Rote Horden und der totale Rechtsstaat
Posted by flatter under politik[26] Comments
12. Jul 2017 20:37
Über die Strategie des Staates beim G20-Gipfel ist vieles gesagt worden, auch hier. Näher betrachten muss man noch die Propaganda rund um den Gipfel und seitdem. Das beginnt mit dem Feindbild der “Linken”, das schon fest im Narrativ verankert ist, aber mangels Linker immer blöder wird. Deutschland hat den Kommunismus ausgerottet. Es gibt keine organisierte antikapitalistische Kraft mehr. Die Ideologen des Kalten Krieges können aber nicht ohne und freuen sich umso mehr, dass sie sich kurzfristig welche herbeiphantasieren können.
Beispielhaft ist de Maizières Wahnvorstellung von “orchestrierter” Randale, die von Verschwörern mit “Knopf im Ohr” geleitet worden seien. Propaganda darf jetzt alles. Von der einfachen Lüge bis zur klinischen Paranoia wird alles in die Mikrophone gefeuert, was aus dem geräumten Oberstübchen purzelt. “Knopf im Ohr” – kenne ich. Wenn meine Tochter joggen geht, hat sie so etwas. Sicher orchestriert sie nebenher den kommunistischen Widerstand. Sie behauptet freilich, sie höre Musik. Oder eine Freundin – die fährt sogar Auto mit Knopf im Ohr, um Polizei und Nachbarn zu überwachen. Ihre Schutzbehauptung: sie telefoniere nur.
Welches Detail man sich auch vornimmt, nichts von dem Geplärre hält stand. Es soll aber ja auch gar nicht genauer hingehört werden. Wie gesagt geht es um ein Feindbild, um “die“. “Die Chaoten”, “die Schwerstverbrecher”, “die Mörder”. Auch das sind Lügen, aber vor allem Projektionen. Der Feind ist “barbarisch”, gewalttätig, und zwar “sinnlos”, “radikal”, “extremistisch” und diesmal “links” (sonst ja regelmäßig “islamistisch”). Er ist dabei eine Einheit. Er ist nicht einmal eine Gruppe, denn die wäre noch differenzierbar. Nein, er ist ein homogenes Wesen. Alle gleich, alle eins, alle Feind.
Kein Recht
Mir fielen sofort wieder die Riots in England 2011 ein, als die Unruhen losgingen. Der Anlass wird oft sehr schnell irrelevant, das hält aber die Ereignisse nicht auf. Polizei geht auf Demonstranten los, Hooligans schlagen zurück, Plünderer und Frustrierte schließen sich an. Jeder Einzelne mit seinem eigenen Motiv, seinem eigenen Hintergrund, seiner eigenen Lage. Ihre äußere Erscheinung so unterschiedlich wie die innere Einstellung. Ich habe sie “Hooligans” genannt, weil das Einzige, das sie scheinbar eint, ihre Gewalthandlungen sind.
Der Staat braucht sie, gebraucht sie. Wie nach 2001 ein halber Kontinent in die Steinzeit bombardiert wurde, weil seitdem das Feindbild “Islamist” gepflegt wird, wie seitdem bereits Bürgerrechte im Hintergrund rasiert wurden, soll es jetzt roh und offen zugehen, dank des aktuellen Feindbilds. Hausdurchsuchungen, Festnahmen, Polizeibrutalität – es werden Exempel statuiert. Der Rest des Rechtsstaats weicht dem starken Staat, dem “wehrhaften”. Es sind ja nur die Linken. Wer Einwände hat, ist linksgrünversifft oder “rechtfertigt Gewalt”.
Das Gegenteil ist der Fall. Ich rechtfertige diese Gewalt nicht. Dieser Polizeistaat hat erst alles dafür getan, dass sie eskalierte und übt jetzt die Praktiken totalitärer Regimes. Das ist nicht zu rechtfertigen, zu allerletzt mit der Rechtsordnung, auf die sich die Brandstifter in Nadelstreifen berufen.
Bildquelle oben: Pixabay
Juli 12th, 2017 at 20:58
Wie viele Politiker braucht der Widerstand? Bis runter in die Kreistage: 10.000?
Juli 12th, 2017 at 21:13
Wieso der Link? Da steht doch absolut nix drin.
Juli 12th, 2017 at 21:15
Sry, les’ ich anners.
Juli 12th, 2017 at 22:57
Hat denn keiner dem de Maizières gesagt, dass die Jungs mit dem Knopp im Ohr VS-Leute waren…?
Juli 13th, 2017 at 01:37
“Nichts braucht die Welt dringender als eine Alternative zu der Politik, die von der Mehrzahl der westlichen Länder seit Jahrzehnten gefahren wird. So lange sich aber diejenigen, die dagegen sind, nicht wenigstens auf Grundsätze einer anderen Politik einigen können, macht sie es den Verteidigern der Alternativlosigkeit allzu leicht.”
“Wieso der Link? Da steht doch absolut nix drin.”
Genau das ist unser Problem!
Juli 13th, 2017 at 07:16
Der Mann ist fähig, ein Musikhandy von einem KGB-Funkgerät zu unterscheiden. Wie er das macht? Hat er einen DVD-Schuber mit James-Bond-Filmen im Wohnzimmer? Vielleicht nicht, das kann auch ein Gedankenfetzen aus einer Lagebesprechung gewesen sein, der unhinterfragt an die Öffentlichkeit getragen wird. Am Ende wird so eine Fehlbeobachtung zum Anlass für ein neues Gesetz. Ist das weniger schlimm als einen Krieg zu beginnen?
Juli 13th, 2017 at 08:18
“Nichts braucht die Welt dringender …” als diese “demokratischen” Systeme, diese “demokratischen” Wahlen und diese Berufspolitiker die dieses repräsentieren!
Juli 13th, 2017 at 09:03
@1 @5
Die Argumentation von Flassbeck spielt doch den konservativen und neoliberalen Hetzern voll in die Hände. Die Behauptung, Linke hätten nur Kritik/Genörgel und brennende Autos, aber keinerlei Alternativen anzubieten, wird durch die ewige Wiederholung dieser Phrase auch nicht wahrer.
Die Blätter für deutsche und internationale Politik, die Nachdenkseiten, Attac, ProAsyl, die Linkspartei, linke Blogs wie Feynsinn hier, linke Ökonomen, Jean Ziegler usw. usf. formulieren seit Jahrzehnten Alternativen zur herrschenden Politik. Man muss ihnen nur zuhören wollen und nicht sofort alles gleich als utopische und/oder sozialromantische Spinnerei abtun.
Juli 13th, 2017 at 09:15
Es lohnt nicht, mit Leuten zu diskutieren, die vorab eine Distanzierung von mir verlangen, glechzetig von Gehwegplatten reden, die vom Dach des besagten Hauses in der Schanze geworfen wurden und den diffusen Begriff “Schwarzer Block” undifferenziert von den MSM übernehmen.
Ich habe mir die Mühe gemacht, alle YT-Videos zur Gehwegplattenbahauptung angesehen und nichts gefunden, was den Vorwurf belegt. Trotzdem wird dies in der SZ und in diversen Talkshows immer wieder behauptet.
Falsch ist auch die Behauptung, derartige Gewaltexzesse habe es noch nie in D. gegeben. In Wackersdorf wurden Demonstranten von Hubschraubern aus der Luft mit Gasgranaten beschossen – es gab eine Tote. Die autonome Strategie war erfolgreich, weil sie den Rückhalt der Einheimischen hatte.
Hier ab Min. 2:20 die Aussage, dass der Mannschaftsbuss der Polizei nicht von den Autonomen, sondern von den bürgerlichen Demonstranten in Brand gesetzt wurde. Bereits 1986 waren das unisono alles Terroisten:
https://www.youtube.com/watch?v=DCrHbOhHhT8
Juli 13th, 2017 at 12:56
@altautonomer: Ich seh das genau so. Das Beuth jetzt vor die Kamera tritt und sagt “…auch ich trage dafür die Verantwortung”, wärend Scholz und Co. stoisch meinen das sie u. die Polizei alles supi gemacht haben, ist an Ignoranz nicht mehr zu überbieten. An Beuths Stelle hätt’ ich ein Scheiß gemacht.
Ich habe in meinem Leben noch nie ein Auto abgefackelt (das unterscheidet mich von so manchem “braven” Bürger der die Versicherungsprämie abkassieren wollte), deswegen werde ich auch nicht “Sorry” sagen wenn es ein anderer tut oder ich ihn nicht davon abgehalten habe.
Juli 13th, 2017 at 13:56
[...] und heute nochmal nachlegte mit Rote Horden und der totale Rechtsstaat: [...]
Juli 13th, 2017 at 16:52
Noch’n paar Details – von in Tiefgaragen eingegrabenen SEK’s, die dann aber wohl eine pauschale Freigabe zum Gebrauch von Schußwaffen hatten, vom durchaus nicht unwichtigen Faktor Zeit und von zerstörten Funkgeräten. Warum muss ich da bloss immer an den Klassiker von Seyfried denken…?
Juli 13th, 2017 at 17:39
Die Polizei ist heute so gekleidet wie die miesen und brutalen Schurkenhandlanger aus älteren Science-Fiction Filmen. Ähnlichkeiten sind sicherlich rein zufällig und unbeabsichtigt. Vor den maskierten Schurkenhandlangern habe ich mich immer gefürchtet. Jetzt gibt es die hier wirklich. Auf Demonstrationen findet man mich daher nicht mehr. Im Grunde verhalte ich mich damit zielkonform. Mehr will man doch auch gar nicht.
Juli 14th, 2017 at 10:39
Weitere Nachlese, hier mal ein besonders beherzter Schuss auf den Vogel:
“Herr Krug, angesichts Ihrer Schilderung drängt sich das Bild auf, der Linksextremismus der 1930er Jahre ist in Deutschland wieder auferstanden, nur diesmal nicht in brauner Farbe, sondern in schwarzer und roter Farbe …”
Achtung – Mises!
Juli 14th, 2017 at 11:19
Stalin soll ja Hitlers Mutter gefickt haben – um das Niveau ein wenig zu heben.
Juli 14th, 2017 at 12:00
Neues vom Scholzofon: “Polizeigewalt hat es nicht gegeben.”
Ach so, na dann …
Juli 14th, 2017 at 13:46
@ 8
“Widerstand ist geboten, aber Widerstand gegen „das System“ ist kontraproduktiv, wenn man nicht einmal versucht, sich auf Alternativen zu einigen.” Aha, das ist also der Dienst für die Neolibs. Wo sind denn die Versuche sich auf ein alternatives Konzept zu einigen(!!!)? Jeder hat einen “besseren Vorschlag” (sprich Idee), sonst nix.
Wie soll den eine Transition/Konversion aussehen? Und in was?
Du hast ja nicht Unrecht, Flassbeck auch nich, den Rest regelt die Filterblase – ich brauch halt deren zwei, und?
Juli 14th, 2017 at 16:24
OT: Schon mal was von Ueberau gehört? Sachen gibt’s …
Juli 14th, 2017 at 16:53
Fefe über verletzte Cops – ich hatte mir bereits gedacht, dass die meisten Verletzten auf Friendly Pepper zurückzuführen sind, aber dass die Dutzende deyhdrierte Cops mitzählen, das ist schon ziemlich der Hammer. Auf Seiten der Linksterroristen, so höre ich, sind es Hunderte (auch dehydriert, zu viel Astra).
Juli 14th, 2017 at 18:55
@Peinhart 14: Das ist doch Satire, oder?
Juli 14th, 2017 at 19:19
@Fred – Nee, das ist Teil des schon länger laufenden Versuchs, auch noch das Dritte Reich auf links zu drehen, nur in einer besonders ‘unauffälligen’ Variante… Der Fragesteller schaut nur mal so ganz nebenbei, ob das schon als ‘gebongt’ durchgeht, und bei einer ganz bestimmten Klientel ist das offenbar auch tatsächlich schon der Fall. Ansonsten wird weiter dran gearbeitet.
Juli 14th, 2017 at 19:45
Passt schon: Nazis hat es nach Adenauer schon 1946 nicht gegeben; nur Totalitäre, weil sie sich dem EInfluss der Kirchen entzogen haben. Seitdem ist das Böse links, und je weniger man noch etwas von Nazis oder Kommunisten weiß, desto eher kann man solch wirren Schwachsinn verzapfen. Ist halt Geschichte, da kennt man sich eh nicht aus.
Juli 14th, 2017 at 20:03
Geschichte ist Knopp – aber der ist ja nun mal jetzt in Rente. Aktuell taucht auch vermehrt die Mär auf, der ‘Linksextremismus’ sei bislang – nach ’68 – von allen eher gehätschelt worden, die Behörden auf dem ‘linken Auge blind’ gewesen, man habe sich seit Jahren immer nur auf den Rechtsterrorismus konzentriert. Mit den Zeiten ändert sich eben auch die Vergangenheit…
Juli 15th, 2017 at 11:52
Damit wäre auch das Narrativ geschaffen, warum die Aufklärung des NSU-Terrors -mit so vielen Ungereimtheiten, toten Zeugen, Fehlern, Pannen, geschredderten Akten etc.- keine Relevanz mehr hätte. Es ist somit auch kein Skandal. Schließlich müsse man sich jetzt um die roten Horden kümmern. Und die seien ja kein Stück besser.
Juli 15th, 2017 at 15:31
Das geht noch besser: “Linksextremistische Syrien-Rückkehrer” sind der Hot Shit. Mutter, hol’ mich vonne Zeche …
Juli 16th, 2017 at 10:33
Flatter, dass interessante bei solchen “Nachrichten” ist doch, dass sie immer ganz knapp gehalten sind und mit Textbausteinen wie “…nach Erkenntnis des BKA…” brillieren.