Wo bleibt bloß der Klassenfeind?
Posted by flatter under kapital , theorie[78] Comments
04. Apr 2017 12:30
John Holloway hat einen höchst interessanten Beitrag zur Kapitalismus-Debatte verfasst. Ich empfehle, ihn selbst zu lesen, fasse ihn aber kurz zusammen:
Ware ist die Form, in der gesellschaftlicher Reichtum unter der Macht des Kapitals verwaltet wird: Produziert, verteilt, zugeteilt. Gleichzeitig wird damit die Herrschaft festgelegt; das Kommando über die Zeit der Einzelnen – ihre Arbeitszeit, die Bedingungen der Arbeit, ihre Freizeit, das Konsumgut und die Zugehörigkeit oder des Ausschluss aus dieser Welt der Waren.
Für Anfänger: Der Begriff „Ware“ bedeutet, dass etwas gekauft wird, um es teurer zu verkaufen und damit Profit zu erzielen. Der Profit ist der Zweck dieses Vorgangs. Ohne Profit findet er nicht statt, da niemand tätig wird, wenn er dabei Verluste macht.
Käuflich
Als Form des Klassengegensatzes ist die Warengesellschaft / der Kapitalismus nach klassischer Lesart (nur) durch eine Revolution überwindbar. Die Arbeiterklasse muss sich demnach – wie sie es bereits Anfang des 20. Jahrhunderts getan hat – erheben und die Herrschaft des Kapitals beenden. Holloway setzt anders an, nämlich beim „Reichtum“; nach Marx
„die volle Entwicklung der menschlichen Herrschaft über die Naturkräfte, die der sog. Natur sowohl wie seiner eignen Natur“; Reichtum, der durch das Zwingen in die Form der Ware pervertiert wird.
Demnach muss die Revolution nicht als Aufstand der Arbeiterklasse gegen die der Kapitalisten stattfinden, sondern gegen die Form der Ware. „Eine Mahlzeit ist keine Ware“, so Holloway, „sondern eine Geste der Liebe“. Kann man dies auch als pathetisch aufgeladen betrachten, so wird dennoch deutlich, wie weit sich die Warenwelt von den wahren Bedürfnissen der Menschen entfernt hat. Anderes Beispiel: „Bildung ist Reichtum, aber sie sollte keine Ware sein.“Kurzum: Die Warenform verwandelt Reichtum in trostlose Manövriermasse des Kapitals.
Der Kampf geht tiefer
Für den Klassenkampf bedeutet das:
„Der Klassenkampf ist der Kampf der Klassifizierten gegen die Klasse, gegen ihre Klassifizierung: Wir werden uns nicht einfügen, wir werden uns nicht klassifizieren lassen. Wir werden die Herrschaft des Geldes nicht hinnehmen. Wir sind die Bewegung des Reichtums gegen die Ware.“
Was das für konkrete Ideen, Projekte, Aktionen, politische Konzepte bedeutet, ist die Frage. Ganz offensichtlich ist ja längst, dass vor allem die eifrigsten Kämpfer für die Macht des Kapitals, ihre Ideologen wie ihre militärischen Handlanger, nicht in ihrem eigenen Interesse handeln. Sie handeln auch kaum mehr im Interesse einer „herrschenden Klasse“, sondern aus dem blinden Zwang des Systems heraus.
Es ist die Warenform, der Zwang, selbst aus obszönem Vermögen noch mehr zu machen, während Unternehmen, Staaten und Gesellschaften dadurch sprichwörtlich ruiniert werden. Es sieht derzeit so aus, als würde die Ware über die Menschheit obsiegen, weil sich die Menschheit global und fast unterschiedslos auf Befehl der Ware gegen sich selbst richtet. Die Lösung kann kaum darin liegen, noch mehr blutige Kämpfe zu führen. Sie muss darin liegen, den wahren Feind zu erkennen.
April 4th, 2017 at 12:40
Von Holloway gibt es ein Buch, das man hier herunterladen oder online lesen kann: Change the world without taking power – John Holloway
Oder auf deutsch: Die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen
Der Anfang der deutschen Ausgabe: Vom Schrei der Verweigerung zum Schrei der Macht: Zur Zentralität der Arbeit
Am Anfang war der Schrei.
Ein Schrei der Erfahrung. Ein Schrei der Angst, ein Schrei des Entsetzens. Ein Schrei darüber, wie wir leben und was wir sehen, ausgelöst von den Zeitungen, die wir lesen, den Fernsehprogrammen, die wir sehen, unseren alltäglichen Konflikten. Ein Schrei, der nicht akzeptiert, daß es massenhaften Hunger neben Überfluß gibt, daß soviel Arbeit und Ressourcen der Zerstörung des menschlichen Lebens geopfert werden und daß sich der Schutz des Privateigentums in einigen Teilen der Welt nur durch den systematischen Mord an Straßenkindern organisieren läßt. Ein Schrei der Verweigerung.
April 4th, 2017 at 13:39
der einzelne könnte sich durchschnittlich mit sicherheit von einem erheblichen teil des konsums der waren verabschieden. großes bsp. wären geschenke zu geburtstagen und co. warum das nicht abschaffen oder nur sinnvolles was auch benutzt werden wird schenken?
im großen fallen mir privatisierung (verhinderung) im allgemeinen und völlige umstrukturierung des nahrungsmittelsektors im besonderen ein.
oder diese ganzen überflüssigen marketinggetribeben waren. man kann sich heutzutage nen neues smartphone für 250€ kaufen, was ähnlich gut ist wie ein 1000€-iphone.
das wären allesamt nur mal erste schritte in die richtige richtung. die brächten das kapital schon ganz schön zum wackeln und wären imho gleichzeitig den menschen auch positiv vermittelbar.
April 4th, 2017 at 13:44
Sehe ich völlig anders. Konsumzurückhaltung lässt sich nicht durchsetzen und bringt gar nichts außer dass sie in Utopia die Krise des Kapitals verschärfen würde. Das ist auch weder mit meinem Posting noch mit dem besprochenen Artikel intendiert.
Es geht um nicht weniger als die Trennung von der Warenform. Weniger oder andere Waren sind Sozialdemokratie.
April 4th, 2017 at 15:46
Danke für den interssanten Beitrag. Ich muß den verlinkten Text nochmal in Ruhe lesen.
Die grosse Frage, wie die überwiegende Zahl der Menschen überzeugt werden könnten, kann ja nur theoretisch beantwortet werden mit dem Argument, daß sicher ein schlechteres Leben gegen ein besseres eingetauscht werden würde.
Ängste, Trägheit, Konformitätsdruck und Propaganda sprechen in der Praxis dagegen. Und notfalls auch Waffen.
Der Wille zur Herrschaft ist als menschliche Handlungsoption, wenn nicht sogar als dem Menschen innewohnendes Ringen um die Rangordnung auch nicht aus der Welt zu schaffen, ich sehe zumindest nicht wie.
Die Lösung dann halt sich eigene Inseln zu schaffen ist auch problematisch, da diese dann halt reife Früchte für alle möglichen bewaffneten und skrupellosen Machthaber darstellen.
Entschuldigt, wenn dies schon tausendmal thematisiert wurde, ich wollthalt auch mal nachdenken (;
April 4th, 2017 at 15:58
Handel als profitgenerierender Prozess wäre demnach abzuschaffen?
Und Eigentum(sumverteilung) als Ergebnis dieses Prozesses demnach auch?
Die Handelsware (“Der Begriff „Ware“ bedeutet, dass etwas gekauft wird, um es teurer zu verkaufen und damit Profit zu erzielen.”) unterliegt heute doch einem starken Rückgang in Menge und Profit, weil durch Inet-Plattformen der (Zwischen-)händler obsolet wird.
Hm. Nochmal nachgedacht und drübergelesen:
Man sollte die Preisschilder (das ist es, was etwas zur Ware macht) von Bildung, Nahrung uvm. entfernen, nehme ich an.
Kann ich mich mit anfreunden :)
April 4th, 2017 at 16:15
nach Luhmann ergibt sich Ware als abstraktion von Eigentum und Geld als abstraktion von ware. damit bildet es einen eigenes kommunikationssystem.
holloways beitrag könnte man aus der sicht als an marx angelehnte forderung verstehen, das ökonomische kommunikationssystem zu substituieren oder sozusagen umgekehrt zu korrumpieren und zu re-definieren. das wäre im Luhmannschen theoriegebäude durch Wahrheit und Liebe, die jeweils eigene Kommunikationssysteme ausgebildet haben.
damit wären die kommunikationsformen Macht und Eigentum nicht aus der welt, doch es würde die wahrscheinlichkeit vergrößern, koch und kellner plätze zuzuweisen, die pathologische kommunikation verringerte.
gruß aus den wolken
April 4th, 2017 at 16:39
@Mordred(5)
Hm… wenn wir nun das Preisschild von Bildung und Nahrung uvm. einfach abmachen, dann heißt das ja mE, daß da jemand kein Geld dafür bekommt, daß er das macht/ herstellt/ zur Verfügung stellt.
Kannst Du Dich auch damit anfreunden, dann für solche Tätigkeiten grundsätzlich kein Geld zu bekommen?
Ich mein’, etwas kostenlos zu nehmen, das schafft jeder Dieb.
Das ist Diebstahl!
Die für mich alles entscheidende Frage:
Wie kommt das ‘Zeug’ kostenlos in den ‘Laden’ rein ;)
Btw. Deine Arbeitskraft ist hier ja auch eine Ware…
April 4th, 2017 at 18:03
@6 Was meinst du mit Kommunikationssystem?
Das was du beschreibst, habe ich in meinem vorherigen Post etwas stümperhaft als “schlechteres gegen besseres tauschen” beschrieben und wenn das so einfach wäre, warum ist es dann noch nicht längst eingetreten?
Anders ausgedrückt, Macht besteht doch (unter Anderem) darin, das gewünschte Szenario auch gegen den Widerstand bzw. trotz der Nachteiligkeit für die Mehrheit der Menschen durchzusetzen.
April 4th, 2017 at 18:17
Luhmann ist ein Systemtheoretiker. Etwas verkürzt und platt ausgedrückt, meint er, daß eine Gesellschaft ein umfassendes soziales System ist, das alle anderen sozialen Systeme einschließt, die sich untereinander ausdifferenzieren/ miteinander kommunizieren.
Mit Luhmann kannst Du alles als “muß so sein und kann gar nicht anders gehen” erklären.
Anzumerken wäre noch, daß in seiner Theorie die menschliche Komponente als solches völlig ausgeklammert ist, bzw. ein eigenes soziales System bildet, was sich nur ausdifferenziert.
War halt ein Beamter, da kann ‘man’ möglicherweise nur das IST als Ende der Geschichte denken.
Sorry, meine 2 ct. dazu.
April 4th, 2017 at 19:05
@Mordred: Es ist hier wirklich wichtig, das Warenverhältnis zu verstehn, in seiner ganzen Tragweite. “Deine Arbeitskraft ist hier ja auch eine Ware” (Wat.) ist ein Hinweis darauf.
Lies am besten den ganzen Artikel, da geht es nicht bloß um Preisschilder.
April 4th, 2017 at 22:02
Meine 2 ct (oder eher weniger) zum Thema.
„[…]“ Geld ist keine Ware.
Geld ist kein Wirtschaftswert.
Geld ist nicht gleich Kapital.
Kapital sind die Fähigkeiten und
die Kreativität aller Menschen.
Geld ist ein Rechtsdokument.
Es bedarf der direkt-demokratischen
Steuerung durch alle Menschen.
Joseph Beuys
____________
April 4th, 2017 at 22:48
Und meine 5: Wo immer Menschen versuchen, Geld zu steuern, werden sie bereits gesteuert – vom Geld.
Herr Beuys hatte nicht die geringste Ahnung von Kapital. Das Programm “Sonne statt Reagan” war ähnlich genial.
April 5th, 2017 at 04:21
Hallo,
»Der Reichtum der Gesellschaft erscheint als eine ungeheure Warensammlung.« Über den Satz haben wir damals in der Uni (Frankfurt) endlos debattiert. Deswegen birgt der Text von John Holloway nicht viel Überraschendes für mich. Ich meine sogar, daß ihm das Wichtigste fehle: Der Hinweis auf die Machtverhältnisse, auf die Gewalt, die ganz gewiß notwendig sein wird, wenn man das Warenverhältnis “aufheben” will.
Was genau macht denn eine Ware zur Ware? Hier ist dir, Flatter, ein kleiner Flüchtigkeitsfehler unterlaufen. Nicht der Handel schafft den Profit, sondern die Produktion.
Eine Ware wird zur Ware, weil sie schon als Tauschwert produziert wird, unter völliger Absehung vom Gebrauchswert. (Gebrauchswert ist übrigens dasselbe wie Reichtum: Viel Gebrauchswert ist viel Reichtum und wenig Gebrauchswert ist wenig Reichtum im Sinne jenes Aufsatzes!)
Der Chef kauft meine Arbeitskraft und heißt mich, an seiner Maschine Dinge herzustellen. Einzig und allein die Tatsache, daß er das Ganze nur deshalb in die Wege leitet, weil er die von mir erzeugten Produkte für insgesamt mehr Geld *verkaufen* will, als er mir (und für die Maschine und die Rohstoffe) auszahlen wird, macht die Gegenstände zu Waren. Weil ihm die Maschinen gehören, weil er meine Arbeitskraft bezahlt, und weil er (mit einer gewissen Berechtigung) darauf besteht, daß die von mir geschaffenen Dinge sein Eigentum seien.
Man kann einer Ware nicht den Warencharakter abstreifen, ohne die Kapitalisten zu enteignen. Wir können gesellschaftlich den Reichtum nicht als Reichtum schaffen, ohne dem Fabrikbesitzer seine Fabrik zu nehmen. Um im großen gesellschaftlichen Rahmen “reinen Reichtum” zu schaffen, muß der Kapitalismus bereits überwunden sein. Anders gehts gar nicht. Und das werden die Milliardäre gewiß nicht freiwillig mitmachen.
April 5th, 2017 at 05:02
OT (Danke, Peinhart): Apropos Klassenfeind (der zwote von Peinhart verlinkte Artikel); das sollte aufmerksam gelesen werden. Mir selbst geht es nicht nur darum, dass Trump und seine Mischpoke hier in ein grelles Licht gestellt werden, auch dass ‘unsere’, die Reinen®, die Guten®, die mit ‘unseren Werten’® Gesegneten mitspielen in diesem Konzert.
Zitat aus o.g. Artikel: “Sechstens besteht eine eigentümliche Tatsache: Als die isländischen Banken im Oktober 2008 pleitegingen, wurden ihre Private-Banking-Tochtergesellschaften in Luxemburg, die mindestens acht Mrd. Euro an Privatvermögen managten, plötzlich von der luxemburgischen Bankenaufsicht beschlagnahmt und zu einer neuen Bank, der Banque Havilland, transferiert. Dies geschah so schnell, dass Islands Zentralbank von der Identität und den Portfolio-Größen der Offshore-Privatkunden der isländischen Banken nichts erfuhr. Doch wieder fielen in Gerüchten einige wichtige russische Namen.”
Iss alles Binse, haut mich trotzdem jedesmal aus den Socken – 2008? War da nich der EU-Kommissionspräsident Finanzmini und Staatspräsi in LUX?
Zitat (Tante Wiki): “Am 20. Januar 1995 wurde er luxemburgischer Premierminister als Nachfolger von Jacques Santer, nachdem dieser das Amt des Präsidenten der Europäischen Kommission übernommen hatte und aus der Regierung ausschied. Zugleich übernahm Juncker auch das luxemburgische Finanzministerium sowie die Vertretung Luxemburgs als Gouverneur beim Internationalen Währungsfonds. Seine Tätigkeit hatte dabei von Anfang an einen starken Bezug zur internationalen Politik, …” Und schon wieder: Honi soit qui mal y pense! (‘s klingt halt im frz. so schön)
April 5th, 2017 at 05:15
Noch’n kleiner Nachtrach zum o.g. Artikel, hier zur Qualität von Trumps faszinierenden Immobilien Projekten: “The Trump International Hotel and Tower opened in Toronto on April 16, 2012. In the years since, “There were parts of the building itself that fell down onto the street and actually shut down parts of our downtown at times, because there were concerns about the structure’s integrity,” says a city council member.” Ob’s seiner Präsidentschaft ähnlich gehen wird?
April 5th, 2017 at 08:21
@Hardy(13)
Ohne die Warenwirtschaft zu überwinden, nützt es nichts, die Kapitalisten zu enteignen.
Dann hat halt ein anderer das Kommando über unsere Arbeit, die dann Waren produziert/ produzieren muß.
Wir, die arbeiten, sind das dann definitiv immer noch nicht und die Warenwirtschaft ist an der prinzipiell gleichen Stelle.
Für uns hat sich nicht wirklich was geändert.
Und nun? ;-)
April 5th, 2017 at 10:32
@Hardy(13): Nö. Produktion ist zwingend Handel, aber nicht umgekehrt. Ich kaufe Material, produziere daraus etwas, um es teurer weiter zu verkaufen. Bei G-G’ fällt die Produktion sogar ganz aus.
Ansonsten bin ich ganz bei Wat.: Wenn man das Warenverhältnis erkennt, lehnt man folgerichtig die Herrschaft ab, die sich darin manifestiert. Lehnt man nur die Herrschaft ab, womöglich nur bestimmte Handlungen der Herrschaft, erreicht man gar nichts außer ein Amt in der SPD.
April 5th, 2017 at 10:44
OT: Fischer, übernehmen Sie: der Justiz- und Zensurminister hat nicht nur keine Ahnung von Internet (z.B. das Verhältnis von Beiträgen in ‘Social Media’ zum Zensurpersonal), er weiß auch nicht, was ein Gesetz ist. Der Justizminister! “Im eigentlich vorbereiteten Entwurf hatte es in der Begründung zu Bußgeldern noch geheißen, der Tatbestand “kann bereits durch einen einmaligen Verstoß gegen die (Lösch-)Pflicht” erfüllt sein.” Seit wann kann die Exekutive per Gesetz beliebig darüber befinden, wie oft jemand straffällig wird, bis sie Konsequenzen verhängt? Das wäre kein Gesetz mehr. Verstöße gegen das GG sind ja schon Alltag, aber jetzt kommen sie uns mit Tagesbefehlen, die sie als Gesetz ausgeben.
April 5th, 2017 at 10:49
Wie wir hier sehen, kommt man leichter zum Warenfetisch, wenn man den Tauschwert (und die “Magie des Geldes”) vorher diskutiert?
April 5th, 2017 at 11:38
Produktion ist nicht zwingend Handel, nur in der Warenwirtschaft.
April 5th, 2017 at 11:39
Ich wusste, dass jemand damit käme. Ähm, reden wir hier von Warenwirtschaft oder von … Warenwirtschaft? Jadoch!
p.s.: Bienenhonig z.B. ist nicht zwingend Handel. Dabei handelt es sich allerdings auch nicht um Lohnarbeit, sondern ggf. um Sklaverei :-P
April 5th, 2017 at 12:25
So ein Bienenvolk ist auch nicht billig, von der nötigen sonstigen Ausrüstung aka Produktionsmittel mal zu schweigen. Und als ‘Lohnarbeit’ könnte man eigentlich auch erstmal alles bezeichnen, was aus eigener Arbeit einen monetären Rücklauf erwartet. Der selbständige Imker verkauft zwar nicht direkt seine Arbeitskraft, indirekt, als Teil des Produkts Honig jedoch schon. Zu dieser anderen Klasse gehört man erst, wenn man sich tatsächlich nur aus Renten erhalten kann…
April 5th, 2017 at 12:27
Ähm… Klassenanalyse.
April 5th, 2017 at 14:16
Hab den Aufsatz versucht zu verstehen.
Unter Bezug des ersten Satzes im „Kapital“ sieht der den Schwerpunkt nicht auf „Ware“, sondern auf „Reichtum der Gesellschaft“. Schön, dass er so sieht … schöner wäre es gewesen, wenn er das inhaltlich ausgeführt hätte.
Bisheriger Wissensstand (vor Lektüre): die Ware ist ein Akteur im Wertschöpfungsprozess. Sie gehört zu den Konstanten, der Preis zu den Variablen (wir erinnern uns: nicht Produktions-, sondern Reproduktionskosten.) Die Ausbeutung geschieht technisch, indem Arbeitskraft – wie eine Ware – nach ihren Reproduktionskosten bezahlt wird, nicht nach dem Gegenwert, den der Arbeitsprozess herstellt (also die eigentliche Wertschöpfung).
So weit, so einfach!
Hier sehe ich einen Aufsatz, der entlang einer apodiktischen Start-Aussage irgend was rankt, dem ich nicht folgen kann. Jede Menge guter Absicht ohne Substanz.
(Und ich habe durchaus Interesse an dem Thema.)
April 5th, 2017 at 14:28
“die Ware ist ein Akteur im Wertschöpfungsprozess”
Wie bereits mehrfach erwähnt, ist Ware eine Repräsentationsform des Herrschaftsverhältnisses – und umgekehrt. Der sog. “Wertschöpfungsprozess” ebenfalls. Wer das so hinnimmt, es akzeptiert, womöglich für ein Naturverhältnis hält, kann das Problem nicht mehr erkennen. Wer wie wofür bezahlt wird, ist irrelevant. Einen “Gegenwert” kann es gar nicht geben. Es geht nicht um Ausbeutung ob eines zu niedrigen Preises, sondern um die Degradierung der Menschen zu ‘Akteuren im Wertschöpfungsprozess’. Entweder ist alles Ware oder nichts ist Ware, das sind die Alternativen. Es gilt dies zu erkennen und nicht von “gerechten Löhnen” zu faseln.
April 5th, 2017 at 14:49
“Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als ” ungeheure Warenansammlung” die einzelne Ware als…”
Dieser erste Satz von Karl Marx lässt sich auch anders lesen. Als Hinführung zu einem Widerspruch, wenn man das “erscheint” als sich “darstellt” liest.
Dann bilden gesellschaftlicher Reichtum und Warenanhäufung nicht das selbe ab, sondern sind voneinander verschieden, als konkreter Reichtum in den Gebrauchswerten (stofflicher Reichtum) und in den Waren (abstraktem Reichtum).
Gesellschaftlicher Reichtum hat dann nur Gültigkeit, wenn er sich in seiner stofflichen Form als abstrakter Reichtum in Geld realisieren lässt. Wenn nicht, wird er in einer warenproduzierenden Gesellschaft für ungültig “erklärt”, entwertet oder vernichtet.
Die ganzen Kategorien die Karl Marx da so akribisch eingeführt hat, wie: konkrete Arbeit/abstrakte Arbeit, Gebrauchs-und Tauschwert, Mehrwert/Wert, Ware/ Geld, würden für mich zumindest keinen Sinn ergeben,
wenn er damit nicht auch zugleich eine Krisentheorie entwickelt hätte, die sich von der bürgerlichen Volkswirtschaft fundamental unterscheidet.
Ich setze hier nur meine eigene Interpretation dagegen, weil ich ziemlich genervt davon bin, wie der “olle Rauschebart” immer wieder hervorgeholt wird, um sich an ihm neu zu vermessen, ihn immer wieder neu zu interpretieren und auf jede Neuinterpretation begierig aufgesprungen wird.
Das Marxeln nimmt also kein Ende und irgendwie nimmt das dann schon groteske Züge an, wenn man versucht, ihn für die heutige Zeit realitätstauglich zu justieren.
April 5th, 2017 at 15:14
Mit Verlaub, aber wenn wissenschaftliche Werke, Theorien und Erkenntnisse nicht aktualisiert werden dürfen, ist das genau das, was ich neulich als “unwissenschaftlich” bezeichnet habe – Dogmatismus. Es geht doch nicht darum, dass alles andere falsch ist, sondern gerade bei diesem Text um eine andere Perspektive.
April 5th, 2017 at 15:24
@Troptard: Ich finde, du schießt ein wenig schnell. Der Text ist nicht neu, der Mensch dahinter Jahrgang ’47.
Zu deinem Einwand bzgl. Krisentheorien folgender Kommentar:
Wo wir stehen – Überlegungen zu John Holloways Buch „Die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen“
Der Unterschied zwischen der instrumentalistischen und der emanzipatorischen Auffassung des Klassenkampfes läßt sich am besten an Hand des Krisenbegriffs verdeutlichen. Krise wird einerseits einfach als Phase im Zyklus Prosperität – Krise – Prosperität – Krise – usw. aufgefaßt, also als zyklisches Moment eines an sich stabilen Kapitalismus, präziser gesagt, eines sich gerade durch diesen Zyklus stabilisierenden Kapitalismus. In dieser Konzeption ist Krise ein mit vielen Friktionen und Katastrophen verbundener Umstrukturierungsprozeß, der – und das ist der Punkt – ohne unser Zutun objektiv abläuft. In Grunde spricht dieser Diskurs über die Entwicklung des Kapitalismus wie MeteorologInnen über das Wetter: Brauen sich Krisengewitter zusammen oder sollen wir von einer prosperierenden Schönwetterphase ausgehen? Das aus dem objektiven Gang der Geschichte ausgeschlossene Subjekt betritt dann wieder die Bühne, wenn Krise als Chance, als günstiger Moment aufgefaßt wird, wie Holloway scharfsinnig analysiert. Krise öffnet in dieser Sichtweise einfach eine objektive Möglichkeit, in den automatisch ablaufenden Gang der Reproduktion der kapitalistischen Gesellschaft subjektiv handelnd einzugreifen, gewissermaßen die Chance für das Subjekt (die ArbeiterInnenklasse, die Partei, usw.), vom Zuschauer zum Akteur aufzusteigen. Freilich, da günstige Gelegenheiten zur Machtergreifung, sprich tiefe Krisen die große Chancen eröffnen, nicht alltäglich sind, neigt der Wetterberichtsmarxismus auch dazu, diesen Moment nicht Amateuren und Dilettanten zu überlassen, sondern ihn als die große Stunde der marxistischen GesellschaftsexpertInnen, sprich Partei, zu betrachten. Wenn Revolution als Machtergreifung interpretiert wird, so ist dieser Konzeption eine innere Logik nicht abzusprechen.
Ich finde Holloways Text deshalb interessant, weil er mEn einen sehr einfachen Zugang zum Begriff der Ware ermöglicht und einen Ausblick auf die Einflussmöglichkeiten der Einzelnen liefert, der zur Abwechslung mal nicht in der revolutionären Zerschlagung alles Seienden besteht, wovon ich immer wieder lese.
Alternativ zur “Revolution” kommt auch immer wieder ein optimistisches “Wählt doch die PdL”, was ich inzwischen einfach langweilig finde.
Dass der Feind im eigenen Kopf sitzt und das zu Entstehende wieder die gleiche Form annehmen würde, wenn sich im Denken nichts ändert, davon will niemand etwas wissen. Klar, das hatten wir schon: Den meisten geht es um die Verbesserung ihres Platzes im System, nicht um das System, das sie sowieso nicht im Ansatz kapieren können, weil sie selbst es jeden verdammten Tag reproduzieren.
Ich habe in den früheren Diskussionen hier eine ganze Zeit gebraucht, um zu verstehen, was gemeint ist, was ich vor allem @Wat.s Beharrlichkeit im Stellen ‘blöder Fragen’ verdanke.
April 5th, 2017 at 16:17
@flatter, 27
ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn man den “ollen Marx” “fruchtbar” machen will für den Entwicklungsstand des heutigen Kapitalismus.
Wie das unter den Marxisten dann abläuft, was akzeptiert wird oder nicht, das liesse sich an den Anfeindungen, welche z.B. die Wert-Abspaltungskritik (Exit) und Wertkritik (Krisis) von links erfahren haben und auch heute noch ausgesetzt sind gut nachvollziehen.
Und das deshalb, weil bei beiden auf Karl Marx zur “inneren Schranke” des Kapitals Bezug genommen wird.
Also macht es einen bedeutenden Unterschied, zumindest unter Marxisten aus, wie ich den “ollen Rauschebart” auf die heutigen Verhältnisse interpretiere.
Und dass ich darauf keine Lust habe, und auch auf keine weiteren Interpretationen und Anleitungen, muss ich mich dafür entschuldigen?
Was Du da als unwissenschaftlich und als Dogmatismus “neulich” bezeichnet hast, das war von mir auf den Bereich der Naturwissenschaften begrenzt, liesse sich aber auch auf die Gesellschafts-Wissenschaften übertragen.
Ansonsten verweise ich noch mal auf die Home-Page von Claus Peter Ortlieb, Wert-Abspaltungskritik.
April 5th, 2017 at 16:50
@R@iner,
wenn der Zugang zur Ware so ein einfach wäre, warum wird er dann immer noch als ontologisch, ohne jede gesellschaftliche Vorbedingung, Ware gegen Geld begriffen.
Und warum ist es dann so schwierig, sich eine Gesellschaft ohne Ware und ihre Abstraktion in Geld vorzustellen.
Ich habe Dich schon richtig verstanden: Es geht dem Holloways darum etwas zu vermeiden, was ausserhalb der eigenen Einflussmöglichkeiten liegt, diese Unberechenbarkeit gesellschaftlicher Entwicklungen, die das Kapital stets selbst befördert und auf die es selbst Einfluss nehmen will.
April 5th, 2017 at 17:12
“warum wird er dann immer noch als ontologisch, ohne jede gesellschaftliche Vorbedingung, Ware gegen Geld begriffen.”
Wer begreift ihn wo unter welchen Umständen so? Die in ihm leben und darauf gedrillt werden, richtig? Die lernen, dass man Dinge kaufen muss, sie dann besitzt, dass es Lohn für Arbeit gibt, Arbeitgeber, Arbeitnehmer etc., so wie sie lern(t)en, dass es einen Gott gibt. Aber sonst so?
Von daher, ja, geht es auch hier um Aufklärung, Säkularisierung. Das Praktische ist wie immer, dass es kein Zurück gibt, wenn du es begriffen hast.
April 5th, 2017 at 19:32
@flatter – „Entweder ist alles Ware oder nichts ist Ware, das sind die Alternativen.“ – erst mal tief durchgeatmet, dann: bye, macht das unter euch aus. Ihr schafft das schon. Alles ist gut!
April 5th, 2017 at 19:34
Hauptsache du tust dir nicht weh.
April 5th, 2017 at 19:58
Entweder ist alles Ware oder nichts ist Ware, das sind die Alternativen.
Das ist aber zumindest für die Vergangenheit nicht wahr. Vergleiche auch Polanyi, der die Hybris des Modells erst darin sah, auch Arbeit, Boden und Geld als dem Markt unterworfene Waren zu behandeln. Ob die ‘eingebetteten’ Gütermärkte der Vergangenheit auch eine Option für die Zukunft sein könnten, ist freilich fraglich. Ich meine mich aber zu erinnern, dass du selbst solche Gedanken auch schon gewälzt hast.
April 5th, 2017 at 20:14
Ähm, in welches Papier soll ich’s einwickeln, dass wir hier von kapitalistischer Warenwirtschaft reden? Ich würde den vorkapitalistischen Tausch nicht als Warenwirtschaft bezeichnen, weil es sich um Geschäfte am Rande von Subsistenzwirtschaft handelte.
Wichtiger ist aber noch, dass der Stand der Technik eine Warenwirtschaft undenkbar macht, die anders wäre als eben kapitalistisch. Wie der Kapitalismus die hoch arbeitsteilige Massenproduktion hervorgebracht hat, bringt diese Kapitalismus hervor. Ein bisschen Warenwirtschaft funktioniert nicht, weil Expansion zu deren Wesen gehört und jede Einschränkung der Logik ihrer Dynamik widerspricht.
Eine Alternativwirtschaft wäre demnach weniger arbeitsteilig, eben regionaler und nirgends an Profit orientiert.
Ist es derweil nicht niedlich, wie sie sich über die Privatisierung der BAB erregen?
April 5th, 2017 at 20:19
Nimm Pergamentpapier, da kann man’s sehen. ;)
April 5th, 2017 at 20:47
@flatter(35)
“Eine Alternativwirtschaft wäre demnach weniger arbeitsteilig, eben regionaler und nirgends an Profit orientiert.”
Ich trage mal schnell einige Eulen nach Athen:
Mich stört nämlich die Bezeichnung kapitalistische Warenwirtschaft, jedenfalls solange noch die von der vermeintlich sozialistischen Warenwirtschaft durch die Vorstellungen geistert, denn wenigstens vordergründig war die nicht an Profit interessiert (jedenfalls nicht nur).
Aber egal ob alte oder neue oder wie auch immer, Warenhandel setzt a) Eigentum und b) verkäufliches Eigentum voraus.
Alternative kann mE nur sein, etwas was sich jenseits von Äquivalenzen/ Tausch ‘bewegt’.
Btw. Warenwirtschaft wird sich nicht mit einem Federstrich beseitigen lassen, aber so wie sie sich entwickelte (in Inseln, Bereichen, Nischen, Regionen oä) läßt sie sich mE auch ‘rückabwickeln’ durch anderes Handeln.
Oder gehst Du mit Deiner Argumentation in Richtung gleich alles oder nichts?
April 5th, 2017 at 20:54
Jo, es ist niedlich.
Zahlt hier wer Kfz Steuer? Wonach richtet die sich? Aha, Co2, na sowas, Luft ist Ware.
Mein Leben ist keine Ware, mein Leben ist ein Geschenk.
Ich täts gern annehmen wollen. Ich darfs nich. Irgendwer is der Meinung dass ich mein Leben verdienen müsste. … Zeig dich du Arschloch, dann versenk ich dich im Marianengraben…
Schrubs hier schon mal, nehme mir nur die Brötchen die ich auch esse…
April 5th, 2017 at 21:05
@Wat. (37): Zur “sozialistischen Warenwirtschaft”: Eine Chimäre, die ich nicht verstehe, da ich keine Ahnung habe, wie die Planung und so etwas wie Löhne zustande kamen. Ich ahne, dass es eher eine Simulation von Warenwirtschaft war, durchbrochen von der Allmacht der Partei, die festlegen konnte, was ihr nicht gefiel. Das ist denkbar sinnlos und ohne ‘Ware’ sprich Geld besser dran.
“Alles oder nichts”, das fängt im Denken an. Wenn ich wirklich das ändern will, was die Sozen “Auswüchse” nennen, muss ich den Kapitalismus überwinden, und wenn ich den nicht will, muss die Warenwirtschaft enden. Alles andere bleibt Kap. und sieht auch so aus.
Ob es Wege in der Praxis gibt, ihn quasi kleinteilig zu überwinden, indem man Löcher in die Warenwirtschaft schießt, weiß ich nicht, aber ich bin da sehr skeptisch. Dergleichen ist wohl eine gute Übung für den Tag, an dem das System zusammenbricht. Siehe die Kliniken in Griechenland; das finde ich großartig, auch wenn solche Strukturen vermutlich nicht lange überdauern werden.
April 5th, 2017 at 21:19
“Das ist denkbar sinnlos und ohne ‘Ware’ sprich Geld besser dran.”
???
April 5th, 2017 at 21:32
?!?!
Wasn? Planwirtschaft. Wozu brauche ich dann noch Geld und Waren?
April 5th, 2017 at 21:53
Naja, Planwirtschaft war das auch. Es wurde nur alles geplant inclusive Warenwirtschaft.
So ist das halt mit der zentralen Planwirtschaft.
Im übrigen war im Bereich Produktionsmittel(-industrie) da keine Warenwirtschaft mehr, die haben sich innerhalb des National(Einkommens) da nix verkauft oder ertauscht.
Der Produktivkräftestand ließ sich nur eben nicht per Dekret auf was warenwirtschaftlich fernes trimmen. Da meinte eben der Hirnchirurg mehr zu leisten, als er der Putzfrau zugestehen wollte. Von offizieller Parteilinie wurde ‘nur’ darauf geachtet, daß die in der materiellen Produktion anders (grundsätzlich besser als im nicht produzierenden Bereich) bezahlt und auch versteuert wurden.
(Ich schreibe das hier trotz der Eulen und Athen für das allgemeine Verständnis dessen, was da war und wieder so würde, wenn…)
April 5th, 2017 at 22:04
Wieder so würde, wenn …
Wie gesagt verstehe ich nicht recht, wieso man da Geld brauchte, es sei denn als Simulation – womöglich auch für den Außenhandel.
Heute wäre es völlig absurd, Bedarf nicht quasi in Echtzeit abzurufen und zu koordinieren. Ging mit Karteikarten ja noch nicht. Da ist Geld dann erst recht obsolet.
April 5th, 2017 at 22:16
Du kannst zentral die Bedarfe nicht leisten. Nie und nimmer ist es möglich alle Bedarfe im Moment ihres Ent-/ Bestehens zu erfüllen.
Da muß wer (Edit: oder was) ‘schiedsrichten’. Und dabei ist noch nicht einmal mit ‘einkalkuliert’, daß Menschen sehr verschiedene Bedarfe/ Bedürfnisse haben.
Gleichheit gibt es nur insofern, wie alle grundsätzlich essen, trinken, wohnen uä müssen – beim Was und Wie scheiden sich schon die Geister.
… > 5.000 Jahre Leistungs- und Wert-Gedanken verschwinden nicht mal eben so.
Edit – und wie koordinierst ‘Du’, daß das Zeug auch gemacht wird? Muß ich etwa, weil ich einiges in materiellen Produktion kann, da dann immer rackern, daß die Bedarfe erfüllt werden, oder wie wird die Arbeit dafür ‘eingeteilt’
April 5th, 2017 at 22:28
Ich bin ja nicht der zentrale Allesentscheider. Grundbedarfe müssen politisch gesichert werden, für alles darüber hinaus muss Bedarf kommunal geregelt werden oder (kein entweder-oder) freiwillig organisiert werden. Ihr braucht was, wir auch, wir haben Ressourcen, also tun wir das. In 10-20 Jahren kann sich da ne Infrastruktur entwickeln.
Ich wäre ggf. übrigens durchaus für eine Pflicht zur Teilnahme an der Produktion. Aber das ist Schnee von übermorgen. Vielleicht mach ich noch mal nen Opener dazu.
April 5th, 2017 at 22:32
Was ist genau (abgegrenzt) Grundbedarf? Also wenigstens ich kann da keine allgemeine Abgrenzung vornehmen, weder theoretisch noch praktisch.
Sleep well.
April 5th, 2017 at 22:43
Ich hab mir ne Notiz gemacht und schreib was dazu, aber im Grunde klar und bereits vertextet:
Fressen, Energie, Haus, Transport, Medizin – Infrastruktur halt; was man so braucht zum (Über-)Leben. Das braucht gesicherte Organisation. Nen Gitarrenverstärker muss ich nicht haben, aber davon gibt’s eh genug. Grundlagenforschung ist z.B. kein Grundbedarf, aber wozu sind wir Menschen? Es geht darum, leben zu können ohne dass wer ausgebeutet wird. “Politisch” sagte ich, weil man sich da über Prioritäten klar werden muss. Erstmals wäre Vernunft (Kollateralnutzen) eine sehr relevante Größe.
Sleep well, too!
April 6th, 2017 at 09:46
“Generation what?”: Das misstrauische “junge Europa”
Eine groß angelegte Jugendstudie deutet auf weit verbreitete Skepsis gegenüber Politik und Medien und offenbart aufständisches Potential [..]
April 6th, 2017 at 11:54
@Wat. #44 – Du kannst zentral die Bedarfe nicht leisten. Nie und nimmer ist es möglich alle Bedarfe im Moment ihres Ent-/ Bestehens zu erfüllen.
Warum dann nicht dezentral? Wenn die Entscheidung, was und wieviel in erster Linie bei den Betrieben bleibt (Subsidiarität), können die im Falle eines Einbruchs oder einer unerwartet hohen Nachfrage doch reagieren wie jetzt ein Unternehmen am kapitalistischen Markt auch – mit Ausnahme des Hebels ‘Preis’ natürlich. Sie können also ihre Produktion zurück- oder hochfahren – müssen sich dafür natürlich mit ihren jeweiligen Zulieferern verständigen, wieder ganz ähnlich wie heute auch. Solange dabei keine Konflikte um knappe Ressourcen entstehen, muss auch keine ‘Schiedseinrichtung’ eingreifen. Die Flexibilität hängt dabei – von Rohstoffen natürlich abgesehen – in erster Linie an ‘Pufferreserven’, einem gewissen Maß an Überkapazität, also letztlich wieder nur an der Produktivität. Und davon gibt es ja bereits eher zuviel als zuwenig.
Und ja, das wäre eine Art Markt. Aber eben einer ohne Geld.
April 6th, 2017 at 14:07
OT:
“Also geht es darum, dass Planungssicherheit besteht, dass Wettbewerb funktioniert und dass auch nach 2030 noch Autos in Deutschland produziert werden.”
Die wähl’ ich!
April 6th, 2017 at 14:36
“Die Lösung kann kaum darin liegen, noch mehr blutige Kämpfe zu führen. Sie muss darin liegen, den wahren Feind zu erkennen.”
Das denke ich auch. Tausendmal gesagt, und das ist gut so. Den wahren Feind kann man nicht durch Kriege bekämpfen, es trifft immer den, der genauso unser Freund sein könnte.
Aber den wahren Feind immer nur mit weichen Kissen zu knuffen, erscheint uns absurd und unangemessen, unerträglich langsam und unsicher, insbesondere unter der Voraussetzung, daß wir sterblich sind und gerne von einer Saat die ein oder andere Frucht ernten würden, und seien es nur kleine verschrumpelte.
Der Wunsch nach Revolution ist empathisch, lebensnah und vernünftig und es drängt mich danach, aber langfristig wirklich funktionieren kann, glaube ich, nur der quälend lange Weg, für den wir zu Lebzeiten nicht belohnt zu werden erwarten dürfen.
Für mich bedeutet das kein fatalistisches, passives Erdulden der Situation, sondern tägliches, nicht klägliches Bemühen um Bewußtsein und lokales Handeln (klingt wie Blabla), wie es ja auch in der Idee steckt, die kleinen Organisationsstrukturen, wie die Kommunen zum Ursprung von kooperativen Gesellschaften zu machen. Es ist halt manchmal zum kotzen.
April 6th, 2017 at 16:43
Noch ein OT: Speichel online berichtet gewohnt kritisch® über Syrien, diesmal geht es um mögliche Bombenangriffe durch die USA – unter der Überschrift
“Bombardieren – mit Putins Segen“.
Q-Journalismus fuck yeah!
April 6th, 2017 at 20:21
OT – Die EU-Kommission wird frech: Wörtlich schreibt die Brüsseler Behörde in ihrem aktuellen Länderbericht: „Im Zeitraum 2008 bis 2014 hat die deutsche Politik im hohem Maße zur Vergrößerung der Armut beigetragen.“ Mehr
Der Zeitraum scheint etwas willkürlich gewählt, aber dennoch durchaus überraschend. Weniger überraschend, dass der hiesige QJ so gut wie nichts davon und dazu bringt.
April 7th, 2017 at 02:38
@Wat (16) und @ flatter (17)
»Ohne die Warenwirtschaft zu überwinden, nützt es nichts, die Kapitalisten zu enteignen.«
Was ich sagen wollte, ist, daß das eine nicht ohne das andere möglich ist. Die Warenproduktion aufzuheben heißt die Kapitalisten zu enteignen und umgekehrt. Wenn wir nicht mehr für »den Markt«, bzw. (wir sind ja mittlerweile wieder bei der Vielgötterei angelangt,) für »die Märkte« produzieren, sondern für den tatsächlichen gesellschaftlichen Bedarf, dann ist der Kapitalismus genau dadurch überwunden. Das geht aber genau solange nicht, wie die dafür notwendigen Mittel privates Eigentum der Kapitalisten sind.
»Lehnt man nur die Herrschaft ab, [...] erreicht man gar nichts außer ein Amt in der SPD.«
Herrlich! Meine Mundwinkel sagten meinen Ohren “Hallo”.
Ich habe den Artikel von Holloway gerade noch einmal gelesen. Er spricht doch an, was ich beim ersten Lesen vor meinem Kommentar vermißt hatte: Die Revolution. Aber er biegt sie irgendwie auf eine individuelle Gefühlsebene herunter.
Ich sehe das ganze mit großem Pessimismus: Enteignung der Kapitalisten geht nur mit Bürgerkrieg. Aber der Bürgerkrieger (schönes Wort) sollte sich »im Volk bewegen, wie der Fisch im Wasser« (Mao). Das heißt: Das Volk muß auch gegen die kapitalistische Gesellschaftsstruktur, d. h. Produktionsweise sein. Aber wie kriegen wir es dazu? Wir haben keine Argumente außer “alles Mist!” Das reicht einem, der sich über Neger in der Nachbarschaft aufregt, gleichzeitig aber stolz ist, zehn Jahre ohne einen einzigen Krankentag gearbeitet zu haben, aber nicht.
Damit bin ich wieder bei dem Thema, das ich hier vor ‘ner ganzen Weile ansprach: Erst wenn die neue Gesellschaft schon in ihren Grundzügen erkennbar sein wird, wenn man weiß, wie man Industrie beibehalten, aber Lohnarbeit abschaffen kann, und die so produzierten Güter (die dann wirklich ”Güter“ und nicht nur ”Waren“ sind) ohne Tausch, gleich welcher Art, an die Menschen verteilen kann, sodaß jeder bekommt, was er will (jedem nach seinen Bedürfnissen), erst dann stößt der (Monopol)Kapitalismus an seine Grenzen. Erst dann kann man auf seine Überwindung hoffen.
April 7th, 2017 at 06:49
@Hardy(54)
Gehe ich soweit mit und verweise auf @uwej(51) und mein “Btw.” in #51.
PS – etwas mit Plankommission, die nicht aus den arbeitenden Menschen selbst besteht, ist definitiv kein Sozialismus und auch kein Übergang dorthin.
Auch dann nicht, wenn das ‘alle’ meinen.
Das ist bestenfalls ein Sozialstaat… und nur das.
April 7th, 2017 at 08:56
OT – Der Finanzstaatssekretär Jens Spahn, ‘Hoffnungsträger’ der CDU und Hobel von Schäuble, meint, das ominöse 2%-Ziel bei den Rüstungsaufgaben sei durchaus möglich: “Etwas weniger die Sozialleistungen erhöhen in dem einen oder anderen Jahr – und mal etwas mehr auf die Verteidigungsausgaben schauen.” Denn die Sozialleistungen werden ja bekanntlich Jahr für Jahr großzügig angepasst: “Im Zeitraum 2008-2014 hat die deutsche Politik in hohem Maße zur Vergrößerung der Armut beigetragen, was auf die Tatsache zurückzuführen ist, dass die bedarfsabhängigen Leistungen real und im Verhältnis zur Einkommensentwicklung gesunken sind”, so der bereits in #53 verlinkte Länderbericht der EU-Kommission…
Nichts Neues also. Weitergehen.
April 7th, 2017 at 10:30
@Hardy: “Aber wie kriegen wir es dazu?”; auch zu deinem letzten Abschnitt:
Das macht der Kap. ganz alleine, eben schon heute in Griechenland zu beobachten. Er ist noch nicht ganz am Ende, aber das kommt; schrittweise und weltweit. Krieg und Bürgerkrieg wird es auch weiterhin genug darüber geben. Wenn der mal innehält, gibt es Situationen mit Notstandsverwaltung, Lebensmittelmarken etc.. Hatten wir alles schon, nur ist jedes Mal der Kapitalismus neu aufgesetzt worden – in Osteuropa erst durch den Revanchismus à la “Rückgabe vor Enstschädigung”.
April 7th, 2017 at 15:13
@Wat.
Ich darf mich auf dem Gebiet der Wirtschafts- & Sozialwissenschaften als komplett ungebildet outen, was mich u.a. für die Teilnahme an jeglichem Terminologie-PingPong disqualifiziert. Aber deine Beiträge finde ich immer sehr nützlich (und erfrischend), da sie den Realitätsbezug herstellen, den ich sonst nur allzu oft vermisse. Danke
April 7th, 2017 at 20:42
Dankeschön @Lycalopex. Über Dein Feedback freue ich mich. Meine geschundene Seele kann zZt. wirklich jede Aufmunterung gebrauchen.
April 7th, 2017 at 20:45
Hiermit muntere ich Sie auf, Frollein Wat.!
April 7th, 2017 at 20:57
Sir, Yes Sir!
April 7th, 2017 at 21:09
Munter, munter, munter!
April 7th, 2017 at 23:00
@flatter (57)
Dein Wort in Gottes Ohr.
April 8th, 2017 at 15:23
Ich r@iner hier mal einfach was rein für die Lesewütigen:
Selbstbestimmung als Aufgabe (auch andere denken;))
April 9th, 2017 at 20:24
@Wat. – Ein nicht uninteressanter, aber auch eigenartiger Text. Kannst du etwas dazu sagen, wie und warum er entstanden ist?
April 9th, 2017 at 21:48
Ich versuche mal sprechen zu lassen… ;)
April 9th, 2017 at 22:28
Guten Tag, wenn mein Text hier schon verlinkt wurde, kann ich auch schnell antworten: Es handelt sich um eine längere Grübelarbeit (die grad erst begonnen hat), bei der ich mir klarzumachen versuche, mit welchen Grundbegriffen und (oft nichtmal bewusst gemachten) Selbstverständlichkeiten radikallinkes Denken arbeitet. Später soll auch noch die ökonomische Theorie von Marx auf den Prüfstand kommen (das ist zT schon geschehen in den Texten “Forumsblog usw”, Menü oben links). Der Gesamt-Zusammenhang, in dem das alles steht, wird in mehreren Einleitungstexten der “Startseite” beleuchtet. Mehr möchte ich dazu hier nicht sagen.
April 10th, 2017 at 07:35
Für’s erste vielen Dank. :)
April 11th, 2017 at 11:50
Gern. – Wenn schon, dann auch noch zu Holloway: Nicht nur Ware Wert Arbeit Geld usw subsumiert unsere Leben unter sich, der Reichtum*) selbst, der “wir” sind, tut es, denn er ist nicht Gärtnern Kochen Kinderbelehren, sondern Industriegesellschaft, global, fortgeschritten, in ständigem Weiter-Fortschreiten begriffen. Was würde deren Kollektivierung (als wäre die möglich) DARAN ändern? It’s the production forces, stupid.
*) oh und immer wieder das Marxzitat, wonach er in der BEHERRSCHUNG der äusseren wie auch (vor allem?) unserer inneren Natur besteht. Hm…
April 11th, 2017 at 12:02
@Franziska: Der Stil mit den ganzen Klammern, Großbuchstaben – und hier auch noch *) macht mir das Lesen zur Strapaze. Ein bisschen übersichtlichere Struktur erleichtert es enorm. Just my 2p.
April 11th, 2017 at 12:45
Soll nicht wieder vorkommen. Versprochen. Mir wurde halt eingeschärft, dass ich mich hier kurz fassen soll.
April 11th, 2017 at 12:57
Ich fürchte, das trifft auch – oder gerade – für den verlinkten Text zu, der in der Tat einige Konzentration allein für die Verschachtelungen erfordert, noch vor’m Verständnis. Hab’ mich schon beim Klammerauszählen erwischt, wie bei Programmcode, der partout nicht durch den Compiler will… ;)
April 11th, 2017 at 13:01
@Franziska: Das kannst du ja machen wie du willst, ist nur ne Rückmeldung :-)
April 11th, 2017 at 13:05
Öhm, die mit dem Einschärfen war ich, sorry. Nur kenne ich eben @franziskas ‘Romane’.
Der Perfektionismus für den Inhalt macht den Stil kaputt.
@Peinhart – sind nach eigenen Aussagen ja “Grübeleien”, die soll(t)en das dürfen. Liest sich wirklich nicht einfach. Im Normalfall haue ich mir @franziskas Texte in den Editor und vergebe für meine Leserei eigene Enter-Marken.
Hier verlinkt hatte ich ua wegen der versuchten Analyse der Selbstverständlichkeiten radikallinken Denkens. Fand/finde das als Ausgangspunkt weiterführender Diskussionen nicht uninteressant.
April 11th, 2017 at 15:50
Fand/finde das als Ausgangspunkt weiterführender Diskussionen nicht uninteressant.
Absolut!
April 23rd, 2017 at 22:53
@flatter – habe für meinen persönlichen Gebrauch Marxʼ Kapital Band 1-3 in lesefreundliches epub-Format gebracht. Fußnoten rausgeworfen, Vorworte dringelassen. Schriftschnitt Garamond (open source). Bei Interesse kurze Info, meine Mail sollte in meinen Benutzerdaten vorliegen, dann schicke ich es dir gerne mit Email.
PS ich verwende den kleinen Tolino, gibts bei Thalia oder Weltbild für kleines Geld.
April 23rd, 2017 at 23:15
Kann ich aber hier nicht zum Download anbieten. Trotzdem danke.
April 24th, 2017 at 08:04
Habe einen Anbieter für kostenlosen download gefunden. Download hier. Eine Woche lang abrufbar.