Der Irre, die Doofen und der treue Deutsche
Posted by flatter under journalismus , politik[39] Comments
11. Apr 2017 18:14
Quelle: Pixabay
Die hier nicht genannte ‘Zeitung’ titelte einst über Saddam Hussein: “Was plant der Irre jetzt?“. Wenn der Boulevard zu sich selbst kommt, gebiert er treffliche Satire. Ein Irrer, der plant, ist paradox. Planung verlangt Rationalität, Ordnung, bestenfalls Vernunft; den “Irren” hingegen definiert das Gegenteil. Die Montagsausgabe aka “ehemaliges Nachrichtenmagazin” titelte damals: “Saddam=Hitler“, was ebenfalls die Antwort auf alle Fragen war, die offenbar niemand stellen wollte – weil einfach einfach einfach ist, und so soll’s der Leser mögen.
Inzwischen ist Donald Trump der Idiot der Familie, dem die Verlagsmedien täglich Schwachsinn, Unberechenbarkeit und verheerende psychische Gesundheit attestieren. Das passt halt auch auf alles, was einer tut, den man nicht will, zumal wenn es nicht einmal völlig abwegig ist. Allein: Auch das knebelt alle Fragen und löst nicht minder psychotisches Propagandagebrabbel aus, wenn es opportun erscheint, den Irren zu loben. So geschehen aktuell durch Merkel, von der Leyen und Co. Bomben auf Syrien? Ja fein gemacht! Die völkerrechtswidrige Reaktion auf einen lauen Verdacht, früher als “Kriegsverbrechen” bekannt, findet großen Gefallen.
Befehl ist Befehl
Da lässt sich die Parodie eines Nachrichtenmagazins nicht lange lumpen und stellt sinnfreie Fragen in den luftleeren Raum: was er denn wohl so beabsichtige, der apokalyptische Freiheitskiller, an dessen Verstand der Verlag ausdrücklich zweifelt? Wie ist wohl dessen Syrienstrategie und wie wiederum schlägt diese sich im Befehl zum Bombardement nieder? Gute Fragen, hätten diese Simulanten eines Restjournalismus sich und ihre Leser nur je mit den Hintergründen beschäftigt.
Von Geostrategie will ich hier gar nicht anfangen – wer wann warum im Nahem Osten wie gehandelt hat, was das mit Öl, Gas und Geld zu tun hat – man wüsste ja gar nicht, wo man anfangen soll. Ich beschränke mich also auf die schon extrem vereinfachende Frage, warum Trump handelt wie Trump. Da ist es wahrlich nicht schwer zu erkennen und psychologisch völlig eindeutig, dass Mr. President einem klinischen Narzissmus verfallen ist, dessen Symptome einem sprichwörtlich um die Ohren fliegen. Mr. President ist Commander in Chief, und der befiehlt Bombenangriffe. Trump hat bislang nichts anderes getan als zu befehlen, weil er sich für den Alleinherrscher von Great Amorica hält.
Womit wir beim wirklich ernsthaften Problem sind, dass keiner der Hanswurste beim Namen nennt, obwohl der Kaiser nicht nur nackt ist, sondern soeben den Splint aus der Granate gezogen hat. Es gibt nur eine Ebene, auf der Trump beinahe handeln kann wie es ihm gefällt, nämlich im Krieg. Das ist das einzig geile Spielzeug, das man ihm nur nehmen kann, indem man ihn des Amtes entmündigt. Ausgerechnet jetzt aber gehen die atlantischen Rektalsonden hin und bestärken den potentiellen Amokläufer. Das wäre doch mal ein Thema gewesen, und es hätte sogar halbwegs ins Narrativ gepasst. Aber das ist Deutschland hier. Wenn der Führer befiehlt, dann folgen wir, denn das haben sie uns nie abgewöhnt, im Gegenteil. Nur dass “Reich” heute “Demokratie” heißt und “Freie Welt”.
April 11th, 2017 at 20:04
Derweil wird die Propaganda immer dümmer und dreister. In der ‘Aktuellen Stunde’ des WDR vernahm ich soeben, dass Russland – natürlich personifiziert als ‘Putin’ – jetzt ‘immerhin einer offiziellen Untersuchung’ des Giftgasvorfalls zugestimmt habe. ‘Immerhin’ fordern die das seit Tagen, aber macht ja nichts.
Nicht so gut angekommen sind allerdings die jüngsten Ausgaben von ‘Anne Will’ und ‘Hart aber Fair’. Die negative Resonanz ist aber wieder auf ein Spektrum beschränkt, das ‘Querfront’-Vorwürfe erneut begünstigen dürfte – die ‘Mitte’ findet das ja alles töfte…
Und ich kann nicht umhin, Putins Gelassenheit immer mal wieder bemerkenswert zu finden: “Er äußerte auch die Vermutung, dass sich die europäischen Länder jetzt hinter die Luftanschläge auf Syrien stellen, um die Beziehungen zur Trump-Regierung zu verbessern, nachdem viele europäische Ländern während des Wahlkamps eine Anti-Trump-Position eingenommen hätten. Als “gute Plattform zur Konsolidierung” bezeichnete er, wenn Syrien und Russland zu einem gemeinsamen Feind werden: “Wunderbar. Wir sind dazu bereit, geduldig zu sein. Aber wir hoffen, dass dies ab einem Punkt zu einem positiven Trend der Kooperation kommen wird.” Quelle
Man stelle sich nur mal vor, da säße noch so einer…
April 11th, 2017 at 20:24
Und ausgerechnet die angeblich seriösen Politquasselbuden wie “Hart aber fair” und Anne Will, die beim TV-Pöbel mal eine gewisse Reputation genossen, werden nicht mehr müde, ständig AfD-Prominez einzuladen, und aktuell das Thema Syrien im Sinne der USA/Merkel/Haudrauf-Propaganda diskursiv zu begleiten.
Nur, man höre und staune, in diesem Fall war weder das Online- noch das Studiopublikum amused.
Bei Plasberg gab es vor Beginn der Sendung auf 53 Seiten Gästebucheintragungen, während und nach der Sendung 139 Seiten, von denen sich die meisten Kommentare (gefühlte 90 %) über den pöbelnden BLÖD-Cheffe-Chefredakteur Reichelt und die missratene Gesprächsführung des schlecht vorbereiteten Moderators empörten.
Eine derart massive Empörungswelle beruht jedoch darauf -und das wissen hier doch alle-, das die Zuschauer naiverweise davon ausgehen,dass die Gäste objekiv und nach ihrer Kompetenz, Prominenz und Zuverlässigkeit ausgewählt werrden. Doch es ist so, dass es jedesmal Vorgespräche mit sämtlichen Gästen gibt, um zu eriuieren, ob diese auch diskussionskompatibel im Sinne der Redaktion sind. Bei Plasberg bedeutet dies, ob es auch aufgrund kontroverser Postitionen ordentlich quotenträchtigen Krawall in der Hütte gibt.
Beim Nachbarn “neulandrebellen” hat Tom Wellbrock bereits die letzte Sendung von Anne Will zum Thema Giftgasangriff kritisiert.
Manchmal lohnt es sich, derartige Sendungen zu verfolgen, um zu sehen, wie mit MSM-Abweichlern in derartigen Talkrunden umgesprungen wird. Ich erinne nur an Lanz/Wagenknecht.
April 11th, 2017 at 21:33
OT: Jochen Hoff ist tot. R.I.P.
April 11th, 2017 at 22:55
OT:
…und die Zeitung aus Hamburg hat den Fischer hinter der PayWall eingesperrt.
RIP
/Sark Off
April 12th, 2017 at 02:30
R.I.P Mr. Duckhome.
April 12th, 2017 at 07:53
+ Jochen Hoff +
Werde ihn vermissen.
April 12th, 2017 at 18:16
Und der BR”Report”berichtet einigermassen kritisch über Pläne von Rheinmetall in der Türkei etwas Schickes zubauen,keine Feuerwerksfabrik aber so ähnlich! Ich sagte einigermassen!!!
April 12th, 2017 at 21:39
[...] Der Irre, die Doofen und der treue Deutsche Ein herrlicher Rant gegen die deutsche Qualitätsjournaille, die über die völkerrechtswidrige Bombardierung Syriens jubelt. [...]
April 13th, 2017 at 01:30
Naj,im Zweifelsfall hat ne Firma aus Bayern keinen Erfolg gehabt irenswas mit der Türkei auszuhandeln-soviel Realismus muss sein…
Und was das Völkerrecht angeht:
“Unter den Waffen schweigen die Gesetze” ist zwar vom alten Rechtsverdreher und Slumlord Cicero,stimmt aber…
Ausgenommen Gesetze der Schwerkraft und Regeln der Ballistik und
“Wer Tot ist ist keine Gefahr mehr und kann keine mehr werden!”
April 13th, 2017 at 21:27
“Es gibt nur eine Ebene, auf der Trump beinahe handeln kann wie es ihm gefällt, nämlich im Krieg. Das ist das einzig geile Spielzeug, das man ihm nur nehmen kann, indem man ihn des Amtes entmündigt. Ausgerechnet jetzt aber gehen die atlantischen Rektalsonden hin und bestärken den potentiellen Amokläufer.” D’accord was die europ. Rektalfetischisten angeht, aber gemach, gemach in Sachen Tramp (sprich: Trump). Z.Z. widerspricht er sich selbst – und morgen wieder? Wer weiß, wer weiß? Trump in seinem Inneren – als pfälzer Abkömmling – ein glühender Europäer gefangen im Körper eines amerikanischen **schlochs??
April 14th, 2017 at 13:43
Analyse bedeutet: Reduktion (aufs Wesentliche). Aber dann ist nicht alles Gesellschaftliche ständig “analysierbar”; weil ein Wesentliches erstmal dasein, sich herausgebildet haben muss, um erkannt oder erraten zu werden.
Die Deutungen zu Trump und der gegenwärtigen Situation (schon ihn als darin massgeblich hinzustellen ist gewagt) verknüpfen ein, zwei, vier Elemente; wahrscheinlich aber sind es 20 oder mehr, die, auch verworren und widersprüchlich, zusammenwirken. Man bekommt eine Ahnung davon, wenn man die monströs unterschiedlichen Kommentare von US Politik-Beobachtern, Profis wie Laien, in der ganzen Breite an sich vorbeidefilieren lässt (ogott wieviel Lese- und Lebenszeit das verbraucht!)
Wir alle haben nicht mal Kenntnis der “intern” offen ausgesprochenen Einschätzungen und Pläne der Akteure, geschweige denn, dass wir sie im Licht der Einschätzungen und Pläne ihrer Mit- und Gegenspieler beurteilen könnten (als Fehleinschätzungen, als unrealistisch, kühn, borniert, nicht sachgerecht, stattdessen von Interessen, Charakterzügen verdorben).
Oft können im nachinein nicht mal ganze Schulen von Historikern die Abläufe rekonstruieren – bei besserer, wenn auch meist immer noch rudimentärer Kenntnis der “Quellen”.
Das Ding, das da gedreht und am Laufen gehalten werden soll, ist um Grössenordnungen zu gross. Das mal als Hinweis für die Radikallinken unter uns Analytikern.
April 14th, 2017 at 13:56
Der Donald, ob er irre ist oder eine narzisstische Persönlichkeitsstörung hat ist mir Wurscht. Auf jeden Fall ist er ein “Mensch”, der Wert darauf legt, dass man von ihm glaubt, es sei für ihn normal, beim Schoko-Dessert in Anwesenheit eines anderen Staatenlenkers mal eben schnell einen Angriff gegen einen Flugplatz eines (in der fraglichen Sache höchstwahrscheinlich unschuldigen) Staates zu befehlen. Das sollen wir von ihm denken, im Ernst, egal, ob es stimmt oder nicht: Der Mensch ist ein Fall für die forensische Psychiatrie.
April 14th, 2017 at 14:07
Man kann schon einiges rausfinden, aber es ist aufwändig: Lost at Tora Bora
Its miles of tunnels, bunkers and base camps, dug deeply into the steep rock walls, had been part of a C.I.A.-financed complex built for the mujahedeen.
Oops. Wir verstehen nicht einmal, wer da wirklich regiert. Aber das Militär und die Rüstungsindustrie haben definitiv kein Tanzverbot.
April 14th, 2017 at 15:31
@franziska(11): “Analyse bedeutet: Reduktion” – eine sehr merkwürdige Auffassung. Analyse ist das Gegenteil. Sie zerlegt den Gegenstand in alle Einzelheiten und beleuchtet sie aus vielen Perspektiven.
Es kann am Ende auch nicht darum gehen, einen quasi göttlichen Einblick zu haben. Manches muss man zunächs einschätzen und dann nach besseren Informationen suchen. Findet man keine, weiß man halt nicht mehr. Wo man welche findet, fließen sie in die Betrachtung ein.
Es gibt hingegen Gesetzmäßigkeiten, die man erkennen kann, ob in der Physik oder in der politischen Ökonomie. Die helfen einem sehr dabei, Informationen zu sortieren.
April 14th, 2017 at 16:16
@flatter(14): Wäre das Einzelne nur wieder neu rätselhaft, wäre man “analytisch” kaum weiter. Wir zerlegen in Teile, die “subsumierbar” sind unter Bekannt-Musterhaftes und Beurteilbares – und, eine “erklärende” Weise der Zusammensetzung und dadurch des Zusammenwirkens (geometrisch, chemisch; ökonomisch, soziologisch…). Soweit die höchst abstrakten Gemeinsamkeiten (der Analysen von) von unbelebter Natur (Physik, Chemie) und Gesellschaft.
Wir reden über Gegenstände, bei denen man fast göttlich sein müsste, um überhaupt Einblick zu haben. Das war meine Vermutung. Ich befürchte, nichtmal die Akteure selbst haben Einblick.
Sie sind ja auch nicht göttlich; aber denken, sie müssten es auch nicht sein, und wären handlungsfähig. So wie auch die, die ihnen zusehen, das denken – und, dass sie urteilsfähig wären.
Aber, dass es in der pol.Ökonomie Gesetzmässigkeiten GIBT – also nicht nur in der Theorie; sondern der Praxis, von der zu handeln sie vorgibt – ; das wollte ich natürlich mit bezweifelt haben. Dass der Tag mit einer Theorie Struktur bekommt, glaube ich wiederum gern. Und das… ist ja auch was wert.
Als Kontroverse wohl zu tief und zu weit, um hier und jetzt ausgetragen zu werden. Vielleicht kommen wir drauf zurück.
PS: Die Sichtweise, die ich ins Auge fasse (alles viel zu gross usw), mag eigenartig und merkwürdig klingen; sollte sie stimmen, wäre sie aber vor allem eins: äusserst ungemütlich.
April 14th, 2017 at 17:37
“Wir reden über Gegenstände, bei denen man fast göttlich sein müsste, um überhaupt Einblick zu haben”
Das sehe ich eben fundamental anders, denn es impliziert schlicht einen unhaltbaren Anspruch an “Einsicht”. Ich weiß auch gar nicht, wozu so eine “Einsicht” gut sein sollte. Schon gar nicht, wenn es reichlich Einsicht gäbe, unter Anwendung der Gesetze und ihrer Kenntnis. Das ist das Problem, dass auf die Einsichten verzichtet wird, die möglich sind.
Ich lese jede Woche irgend einen neuen Ansatz, “Einstein widerlegen” zu wollen, bislang hat er hat er aber noch recht, während die Leute einen Schmarrn verzapfen, der noch weit hinter Newton zurückbleibt.
Dasselbe gilt für Ökonomie, Politik, Journalismus: Einsichten werden ignoriert, auch gesicherte Erkenntnisse, obwohl absolut kein Mangel an ihnen herrscht.
April 14th, 2017 at 18:02
@flatter: Soweit also die Physik, und “dasselbe gilt für Ökonomie, Politik, Journalismus”. Dort nennst du vorerst kein Beispiel, “obwohl absolut kein Mangel an ihnen herrscht”. Und du tust (meine ich) gut daran; denn jedes solche würde uns sofort in die Einzelheiten verstricken. OK ich nehme mir darum nur den thread als Beispiel, hätte ich auch gleich machen können. Ich lese derzeit, nein, nicht jede Woche, sondern maximal viertelstündlich einen neuen Ansatz Trump (und überhaupt die US Politik) zu verstehen, und das aufgeschlüsselt nach Themen, mehr oder weniger aktuell.
Hat Trump eine Agenda, oder Prinzipien? Hat er sie im Wahlkampf dargelegt, angedeutet, verbrämt, verschwiegen? Spielt Trump eine Rolle – zB “Narziss”? Wie raffiniert oder dumm oder dummschlau oder dann doch einer Übermacht erlegen ist er? Versucht er etwas, gibts einen (mutmasslichen, erratbaren) Plan? Wird der durchkreuzt? Ist das Durchkreuztwerden Teil des (Gesamt)Plans? Ist Trump Narziss, und wenn – wie weit ist das von Belang? Will er egal wo und wie Krieg führen, weil er nur da “beinahe handeln kann wie es ihm gefällt”? (Bei Bodentruppen muss er den Kongress fragen. Hm. Beinah.) Will er ablenken, von “Russiagate”? Will er sich bei Neocons und MSM einschmeicheln? Kann er das, ohne sein Programm aufzugeben? Will er Zeit gewinnen – wofür? Wird er seine Kandidaten für die untergeordneten Behörden-Chrfposten durchkriegen, die auf Bewilligung warten? Kann er sonst nicht in die Behörden hineinwirken? Kann ers überhaupt?
Uswuswusw
Was ist da gesichert?
Ich unterrichte mich über aktuelle US Politik gern mithilfe des Portals “www.realclearpolitics.com/”. Diese Leute machen sich ein Vergnügen draus, zu beinah jedem Thema zwei einander widersprechende Artikel aus dem Gesamtangebot auszugraben und zur Lektüre zu empfehlen.
Einstein-Zweifelsfragen find ich übrigens auch interessant. Nicht alle, versteht sich. Aber das passt jetzt wirklich nicht mehr zum Thema. (Oh, und Marx-Zweifel. Die auch…)
April 14th, 2017 at 19:10
@franziska, 15
“Aber, dass es in der politischen Ökonomie Gesetzemässigkeiten GIBT – also nicht nur in der Theorie; sondern der Praxis, …; wollte ich natürlich mit bezweifelt haben.”
Damit hast Du mir persönlich eine Steilvorlage geliefert, insofern, dass häufig gesellschaftliche Erkenntnisse mit den Methoden der naturwissenschaftlichen Erkenntnisfindung in Eins gesetzt werden.
Flatter beschreibt diese Gleichsetzung so plastisch, dass sie einem förmlich als falsch in’s Auge springen müsste. Aber wahrscheinlich fällt das noch nicht einmal mehr auf.
Naturwissenschaft lebt vom Experiment, indem alle Störfaktoren, die das Experiment beeinflussen können eliminiert werden und derjenige, der das Experiment durchführt sich in dem Experiment als gesellschaftliches Subjekt, als Person herausnimmt und erst dadurch eine Situation hergestellt wird, die dann
Allgemeingültigkeit/Naturgesetzlichkeit beanspruchen kann.
Was ich dem einfach entgegenhalte, aus historischer Erfahrung ist, dass es keine Naturgesetzlichkeit in gesellschaftlichen Entwicklungen gibt. Und dass ich diese Annahme, sofern sie überhaupt ernstgemeint ist, für einen grossen gedanklichen Fehler halte.
Gesellschaft beinhaltet für mich Optionen, die möglich sind, aber nicht eintreffen müssen.
April 14th, 2017 at 19:23
@franziska: Die Motive oder Handlungen einer Person sicher zu prognostizieren, hat mit Politik nichts zu tun. Ich kann analysieren, wie Trump an die Macht kam, wer hinter ihm steht, ihn zu beeinflussen versucht, wie und mit welchem Erfolg.
Bezüglich “Narzissmus” erwähnte ich die Grenzen des Spiels, in denen ein infantiler (psychanalytisch muss man sagen, analfixierter) Präsidentendarsteller seiner Grandiosität fröhnt, Na logisch die “Mutter aller Bomben”, und wenn es je einem ein nukleares Bombardement zuzutrauen war, dann diesem. Damit kann man z.B. arbeiten und, wenn man relevanter Entscheider ist, und diese Option in die Strategie einbeziehen. Politik ist das übrigens immer noch nicht, eher Strategie in einer peer-group. Analyse, Erkenntnis, Option, Entscheidung. Dafür brauche ich keine Götter, nur einen sortierten Verstand.
@Troptard: Nein, das Experiment ist nur ein möglicher Teil des naturwissenschaftlichen Erkenntnisprozesses. Der besteht aus Beobachtung, Theoriebildung und Überprüfung. Die kann experimentell sein, muss sie aber nicht. Schon gar nicht muss sie im sterilen abgeschlossenen Raum stattfinden. Dein Bild von den Wissenschaften ist arg tendenziös.
April 14th, 2017 at 21:10
@flatter: Was immer man bei Personen nicht kann – wieso kann man es bei Politik? Die wird doch von Personen gemacht, oder von wem?
Der Hinweis auf die “Peer-group-Strategie” hilft hier nicht: Alles “relevante Entscheiden” der Beteiligten hat “Politik” zum Inhalt. Dazu müssen sie sich wechselseitig verhalten*) (und dabei unter anderm vielleicht zu Charakteren, Gruppen-Interessen, Drohungen, Angeboten, deren Glaubwürdigkeit, Regierungssystemen, Fraktionen und Parteien, öffentlichen Meinungen, Militär- und Wirtschaftspotentialen und einer ganzen Menge anderem. Und wir… als Kommentatoren… mit ihnen.)
*) dies zumindest ist die Vorgabe, wenn es um “Politik” geht. Ich will damit nicht behaupten, dass solches “sich dazu Verhalten” besonders rational ist (oder dass es das alles, was ich da aufzähle, in einer rational erfassbaren Weise “gibt”. Darauf zielt ja gerade mein Zweifel… und meine “Kritik”.
@troptard+flatter. Ich verwandle mal meine Steilvorlage für troptard: Alle Hypothesen über Personen müssen sich übersetzen lassen in Hypothesen darüber, was diese sagen würden – spätestens, wenn sie dasunddas (von uns) erfahren würden – zumindest, wenn wir sie weiterhin als Personen sollen verstehen können. Was keine Selbstverständlichkeit ist, worauf flatter durch seine Andeutungen bzgl neurotischer Begrenztheiten verweist. Wir akzeptieren nicht alles und jedes So-Sein als solches einer Person, können es nicht akzeptieren. Genau diese Sätze begründen, meine ich, was troptard wohl auszudrücken versuchte mit dem Satz über das gesellschaftliche Subjekt, das sich selbst einbringen muss, wenns um Aussagen über Personen geht. (Solche Experimente gibts ja, akademisch-psychologische nämlich; mit dem unsagbar-naivsten Vertrauen der Welt in die “Wirksamkeit” dh Eindeutigkeit etwa der Instruktionen, die ein Versuchsleiter einer Testperson gibt. Mit solchen Behelfen kann man sich billig als “Naturwissenschaft” gerieren…)
Ich merke mal an, dass diese Voraussetzung “nur wenn es bestimmten Anforderungen genügt, ist es überhaupt ein X (eine Person, vernünftig, zurechnungsfähig), und nur dann sind die (Ereignisse vorläufig erklärenden) Hypothesen über seine Verhaltensdispositionen auch solche über die Verhaltensdispositionen eines X” auch für X=Belebtes, und sogar mancherlei anderes, zB X=Systeme (ein Planetensystem; einen Strömungswirbel) usw gilt.
Während die Naturwissenschaft es zumindest vom Prinzip her mit X=zeitlich Unveränderlichem (“Gesetzen”, Konstanten, Elementar-Entitäten) zu tun hat (haben muss). Welches, einmal festgestellt und vorhanden, sein X-Sein nicht verliert. Weshalb der einschränkende Zusatz “sofern es weiter ein X ist” dort systematisch entfällt.
Weitere erste Annäherungen an das von troptard möglicherweise Gemeinte.
April 14th, 2017 at 21:26
@flatter,
da muss ich Dir sogar mal uneingeschränkt zustimmen.
Wie kann ich mich anders als tendenziös verhalten, wenn mich diese Wissenschaft stets mit neuen Wahrheiten konfrontiert, ihre alten Wahrheiten verwirft und mit neuen Erkenntnissen übberrascht, die sie als Fortschritt verkauft, obwohl es sich dabei weitgehend um Irrtümer gehandelt hat.
Man muss sich für das Thema noch nicht einmal besonders interessieren, um nicht von den Medien drauf gestossen zu werden, wie sich diese Wissenschaft selbst ins Abseits stellt, sich unglaubwürdig macht, dass es selbst mir als Laien nicht mehr verborgen bleibt.
Was wahrscheinlich nicht so rüberkommt und unverständlich und als tendenziös wahrgenommen wird, dass ich die Verwerfungen in den Wissenschaften nicht nur als Resultat einer kapitalistischen Verfremdung wahrnehme, sondern unabhängig davon als Ergebnis einer
ganz spezifischen Herangehensweise des Forschers selbst an Mensch und Natur.
Ich zweifele daran, dass es das Kapital sein soll, dass z.B. Hirnforschern, Gentechnikern und Biohackern
den neuen Menschen als Zukunftsoption presentiert.
Es ist dieses bürgerliche Bewusstsein der Wissenschaft selbst, welches keine Idee mehr davon haben will, dass sie destruktiv ist und wenn es sich der Folgen seiner Wissenschaft mal annimmt, dann geht das nur so, dass sie immer wieder neue Erkenntnisse servieren kann, einer Lösung sehr nahe ist, welche sie bereits vor 30 bzw. 15 Jahren angekündigt hat.
April 14th, 2017 at 22:34
@franziska: Nope. It’s the system, stupid. Die Zwänge überwiegen jeden Handlungsspielraum der Personen. Das gilt sogar für die Ausnahmeerscheinung Trump, der sich völlig ignorant gegenüber dem System verhält, weil er es nicht versteht und auch gar nicht versucht, es zu berücksichtigen. Es lässt ihm halt die Spielwiese “Commander in Chief”. Das ist kein Unfall.
@Troptard:
“… ihre alten Wahrheiten verwirft und mit neuen Erkenntnissen übberrascht, die sie als Fortschritt verkauft, obwohl es sich dabei weitgehend um Irrtümer gehandelt hat.”
Sorry, du hast nicht die geringste Ahnung von Wissenschaft. Die Naturwissenschaften sind völlig konsistent in ihrem Erkenntnisfortschritt. Über die Geisteswissenschaften mag ich jetzt hier keinen Aufsatz schreiben, aber da ist es bei den überdauernden(!) Beiträgen ebenso. Wenn du dich schlicht weigerst zu differenzieren zwischen den kapitalistischen Selektionsmechanismen (“verkauft”) und der Substanz wissenschaftlicher Erkenntnis, kann ich das nicht mehr diskutieren. Quantenphysik ist ebenso wenig eine Modeerscheinung wie ‘Relativität’ oder der (tendenzielle) Fall der Profitraten. Das Ganze ermüdet mich.
April 14th, 2017 at 22:42
Darf ich nochmal aufs thread Thema zurückkommen?
Jetzt mal die Grundsatzfragen beiseitegeschoben, und die relative Erklärbarkeit und Prognostizierbarkeit politischer Entwicklungen unterstellt, sage ich: Unter all den gefühlt 100 Erklärungen, die ich in meinen Lektüren für die Handlungen der Trump Administration im besonderen und die der USA im allgemeinen kenne, gibt es einfach nichts, das mich überzeugt. Mir gehts da so: Zwei Schritte weiter gedacht, und schon ist alles wieder fragwürdig.
Da ist nicht nur Trump am Spinnen. Da hab ich langsam den Eindruck, eine ganze Gesellschaft (oder ein grosser Teil davon) ist am Durchknallen. Und in Merkeldeutschland und EUropa… ists nicht so anders.
Nein, tut mir leid. Die Erklärung, die relative, nichtperfekte, aber eben doch irgendwie eine… die die 2 nächsten Denkschritte überdauert – die ergibt sich mir nicht.
(Und übrigens, wieder so auf dieser hemdsärmligen common sense Ebene gesprochen… mir kommts so vor, als würde sich auch in Russland, China, und im Rest der NichtwertewestenWelt diese Einschätzung langsam verbreiten.)
Hatte dein voraufgehendes posting, @flatter, bei Abfassung noch nicht gesehen, und schiebe die Frage nach: Welches System? Da ist kein Kriegsszenario unter denen, die derzeit debattiert werden, was die USA auch nur halbwegs unbeschadet überstehen könnten. Und, bittesehr, es ist doch nicht Trump der Kriegstreiber, da sind doch ganz andre Kräfte, der beinah ganze Kongress, die Militärführung, die Mainstreammedien, die NATO…
Vielleicht ist da eine ganze politische “Klasse” im engeren, und “Elite” im weiteren Sinn komplett überfordert.
April 14th, 2017 at 22:46
Letzteres ist m.E. definitiv der Fall. Was ich nicht verstehe, ist bei all deiner Mühe die Bemerkung “Unter all den gefühlt 100 Erklärungen, [...] gibt es einfach nichts, das mich überzeugt.”
Wo bleibt deine eigene Erklärung?
April 14th, 2017 at 23:03
Naja…
Überforderung ist durchaus ein Stichwort.
Edit: Die “Bleiwüste”, die hier ursprünglich stand, nehm ich gern zurück.
April 14th, 2017 at 23:21
Ähm … bissken kürzer die Beiträge? Wäre entspannter. Es geht hier um Denkanstöße, nicht ums gnadenlose Überreden. Danke!
p.s.: Zumal das da oben theoretisch nicht überzeugt. Das ist keine Diskussion, das ist Bleiwüste.
April 14th, 2017 at 23:32
In manchen Diskussionen, @flatter, helfen nur längere Ausführungen weiter. Ich muss nicht überreden, keine Sorge. Ob sich das diskussions- und leserfreundlich auseinanderziehen lässt, weiss ich nicht. Aber Entspanntheit ist wichtig. Da geb ich dir recht.
PS: Die Klagen über Blei und die über “nicht überzeugend” sind aber zwei, nicht eine. Egal.
PPS: Ich hab das, was da oben ursprünglich stand, mal gespeichert (auch im Kopf). Wir können also bei Bedarf entspannt drauf zurückkommen.
April 15th, 2017 at 00:06
Yo, das “nicht überzeugend” sprengt hier jeden Rahmen.
Was “diskussions- und leserfreundlich” angeht, hab ich hier elf Jahre Erfahrung. Das liest so kein Mensch mehr. Stell dir zur Orientierung vor, du würdest diesen Text sprechen und wer dir am Ende noch zuhört.
Gute Nacht!
April 15th, 2017 at 09:41
Guten Morgen.
Ich habe meine vorläufige Antwort auf deine Frage, @flatter (24), in 7 Thesen gefasst. Aber nicht, um zu überzeugen. Sondern nur als “Denkanstoss”. Ich hoffe, sie sind dafür kurz genug.
Um hier niemand etwas aufzudrängen, poste ich sie vorläufig auf meiner Seite. Nämlich hier:
http://www.selbstbestimmung-als-aufgabe.de/pages/untersuchungen-und-bemerkungen-zu/kommunismus-und-kommunalismus/7-thesen.php
Falls das nicht erwünscht ist, kann dieser Beitrag auch gelöscht werden. Mir liegt wirklich nicht an Missionierung.
April 15th, 2017 at 12:20
Guten Morgen.
Schon dem ersten Satz im verlinkten Text muss ich widersprechen. Er etabliert eine idealistische Sichtweise, die sich konsequenter Weise vorenthält, was hier aus Gründen das zenrale Thema ist. Fängt mit K an und hört mit apitalismus auf.
April 15th, 2017 at 12:32
Ich zB glaube schon lange nicht mehr an dieses System, wenn ich es überhaupt je tat – und reproduziere es dennoch täglich.
April 15th, 2017 at 12:50
“Gas geben, abhauen, ich scheiß‘ auf dich! ” Das sind die Typen, die sich dann später auch noch vom örtlichen Verkehrsclub für 25 Jahre erfolgreiche Unfallflucht (unfallfreies Fahren) ehren lassen.
April 15th, 2017 at 13:43
@flatter (30) Aus Gründen ist das K-Ding mein Lebensthema, und zwar in der guten Absicht zumindest, es konsequent anti-idealistisch zu behandeln. Wie das geschehen sollte, ist derzeit unter erklärten Materialisten, wie man sieht, strittig. Es war angekündigt, dass der Text Thesen enthält, keine Begründungen. Wobei These 1 eher entfallen kann, der Resttext ist auf sie nicht angewiesen.
Die Kritik der, wie ich meine, hoffnungslos idealistischen Position der meisten derzeitigen Radikallinken (ich ordne mich selbst in die Rubrik ein) wird in dem vor kurzem von Wat verlinkten Text entfaltet.
Ich erwarte nicht, dass man das liest oder unbegründete Thesen debattiert. Vielleicht genügt es, den Gedanken im Hinterkopf zu behalten, und näher zu betrachten, falls es konkreteren Anlass dazu gibt. Mehr kann ein Denkanstoss erstmal nicht leisten. Sonst drohen Bleiwüsten.
@Peinhart Nichtglauben ist zuwenig (Begreifen wäre mehr, aber immer noch nicht alles), und 1 Peinhart ist auch zuwenig (5-10% Ungläubige MIT Begriff in der Gesamt-Bevölkerung wären besser, eine Basis, um auf den Rest zu wirken). Nebenbei, vielleicht glaubst du nicht an das etablierte, aber ein alternatives “System”? Das tun heute viele, vage, untereinander unverständigt. Aus meiner Sicht alles nicht gut; der Systemglaube sollte enden – rational, nicht ideal-eingebildet vergesellschaftet ist man dann leider noch lange nicht. Nur stellt man sich dann der Aufgabe, und der Tatsache, dass sie ungelöst ist.
April 16th, 2017 at 12:44
Am Rande zum Narrativ und den Lutheranern.
April 17th, 2017 at 12:49
Noch mehr Narrativ, diesmal von und mit den Sozen.
April 17th, 2017 at 20:44
OT: Boah ey, ich hab eben mal den Fehler gemacht, ein paar Foren zu besuchen, weil mein Browser ne doppelte Tonsspur abgespielt hat. Meine Fresse! Das war ja schon immer schlimm, aber inzwischen gibt es keinen Thread mehr, in dem nicht die Vollidioten ihre “ich habe dasselbe Problem nicht gelöst”, “Ich habe ein anderes Problem”, “nimm doch ne andere Soft-/Hardware”, “Geh’ doch lieber mal spazieren”, “besuche unbedingt meine Pornosammlung”-Scheiße posten. Moderiert eigentlich niemand mehr auf diesem Planeten?
April 17th, 2017 at 20:56
@flatter: Das gleiche Problem habe ich auch. Äh, wait …
April 17th, 2017 at 22:14
Disable “html5 everywhere”, that’s it. :-P
April 18th, 2017 at 13:32
Das hier ist einfach zu geil. Spitzenjournalismus. Selbstverständlich Mitglied der Atlantik-Brücke.