Bundesarchiv B 145 Bild-F041446-0036 / Reineke / CC-BY-SA 3.0
Er war der Kanzler der Einheit. Der deutschen Einheit. Der europäischen Einheit. Der Währungseinheit. Der Einigkeit. Der Dreieinheit. “Noch im Tod brachte er Menschen zusammen“, stellt der kritische Journalismus fest. Ja, ich habe es am eigenen Leibe erfahren. Als mir Helmut erschien, überkam mich sofort, unverzüglich, der Drang mich zu vereinen. Hunderte Kollegen standen beieinander, nachdem sie die Fotos von Kohls Erben geschossen hatten. Vereint in Trauer und Helmut Demut.
Allein die deutsche Einheit, sie ist sein Werk und alle danken es ihm unter Tränen. Wer erinnert sich nicht daran, wie die DDR-Bürger, die nichts hatten, ihm ihre letzten Lebensmittel zuwarfen als Zeichen ihres Respekts. Wie er sich durch die Massen wälzte, um den Spender persönlich zu umarmen? Seine Dankbarkeit gegenüber Spendern war legendär wie seine Treue und Zuverlässigkeit. Wer sich ihm anvertraute und die richtige Einheit mitbrachte, war sicher wie das Gold in Fort Knox.
Gleich nach dem ersten Schultag bringt “Helle” – das war sein Spitzname – ein paar seiner neuen Freunde mit nach Hause. Als Schüler ist er eher mittelmäßig.
Die europäische Einheit, der Euro, eine einzige Erfolgsgeschichte. Alle sind unter einem Dach vereint: Geber, Nehmer, Schuldner, Gläubiger, Importeure und Exporteure, Große und Kleine, Arme und Reiche, Schwache und Starke – und alle lieben Helmut. Sie werden auch Wolfgang lieben lernen, Helmuts treuen Truchsess, der den deutschen Koffer längst gegen die europäische Kreditkarte getauscht hat. Es ist Ordnung, wo Helmut seinen Samen gesät hat. Deutsche Ordnung ist europäische Ordnung, und alle folgen sie. Alle sind sie vereinigt und können gar nicht mehr loslassen von Helmuts Europa.
Wir werden sein großes Herz vermissen. Sein Herz für Spender – Flicks, Schreibers, Ehlerdings, seine jüdischen Freunde; unvergessen! Sein Herz für Gestrauchelte und Vergessliche wie seine Minister Zimmermann, Kanther und Lambsdorff oder seinen Vize Leisler-Kiep. Bei Kohl hatten viele eine zweite Chance auf ein drittes Gehalt. Rührend auch sein väterliches Verhältnis zu Journalisten und Medien; bald streng, wenn die Kleinen dem gefährlichen Rotfunk zu nahe kamen, bald großherzig, wenn die Großen auf dem rechten Weg waren.
Bahnbrechend seine Genderpolitik. Kein anderer Kanzler lebte so offen seine Männerfreundschaften: Strauß, Flick, Kirch, Mitterrand, Thatcher, Reagan, Clinton, Jelzin. Zwischen Sauna und Saumagen steht Kohl für die zweite sexuelle Revolution. Auch seine Expertise in Fragen einer visionären Wirtschaftspolitik ist sprichwörtlich: Treuhand, Soli, sechzehn Jahre Aufschwung. Schon in fünf Jahren wird niemand mehr von Problemen der Einheit sprechen und die blühenden Landschaften bewundern, die seine Politik wird geschaffen haben. Ein Gigant. Ein Koloss. Ein Titan. Ein Gott!
Juli 2nd, 2017 at 16:30
Ach, diese gelegenheit: Bequeme Stellung (3:55)
Juli 2nd, 2017 at 17:45
Deine Prosa fickt mein Gehirn.
Der antike Schreiberling, nenn ihn Catull, Vergil, oder Seneca, er fordert den gebildeten Leser ein. Zähle auch Sappho dazu, wenn Dir Gender wichtig ist.
Kein Text ohne Allusion, kein Vergnügen ohne Wissen.
Danke, dass ich auch hier dabei sein durfte.
Juli 2nd, 2017 at 21:23
“Deutsche Ordnung ist europäische Ordnung, und alle folgen sie.”
Es ist ja nicht so als ob ich meine Sprache immer fehlerfrei behersche, aber da glaube ich einen Fehler entdeckt zu haben.
Ansonsten hat die Kohlroulade, ein wirklich schmackhaftes Gericht, schwer an Beliebtheit verloren.
Ja, Helmut Kohl kills die Kohlroulade!
Das war sein größter Frevel.
Stell dir vor du hast Hunger und zwei Teller stehen vor Dir.
Auf dem einen lecker Kohlroulden, auf dem anderen €- Scheine.
Welchen Teller wählst Du?
Juli 2nd, 2017 at 21:32
Sprachlich ist da kein Fehler.
Juli 2nd, 2017 at 22:11
[...] Helmut Kohl Was für ein Nachruf [...]
Juli 3rd, 2017 at 05:28
Als “Indonesier” besteh ich darauf. Bei Kohls gradezu “fortschrittlichen” Männerfreudschaften hast du in deiner, natürlich nicht vollständigen, Aufzählung, seinen Duzfreund (Sie u. Du gibt es im Indonesischen auch), den Liebling des Westens, Faschisten und strammen Antikommunisten Suharto unterschlagen.
Eine innige Freundschaft die bis zu Suhartos Tod im Jahre 2008, also zehn Jahre nach Suhartos Rücktritt, bestand.
Juli 3rd, 2017 at 09:49
Den Leichnam durch sein Europa hin- und hergekarrt. Am Strassenrand das rührselige Publikum. Die Medien im Dauerbetrieb über die Berichtersattung einer endlos scheinen Beisetzungszeremonie.
Erinnert mich alles an den Witz: “Na, wie war die Beeerdigung?” “Ein Erfolg, der Sarg musste mehrmals wieder hochgezogen werden, so sehr hat das Publikum applaudiert.”
Juli 3rd, 2017 at 12:35
Eine wirklich abgemessene Würdigung, die ohne Streckungen und Dehnungen auskommt und es eingestampft auf den Punkt bringt.
Juli 3rd, 2017 at 13:20
Ohne seinen kapitalistischen Führungsoffizier, den Altnazi Fritz Ries, hätte Kohl seine phänomenale Karriere gar nicht machen können.
http://www.spreeblick.com/blog/2007/05/04/die-erfinder-von-helmut-kohl/
Juli 3rd, 2017 at 19:28
OT – Maas legt nach: “einem vorab an die Medien durchgestochenen Redemanuskript nach [fordert er] ein neues “Antidiskriminierungsgesetz für Algorithmen gegen digitale Diskriminierung und für vorurteilsfreies Programmieren”, das es einer neuen “Digitalagentur” der Bundesregierung erlauben soll, sich in die Algorithmen von Google, Facebook und anderen Unternehmen einzumischen.” Quelle
Juli 3rd, 2017 at 20:10
Yo, diese Mischung aus Eichmann, Kinski und Lübke hat immer noch Luft nach oben. Chapeau!
Juli 3rd, 2017 at 21:35
Eine Kombination von “Tour de France” und Trauerumzug wäre eine schöne Verneigung vor dem euopäischen Spirit gewesen,den H.K. so formvollendet “verkörperte”…
“Hannelorre,isch glaub sie holen misch ab!”
Juli 4th, 2017 at 08:37
G 20
Etliche Linke haben sich viel Mühe gegeben, vor dem G 20-Gipfel in Hamburg Kritiken zu verfassen, die irgendwie mit Kapitalismus zu tun haben. Gelungen ist das keinem. Ich habe erst gar nicht versucht, auf den G 20-Gipfel mit einer fundierten Kritik zu reagieren – zu verschieden sind die Personen und Mächte, die sich dort treffen.
Es gibt aber eine Kritik, die unbedingt und auf alle diese Regierungschefs zutrifft: Wir mögen niemanden von Euch!
Die 20 Regierungschefs feiern in Hamburg sich selbst und ihre Macht. Wir Linke machen da ein bisschen Party und zeigen, dass all Eure Macht beschränkt ist. Das ist bei dieser Gelegenheit Kritik genug,
meint Wal
Juli 4th, 2017 at 09:05
OT – Die Titelstory der jW wartet heute mit einer netten kleinen Bildmontage auf. Kann man sich allerlei zu denken.
Juli 4th, 2017 at 10:34
@Peinhart(10), Nachtrag:
Wie ich lese, soll es bald statt IF / THEN / ELSE heißen:
if*in / then*in / dörthe.
Juli 4th, 2017 at 10:40
Der Tauber ist auch ne coole Sau, der kann bestimmt Kanzler. Jetz, wo Mißfelder schon hops ist.
Juli 4th, 2017 at 12:10
Bei der coolen Sau krieg ich 404…
Juli 4th, 2017 at 14:34
Ich krieg da alles andere ;-) Links is repariert.
Juli 4th, 2017 at 19:57
Taube kann Strukturvertrieb(DVAG),kann also alles….
Einzige der es noch besser könnte wäre der Maschmeier,Karsten…
Ich glaube mir kommts grad hoch,würg
Juli 5th, 2017 at 10:33
OT: Da kann man’s doch sehen: Die Nafris haben schon den Neandertaler durchrasst und uns unsere Identität genommen!!11!
Juli 5th, 2017 at 11:57
OT. Studie von Rosalux: Wahlenthaltung – Zwischen Abwendung, Verdrossenheit und Desinteresse (pdf, 56 S.)
Hihi …
Juli 5th, 2017 at 14:21
Willkommen in meinem bescheidenen Blog, Herr R@iner! ;-)
Juli 6th, 2017 at 08:37
Da war sie wieder, die Feedbackschleife im Transportmusterpuffer.