Parusie vs. Parodie
“Er war Maximaß Popcorntüte, erstklassiger Fassadenglamour, ein gleißendes Strassjuwel am Wühltisch des politischen Modeschmucks“, rief ich ihm einst nach und: “Hätte der Mann ein bisschen mehr drauf als wirre Reden und sein Talent für virtuoses Fettnäpchen-Twister, würde er vielleicht eine Abwrackprämie für Staatssekretäre und sonstige Ministerialbürokraten einrichten“. Jetzt droht er ernsthaft mit Rückkehr und startet mit einem mächtigen Salto ins – Fettnäpfchen.
Gutti ist wieder da, hält eine Rede, vor einem Pult, damit man ihn nicht verdächtige, er halte eine “abgeschriebene Rede” und macht als nächstes einen geklauten Sprachwitz. So kennen wir ihn. Voller Demut vor seiner Größe. Während die Einen dazu trommeln: “Diesen prominenten Politikern gelang ein Comeback” (warum nicht “diese Versager sind mehrfach gescheitert”?), findet Sebastian Beck in der SZ deutliche Worte; man kann gar nicht genug davon zitieren. Hier nur so viel:
“Das Problem bei Guttenberg ist nur, dass man bei ihm nicht weiß, ob seine leuchtende Aura nun ein Heiligenschein ist oder radioaktive Fluoreszenz. [...] Es wäre ihm aber zu wünschen, dass er einfach mal ein paar Jahre lang als Normalo in einem Kabinett seinen Job macht und nicht wieder auf die eigene Inszenierung reinfällt. Das wäre eine brutal harte Prüfung für KT.” In Bayern stehen sie aber eher auf Drecksäcke. Ihr erinnert euch?
Der gute Boss
In demselben Medium wird – ein Glück – Edzard Reuter (SPD, Ex-Daimler-Chef) hinter der finalen Bezahlschranke versteckt, wo er “mehr Steuergerechtigkeit” fordert “und erklärt, warum moralisches Handeln der oberste Maßstab sein muss.“. Ein Soze halt. Die kannst du auch ganz vorn fürs Kapital einspannen und sie erzählen dir immer noch was von Moral und ‘Gerechtigkeit’. Es gibt kein System. Nur gute und böse Bosse. Wir müssten nur die guten ans Ruder® bringen [und gelegentlich ein paar Hundert Aufständische erschießen. Säzzer].
Die Russen sind da
Während die Einen noch den zäh an ihnen saugenden Sumpf durchwaten, um nach so etwas wie Wahrheit zu suchen, haben die Anderen sie gepachtet und machen fröhlich Franchise damit. Der Russenhass beim SpOn bleibt auf einem Niveau, das im Kalten Krieg als übertrieben wahrgenommen worden wäre.
Unter “Was plant Moskau?” delirieren sie sich zusammen, wie der Russe unsere Bundestagswahl manipuliert. Ein Lehrstück an Schmierenjournalismus, in dem jede noch so paranoide Wahnidee in Stellung gebracht wird. Der Stil könnte verräterischer nicht sein, findet sich doch kaum ein Satz im Indikativ. Alles hätte, wäre, könnte, womöglich. Oder auch nicht, ihr Bettpfosten. Money Quote:
“Kommt der perfekt terminierter Angriff mit Bundestagsdaten?”
Nein, aber der Praktikant mit dem Grammatik-Duden.
Wer jetzt meint, die SZ sei besser, hahaha! Die lassen sich vom Spiegel verseuchen und Mascolo auftreten, im Bunde mit Recherchelegende [Sauerstoffzelt! Defi! Einen Priester! Säzzer] Leyendecker. “Wo bleiben die Russen?” fragen sie, und Fefe antwortet:
“Es gibt da eine legendäre Episode von Ernie und Bert in der Sesamstraße. Ernie hat eine Banane im Ohr. Bert will wissen, wieso. Ernie meint, das schreckt Krokodile ab. Bert so: Hier gibt es gar keine Krokodile. Ernie so: Siehste? Funktioniert!1!!”
Keine weiteren Fragen, Euer Ehren!
September 1st, 2017 at 14:23
Wen interessiert eigentlich KT und wer braucht den wofür?
“Die Russen sind da”
SPON betreibt extremste Desinformation. Konjunktiv 2 only – na dann könnte Trump auch ein Reptiloid sein.
September 1st, 2017 at 22:20
@ Mordred
Die Amigos werden sich wohl für ihren KT interessieren, weswegen er “als Wahlkämpfer für die CSU in den kommenden Wochen mehrere Termine in Bayern absolvieren will.” Bürger Blöd war von der nichtssagenden Rede begeistert und er wird es auch wieder sein.
September 2nd, 2017 at 08:53
Ich bezeichnete ihn einst als “bajuwarische Wichsvorlage für notgeile Katholiken” und prophezeite: “Er wird ein guter Ministerpräsident von Bayern werden, in die Alpen-Mafia passt er geschmeidig hinein wie ein geklauter Textbaustein.”
Das hat mir damals einige nette Mails von Bundeswehrangehörigen beschert.
http://kiezschreiber.blogspot.de/2011/02/der-lugenbaron.html
September 2nd, 2017 at 10:04
Die Zeit bleibt doch nicht stehen. In zehn Jahren wird Herr Guttenberg mit dem Slogan “Make Europe Great Again” die Parteienlandschaft neu aufmischen. Schon jetzt schaut die CSU-Basis auf den Aufschrei des liberalen Bildungsbürgertums und denkt sich: Wenn die Linksgrünen ihn so sehr hassen, dann ist das unser Mann. Denen zeigen wir’s.
September 2nd, 2017 at 11:54
OT: Diese Selfies werden auch immer blöder.
September 3rd, 2017 at 17:33
Tröllchen zum Sonntag: Die PARTEI hat die Kontrolle übernommen (yt, 3:56)
September 4th, 2017 at 13:09
Netter Text zur ‘Leitkultur’, gar mit Bezug zum hiesigen Gegenstande:
“So ist es ausgerechnet Karl-Theodor zu Guttenberg, der sein sogenanntes Comeback auf einer Wahlveranstaltung der CSU in Kulmbach dazu nutzte, Begeisterungsstürme beim Thema Leitkultur zu entfachen. Man dürfe nicht zulassen, dass “unsere gewachsene Kultur weichgekocht” werde. Die holzschnittartige Sprache und der plumpe Gedankengang sprechen dafür, dass ihm diese Formulierungen selber eingefallen sind. Dass sich der bekannteste Plagiator des Landes allerdings anmaßt, Lehren über Kultur zu erteilen, straft jede Annahme Lügen, er habe während seiner politischen Abstinenz etwas gelernt.
Wieder ist die Kultur etwas Hartes, das nicht verweichlichen darf, etwas Starkes, das nicht geschwächt werden soll, eine Waffe, der sich Andere beugen müssen. Ganz im Duktus der NSDAP oder, wenn man will, des Islamischen Staats, erscheint sie wie ein Schwert, das man schwingt und nicht wie ein Gedanke, den man aufschreibt, oder wie ein Ton, den man spielt. Nachdem wir schon wissen, wie der Freiherr mit Texten ringt, möchten wir lieber nicht erleben, wie er mit einem Klavier kämpft oder eine Leinwand pflügt. Obwohl es noch die beste Beschäftigung für ihn wäre.”