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John Holloway hat einen höchst interessanten Beitrag zur Kapitalismus-Debatte verfasst. Ich empfehle, ihn selbst zu lesen, fasse ihn aber kurz zusammen:

Ware ist die Form, in der gesellschaftlicher Reichtum unter der Macht des Kapitals verwaltet wird: Produziert, verteilt, zugeteilt. Gleichzeitig wird damit die Herrschaft festgelegt; das Kommando über die Zeit der Einzelnen – ihre Arbeitszeit, die Bedingungen der Arbeit, ihre Freizeit, das Konsumgut und die Zugehörigkeit oder des Ausschluss aus dieser Welt der Waren.

Für Anfänger: Der Begriff „Ware“ bedeutet, dass etwas gekauft wird, um es teurer zu verkaufen und damit Profit zu erzielen. Der Profit ist der Zweck dieses Vorgangs. Ohne Profit findet er nicht statt, da niemand tätig wird, wenn er dabei Verluste macht.

Käuflich

Als Form des Klassengegensatzes ist die Warengesellschaft / der Kapitalismus nach klassischer Lesart (nur) durch eine Revolution überwindbar. Die Arbeiterklasse muss sich demnach – wie sie es bereits Anfang des 20. Jahrhunderts getan hat – erheben und die Herrschaft des Kapitals beenden. Holloway setzt anders an, nämlich beim „Reichtum“; nach Marx

die volle Entwicklung der menschlichen Herrschaft über die Naturkräfte, die der sog. Natur sowohl wie seiner eignen Natur“; Reichtum, der durch das Zwingen in die Form der Ware pervertiert wird.

Demnach muss die Revolution nicht als Aufstand der Arbeiterklasse gegen die der Kapitalisten stattfinden, sondern gegen die Form der Ware. „Eine Mahlzeit ist keine Ware“, so Holloway, „sondern eine Geste der Liebe“. Kann man dies auch als pathetisch aufgeladen betrachten, so wird dennoch deutlich, wie weit sich die Warenwelt von den wahren Bedürfnissen der Menschen entfernt hat. Anderes Beispiel: „Bildung ist Reichtum, aber sie sollte keine Ware sein.“Kurzum: Die Warenform verwandelt Reichtum in trostlose Manövriermasse des Kapitals.

Der Kampf geht tiefer

Für den Klassenkampf bedeutet das:
Der Klassenkampf ist der Kampf der Klassifizierten gegen die Klasse, gegen ihre Klassifizierung: Wir werden uns nicht einfügen, wir werden uns nicht klassifizieren lassen. Wir werden die Herrschaft des Geldes nicht hinnehmen. Wir sind die Bewegung des Reichtums gegen die Ware.“

Was das für konkrete Ideen, Projekte, Aktionen, politische Konzepte bedeutet, ist die Frage. Ganz offensichtlich ist ja längst, dass vor allem die eifrigsten Kämpfer für die Macht des Kapitals, ihre Ideologen wie ihre militärischen Handlanger, nicht in ihrem eigenen Interesse handeln. Sie handeln auch kaum mehr im Interesse einer „herrschenden Klasse“, sondern aus dem blinden Zwang des Systems heraus.

Es ist die Warenform, der Zwang, selbst aus obszönem Vermögen noch mehr zu machen, während Unternehmen, Staaten und Gesellschaften dadurch sprichwörtlich ruiniert werden. Es sieht derzeit so aus, als würde die Ware über die Menschheit obsiegen, weil sich die Menschheit global und fast unterschiedslos auf Befehl der Ware gegen sich selbst richtet. Die Lösung kann kaum darin liegen, noch mehr blutige Kämpfe zu führen. Sie muss darin liegen, den wahren Feind zu erkennen.