Ich bin noch nicht ganz durch die aktuelle ‘Alternativlos’, in der es grob um ‘postfaktische’ Kommunikation und Politik geht. Ggf. werde ich mich dazu später noch äußern. Epikur hat heute einen kurzen Text am Rande des Komplexes gepostet, in der es um fehlende Haltung geht. Es scheinen sich alle Konzepte aufzulösen, die einmal das Bürgerliche Denken und seine Philosophie ausmachten: Identität, Wahrheit, Bildung – von Gleichheit ganz zu schweigen. Übrig bleibt ein digitaler Liberalismus, der das Subjekt abgeworfen hat. “Digital”, weil die nackten Zahlen die Herrschaft übernommen haben. Es ist ein Kapitalismus, der nur mehr den Größenverhältnissen dient. Thatcher hatte recht: Es gibt keine Gesellschaft (mehr).
Letzteres ist aber das Ergebnis der letzten Politik, die sich selbst abgeschafft hat. Der Zwang Zahlen zu vergrößern, früher bekannt als “Profit”, heute zum Mythos Wachstum® verbrämt, hat wie ein schwarzes Loch alles andere in seinen Bann gezogen und zermalmt. Effizienz ist der neue Geist; aus möglichst wenig möglichst viel machen, von möglichst viel möglichst wenig investieren. Übrig bleibt selbst von den Persönlichkeiten eine leere Hülle. Nix drin, reichlich Schaum drum herum. Wir dienen Mammon und wissen nicht einmal mehr, dass es ihn gibt. Wir stellen dar ohne zu wissen, wen oder was. Alles so schön bunt hier.
Gaga? Muss ich sofort haben!
Freud hat einmal beschrieben, wie Realität aus Wunschabwehr entsteht. Statt sich der Halluzination einer Befriedigung hinzugeben, macht der Mensch sich auf den Weg. Er steckt seine Wünsche zurück, macht Umwege, sucht Lösungen und kommt zum Ziel. Heute taumeln wir umher zwischen der Befriedigung von Wünschen, die wir gar nicht haben und der ständigen Produktion neuer Wünsche, die gleich die Angst zu kurz zu kommen gratis dazu liefert. Wir haben längst keine Möglichkeit mehr, Einfluss zu nehmen, wissen eigentlich schon kaum mehr, worauf eigentlich. Was will ich? Wie kann ich es erreichen? Wie kann ich so handeln, dass ich mich nicht sozial isoliere?
Diese Fragen sind dem schieren Zwang gewichen, einer Hatz zwischen nur suggerierten Zielen und scheinbarer Vorsehung. Das ist schlimmer als jede Halluzination und weniger Freiheit als die eines Tieres, das sich wenigstens im Rahmen seiner Instinkte bewegen kann. Wo wäre hier Raum für Vernunft? Kommunikation ist eine Frage der Strategie, wodurch Wahrheit nicht einmal mehr zur Option wird. Nicht nur ist das Bemühen um Wahrheit ein großer strategischer Nachteil; sie lässt sich auch kaum mehr konstruieren, weil einem ohnehin niemand glaubt.
Verrückt unter Verrückten
Der Bezug auf Wahrheit, Haltung, Bildung, der ganze Krempel bürgerlicher Ideale, war aber kein Konstrukt einer finsteren kapitalistischen Absicht, sondern durchaus die Errungenschaft einer philosophischen Entwicklung, ein Höhepunkt der Menschheitsgeschichte. Diese Ideale mögen von Anfang an den Keim der Ungleichheit getragen und die Voraussetzung für eine Gesellschaft geschaffen haben, in der das ganze Geschacher einen fruchtbaren Boden fand. Darin liegt aber eben auch der benennbare Widerspruch, in dem sich die reale Hoffnung auf Besseres erhält. Die bürgerlichen Werte wurden allesamt zersetzt. Es hat sich gezeigt, dass eine Gesellschaft der Gleichen zerfällt, wenn es Gleichere gibt. Gerade Vernunft zwingt hier zur Korrektur und verlangt, dass die Voraussetzungen geschaffen werden müssen für echte Gleichheit.
Raul Zelik hat geschrieben: “Das Drama der bürgerlichen Gesellschaft ist ja, dass sie Gleichheits- und Freiheitsrechte postuliert, die sie aufgrund ihrer Eigentumsverhältnisse gar nicht einlösen kann.” Schlicht, folgerichtig und wahr. Es gilt also, die Voraussetzungen der Eigentumsverhältnisse grundlegend zu ändern. Die Vernunft, die zu dieser Erkenntnis führt, kann sich in dieser Gesellschaft unmöglich durchsetzen. Sie kann aber in jedem Einzelnen von uns überwintern. Das fängt damit an, völlig zweckfrei wahrhaftig zu sein und zu seinen Fehlern zu stehen. Man muss sich eigentlich nur anschauen, wie Öffentlichkeitsarbeit® funktioniert – und das Gegenteil tun.
Oktober 24th, 2016 at 15:42
Der Liberalismus zersetzt jede Gesellschaft, indem er schon die ‘Bedingung der Möglichkeit’ leugnet, nämlich eben sowas wie gemeinsame Werte, an denen sich alltägliches Handeln ausrichten lässt, das Handeln anderer in Grenzen absehbar macht und so notwendiges Vertrauen schafft.
Der Liberalismus ist eine ‘negative’ Ideologie, die einzig auf Mißtrauen setzt, bzw auf die Annahme, jedes ‘Gegenüber’ werde sich maximal ‘nutzenoptimierend’, dh egoistisch verhalten. Funktionieren konnte das bis dato aber überhaupt nur deshalb noch leidlich, wenn auch sukzessive immer schlechter, weil es noch gesellschaftliche Restbestände dieser Werte gab, die sich ‘unterschwellig’ noch etwas weiter tradiert haben, aber letztlich gegen die ‘Verrechtlichung’ und ‘Vermarktung’ der Gesellschaft keine Chance haben. Der Liberalismus untergräbt auch gesellschaftlich seine eigenen Grundlagen.
Paradoxerweise hat er letztlich genau das erst geschaffen, wogegen er einst angetreten war – den Krieg aller gegen alle.
Oktober 24th, 2016 at 19:26
Spon parallelt:
“Die Wallonen sind derzeit die Helden der Globalisierungsgegner. Doch der Widerstand der belgischen Regionalregierung gegen Ceta ist nicht heldenhaft – er ist egoistisch, anmaßend und schädlich für die Demokratie®©™.”
p.s.: Das spart auch Zeit, ich lese immer nur bis der Eimer voll ist.
Oktober 25th, 2016 at 10:37
Zamperoni macht jetzt Tagesthemen, ratet mal, in welchem Verein er Mitglied ist? Derweil wird offenbar fröhlich in der Wikipedia herumeditiert, in der einmal ein Hinweis auf die Atlantik-Brücke zu lesen war. Bei Zeit.de wird ein Kommentator gerüffelt, er verbreite “Verschwörungstheorien” mit seinem Hinweis darauf, während das Handelsblatt dies bestätigt. In einer Broschüre der ‘Brücke’ ist Zamperoni abgebildet, wie er sich mit (Young Leaders?) Brückentauben trifft. Das ist denen inzwischen offenbar schon so peinlich, dass der Rest der Realität fortan als VT gilt. Wie soll man das nun nennen? Freiwillige Gleichschaltung? Wiedervereinigung des Nordatlantiks?
Oktober 25th, 2016 at 11:00
Das Foto im pdf ist ein schwacher Hinweis, dass jemand Mitglied ist. Fefe spricht ja auch an, dass es mittlerweile reicht, wenn jemand mit den Falschen gesehen wurde, um ihn in eine bestimmte Ecke zu rücken.
Ich wäre da vorsichtig.
Oktober 25th, 2016 at 11:18
Mitglied oder nicht, das kann man dann klären, was Herr Zamperoni genau mit der ‘Brücke’ zu tun hat. Nichts ist es definitv nicht, und wie gesagt spricht auch das Handelsblatt von Mitgliedschaft. Das eine VT zu nennen, ist selber eine.
Oktober 25th, 2016 at 11:23
Ich habe jetzt nicht weiter geschaut als bis zur wikipedia. Okay, das hb schrieb am 20.4.2016, Z. sei Mitglied. Ich habe am 23.6.1981 geäußert, dass der Papst schwul wäre.
Was ich sagen will: Ich finde keine weiteren Hinweise.
p.s.: Vielleicht findet ja noch jemand eine Primärquelle. Mich interessiert’s gerade nicht so sehr, habe aber den Eindruck, dass einer vom anderen die Information einfach übernommen hatte. Naheliegend ist es schon, denn in den usa hat der Typ ja gearbeitet. Und die kamen alle irgendwie erleuchtet zurück.
Oktober 25th, 2016 at 11:38
“völlig zweckfrei wahrhaftig sein und zu seinen Fehlern zu stehen..”
ja, ein altes Gedicht fällt mir noch ein von Paul Fleming
Sei dennoch unverzagt, gib dennoch unverloren,
Weich keinem Glücke nicht, steh höher als der Neid,
Vergnüge dich an dir und acht es für kein Leid,
Hat sich gleich wider dich Glück, Ort und Zeit verschworen.
Was dich betrübt und labt, halt alles für erkoren,
Nimm dein Verhängnis an, laß alles unbereut.
Tu was getan muß sein, und eh man dirs gebeut.
Was du noch hoffen kannst, das wird noch stets geboren.
Was klagt, was lobt man doch? Sein Unglück und sein Glücke
Ist ihm ein jeder selbst. Schau alle Sachen an:
Dies alles ist in dir. Laß deinen eitlen Wahn,
Und eh du förder gehst, so geh in dich zurücke.
Wer sein selbst Meister ist und sich beherrschen kann,
Dem ist die weite Welt und alles untertan
Oktober 25th, 2016 at 11:41
@R@iner: Wenn der Papst in einer Schwulenkneipe auftaucht und nachher so getan wird, als sei das eine VT, hege ich den Verdacht Es gibt durchaus weitere Indizien, u.a. dass Kleber Zamperoni nach Washington geschickt hat. Mir ist völlig latte, ob es da jetzt einen Mitgliedsausweis gibt, aber er ist definitiv mit denen vernetzt. Wenn du das “unabhängig” nennen willst, kann ich es dir nicht nehmen.
Oktober 25th, 2016 at 11:53
Unabhängig? Der Mann arbeitet als Publikumsinterface für eine Sendeanstalt des öffentlich rechtlichen Rundfunks. Damit ist doch schon alles gesagt.
Oktober 25th, 2016 at 11:59
Das hättest du ja mal bei Zeit.de sagen können um herauszufinden, wie sie dort die Steigerung von VT nennen :-P
Oktober 25th, 2016 at 12:54
Im Jahresbericht 2011/12 der Brücke taucht der Ingo auf einem Foto auf, das der Bebilderung eines Textstückes mit dem Namen “Admiral Stavridis trifft junge Transatlantiker” dient.
In dem von 2013/14 nochmal als Gesprächspartner für eine US-Reisegruppe (Deutschlehrer etc. auf Einladung der Brücke).
***
Habe die Berichte von 2006/07 bis 2015/16 durchgeschaut; der von 2007/08 fehlt auf deren Seite.
Oktober 25th, 2016 at 12:58
@Stony: Stimmt, die Seitenüberschrift hatte ich nicht gesehen. Guter Mann. Weitermachen!
@flatter: Ich blind.
Oktober 25th, 2016 at 13:33
@flatter
Ich weiss schon worauf R@iner hinaus will (auch wenn das im Bezug auf Zamperoni jetzt wohl nicht zutrifft). Aktuell ist einfach ein Trend zu “in die Schmuddelecke schieben, dann braucht man Person XY nicht mehr glauben/zuhören” beobachten. Scheint ein beliebtes Instrument der Status Quo Bewahrer.
“Hey, XY hat in der selben Stadt gelebt, wo auch die NPD einen lokalen Treffpunkt hatte. Muss nen Rechtsextremist sein.” Oder “hey, XY war 4km von einem Kindergarten gesichtet worden. Verdammter Pedo”. Ich denke meine Überspitzung zeigt worauf ich hinaus möchte und auf dieses Niveau woll ma doch net sinken oder?
Oktober 25th, 2016 at 13:47
Nur mal so zur erinnerung von wegen ‘turnikuti, turnikuta, der Zamperoni ist wieder da!’: Der Atlantikwall
Oktober 25th, 2016 at 16:01
Da war ich bestimmt gerade pinkeln.
Oktober 25th, 2016 at 17:53
OT. Was Albrecht Müller da vorhin auf den nds gepostet hat, ist echt der Hammer. Ich meine explizit den Teil mit den Kindernachrichten beim Deutschlandfunk: Die Diskussion um CETA zeigt beispielhaft, in welchem jämmerlichen Zustand die öffentliche Debatte ist – in den Medien und in der Politik
Die vom DLF sind NAZIS. Die vom DLF sind NAZIS. Die vom DLF sind NAZIS. Die vom DLF sind NAZIS. Die vom DLF sind NAZIS. Die vom DLF sind NAZIS. Die vom DLF sind NAZIS. Die vom DLF sind NAZIS. Die vom DLF sind NAZIS. Die vom DLF sind NAZIS. Die vom DLF sind NAZIS. Die vom DLF sind NAZIS. Die vom DLF sind NAZIS. Die vom DLF sind NAZIS. Die vom DLF sind NAZIS. Die vom DLF sind NAZIS.
Naja, vielleicht keine NAZIS, aber blöde Arschlöcher, die Jugendliche auf den Krieg vorzubereiten helfen.
Eigentlich ist das gar nicht OT.
Oktober 25th, 2016 at 22:28
Weiß hier wer mehr über Murray Bookchin und mag etwas mehr dazu sagen als die Wikipedia bietet? Die Ideen scheinen mir doch sehr nah an dem zu sein, was wir hier großenteils favorisieren.
Oktober 26th, 2016 at 00:00
@ R@iner
Man besinnt sich dieser Tage auf alte Werte.
Auch die taz lässt den Deutschen Landser raushängen.
Kameradschaft, Lagerfeuerromantik, gendergerechter Krieg bei gleicher Bezahlung für alle denkbaren Geschlechter und die bösen Russen bekämpfen….
in einem Drecks-Neonazi-Bataillon *kotz*
http://www.taz.de/!5345502/
„Aber Gewalt lässt sich nicht mit Büchern und Blumen aufhalten.“
Und dazu dieser lustige Spin mit dem Studium jüdischer Geschichte. In Schland hatte man wenigstens noch jüdische Freunde, um zu belegen, dass man kein Nazi war.
Oktober 26th, 2016 at 15:38
Bin kein Bookchin-Spezialist, aber dieser Artikel scheint mir gut: Murray Bookchin’s New Life
Oktober 26th, 2016 at 18:11
Kleines Lehrstück liberaler Rabulistik. Moral wäre demnach auch nur noch so etwas wie ein weiterer wohlfeiler Trick zur Wahrnehmung und Durchsetzung individueller, sprich egoistischer Interessen. Der insofern dann eigentlich durchaus zulässig sein, auf den aber keinesfalls gehört werden sollte.
Auch an dem Zitat im vorletzten Absatz interessiert sie folgerichtig auch nur noch der ‘Schuldvorwurf’, die eigentliche Aussage dringt offenbar gar nicht mehr durch die liberale Eierschale. Regeln jenseits der rein ‘technischen’ Institutionen Recht und Markt? Brauchen wir nicht, gehören allenfalls wie Religion zum Zirkus rein privater Spleens. Meint diese Dame, die immerhin als ‘Präsidentin des Ethikverbands der Deutschen Wirtschaft’ vorgestellt wird. Offenbar handelt es sich tatsächlich um einen Ethikabwehrverband. Oder auch ein Trostpflaster.
Oktober 28th, 2016 at 16:39
@flatter(17)
Ich biete Dir das an:
Der Kommunalismus der Libertären
Die Wirtschaft als Eigentum der Kommunen
Oktober 28th, 2016 at 19:04
Ich fand noch das: MURRAY BOOKCHIN’S COLLECTED WORKS
Der Witz ist übrigens, dass Bookchin sich von den Anarchisten gelöst hatte (Bookchin Breaks with Anarchism) und der Grund dafür seine Idee eines libertären Kommunalismus war.
Oktober 28th, 2016 at 19:22
Thnx!²
Oktober 28th, 2016 at 21:26
Hi,
@flatter
bezgl. Bookchin ist auch die Seite von Janet Biehl empfehlenswert. Sie war 2015 bei der Network for an alternative quest” – Konferenz in Hamburg dabei, wo es zentral u.a. um die Umsetzung der Ideen von Bookchin in Nordkurdistan (Bakur / Südosttürkei) und vor allem in Rojava (Westkurdistan, Syrien) ging (btw: übrigens ein hierzulande völlig unterschätztes Motiv für die wütenden Angriffe nicht nur der diversen Islamisten, sondern auch der Türkei und des Iran auf die kurdische Bewegung).
Auf der Seite ist ihr Beitrag und auch andere thematisch passende in Textform oder als Video abrufbar.
Dazu auch:
Vom Marxismus zu Kommunalismus und Konföderalismus
Rezension – Die nächste Revolution