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Ich wurde ausgetrickst und bin zum Anfang Oktober nach Barcelona geflogen. Der Anrufer meinte, ich hätte 15 Minuten Zeit zu entscheiden, ob ich mitfliege. Dass am 01.10. das Referendum war, hatte ich dabei nicht auf dem Schirm. Aus unterschiedlichen Gründen sagte ich also zu.

Vorab: Ich finde fliegen scheiße. Der alte Mann hat sich zum ersten Mal in solche Kisten gesetzt, die dröhnen wie Hulle, den Schädelinnendruck ständig ändern und einen so schnell von A nach B bringen, dass man gar nicht mitkriegt, eben gereist zu sein. Das einzig Geile ist aus dem Fenster Gucken. Dafür muss ich das aber nicht öfter machen. Wir bleiben in der Provinz!

Was tue ich hier?

Barcelona also. I’ve been tricked, reingelegt! Unter anderem, weil ich es gar nicht mag, wo herum zu touren, wo ich nada von der Landessprache verstehe. Schon Spanisch nicht vorhanden; Katalan negativ. Dabei wäre es so spannend gewesen. Man kann sich mit Englisch so weit behelfen, dass es fürs Gröbste reicht. Gespräche kommen so eher nicht zustande. Dabei hätte ich doch gern gewusst …

Beschränken wir uns also auf visuelle Eindrücke und die drei Brocken, die mein Latein und das Englisch der Anderen zulassen. Es kreisten schon am Freitag ständig Hubschrauber in der Luft, 24 Stunden lang. Der Polizeistaat hat sich sehr präsent gezeigt und bekanntermaßen am Sonntag dümmst möglich zugeschlagen. Das Ereignis selbst habe ich vor allem im Fernsehen verfolgt. In den Teilen der Stadt, in denen ich herumgelatscht bin, war es ruhig.

Am nächsten Tag war die ganze Stadt auf den Beinen, vor allem das scheinbar gesamte Jungvolk. Wenn es die Absicht der Zentralregierung war, die Kluft zwischen ihr und den Katalanen auf unendliche Weiten zu prügeln, kann man nur gratulieren. Montag bin ich in eine Demo geraten. Die Stimmung war gelöst und friedlich, als seien sie froh, dass die Guardia Civil mit ihren Gummigeschossen die Entscheidung endgültig herbeigeführt hat.

“Si” heißt nein

Rajoys Machtdemonstration ist insofern voll nach hinten losgegangen. Ich weiß ja mangels Sprachkenntnissen nicht, was genau die Katalanen eigentlich dazu veranlasst, sich von Spanien zu trennen, aber das dürfte inzwischen egal sein. Vor allem die Jungen haben offenbar das Bedürfnis, Einfluss zu nehmen auf ihre Situation, auch wenn es weder überzeugende Gründe gibt noch irgendwer weiß, wohin das führt. Ein einiges “So nicht!” und “Ihr nicht!” fühlt sich einfach gut an.

Rational ist da wenig. Warum eine Region, die sich abspalten will, einen Generalstreik veranstaltet, will sich mir nicht erschließen. Obwohl: Wenn in Barcelona die Busse und Taxen stillstehen, wird das Herrn Rajoy vielleicht schlimm beeinträchtigen und er von allen Ämtern zurücktreten. Wer will schon einen Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden, der sich den ganzen Tag einen Ast lacht?

p.s.: Den einen noch, den hatte ich sogar im TV schon verstanden. Sagt die Zentralregierung: Das Verhalten der Polizei (bzw. der Guardia Civil) war “professionell und angemessen“. Aka “Es gab keine Polizeigewalt”. Das kann ich auch zu Hause haben.