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Ich habe bei Fefe heute eine Argumentation gefunden, die ich inspirierend finde und die sich mit einem Gedanken überschneidet, der mir neulich kam zur ‘Toleranz’ der Rechten. Aber ich muss erst einmal ausholen:
Dass die Rechten es leichter haben, weil sie im Zweifel einfach nicht differenzieren und bei ihnen das Ergebnis, sprich Weltbild bereits feststeht, hatten wir schon. Eine gewisse ‘Linke’ holt da ganz gut auf, was das Weltbild anbetrifft, ist aber exakt so intolerant wie Fefe das skizziert.

Das ist bereits durch die jeweiligen Weltbilder bedingt. Was sich Antirassisten, Feministen und Ähnliche gezimmert haben, ist eine unterdrückerische Rechthaberei, die jeden Buchstaben bestimmen will, der richtig oder falsch sei. Ein Ziel, eine Vorstellung davon, wie die Welt aussehen soll, die sie damit begründen, gibt es hingegen nicht. Kein Wunder, denn positive Utopien scheitern sehr schnell an Analyse und Kritik, und aus der Bürokratie der Besserwisseria lässt sich auch eher eine Dystopie ableiten.

Ein Prosit …

Die Rechten sind eigentlich Alltagsmenschen. Sie glauben an alles: An Gott, Familie, Nation, Autorität, Rasse, Kultur. Alles ist gut, wenn es so ist wie es ist, wie es sein soll und – wie es die Werbung zeigt. Sie wollen ein Abziehbild leben, den totalen Kitsch als Realität. Damit sind sie vollkommen unpolitisch und nehmen eine recht universelle Haltung ein; denn wer hätte niemals solche Träume? Ihre ‘Utopie’ ist umfassend anschlussfähig. Jeder kann ihnen zustimmen, ja, sie sind sogar nicht einmal böse zu Fremden. Dazu muss erst ein Heinrich Himmler kommen, um unterschiedslos alle Juden zu verdammen, und der kommt gemeinhin nicht.

Der Fremde stört das Idyll und taugt daher im Zweifel immer wieder zum Sündenbock, aber im Grunde hat der Rassist gar nichts gegen Neger. Wenn er sagt: “Ich habe nichts gegen Ausländer, aber …”, dann meint er das nicht nur so; in seiner Welt stimmt das auch. Die Linken wiederum stören nicht bloß das Idyll, sie wollen es mit ungenießbarem Essen und anderen bizarren Zwängen kaputt machen. Die allermeisten Menschen, die ich kenne, haben nicht das intellektuelle Rüstzeug, um dem etwas überzeugendes Politisches entgegen zu setzen und scheitern episch beim Versuch, der rechten Romantik mit einem alternativen Weltbild beizukommen. Ich setze noch einen drauf: Die rechte Lagerfeuerromantik ist mir spontan um Längen sympathischer als die Vorstellung eines von ‘linken’ Tugenden geprägten Alltags.

Das soll Spaß machen?

Die Welt des Werbefernsehens ihrerseits unterscheidet sich von der Kommunikation der Berufspolitik ebenfalls nur durch die Bilder. Hier Sonnenschein, Glück und trautes Heim, da Sachzwänge, Alternativlosigkeit, hässliche alte Lallbacken und peinlichste Lügen. Die Werbung lügt schön, die Politik hässlich. Beides ist darauf angewiesen, dass niemand genauer hinschaut, prüft und sich die Zeit nimmt, die Wahrheit zu suchen. Die Rechte ist unkritisch, aber nicht bedürfnislos. Sie wollen schöne Lügen und wenden sich deshalb denen zu, die ihnen das Schöne versprechen. Sie geben sich nicht mit jeder Qualität von Lügen zufrieden, aber die triste Wahrheit muss es auch nicht sein. “Alternative” heißt für sie eben “nicht alternativlos”.

Die neoliberale Berufspolitik dreht uns eine Lüge als Realität an. Was ist die Alternative? Dass wir uns alle tagein tagaus disziplinieren müssen, um die Welt zu ändern – vegan, geschlechtslos und unter einem zwanghaften Schamgefühl, sollte man einer Mehrheit angehören? Oder, da kommen wir meiner Fraktion nahe, in der Geduld eines politischen Buddhisten, der weiß, dass es wahrscheinlich noch Generationen dauert, bis sich etwas substanziell ändert? Letzteres führt immerhin zu wirklicher Toleranz. Wenn du weißt, dass du es nicht zwingen kannst, erkennst du den Versuch als Fehler.

Toleranz bedeutet keineswegs, jede Meinung gutzuheißen, und das wird man bei den Rechten sehr schnell erfahren, wenn es zum Argument kommt. Gemeinhin ist ihnen aber ohnehin lieber, man streitet sich erst gar nicht. Ganz außen oder ganz unten in der IQ-Skala ändert sich das, ja, aber (nicht nur) bei den Nazis sind die Doofen eben gern am lautesten. Da ist das links anders, und wir streiten hier (auch wenn das gern Grabenkämpfe sind) um das, was möglich ist. Wenn es uns aber nicht gelingt, das Mögliche mit einem Ziel zu verbinden, das für jedermann attraktiv ist und uns auch mit denen zu vertragen, die anders denken, wird uns jede noch so blöde Kitschgeschichte der Rechten den Wind aus den Segeln nehmen.