Sitzt ein Pferd auf dem Baum und strickt sich ein Fahrrad, kommt der Wärter vorbei und sagt: “Hier ist Grillen verboten!”; sagt das Pferd: “Wieso, ist doch erst sieben Uhr?”
Ein quasi beliebiger Artikel zu Syrien: Die NATO ist der Anti-IS-Koalition beigetreten, dem Bündnis gegen die Terrormiliz IS. Inhaltlich von dem da oben kaum zu unterscheiden, nur weniger lustig. Ach ja, und die Leser fühlen sich informiert, was wirklich hohe Kunst ist. Erklären Sie eine beliebige Aussage aus dem Artikel, einschließlich aller Begriffe. Aua!
Fangen wir mal mit “Terrormiliz” an. Mir fällt dazu absolut nichts ein. Ein nicht stehendes Bürgerheer mit Terror? Was soll das sein? Ein Haufen, der sich aus Resten alter Armeen, Verbrecherbanden und bewaffneter Fanatiker aller Länder zusammensetzt ist eine “Miliz”, aha. Spätestens angesichts der Finanzierung und der Bewaffnung (beides durch NATO-Partner und Ölscheichs) ist das wohl eher eine Söldnertruppe. Ihre Ziele sind diffus; angefangen mit regionalen Kämpfen über die Landesverteidigung (Libyen; Irak) bis hin zur Guerilla (Afghanistan, Syrien), endend bei dem Versuch, einen (ey, was ein Zufall, so heißen die ja!) islamischen Staat zu begründen. Alle waren Sie Hurensöhne der USA, jetzt sind sie Feinde.
Die bösen guten Bösen
Kurzer Einschub: Was ist eigentlich aus Al Kaida geworden? Weg. Nichts mehr von da. Die Älteren erinnern sich: Das war doch dieses Terrornetzwerk. Immer, wenn einer seinen Ausweis am Tatort deponiert und sich in die Luft gesprengt hatte, war er al Kaida. Die haben wir wohl besiegt. Jetzt ist da der IS. Aber! Da sind doch auch unsere gemäßigten Rebellen®, also diejenigen, die Jugendlichen vor laufender Kamera die Köpfe abschneiden, aber Assad nicht leiden können. Die waren übrigens früher mal al Kaida (also die Bösen).
Davor waren sie Nordallianz (also die Guten). Wer sich jetzt fragt, was an denen “gemäßigt” ist, hat die erste Frage verschnarcht: Gegen was “rebellieren” Afghanen eigentlich in Syrien? Oder Iraker? Libyer? Oder die Unterstützer aus Saudi-Arbien und den USA? Ach ja: Die rebellieren gegen die Politik, die sie bewaffnet hat und die ihre Heimat in Schutt und Asche gelegt hat. Sie rebellieren im Auftrag derer, die das angezettelt haben und kämpfen gegen ihre Landsleute, die von denselben Leuten bewaffnet wurden. Rebellion! Hat da wer “Rohstoffe” und “Handelswege” gesagt? Du bist raus!
So, und jetzt tritt also die NATO ihrer eigenen Koalition bei. Das geht nämlich so: Bislang waren nicht alle NATO-Staaten dabei. Diese Koalition besteht aus den Willigen von Saudi-Arabien (aka Gründer und Unterstützer von Al Kaida bis IS), einigen Ölbohrinseln und NATO-Staaten. Ihr wisst schon; Die NATO, in der der eine (Türkei) dem anderen (Deutschland) Einreiseverbot erteilt hat.
Präventive letale Notwehr
Die Koaltiion ist (schon völkerrechtlich) ein Nichts. Kein UNO-Mandat, keine bindenden Verträge, keine gemeinsame Rechtsgrundlage, keine gemeinsamen Interessen. Türkei bombt Kurden, USA bombt, wen sie treffen. Hie will einer Assad stürzen, dort mit ihm verhandeln, und die meisten wollen Gasfelder und Pipelinewege unter ihre Kontrolle bringen. Alle eint eigentlich nur eines, dass nämlich die bösen Russen nicht auch noch das Gas von dort unten kriegen, weswegen auch die meisten deren Kumpel Assad umpumpen wollen. Wir sehen also: Rebellion, Friedensmission, Menschenrechte gegen die Bösen®.
Nun, was haben wir bis hierher vergessen? Vor allem das Wichtigste: Was ist die NATO? Richtig, das sind Guten aka “Verteidigungsbündnis”. Ihr Territorium verteidigen, heißt das. Was aber genau verteidigt die NATO jetzt in Syrien? Na, aufgepasst? Richtig: Ihre Freiheit und die USA. Seit 2001. Man stelle sich nur einmal vor, es hätte diese saudi-arabische Verbrecherbande nicht gegeben, die vor 16 Jahren den ewigen Verteidigungsfall am Ground Zero ausgelöst hat. Die Saudis, unsere letzten echten Freunde in der arabischen Welt!
Womöglich würde man Meldungen misstrauen, in denen es heißt, Deutschland verteidige seine Bürger, indem es hilft, einen ganzen Subkontinent in die Steinzeit zu bomben. Man fände es seltsam, in einem Dutzend Kriege zu kämpfen, und zwar stets auf beiden Seiten, und zwar um Menschenleben zu retten. Schon die gewerblichen Reisen von Rüstungsgütern in ihre Anwendungsgebiete würden womöglich kritisiert. Da ist man doch froh, dass sich die Deutsche Industrie und ihre Politiker so tapfer der internationalen Verantwortung® stellen dürfen. Danke, Osama!
Mai 25th, 2017 at 14:19
Den Iran (auch Bose®) hast du noch vergessen.
Mai 25th, 2017 at 16:16
Was ist mit den Mujahedin die mit Rambo an der Spitze die Russen aus Afghanistan geschmissen haben :-)))
Hocken die heuer alle in Florida und genießen ihren Ruhestand? Muhahaha
Und wartet, sucht doch mal nach “Operation Sommerregen” ..
Neiiin ?
Doch !!!
Ooooooh !!
Mai 25th, 2017 at 16:47
Mir fallen zu jedem Detail da oben noch drei weitere ein. Irgendwo muss man sich begrenzen.
@Lazarus: Ich schrub doch “Nordallianz”, die zählen doch?
Mai 25th, 2017 at 17:48
Ja klar ..” Nordallianz” geht schon, ich wollte eigentlich mehr erinnern das um 85′ schon der BND in Afghanistan engagiert war.
Mai 25th, 2017 at 23:11
“So, und jetzt tritt also die NATO ihrer eigenen Koalition bei.”
Na, endlich! Da fällt der deutschen Regierung doch ein Stein vom Herzen: Keine peinlichen nationalen Alleinentscheidungen zu Kriegsbeteiligungen mehr!
“NATO lo vult!”
Dazu: Habe gerade den von R@iner in seinem Beitrag zum vorigen Artikel verlinkten interessanten Aufsatz zur Integration rumänischer und tschechischer Brigaden (die Niederländer sind ja eh’ schon dabei!) in die BW gelesen: So geht’s also auch – Butter bei die Fische!
Trump besteht in Brüssel auf mehr Rüstung für alle – aber dalli, dalli!
Die entspr. Konzerne finden das toll – steigert ihren Gewinn und das BIP!
Rüstung, Rüstung – “Krieg ist Frieden…”
Mai 26th, 2017 at 10:29
Auch der Attentäter von Manchester scheint den Sicherheitsbehörden’ wieder recht gut bekannt gewesen zu sein. Auch dort scheint man diese Leute, statt sie aus dem Verkehr zu ziehen, eher wohlwollend zu begleiten – erfüllt der Terror doch auch eine wertvolle innenpolitische Funktion.
Mai 26th, 2017 at 13:51
Das ganze Chaos von Interessen, Beteiligten und Milizen-Söldner-Terroristen-Gruppen in Syrien, ist der Beweis dafür, dass die USA mit ihrer jahrzehntelangen Politik von CIA-Putschen, oppositionelle Gruppen/Aufständsche/Milizen ausrüsten, fördern und bewaffnen, damit sie ihre Drecksarbeit machen, gründlich gescheitert sind. Nun will aber keiner mehr nachgeben.
Manchmal denke ich auch -ohne es laut auszusprechen, weil Verschwörungstheorie- Syrien ist einfach ein internationaler Waffentestplatz für den militärisch-industriellen Komplex der USA, Russland, Türkei, Großbritannien und so weiter.
Mai 26th, 2017 at 14:24
@epikur – Letzteres ist bei jedem Krieg gegeben. Und nicht nur als Testplatz dienen die jeweiligen Schauplätze, sondern auch noch gleich als Ausstellungsraum. Mit Live-Vorführungen.
Und ob die USA – mit ihren willigen Koalitionären, zu denen auch immer wieder ‘wir’ gehören – mit ihrer Politik gescheitert sind? Vielleicht ist es auch schon einfach so, dass der ganze systemische Wahnsinn nur noch aufrecht erhalten werden kann, wenn und indem man die Welt in’s Chaos stürzt. Dann wäre es zwar immer noch kompletter Wahnsinn – aber erfolgreich. Bis zum dicken Ende, versteht sich. Aber etwa etwas zu Ende zu denken gilt ja eh als systemwidrig.
Mai 26th, 2017 at 15:05
@epikur+Peinhart Aus Gross- oder Weltmacht-Perspektive gibt es, denke ich, folgende Standpunkte zum “System”:
1. den nationalistisch-nichthegemoniálen (“isolationistischen”) – wir sind uns selbst genug.
2. den nationalistisch-hegemonialen: wir verdienen es zu führen (nach innen wie nach aussen geltend gemacht)
3. den globalistisch-hegemonialen: wir müssen führen, weil die andern es nicht können (nicht so wie wir)
4. den globalistisch-nichthegemonialen: alle sind von allen abhängig, Konflikte löst man im Einvernehmen (Vorbehalte im Sinne von 3 dabei nie ausgeschlossen)
—————
In den USA (aber auch sonst) werden von verschiedenen Eliten-Fraktioonen je unterschiedliche Standpunkte eingenommen, manchmal sogar verschiedene von ein und derselben; die Strategien durchkreuzen sich, dazu kommt, dass sie fahrlässig und/oder von widerstrebenden Untergebenen ausgeführt werden.
Neben der Waffenschau: Djihadisten-Entsorgung und -Rekrutierung ist noch so ein Thema.
Und: Es sind auf US/Nato-Seite etliche schwierige Regionalmächte beteiligt. Die SDF YPD und Barzani-Kurden. Dazu die Europäer. Die bring mal alle zusammen.
Mai 26th, 2017 at 16:58
Das da oben ist ja nicht nur Spaß. Offenbar haben die Russen einniges besser gemacht als die anderen. Sie dürften im Zweifel in der Region all das Vetrauen genießen, das die Amis für die nächsten 200 Jahre vergeigt haben. Nachdem also die Ordnung kontrollierter Hurensöhne verloren ging, droht obendrein eine Hegemonialmacht Russland, die sich mit den Staaten des Nahen Ostens zu einer Gas-OPEC (OGEC) zusammenschließen könnte. Das muss mit allen Mitteln verhindert werden.
Mai 26th, 2017 at 17:44
Moin,
na so kann man die Schäfchen einen.
Nato Vetrag Art. 5 “BÜNDNISFALL”
Da mit mir gar keiner ausscheert, nüwa.
Mai 26th, 2017 at 22:21
@10 Aber von Standpunkten wie 2/3 oben gesehen, ist der Skandal doch, dass Russland, China, Iran überhaupt Mächte sind, da sind kleinliche Berechnungen nicht am Platz, wer sich wieviel Anteile am EU- oder gar Welt-Gasmarkt verschafft – das ist höchstens schon wieder Skandal unterm Gesichtspunkt “strategischer” Abhängigkeit der Vasallen von derartigen Schmuddelpartnern. Es geht nun mal um Macht, da wird auch das Verdienen unter strategischen Gesichtspunkten betrachtet (ihr bezahlt, wir schaffen an), und so muss das sein, wenn man ein zweites Jahrhundert als Imperium anstrebt (mitsamt Vasallen, die sich davon was versprechen, womöglich für ähnlich gelagerte Grossmanssucht, sagen wir: auf Stp.3).
Gas verkaufen, das wollen vielleicht Qatar oder Israel (Leviathan) – unter Macht-Gesichtspunkten sind das nur Schwänze, die versuchen können, mit dem Hund zu wedeln.
Mai 26th, 2017 at 23:12
Wen interessiert ein “Skandal”? Das ist Kapitalismus. Solange es denn gibt, kan man versuchen, die Strategien zu verstehen – und vor allem vermitteln, dass es welche sind. “Menschenrechte”, my ass!
Mai 27th, 2017 at 03:20
Der Terror-Experte Schirra in der Phoenix-Runde nach Manchesterwar ein Highlight sinngemäss,ok:
Auf Seiten des Is sind Geheimdienstler tätig,die seit Jahren Terrorismus betreiben-sie sind mit Amerikaner,Briten auf Augenhöhe oder sogar darüber.
Und Deutschland hat nur Beamte zubieten,die sich auf eigene Faust privat in den nah/Mitllerer Osten bei Interesse einarbeiten…!”
Also es gibt deutsche Beamte,die über ihre Fachgebiete (evtll noch nichtmal)bescheid wissen wollen über das amtliche Vorgekaute hinaus,so ein Ehrgeiz-die werden bestimmt keine Freunde bei den Vorgesetzten generieren können.
Wir sind ja in Deutschland und Beamte haben zufunktionieren!
Mai 27th, 2017 at 09:15
Nicht sehr OT. Ein paar hörenswerte Worte zu Roger Waters’ neuem Album: Roger Waters Poem – Is this the life we really want? (yt, 9 Min.)
Fuck them! Enough! They’ve had their time.
Mai 27th, 2017 at 10:04
@13 “Skandal” ist das genannte für “westliche” Strateg(i)en mit dem jeweiligen Hegemonialziel. Und Absicht meines Beitrags war, drauf hinzuweisen, dass Eigentum, Wettbewerb, Märkte (also “der weltweite Kapitalismus”) ihr Fundament haben in Gewalt-Verhältnissen – innerstaatlich zwischen Privatmenschen (von denen hinreichend viele diese Art Verhältnis zwischen ihnen wollen müssen); zwischenstaatlich – derzeit noch – zwischen Nationen (Bündnissystemen solcher), die sich wechselseitig bedrohen und/oder benutzen.
Es geht da um etwas ziemlich wesentliches: Ist “der Kapitalismus” bestimmend für das alles (die Gasinteressen zB) – oder ist er Moment eines grösseren Ganzen? Erneut Verkehrung der Machtverhältnisse?
vgl. http://feynsinn.org/?p=7830#comment-65608 (und die Beiträge ab 102 von flatter, Wat und mir).
Wie entscheidet man solche Kontroversen eigentlich?
Mai 27th, 2017 at 11:07
Gar nicht. Man gibt ein Statement ab und wartet, ob es sich bestätigt. Wer meint, es gäbe den Syrienkrieg ohne Kapitalismus, glaubt auch an Feen.
Kurze Edith:
Es kann einem doch furzegal sein, ob es noch andere ‘Gründe’ für Krieg etc. gibt als den Kap., wenn der evident damit zu tun hat. Du willst über Patriarchat oder Religion forschen? Mach das, und du wirst u.a. feststellen, dass beides durch den Kap. gefördert wird, ja, wichtige strategische Verbindungn eingeht. Du wirst sehen, dass Säkularisierung durch Kap. eingeschränkt wird. Er hat den Vertrag mit der Aufklärung gekündigt und endgültig religiöse Züge angenommen. Er ist in religiösen Strukturen begründet worden (Protestantismus). Du kannst jetzt jeden einzelnen Aspekt, der kapitalitische Phänomene streift, auch aus anderer Perspektive beleuchten, aber außer einem großen Ablenkungsmanöver kommt dabei nichts herum. Er ist die alles durchdringende Form der Herrschaft – heute. Wer weiß, was danach kommt, aber er muss fallen.
Mai 27th, 2017 at 14:33
“Nicht ohne” kann viel heissen, “Kap. ist DER Grund” wird bestritten. Ich halte einen Kapitalismus ohne Syrienkrieg für möglich, system-nötig ist da nichts, und ein Nachbarland auf den Kopf stellen, weil Gasexport neben Öl die einzige nationale Reichtumsquelle ist, ist ein nationales und Staats-Ziel, etwa von Qatar (ob dort Kap. herrscht, darf man bezweifeln) – das hat mit Nationen-Konkurrenz zu tun, etwas, das auch abgestellt werden kann, wenn hinreichend viele Leute in hinreichend vielen Nationen (bzw deren Regierungen) das so wollen. Den Kap. (Weltmarkt, globalen Freihandel usw) können die dann immer noch behalten wollen: multipolare welt.
Klar – man KANN auch Leute mit vorgehaltener Knarre zum Kaufen und Verkaufen zwingen, hält man das für eine gedeihliche Form von Wettbewerb, baut man seine militärischen Mittel aus. Bürgerlich? Vielleicht, grenzwertig. Kapitalistisch? nicht so sehr…
Was hat das eine mit dem andern (und mit Protestantismus) zu tun? Genau – das war die Frage.
Mai 27th, 2017 at 15:25
Angesichts von Äußerungen wie “ob dort Kap. herrscht, darf man bezweifeln” erkenne ich, dass du aus einem Weltbild heraus argumentierst, das mit meinem völlig inkompatibel ist. Auch ein Konstrukt wie “Nationen-Konkurrenz” verweise ich in den Bereich der Mythologie. Du bleibst derart weit hinter Marx zurück, dass ich mich über die wortreichen Verzweiflungstaten hier nicht mehr wundere. Empfehle außerdem dringend die Lektüre von Webers “Wirtschaft und Gesellschaft”, wenigstens aber “die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus”. So wird das hier nichts.
Mai 27th, 2017 at 19:50
WuG I §17 vllt? Ansonsten schau mal auf I, §1 und deine Reaktion auf eine vermeintlich ähnliche Formulierung von mir: http://feynsinn.org/?p=7830#comment-65608
Hm, ja, nochmal wortreich-verzweifelt:
Interessante Frage, wo genau Marx-Kenner Weber zu widersprechen anfangen. Mein Tipp: Bei W. hats “die Gesellschaft” mit sich zu tun, und Ökonomie mit “Begehr” nach “Nutzleistungen”. Bei M. hat sies mit der Welt zu tun, dh sie arbeitet, und das muss organisiert sein. Erstaunlich, wie konsequent ein W. mit seiner Definiererei dies Thema ignorieren kann.
Mal grob: Wenn wo Privateigentum mit Privatmacht einherginge und tatsächlich als Kampf- und Herrschaftsmittel für die Mehrung dieses Eigentums (und der Macht) eingesetzt würde, dann wäre das ein feudaler Zustand. Da muss viel Fortschrittspotential zusammengebrochen sein, wenn für relevante Gruppen einer modernisierten Gesellschaft sowas eine attraktive Option darstellt. Kap ist, wenn alle von Marktteilnahme leben (müssen), als Anbieter ihren Krempel zum angegebnen Preis freiwillig abgekauft kriegen von solchen, die das Geld dafür vorher auf die gleiche Weise verdient haben (Ware Arbeitskraft incl). – Rohstoffmärkte (Stichworte: auch die Ware Ak!; bzw Qatar) sind da ein ewiger Sonderfall. Politökonmisch nicht besonders gut erfasst (Erklärung der abs.Grundrente in K3 aus der besondren Lohn(v)-intensität der Rohstoffindustrien – oje.)
Edith: Und jetzt frag dich, warum dies ganze von einer ihrerseits nicht eigentums-mehrenden Herrschaft betreut werden muss.
Mai 27th, 2017 at 21:11
@flatter,
geduldig bist Du und wie es aussieht, findest Du Dich auch noch zurecht in den weitschweifenden Ausführungen, wo ich bereits aufgegeben , den Faden der Orientierung verloren habe.
Ich bin mir jedesmal unschlüssig, ob Sätze, die mit “Wenn wo” beginnen nur regionalen Dialekten geschuldet sind oder bereits ein Stilmittel zur Verwirrung.
Privateigentum lässt sich ja nicht von der jedermann ausschliessenden und alleinigen Verfügung über dieses Eigentum trennen.
Das hat mit Feudalherrschaft, die auch immer personale Herrschaft vorausgesetzt hat, überhaupt nichts zu tun.
Wenn der Kapitalismus in seiner jetzigen Phase häufiger als Form einer Feudalherrschaft von einigen Kritikern des Kapitals bezeichnet wird, so auch bei Kulturkritik, , dann wohl deshalb, weil das Kapital aus der Verwurschtung der Ware Arbeitskraft immer weniger Profit generieren kann, und deshalb auf die Mittel der Reproduktion der Ware Arbeitskraft immer brutaler zugreift.
Ein beliebtes Mittel dafür ist die Erhöhung der Mehrwertsteuer, weil sie nicht direkt den Lohn angreift, sondern den Lohn über die Kaufkraft schwächt. Dann die Mieten, die Energiekosten, Gesundheitsversorgung, Einschränkung öffentlicher Leistungen etc..
Es ist nicht notwendig, die drei Bände des Kapitals vom Marx erneut einer Analyse zu unterziehen.
Inzwischen sollte es doch hinreichend und offensichtlich erkennbar sein, dass das Kapital/der Kapitalismus nicht anders kann, als daran wieder anzuknüpfen, was ihm immer schon als Ausweg aus einer fundamentalen, existenziellen Krise offen blieb.
Mai 27th, 2017 at 21:12
@flatter #17 – Er [Kap.] hat den Vertrag mit der Aufklärung gekündigt und endgültig religiöse Züge angenommen.
Musste er dazu wirklich erst kündigen? Gibt nicht das die Welt objektivierende Aufklärungssubjekt die perfekte Hülle und Steilvorlage ab für die Wertabstraktion, für die letztlich totale ‘Entsinnlichung’ der Welt? Das Aufklärungssubjekt war von einem gewissen Erfolg im ‘Management’ der ersten Natur – aber eben auch zu einem hohen Preis, s.o. -, hinsichtlich der zweiten ist es allerdings merkwürdig blind geblieben. Es scheint in aller seiner Binnenrationalität den Aufbau eines noch weit mächtigeren und umfassenden Fetisch schlicht nicht bemerkt zu haben. Gelinde gesagt, denn es scheint es im Gegenteil noch gefördert zu haben in seiner fatalen Fixierung auf das Individuum als Ausgangspunkt und seinen dementsprechenden blinden Flecken für soziale Strukturen und Systeme.
Mai 27th, 2017 at 21:15
Ob in Qatar Kapitalismus herrscht darf bezweifelt werden? Sorry, das ist blödsinn. Grade der fundamentalistische Islam ist alles andere als sozial, er ist allenfalls karritativ Wirtschaftsliberal eingestellt. “Klassenharmonie” wird nicht mit sozialen Kämpfen sondern mit frömmelnden Almosen herrgestellt.
Bestes Beispl. war doch in Ägypten wärend des “Arabischen Frühlings”, da waren weder Muslimbrüder noch Konservative bei Gewerkschaftsgründungen (immerhin 90 an der Zahl) noch bei den Streiks anwesend.
Von einem Widerstand gegen den Finanzkapitalismus wollen Islamisten nichts wissen. Alles Teufelszeugs.
Weder leisten sie einen Beitrag, dass es den betroffenen Menschen bessergeht, noch wollen sie den Wirtschaftsliberalismus überwinden. Die sind zu nix nütze.
Mai 27th, 2017 at 22:09
@23 Fred Eingestellt mögen die sein, wie sie wollen, eine nix-als-2-Rohstoffe-exportierende Wirtschaft ist jetzt nicht grad der Gipfel an Produktivität und Vielseitigkeit: Da gehts um Verteilung und meinetwegen Anlage von “Revenue” – wo? Na im Ausland.
@22 Rousseau ist auch Aufklärung. Man möchte eher sagen: Die Aufklärung, wie Individuen durch Strukturen und Systeme in Zusammenhang gebracht werden, oder auch nicht, ist ihnen misslungen. Bis heute.
(“Vertrag des Kap. mit der Religion” – DAS ist materialistisch…)
@21 Ungenau gelesen: Feudal wäre eine mit dem Eigentum gekoppelte Privatgewalt, Oligarchen, die private Schlägergangs für “Enteignungen” unterhalten, sowas in der Art. “Privatisierungen” sind nicht ganz dasselbe, da hat “Kulturkritik” unrecht.
Ich kürze wenn wo ich kann. Das klingt dann so.
Mai 27th, 2017 at 22:58
@Peinhart: Sehr gute Ergänzung. “Binnenrationalität” ist das Stichwort. Die war – aufklärerisch – erstmals als schlüssige und überptüfbare ein Instrument der Säkularisierung – bis sie versagt hat, weil sie sich hat einmauern lassen. Das ist noch übler als in der ‘Dialektik der Aufklärung’ skizziert, weil sie nicht nur die Rahmenbedingungen aus dem Blick verloren hat, sondern obendrein als Binnenrationalität rein strategisch jeden mythologischen Müll mit einer Simulation ihrerselbst stützt. Was @franziska nicht zu verstehen scheint, ist der Fortschritt einer faktischen Entwicklung. Es ist nur oberflächlich paradox, dass ein selbstreferenzielles System wie der Kap. mythologische Wurzeln hat und sich gleichzeitig säkularer wie mythologischer Ressourcen bedient. Er gebraucht sie halt. Dass er es kann, liegt an historischen Konstellationen, die hinter uns liegen. Es wird künftig auch darum gehen, die sozialen Ressourcen – vor allem die säkularen – vom Kap. zu befreien.
Mai 27th, 2017 at 23:11
@Troptard(21): Danke auch für diese Ergänzung. Ich verstehe auch nicht die Melange aus Buchstabentreue (Marx vs. Weber) einerseits, die andererseits zu der verwegenen These führt, eine so tief mit kap. Strukturen vernetzte Ölbohrinsel wie Katar als irgendwie ‘außerhalb’ zu verorten. Völlig unter die Räder geraten dabei simple Kapitalinteressen. Die sind ja nicht neutralisiert, weil sie nicht kongruent zu Organisationsformen der Herrschaft sind. Im Gegenteil, und richtig: das sind die Rückzüge im Angesicht der kollabierenden Profitraten. Sonst müsste man ja so tun, als seien Gated Communities eine Art Kommunismus.
Mai 28th, 2017 at 00:50
@23 (nochmal)+26: In Qatar findet keine funktionierende Akkumulatioon statt, es gibt keinen Binnenmarkt, der Überschüsse aus eigener Produktion exportiert und mit Gewinnen die Produktivität dieser heimischen Produktion steigert und womöglich auf Weltmarkt-Wettbewerbsfähigkeit hebt. Qatar lebt von andernorts erwirtschaftetem Mehrwert (“Revenue”). Ihre Waffen kaufen sie – anderswo. Wenn solche mit ihren Gas-Absatzinteressen in Syrien eingreifen, ist das ein kategorial anders geartetes Motiv, als wenn Gross- und Supermächte (deren Macht ua auf solch einer Akkumulation beruht) dort um Verschiebung von Aufmarschgebieten, etwa gegen Iran, ringen. Dahinter steht eine Differenz bezüglich der Rolle des bürgerlichen Staats und der imperialistischen Staatenkonkurrenz, die hier uU anzusprechen aber nicht zu klären ist.
Sowenig wahrscheinlich wie… (in Stichworten):
- selbstreferentiell (ach – keine PRODUKTIONSweise?)? – mythologisch, Binnenrationalität simuliert (erstmal Geldtheorien widerlegen wie die von Carlo oder leselottes link neulich)
- nicht neutralisiert weil nicht kongruent (wie gensu ist denn der Zshg von Staat und Kapital?)…
-…da Rückzug (Rohstoffförderung ist “Rückzug”?) – …angesichts kollabierender Profitraten (Datenlink? Am Ende BIP-Wachstumsrate als Profitraten-Indikator?).
Mai 28th, 2017 at 01:07
@franziska: Du bist nach wie vor in deiner eigenen Welt unterwegs. Egal ob episch oder “in Stichworten”: Du breitest hier hier dein Weltbild aus, das niemand außer dir hat. Nervig, nicht nachvollziehbar, wirr.
Einen Hinweis hätte ich nur noch:
“In Qatar findet keine funktionierende Akkumulatioon statt”
Oha! Gewagte These, aber der Kern der Wirrnis ist doch, dass du ernsthaft nicht raffst, was globaler Kapitalismus ist. Wusstest du, dass das Gros deutscher Exporte ins Ausland geht?
Mai 28th, 2017 at 05:05
Franziska zu 24 und 27 nur soviel, Warenaustausch innerhalb, sowohl international ist für mich ein charakteristisches Merkmal des Kapitalismus.
Mai 28th, 2017 at 08:19
Und das große Verbrechen auf Zeit, die Verseuchung dieser Länder mit den Überresten der eingesetzten DU Munition, findet praktisch gar nicht statt, weil Medial nicht existent.
Mai 28th, 2017 at 11:09
@Yossarian: Aber die anderen haben doch Giftgas!!1!
Mai 28th, 2017 at 11:18
Ich glaube das ist egal.
Tatsächlich hat man in der DU Munition der Amerikaner auch Plutonium nachweisen können. Das haben die sogar zugegeben.
Das bedeutet, dass das abgereicherte Uran aus der Wiederaufbereitung kommt und somit kann man wohl unterstellen:
Die entsorgen da einfach nur ihren Müll.
Wenn man sich einmal mit dem scheiß beschäftigt, dann wird einem Angst und Bange angesichts der Tatsache, was für ein unglaublich großes Verbrechen das ist. Die Iraker können da ein leidiges Lied von singen…
Mai 28th, 2017 at 11:20
OT: “Sie posiert in kurzem Rock und wird dabei vom Verfassungsschutz beobachtet” Q-Journalismus!
Mai 28th, 2017 at 11:23
@Yossarian: Ich weiß. Frag mal die Sarden, wo die NATO immer geübt hat. Da verschwindet schon mal ein Journalist, der darüber berichtet.
Mai 28th, 2017 at 11:28
flatter, ich hatte mir die Mühe gemacht zu signalisieren, dass ich auch auf dein 25 und 26 eingehen könnte:
a.Kap. sei selbstreferentiell? darauf ich: er hat ein Aussen-Verhältnis – ein produktives; zur Welt (das war der Unterschied Marx gg Weber oben).
b.Kap. werde mit Mythen begründet, in denen Wissenschaftlichkeit (die “Binnenrationalität”) simuliert wird; darauf ich: dann sollte man die Fehler der Pseudo-Wisenschaft auch aufzeigen können, wenn sie einem begegnen (Carlo, leselotte im thread “Eine neue ‘Politik’?”
c.du (gegen meine These zu Qatar): Kapitalinteressen seien doch nicht schon neutralisiert, weil nicht “kongruent zu Organisationsformen der Herrschaft”; darauf ich, Gegenfrage: Was ist denn aber das Verhältnis von Kapitalinteressen und “der Herrschaft” des jeweiligen Territoriums?
d. dein: “richtig: das (was?) sind die Rückzüge… usw” habe ich bezogen auf die “Gasinteressen”, die aus deiner Sicht in Syrien wirksam sind, und frage: wieso “Rückzug” – Rohstoffförderung ist doch seit eh und je eine Standardbranche? (nur die Preisbildung auf diesem Markt ist polit-ökonomisch nicht ganz klar, hatte ich vorher mal gesagt.)
e. du: diese Rückzüge verdanken sich kollabierenden Profitraten. Ich: Woraus schliesst du auf solche? Etwa aus sinkenden “Wachstumsraten”?
Mai 28th, 2017 at 11:29
28, 29: So leicht ist “globaler Kapitalismus” auch nicht zu raffen – darum, weil dabei Staats-Grenzen überschritten werden. Davon handeln anderswo sog. Imperialismustheorien – da geht es um Themen wie: Aussenwert einer Währung; Exportüberschuss, Guthaben in Fremdwährung, erzwungener Kapitalexport – nicht im eigenen Land anlegbar; man kennt den Unterschied zwischen einer “Rente” und tatsächlich produziertem Mehrprodukt und -wert – und was von einem Staat zu halten ist, dessen Einkünfte dauerhaft nur aus solchen “Renten” bestehen.
Edith: Und, nicht zum geringsten, wird dort untersucht, wie genau der Zusammenhang zwischen Krieg und Ökonomie ist. Hier scheint man (zB @Troptard 21 oben, letzter Satz) die Antwort längst zu kennen. Ich jedenfalls kenne sie noch nicht. Das nervt. Offenbar.
Mai 28th, 2017 at 11:44
Dein Problem ist, dass du eine Welttheorie suchst, in der alle deine Theoreme vorkommen und keine Frage übrig bleibt. Du willst gar nicht wissen, “wie genau” etwas ist oder nicht, du willst eine Universalerklärung. Jeder einzelne Krieg lässt sich mit entsprechender Anamnese erklären. Dabei spielen durchaus Paradoxien, Widersprüche und divergierende Interessen auf derselben Seite eine Rolle. Jeder einzelne, aber nicht alle auf einmal.
Ansonsten sollten die beiden offiziellen Weltkriege reichen, um zu zeigen, dass Kap. Kriege auslöst.
Mai 28th, 2017 at 13:23
Ich (aber auch viele andre neben mir) sehe mich konfrontiert mit einem Welt-System und möchte es halbwegs begreifen. “meine” Theoreme müssen da nicht vorkommen, sondern zutreffende. Und ich wär schon froh, wenn (hier oder anderswo) wenigstens mal eine Frage ordentlich beantwortet würde, von “keine Frage übrig” sind wir Lichtjahre entfernt.
Weiter oben war dir “furzegal”, “wie genau es ist oder nicht”, das wurde erstmal gegen mich gewendet. Dann kamst du mit Weber (I §17 ist ja fast Originalton MG, nicht wahr – und widerspricht allem, was du hier gegen mich behauptest). Jetzt suche ich angeblich eine “Universalerklärung” (eine wie “Kap. löst Kriege aus”?). Tu ich nicht. Erklärung reicht mir völlig.
Wir hattens von der konkreten Frage, welche Rolle die mögliche Bildung einer Gas-Opec bislang oder spätestens jetzt im Syrienkrieg spielt.
Strategisch spielt die Erpressbarkeit der EU aufgrund ihrer Abhängigkeit von russischem Gas durchaus eine Rolle. Dazu passt das Interesse von Qatar, dessen gesamter Reichtum auf Dauer steht und fällt mit der Möglichkeit, auch noch sein Gas, möglichst nicht verflüssigt, zu verkaufen (in zweiter Linie Öl). Iran will auch, soll aber nicht, da Russland-alliiert. Aber warum ist das so schlimm? Warum eigentlich ist Russland der Feind? Welches Hegemonialziel (mein Beitrag 9 oben) “gebietet” das? Rechnen sich die 4-6 Billionen USD, die der Irakkrieg gekostet hat, wer streicht die Gewinne ein, und wie funktioniert Kap., wenn er SO funktioniert?
Die Weltkriege werfen exakt dieselben Fragen auf.
“Wie genau” löste da “Kapitalismus” die Kriege aus? Und “wie genau” löste Kap. die bisherigen MENA- oder (damits beim Thema bleibt) speziell den Syrienkrieg aus?
Ist “Nationen-Konkurrenz” Quatsch, sind Staaten (immer noch?) blosser Überbau, so wie ihr Verhältnis (Währungen, Handelsschranken) zueinander?
Stattdessen massgeblich sind: Fallende Profitraten? oder: die allgemeine existenzielle Krise des Kap. (Troptard 21)? Sind das die Antworten?
Mai 28th, 2017 at 14:27
Wenn du schon fragst “warum ist das so schlimm“, wirst du nie verstehen, was Syrien mit Kapitalismus zu tun hat. Es geht um die letzten Ressourcen, um ‘Wachstum’, das nur noch auf Kosten anderer möglich ist. Die Frage ist so faszinierend absurd, dass ich Schnappatmung kriege. Ist dir entgangen, dass im Nahen Osten seit Jahrzehnten Kriege um Öl geführt werden? Ich zieh’ mich mal raus hier, wie gesagt: unsere Denkweisen sind inkompatibel. Hoffnungsloser Fall.
Mai 28th, 2017 at 14:57
OT. Aus Gründen: The Allman Brothers Band – Stormy Monday (At Fillmore East, 1971)
Mai 28th, 2017 at 20:46
@franziska – Vielleicht hilft es ein wenig, sich klar zu machen, dass natürlich jedes (Gesellschafts-) System Regeln und auch so etwas wie ‘Bewegungsgesetze’ hat, teils sogar recht gnadenlose, dass in jedem solchen System aber auch immer wieder Menschen Entscheidungen nicht nur treffen können, sondern auch müssen, wodurch neben der ‘Bestimmtheit’ auch immer eine ganze Menge ‘Unbestimmtheit’, Kontingenz, in’s Spiel kommt. Ein ‘wie genau ist das gekommen’ lässt sich so immer allenfalls im Nachhinein feststellen, taugt aber so gut wie nie als tatsächliche Blaupause für die nächsten, ja immer auch nur ähnlich, nie wirklich gleich gelagerten Fälle – es sei denn natürlich, es handelt sich um eine der berühmten ‘Farcen’. :p
Mai 29th, 2017 at 09:07
@ franziska #38 (letzter Absatz):
4 Antworten auf 4 Fragen. Weder ausführlich, noch erschöpfend, aber ein Versuch:
zu 1.) Nationenkonkurrenz ist kein Quatsch. Sie existiert, jedoch nur als Mittel zum Zweck (aber siehe 2.).
zu 2.) Nationen sind sowohl Überbau, als auch Mittel zur Gewaltanwendung nach innen und außen. Nach innen gegen die eigene Bevölkerung, nach außen gegen fremde Nationen.
zu 3.) Nicht stattdessen, sondern auch. Es sind parallele ineinander greifende Strukturen. Die eine wirtschaftsgesellschaftlich, die andere sozialgesellschaftlich. Aber nur jeweils in der oberflächlichen, bzw. überwiegenden Ausrichtung, denn beide wirken jeweils auch in Aspekten anders gerichtet. Nationen vertreten auch(!) wirtschaftliche Interessen. Kapital vertritt auch nationale Interessen.
Die Verflechtungen sind gewachsene Strukturen, da die ausbeutende Klasse in den jeweiligen Strukturen die Machtbasis mit Personal besetzt (schon Mitbringsel aus feudalistischer Epoche), welches auch die jeweiligen Interessen wechselseitig vertritt. Deshalb ist dieses Personal beliebig austauschbar.
Mai 29th, 2017 at 19:46
[...] Bullshit News Front Syrien Der Bloggerkollege „Feynsinn“ seziert mal eben den von unseren Qualitätsmedien als ernsthafte Nachricht (!) hingerotzten Satz: „Die NATO ist der Anti-IS-Koalition beigetreten, dem Bündnis gegen die Terrormiliz IS“. Dringende Leseempfehlung [...]
Mai 29th, 2017 at 21:18
@flatter 39 Konkurrenz= Wachstum auf Kosten von andern (Einzelkapitalen), was heisst hier: nur noch? ist das erst neuerdings so? – Und: “die letzten Ressourcen” (hä? fossile Energieträger sind doch nicht das Ende?) ist ein Thema, das “kapitalistisch” nicht repräsentiert ist. Staatlich (oder gar: zwischen-staatlich, “imperialistisch”) hingegen schon, da heisst sowas denn auch militärisch: STRATEGISCHE Rohstoffe. Ein erster Hinweis, warum du hier mal ganz tief Luft holen solltest.
These: der bürgerliche Staat, ja das ganze StaatenSYSTEM, gehört heute zur materiellen Basis des globalen Kapitalismus. Mit Schnappatmung ist das Thema leider nicht erledigt.
@Peinhart 41: Die Rede vom System halte ich für Idealismus pur. Ok mein Weltbild das niemand teilt. Aber: Zwischen “System” und individueller Willkür und/oder Besonderheit entfaltet sich ein ganzes Universum an Kategorien (die auch für Materialisten wichtig sind), mit denen sich soziale Kooperation, Koordination, Konformität usw beschreiben lassen. Die Frage: “warum so und nicht anders?” hat da durchaus Anhaltspunkte, wo empirisch zu suchen ist.
Mai 29th, 2017 at 21:33
@ThomasX: Die Bestimmungen von “bürgerlicher Staatlichkeit” fallen nicht mit “Nationalität” zusammen. Warum gibt es Grenzen? Warum nicht einen Weltstaat? Sind alle Staaten “bürgerliche”? Das Beispiel Qatar lehrt: Nein.
Man kann sich fragen, was im globalisierten Staatensystem die geschätzt 150 “Souveräne” (in Anführungszeichen; also die neben den massgeblichen), die die UN Vollversammlung bevölkern, für eine Bedeutung haben. Das Thema, um das sich welche “Staatlichkeit” auch immer dreht, ist: GEWALT, deren exklusive Ausübung (konzessioniert oder nicht) auf einem genau umgrenzten Gebiet der Erdoberfläche. Warum wird diese Gewalt nicht ständig re-privatisiert? Weil “Strukuren ineinandergreifen”? Nein: weil hinreichend viele Wirtschaftssubjekte (Glieder deiner “Wirtschaftsgesellschaft”) kein Interesse an Dauerbürgerkrieg, neben Handel und Wandel, haben: Es lohnt sich nicht. (Da WO es sich lohnt, in failed states, sind die Interessen andre…).
Und warum sind die Wirtschaftssubjekte solche? Unter anderm ist die Antwort darauf: weil es so gekommen, geworden (du: “gewachsen”) ist. Und… weil sich hinreichend viele von ihnen sich zu diesem ihrem (“immer schon” kollektiven) Gewordensein in bestimmter Weise (“affirmativ”) stellen; teils es befürwortend (mehr oder weniger gut begründet), teils “berechnend”, teils “fraglos”, teils… “dagegen aber ohnmächtig”. (Und das… sind die viel wichtigeren “Personalfragen”.)
Edith: Genau von solchen Themen sollte eine fortgeschrittene radikallinke Theorie handeln. Tut sie aber (derzeit) nicht. Was soviel auch nicht ändert, weil von ordentlicher Theorie nicht nichts, aber von ihr allein gewiss nicht alles abhängt.
Mai 29th, 2017 at 21:45
@franziska #44 – Hast du nicht gerade noch selbst vom ‘Weltsystem’ gesprochen, das du gern begreifen würdest? Ich halte die Systemtheorie im übrigen für durchaus kompatibel mit der Marx’schen Kritik, wenn man sie nicht, wie Luhmann & Co der ersten (‘unveränderlichen’) Natur zuschlägt, sondern der von Marx in’s Spiel gebrachten zweiten. Dann verliert sie auch ihren affirmativen Charakter.
Mai 29th, 2017 at 22:03
@Franziska: Es ist die Phase globaler(!) Konzentrationsprozesse. Nein, das war nicht immer so, dass derart akkumuliertes Kapital auf derart schrumpfende Absatzmöglichkeiten und lebendige Arbeit traf. Das war noch nie so. Bislang gab es immer noch eine Expansion, mit der man sich hat rausreden können, Marx hätte sich geirrt. Der reicht immer noch, um das alles zu erklären. Warum sie das tun? Weil sie die Wahl haben zu herrschen oder zu verschwinden. Ach, sie müssen das ja gar nicht tun! Genau, und dann hörst und siehst du nichts mehr von ihnen. Bestenfalls noch ein Label, das dann einem anderen gehört.
Mai 30th, 2017 at 10:28
@Peinhart Problematisch ist nicht, dass “System usw” erklärt werden soll, sondern wenn es selbst zur Erklärung dient. Wenn das System nicht als Ergebnis von Tun und vor allem Unterlassen begriffen wird, weiss man nicht zu sagen, was sich an diesem Tun ändern muss. Stattdessen muss das System SICH ändern – zB krisenhaft werden, und auf die Weise den ihm Unterworfenen die Freiheit schenken; oder sie “zwingen”, sie sich zu holen (Geschenk-Variante). Darin ist auch die Marxsche Systemtheorie (die Menschen gehen von ihrem Willen unabhängige Prod.verhältnisse ein) “affirmativ”, ich halte für wichtiger zu sagen: Sie hat extreme theoretische Lücken. – Luhmanns extreme Schwäche ist sein Begriff von “Kommunizieren” als “Einwirken”; er weiss nicht, was Verständigung ist. Weber redet immerhin vom Handeln (wenn auch ohne den Weltbezug), gibt aber die Zwischenglieder nicht, die von da zur Systemebene (nämlich den andern) führen, und von da wieder zurück.
Mai 30th, 2017 at 10:32
Noch ein bisschen Verwirrung gefällig? It’s good vs. evil!!1!
Mai 30th, 2017 at 10:44
@franziska: Wenn du eine Theorie haben willst, in der System Resultat von Tun und Lassen ist, ist das sprichwörtlich ein willkürlicher Ansatz, der Realität nicht abbilden kann. Das System ist aus einer Perspektive die Sphäre der Optionen. Außerhalb derer gibt es kein wirksames Handeln. Wie schon mehrfach angesprochen, kann jeder machen, was er will, nur die Wirkung seines Handens ist durch das System mehr oder weniger eingeschränkt.
Ich will hier übrigens allmählich zum Schluss kommen und nicht unter jedem Thread deine Hättichgern-Theorie besprechen. Dazu kannst du den eigenen Server nutzen.
Mai 30th, 2017 at 10:55
@flatter 47 Ich in http://feynsinn.org/?p=7830#comment-65437: “Lohnarbeitslosigkeit ist ebenso wie Naturzerstörung, notwendiger Klassenkampf, Fabrikdespotie und (…) Monopolfolgen eine Kost, die im Kapitalismus in Preisen schlicht nicht abgebildet wird und daher externalisiert wird: Rahmenbedingung – damit muss der Staat fertigwerden, bittesehr.” Alles zugleich Kandidaten für Krise und Kap.sprengung und Probleme der Produktivkraft-Ebene, die mit der ökonomischen Form nicht verschwinden, nur allenfalls endlich angegangen werden, gelöst sind sie damit nicht.
“Warum sie das tun?” Weil es weltweit für beinah jeden unvorstellbar ist, die genannten Probleme kollektivistisch zu lösen, für die meisten ist sogar unvorstellbar, überhaupt irgendwas so zu organisieren.
PS: “Monopolfolge” hat jenseits ökonomischer Form mit dem Widerspruch von Produktivität und Dezentralität zu tun. Wäre auszuführen.
Mai 30th, 2017 at 11:04
@flatter 50 Selbst das Systematische am System (seine bewusste Einrichtung) beruht auf Wollen und Unterlassen, der Optionsrahmen ist grundsätzlich weiter. Wollen wiederum ist nicht willkürlich, sondern beruht auf Gewusstem und darum Bedachtem und Nichtbedachtem (gerade auch bei den Systemeinrichtern; aber auch den Mitmachern und Systembetroffenen). Eine extrem materielle Dimension, in der die Restriktionen stecken, von denen du sprichst.
Und das nicht, weil ichs gern so hätte, denn ich hätts lieber nicht so.
Nichts dagegen, es zu beenden, aber vielleicht setzt du mal ein Limit (Höchstzahl an Beiträgen pro thread oder sowas), denn andre hatten offenbar noch was zu sagen.
Edith: Man kann Debatten nicht erzwingen. Wer nicht will, will nicht. Was ich hier vortrage, knüpft aber durchaus an an von Fraktionen in der radikallinken Theorie vertretene Auffassungen (zB Diskussionen bei so verschiedenen Portalen wie Neoprene oder keimform.). Es immerzu genervt als kuriosen Individualsparren abzutun, wird der Sache nicht gerecht. Das gilt übrigens für die Geldtheorien drüben im thread “Eine neue Politik?” genauso. Aber nochmal, wer nicht will, will nicht, und das soll auch respektiert werden.
Mai 30th, 2017 at 11:09
Zum Thema abschließend: Nein. Hat mit Wollen und Lassen nichts zu tun. Gar nichts. Ich halte das für eine radikal idealistische Perspektive, aus der man keine Wirklichkeit mehr sieht. Da bin ich raus.
Zum “Limit”: Ihr könnt das in diesem Thread diskutieren, so lange ihr wollt. Im nächsten werde ich es unterbinden.
Mai 30th, 2017 at 11:50
flatter 53: Die Kritik als idealistisch ist ja gegenseitig. Darum bereits oben in meinem 16 am Ende die Frage: Wie entscheidet man eigentlich solche Kontroversen? Du darauf in 17: Die jeweiligen Statements bestätigen sich empirich oder eben nicht. – Aber idealistische Konstruktionen zeichnen sich dadurch aus, dass sie empirisch (oder als Erklärung, Hypothese, Basis für wahrscheinlich Erwartbares) keinen Unterschied machen. So lässt sich Idealismus nicht… widerlegen? Tja. Was genau macht man damit, worin besteht er eigentlich? Variante der Frage, wie man Kontroversen unter Linken behandelt, in denen (wenigstens) eine Seite den Vorwurf erhebt. Also etwa diese hier. Soweit hier diskutiert wurde.
Mai 30th, 2017 at 12:40
Immer noch gar nicht. Man erkennt den Dissens und hält ihn aus. Ich sehe für mich keinen Gewinn in deiner Perspektive, deshalb weise ich sie zurück. So what? Ich muss auch nicht Platon vs. Aristoteles, Kant vs. Nietzsche oder Hegel vs. Marx entscheiden. Wenn ich sehe, dass die Werkzeuge, die ich benutze, mir die Welt plausibel machen und die Ereignisse mich seltenst mehr überraschen, wähne ich mich gut orientiert. Ob ich jemanden überzeugen kann, ist für mich zweitrangig. Ich werde es vor allem nicht forcieren, wenn ich sehe, dass die Kluft zu groß ist. Wozu sollte das gut sein? Recht haben und eine Partei gründen?
Mai 30th, 2017 at 13:59
@ franziska: Ist ja immer so ne Sache mit ungebetenen Ratschlägen um die Ecke zu kommen, aber ich nehme mir das jetzt trotzdem mal raus.
Mein Lebensgefährte ist Schwede – ich lebe in Schweden – und spricht so mittelgut Deutsch. Wenn mein Vater zu Besuch ist, ist Deutsch mangels Alternativen dennoch gemeinsame Sprache für uns drei. Es hat eine Weile gedauert, bis ich meinem Vater abgewöhnt habe, Blödsinn wie “Ich runter Supermarkt, du haben wollen etwas?” zu sagen. Diese verkürzte, “vereinfachte” Sprache verhilft allerdings niemandem zum Verständnis, am wenigsten jemandem, dem die Sprache etwas fremd ist. Am ehesten führt es zu Missverständnissen und Frustration. Derjenige, dem geholfen sein soll, ist frustriert, weil er nix versteht und derjenige, der sich anstrengt, seine Sprache anzupassen ist frustriert, weil er nicht verstanden wird.
Warum ich dir das erzähle? Stimmt, gibt wohl spannendere Anekdoten. Ich glaube allerdings, dass flatters Vorgabe, deine Beiträge doch bitte zu kürzen tatsächlich nur dazu dienen sollte, dass deine Kommentare letztlich in einer Form hier stehen, dass sie lesbar sind, zu verstehen und damit auch zu diskutieren. Du tust dir wirklich keinen Gefallen damit, dich an das Zeichenlimit zu halten, indem du deine Beiträge eben “zusammenknautschst”, Abkürzungen verwendest, auslässt, worauf du eigentlich Bezug nimmst, etc.
Es ist eine Fähigkeit, die a) nicht zu unterschätzen ist und b) durchaus zu lernen ist, sich für andere verständlich auszudrücken, wenn man an Diskussionen darüber, wie die Welt zu verstehen ist und wie sie evtl. zu verändern sei (oder sein könntete, wie die geschätzte Wat. sagen würde – gegen einen sehr eigenen Stil ist ab und an gar nix einzuwenden) teilnehmen mag – schrieb sie in einem Bandwurmsatz.
Flatter und auch eine handvoll andere hier haben eine Engelsgeduld mit einem, wenn man Lust hat, ein wenig die Knoten im eigenen Hirn aufzulösen; die können auch Kontra ab, aber es hilft ungemein, sich ein bisschen anzustrengen, was die Form dessen angeht, was man zu erwidern gedenkt. Im Zweifel hilft es auch, sich vorher zu überlegen, was man mit dem Kommentar eigentlich sagen möchte.
Ich hab hier über die Jahre viel gelernt, besonders auch was Diskussionskultur angeht – lass dir die Chance nicht entgehen, du schlägst ja doch so oft hier auf, dass dir an dem Forum hier was gelegen zu sein scheint.
Ansonsten möchte ich noch meine Grossmutter grüssen und ausserdem hat der Hund meine Hausaufgaben gefressen. Nee, ernsthaft, schön, dass es euch noch gibt, ich hab derzeit wenig Zeit und Energie mich hier blicken zu lassen.
Mai 30th, 2017 at 14:46
Ich grüße derweil alle werktätigen Menschen, insbesondere die Jugend bis Anfang 40. Schön, dass du mal reinschaust, ich dachte beizeiten schon, in Ungnade zu wohnen.
Mai 30th, 2017 at 15:27
Also, ich kann mich schon noch erinnern, dass so in etwa mein halbes Hirn hier Ziehkind war, da braucht es schon büschn mehr um in Ungnade zu fallen.
War nur so ein elender Mix aus dem Gefühl aktuell weder grossartig was aus Diskussionen mitnehmen noch beitragen zu können, der mich in die stille Ecke verfrachtet hat. Und halt wenig Energie. Aber mal winken kann man ja.
Mai 31st, 2017 at 09:21
flatter 55 Das Schlüsselwort scheint mir zu sein: die Ereignisse verstehen (in dem Sinn: plausibel, nicht überraschend); das hat eine Negativseite, was geschieht, kann auch für an sich sinnlos befunden werden – ein möglicher Grenzbefund, aber es ist einer.
Die Ereignisse (du empfiehlst Weber, hier ist er) sind Handlungen. Dass (arbeitsteilig-reproduktive) Handlungen riesiger Massen von Leuten mit einem “System” koordinierbar sind – diese Illusion scheitert vor unsern Augen im planetaren Masstab. Das ist eine historische Katastrophe. Radikal Linke zeichnet aus, dass sie diese Katastrophe kommen sehen, und für ihre Bewältigung anfangen Vorkehrungen zu treffen. Dazu muss als erstes klar sein, mit welchen Schäden wir zu rechnen haben. Die liegen, im Marx-Jargon gesprochen, allesamt auf der Ebene der “Produktivkräfte”: Dort wird Wesentliches durch das gegenwärtige, illusionäre Produktionsverhältnis (incl. Sozial- und Umverteilungspolitik) nicht mehr bewältigt. Die Armut in den Industrieländern (durch Alter, Lohnarbeitslosigkeit, Ressourcen-Einengung) ist nur der Anfang, die weltweite baut sich monströs, bedrohlich dahinter auf, und noch umfassender und destruktiver ist die angerichtete und andauernde Naturzerstörung. Das ist alles beinah komplett unanalysiert; aber darüber wäre, unforciert, zu beraten.
Mai 31st, 2017 at 09:28
@56 Amike. Ich verstehe die Aufgabe, mich kurzzufassen, als inhaltliche: Sag das Wesentliche zuerst (natürlich “verständlich”, sonst kann man sichs sparen); die Ausführungen im Detail können folgen. Das Problem ist: Man trifft das Wesentliche nicht gleich, muss sich besinnen, tappt rum (schweift ab und rum, wird weit-schweifig). Aber das ist nach wie vor ein Problem mit dem Inhalt: Mangel an Übersicht. Die fehlt uns allen nach wie vor. Aber wir arbeiten ja dran.
Edith: Im voraufgehenden Beitrag habe ich den radikalen Linken viel zugetraut: Sie sehen…kommen. Tatsache ist: Sie ahnen etwas; um die Unvermeidlichkeit und Notwendigkeit wirklich hieb- und stichfest zu begreifen dessen, was sich da anbahnt, müsste imo auch die ökonomische Analyse um Grössenordnungen besser sein, als sie heute ist. Und Ökonomie verstehen, ist nur der allererste Anfang dessen, was zur Erklärung ansteht. Eine Gesellschafts-”Wissenschaft”, wenn denn sowas existiert, KANN nur von radikal Linken erarbeitet werden; aber sie muss auch erarbeitet werden, wenn man (praktisch wirksam) zu Einschätzungen kommen will, die begrifflich auf festem Boden stehen. (Dazu gehört sagen zu können, warum Theorien, die derzeit mit diesem Anspruch auftreten, in der “bürgerlichen Wissenschaft”, diesem Anspruch nicht genügen.)
Mai 31st, 2017 at 16:59
Ich bin ja der Ansicht, dass aus den zurückliegenden mehr als 2000 Jahren der Wissenschaften genügend Rüstzeug zusammenkommt und habe null Interesse an der Neuerfindung des Rades. Der Mangel ist keiner an Wissenschaft, sondern an ihrer Anwendung und konsistentem Denken. Fortschritte sind nicht unerwünscht, aber so zu tun, als sei quasi alles bisher nix, weil ‘bürgerlich’, finde ich verfehlt.
Mai 31st, 2017 at 17:46
@ franziska 60: Mein Hinweis war schon ein recht konkreter und in pi mal Daumen nem knappen Jahrzehnt Kommentariaterfahrung hier gegründet.
Aber auch fernab des spezifischen Kommentariats hier bleibt das Problem bestehen, dass deine Einlässe schlichtweg schwer verständlich sind. Das könnte ich einfach so stehen lassen, da das nicht mein Problem ist. Weil ich aber sehe, dass du dich beharrlich darum bemühst, hier in den Diskurs einzuhaken, schreib ich trotzdem was dazu; ich hoffe eben, dass du in the long run was davon hast und ich dir nicht nur auf den Keks gehe.
Aber naja, vielleicht hilft es ja sehr konkret zu werden:
Schau dir einfach mal – komplett vom Inhalt abgesehen – an, wie so ein Text von dir ausschaut. Fällt dir was auf, im Vergleich zu anderen Kommentaren?
Allein das Schriftbild ist wahnsinnig unordentlich, lauter Klammern und Anführungszeichen. Man sieht dem Text regelrecht an, dass die Gedanken darin nicht sortiert sind. Da verlier ich direkt schon beim Hingucken die Lust das zu lesen.
Wird beim näheren Hinsehen auch nicht besser, wenn ich mich ständig fragen muss, warum jetzt was in Anführungszeichen steht. Ist das ein Zitat? Soll das ironisch gemeint sein? Bezieht sich das auf was, was ein anderer Kommentator vorher geschrieben hatte?
Ausserdem stosse ich in deinen Texten ständig auf Begriffe, mit denen ich nix anfangen kann. “Ressourcen-Einengung” z.B. Was soll das denn sein? Ressourcenknappheit? Wäre schön, wenn du das, was du meinst, etwas trennschärfer bezeichnest, damit man beim Lesen weniger raten muss. Im Zweifel tut es auch ein klärender kompletter Satz statt eines “stehenden” Begriffs, der für niemanden ausser dir steht.
Versuch beim Schreiben daran zu denken, dass der Empfänger des Textes aller Wahrscheinlichkeits nach nicht deine Gedanken lesen kann und deshalb auf alle Sprünge ausdrücklich mitgenommen werden muss.
Und wenn der Kommentar dann lang wird – dann muss man eben kürzen und filtern und die Gedanken rauseditieren, die für die Unterhaltung nicht wesentlich sind. (Wenn sie dir persönlich wichtig sind, gibt es immer noch die Möglichkeit, dir “deine” lange Version zu kopieren und andernorts zu speichern.)
Desweiteren ist es immer sinnvoll, den Kommentar vorm Abschicken nochmal durchzulesen, meistens sieht man dann, ob ein roter Faden drin ist und die Schreibe nachvollziehbar.
Irgendwelche Dummheiten oder Fehler oder sonstwas entdeckt man dann gerne trotzdem auch nach dem Abschicken noch, deswegen lieben alle Edith.
So, ich lass es jetzt hierbei bewenden, nimm es an oder lass es bleiben. Mir ist schon klar, dass das eine recht harsche Kritik ist und ich würde die auch nicht hören wollen. Stilistisch solltest du dir übrigens auf gaaar keinen Fall irgendwas bei mir abgucken, ich schluder hier nur so rum! Guck lieber was der Peinhart so verbricht, der kann in drei Sätzen die Welt erklären (zumindest die halbe) – meistens sogar ohne Klammern.
Juni 1st, 2017 at 11:38
@flatter 61: Es geht nicht um Wissenschaft allgemein, sondern herkömmlich wurde und wird von vielen Radikallinken unter “Bürgerlicher Wissenschaft” verstanden die Gesamtheit an theoretischen Beschreibungen und Erklärungen bürgerlicher Verhältnisse vonseiten der Befürworter solcher Verhältnisse, soweit von diesen dabei ein im weitesten Sinne wissenschaftlicher (aber auch Begründungs-, Legitimations-) Anspruch erhoben wird.
Ausdrücklich hiess es bei mir im Beitrag, man müsse sagen können, warum diese Theorien ihrem Anspruch nicht genügen (wenn sie es doch tun, kann man es eben nicht sagen). Bei mir war noch angedeutet, wo in etwa ich die Fehler im Ansatz vermute – nämlich in sog. Kategorienfehlern dieser “bürgerlichen” Theorien. (Darum die Tendenz zu einer allgemeinen Widerlegung, deren Berechtigung allgemein und im Detail natürlich erstmal sorgfältig aufgezeigt werden muss).
Juni 1st, 2017 at 12:21
@Amike 62 Danke, dass du dir in deiner Harschheit soviel Mühe gibst. Deine Kritik ist nachvollziehbar, sie geht aber in zweierlei Hinsicht an meinen Schreibversuchen hier vorbei:
1.Ich glaube, dass die Aversion gegen meine “Einhakversuche”, die flatter oben ausgedrückt hat, von seiner Seite durchaus begründet ist, und da für etliche andere, Leser und Schreiber, mitgesprochen wurde. Wer glaubt, mit seinen bisher gewonnenen Einsichten und Gesichtspunkten alles für seine Praxis wesentliche erfasst zu haben, will weder mit nacherfundenen Rädern noch mit unnötig komplizierten oder blossen Privatmeinungen konfrontiert werden. Zumal dann, wenn er nicht vorhat, andre zu überzeugen. (Es liegt also keineswegs nur an Stilproblemen, wenn meine Beiträge hier auf Ablehnung stossen.)
2.Leute, die ihre (Denk)Probleme mit andern teilen, haben die Lösung noch nicht. Man könnte geradezu sagen: Genau in der Unsortiertheit, die du monierst, Amike, besteht das (Denk)Problem. Wenn jemand aber an sich dies Problem nicht sieht oder hat, will er starke und schnell überzeugende Anzeichen sehen, dass da wider Erwarten doch etwas für ihn Interessantes kommt. Fehlen solche Anzeichen, reisst alsbald auch der dickste Engels-Geduldsfaden.
Ich nun sehe mich, was schon mehrfach hier von mir ausgesprochen wurde, mit Problemen konfrontiert, deren Lösung mir keineswegs klar vor Augen steht. Mir fällt aber im Traum nicht ein, da andre hineinzuziehen, wenn sie an der Stelle kein Problem sehen, oder keins, das für sie so massgeblich wäre wie für mich. Deswegen habe ich hier im thread (wie flatter es angeboten hat) nochmal geantwortet. Ausserhalb kommt nichts mehr von mir.
Juni 1st, 2017 at 16:20
@65 Nachtrag: schon lustig, was einem an, naja, Schludigkeiten entgehen kann, wenn man sich was verspanntes und verkrampftes abringt: So gehäuft hab ich “sehen (als)” sonst nicht mal bei mir gesehen!