST einfach so als fakt abzuheften, nur weils einem gerade gut in den kram passt. ausgerechnet BLÖD. das drecksblatt, das seit 60 jahren scheisse und lüge quasi als markenzeichen vor sich herträgt.
November 3rd, 2017 at 14:55
@kalo(21): Mit “Schicksal” kann ich nichts tun. Dass es ganz entscheidend ist, in welcher Klasse du geboren wirst, versteht sich hier. Aber ist Kapitalismus wirklich “Schiksal”?
Der Titel des Artikels ist wie immer kein Zufall; in der Klammer hätte auch etwas anderes stehen können, aber die Sachsen machen es einem so herrlich leicht derzeit. Was ich meinem Klischeé vom Sachsen nie verziehen habe, ist die Naivität, mit der er Helmut angehimmelt hat. Derweil hat mein eingeschaltetes Hirn nicht nur keinen Bezug zu ‘Schuld’ (und hat daher nix zu verzeihen), es schickt auch regelmäßig Adrelalinanfragen an die Nebennieren bei Sätzen mit “die”. “Die” Sachsen, Türken, Griechen, Asylanten, Amis, Juden, Freimaurer. Solche Sätze sind selten etwas anderes als ein Dokument der Dummheit ihres Sprechers. Freilich macht es Spaß, “die Sachsen” vorzuführen – weil in ‘Rücksicht’ auf das Bild des Sachsen, der ‘die’ Flüchtlinge besser kennt als jeder, dem schon mal welche begegnet sind, wird ja hier Politik simuliert.
November 3rd, 2017 at 16:33
Gewiß, das Wort taugt analytisch nicht; es war ja auch literarisch zu Hilfe genommen, für die Betonung. Um zu beleuchten, daß manch häßliches Benehmen von Bedrängnis hervorgetrieben wird, in der sich kalte Zwänge und privates Ungeschick treffen.
Für die Frage nach dem Kapitalismus (Privatkapital als Eigentümer wesentlicher Produktionsmittel) müßte ich dennoch schon wieder literarisch pointieren: der ist vorerst unser Schicksal. Den werden wir nicht abschaffen, das kann nur er selbst. Trübe ist natürlich, daß es in Deutschland, nicht nur in Sachsen, kaum einen politisch gestimmten Freisinn gibt, der die heute schon möglichen Freiräume aktiv sucht, weitet, bespielt.
Dabei treffe und traf ich auch in Sachsen immer wieder Menschen, die nicht ohne Klarheit sind. Nicht nur ich habe mich am 19. Dezember 89 in Dresden fremdgeschämt (oder Mitte November in Westberlin, oder am 1. Juli 90 in Ostberlin, oder am 3. Oktober 90 überall).
Flüchtlinge … das heikle Thema. Dazu nur eine Bemerkung: es liegt eine tiefe Demütigung darin, erkennen zu müssen, daß man jetzt mit Menschen konkurriert, die aus Not willens sind, sich weit unter Niveau zu verkaufen – noch weiter als bisher. Muß ich als ordentlich gelernter deutscher Ingenieur, Sachbearbeiter, Techniker, Kraftfahrer jetzt auch in den Schlachthof, auf den Bau, den Gemüsemarkt – wie die syrischen Ärzte, libyschen Anlagenfahrer, afghanischen Lehrer? Diese diffuse Angst wird hineinspielen. In den 80er Jahren frustriert in den Sackgassen einer zerfallenden Gesellschaft, in den 90er Jahren unter Ängsten, Mühen, Verlusten etabliert – jetzt schon wieder unter ungreifbarem Druck??
Gewiß: wie man die vielen Deutschen, die es nötig hätten, zum Kopfheben ermuntert, wie man sie dazu bringt, nach dem Scheitern angehimmelter Anführer nicht wieder in Selbstbetrug zu verfallen und Sündenböcke zu suchen, weil sie vor der selbstgesuchten Obrigkeit keinen Arsch in der Hose haben – das weiß ich auch nicht. Vor allem, wenn die neuesten Agenten der Unfreiheit nicht mehr so deutlich “die da oben” sind, sondern “der Sachzwang, leider”.
November 4th, 2017 at 10:34
Dem letzten Satz gehorchend anbei eine für mich wertige Leseempfehlung zum Thema D, “Heimat”, links, Lenins “Was tun” und der immer wieder neu entfachten Diskussion über den rechten (hehe) zur Weltverbesserung, oder bescheidener deren Analyse ohne Schildzuweisung an Einzelne (oder Gruppen)
https://www.rubikon.news/artikel/rechtsruck-in-deutschland-5-6
November 4th, 2017 at 14:03
Mit dem Reichschen Erklärungsansatz habe ich so meine Schwierigkeiten. Es geht irgendwie nicht recht auf, wenn betont wird, daß es die deformierten *Charaktere seien, die politische und institutionelle Fehlentwicklungen erst ermöglichten, zugleich aber richtig und konsequenzlos konzediert wird, daß die Deformierung der Charaktere durch z. B. verkehrte Erziehung, also schiefe *Verhältnisse unter Menschen, entsteht. Was denn nun? Ja – beides.
Damit wird es aber nicht mehr so einfach, zu sagen: dieses eher als jenes. Es ist ja nur analytisch zu trennen, in re ist es eines und dasselbe, aus verschiedener Perspektive. Wir sind als Kulturwesen unterwegs, herauszufinden, wie die Gesellschaft organisiert sein muß, in der wir so aufwachsen und leben können, daß wir jede Minute unseres Daseins bejahen können. So lange wir hier den Weg nicht finden, werden immer wieder mentale Fehlstellungen von schiefen Verhältnissen erzeugt, die durch mentale Fehlstellungen reproduziert werden. Unsere personalen Dispositionen werden durch die Verhältnisse – Abhängigkeit, Unterdrückung, Gewalt – geformt und unsere Dispositionen bestimmen, wie wir uns – alltäglich, automatisch, instinktiv – zueinander verhalten.
Denoch danke für den Hinweis; auch, weil er auf den Text verweist, den ich gern zitiert hätte, aber nicht wiederfand: http://plus.faz.net/politik/2017-08-05/d257cc131f51e76236b31d7a7f32d714/