Gute Herren und ihre willigen Sklaven
Posted by flatter under politik[65] Comments
29. Mai 2016 16:42
In Zeiten, in denen 62 Familien mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung besitzen, …
ein Halbsatz wie ein Gedicht. Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung gehört ihnen. Eigentlich fast die ganze. Man muss, um das Prinzip Lohnarbeit zu verstehen und zu erkennen, dass Freiheit in dieser eine juristische Spitzfindigkeit ist, einen Schritt zurück treten. Sklaverei in ihrer ursprünglichen Form bedeutete, dass Menschen Eigentum anderer Menschen waren. Dies war ein juristisches Verhältnis, denn es hieß, dass der Herr die Sklaven mit Gewalt zur Arbeit und zum Verbleib am Ort zwingen durfte.
Ökonomisch war der Herr immerhin darauf angewiesen, dass seine Sklaven ausreichend Nahrung zur Verfügung hatten, nicht krank wurden und nicht erfroren. Er hat also schon aus Eigeninteresse für das Nötigste gesorgt. Sklaven konnten fliehen, durften aber wieder eingefangen und für den Versuch bestraft werden.
die Befehlshaber
Lohnarbeit hat für den Investor den Vorteil, dass er den Arbeiter nicht durchfüttern muss. Der Lohn darf so gering sein, dass es nicht zum Leben reicht. Den Rest übernimmt ggf. der Staat. Der wiederum zwingt die Arbeiter im Interesse der Investoren dazu, jede Arbeit unter allen Bedingungen anzunehmen. An die Stellte der Sklaventreiber, die Angestellte der Herren waren, tritt der Staat. Alternativ werden die Bedürftigen nicht alimentiert und nehmen von selbst jede Tätigkeit auf, von der sie sich ein Überleben erhoffen.
Diese Verhältnisse waren nie anders. Selbst in Zeiten hinreichender Löhne in den reichen Ländern (des ‘Westens’) wurde dieser Luxus durch Ausbeutung der globalen Konkurrenz ermöglicht. Sobald es zu größeren Krisen kommt im Kapitalismus, werden aber ohnehin die Löhne so lange gedrückt, bis Massen verarmter Arbeiter auf Almosen angewiesen sind. Gleichzeitig wird der Staat so weit auf Diät gesetzt, dass er die Alimentierung der Bedürftigen so knapp wie möglich hält oder ganz aufgibt.
In diesen Tagen hören wir, dass sogenannte Flüchtlinge dazu gezwungen werden sollen, an einem bestimmten Ort zu leben. Gleichzeitig wird von Arbeitern allgemein verlangt, dass sie extrem flexibel zu sein haben, was ihren Wohnort anbetrifft, denn es ist oberste Priorität eine Tätigkeit anzunehmen, in der ein Mehrwert für einen Investor geschaffen wird. Auch hier übernimmt der Staat die Aufgabe der Dressur für die Herrschaft und schafft gleichzeitig die Regeln. Er verhängt Zwangsmaßnahmen bis hin zur Haft (übrigens auch für Schuldner), legt fest, dass die Abhängigen kein Eigentum haben dürfen, schreibt ihnen vor, wie und wo sie ihre Zeit zu verbringen haben und kontrolliert das Ganze.
Immer bereit
Im Gegensatz zur klassischen Sklaverei drohen den Betroffenen nicht mehr Peitsche oder Strick, sondern Obdachlosigkeit, Hunger und soziale Isolation. Die Investoren bestimmen aber letzlich, wer noch ein erträgliches Leben führen darf und wer nicht. Dabei haben sich, adäquat der Sklaverei, längst Dynastien von Herren und Sklaven gebildet. Die Bedürftigen haben zwar das Recht, keine Sklaven zu sein, aber nicht die Möglichkeit dazu. Wie gesagt: Freiheit ist eine juristische Spitzfindigkeit.
Der Eingangs zitierte Satz stammt aus einem “Leitantrag des Parteivorstandes” der Partei “Die Linke”. Diese Partei hat nicht im Entferntesten die Dimensionen erkannt, in die sie mit diesem Satz versehentlich vorgedrungen ist. Im Gegenteil begegnet sie der modernen Sklaverei mit der Idee von “guter Arbeit”. Die Enteignung der Arbeiter in Form des Mehrwerts soll wieder schöner werden. Dazu sind sie auch “sofort koalitionsfähig” – mit den eifrigsten Vollstreckern der modernen Sklaverei.
Mai 29th, 2016 at 19:26
Wenn man, geht es um denkbare Alternativen, von Kommunismus redet, ist beim durchschnittlichen Zeitgenossen die Diskussion beendet. Über Kommunismus weiß er nichts, das aber ganz sicher. Setzt man den Begriff ein wenig um und spricht von Kommunitarismus, erwähnt auch noch, dass der Begriff und eine entsprechende Bewegung aus den USA stammt, kann man immerhin weiterreden. Denn der in unverbrüchlicher Treue zur Sowjetunion (äh, zu den USA) inkulturierte Altbundesdeutsche weiß, das das dann ja nicht per se etwas schlechtes sein kann.
90 Prozent des menschlichen Bewußtseins, jedes, meines auch, sind vermutlich Vorurteil, Ressentiment, der Rest ist Halbbildung. Das Leben ist kurz, und es gibt so viele Bücher. (Und so viel Fußball.)
Mai 29th, 2016 at 19:41
Burks verlinkt grad historisch Ergänzendes. Die ‘Koalitionsaussage’ finde ich im übrigen nicht so problematisch – praktisch ist es nur eine Absage sowie ein Tritt an’s Schienbein der sPD, was ja nie schaden kann. Und an das von Gysi, den es immer zwar wohl nicht so sehr an Futtertröge, aber um so mehr in’s Rampenlicht gezogen hat. Und die ‘Gute Arbeit‘? Wie gehabt – besser als schlechte. Die Frage ist eher, ob das der Anfang einer ‘Perspektive’ ist, oder schon das Ende…
Mai 29th, 2016 at 20:13
‘Gute Lohnarbeit’ ist Lohnarbeit, sie zu befürworten heißt also, Lohnarbeit zu wollen. Zudem: ‘Gute Arbeit’gesetzlich zu sichern hieße Staatssozialismus. Dann kann man das auch so sagen und damit so arbeiten, dass ein tragbares Modell draus wird.
Mai 29th, 2016 at 20:26
Das Hauptproblem einer 0,1 %- Gesellschaft (als die z.B.Hans Jürgen Krysmanski unsere Gesellschaft diagnostiziert), scheint mir zu sein, dass sie nicht vernünftig organisierbar ist, sondern nur durch Unterdrückungsmacht,letztlich durch Mord und Totschlag. Das hat seinen Grund darin, dass es in einer so beschaffenen Gesellschaft (“Gesellschaft” eigentlich hier in Anführungszeichen zu setzen), kein allgemeines Interesse gibt. Jedenfalls ist das allgemeine Interesse kaum erkennbar. Es gäbe eigentlich zwar ein allgemeines Interesse, ja, natürlich, es gibt eines, aber es ist in widersprechende Einzelinteressen zerstreut, is ist von einem Dornengestrüpp aus Einzelinteressen geradezu verstellt. Das Chaos regiert, weil der einzelne, und eben ganz besonders jene wenigen einzelnen, die die 0,1 Prozent sind, gegen den Rest und gegen die anderen meinen, sich auf ihre Inseln verziehen zu können, das Chaos ausnutzen zu können, ohne von ihm betroffen zu sein. Nur um es an zwei Stichworten festzumachen: Volkswirtschaft? Betriebswirtschaft!
Am einhelligsten wird die Allmende noch im Bereich der Luftreinhaltungspolitik bewirtschaftet. (Gemogelt wird auch da, wie wir gerade wieder erfahren durften, aber mogeln wird da immerhin noch als mogeln empfunden, nicht als Geschäftstüchtigkeit.) Das muss daran liegen, dass man gute Luft, Athmosphäre, Klima, noch nicht in Flaschen abgefüllt auf den Inseln der Seligen für die 0,1 Prozent zum Atmen verfügbar machen kann.
Sind wir noch nicht soweit, uns anders als die Tierpopulationen, nämlich in Zyklen von chaotischem Aufstieg und ebenso chaotischem Niedergang, zu bewegen?
Das, was wir heute als den “realexistierenden” oder existiert habenden Sozialismus bezeichnen, war der Versuch einer denkenden Gesellschaft. “Globalsteuerung” war einmal ein Begriff und ein gutgemeinter Versuch auch jenseits dieses realexistierenden Sozialismus. Man muss ein Stück weit zurück und sich erinnern an die SPD zur Zeit eines Willy Brandt. Versuche, die Gesellschaft zu denken, und Versuche, eine denkende Gesellschaft zu sein, werden im realexistierenden Kapitalismus gerade wieder eingestampft. Jeder soll als einzelner denken, wie er gegen alle anderen sein Schäfchen ins Trockene bringen kann. Eigennutz schafft Gemeinwohl, hieß es mal. Das meinte allerdings einen Eigennutz, der durchaus geregelt sein sollte: Eben durch sein Ziel, das Gemeinwohl. Der Begriff ist nicht mehr en vogue, man würde ihn gegenwärtig als “gutmenschlich” verunglimpfen und für den gewöhnlichen RTL-Idioten zum Belächeln freigeben. Könnte man eigentlich so Comedians a la Mario Barth oder Dieter Nuhr zum Fraß vorwerfen, finde ich. Bleibt nur zu hoffen, dass Hobsbawm nicht Recht hat.
Mai 29th, 2016 at 20:37
@flatter #3 – Verbesserungen der Arbeitsbedingungen zu wollen – was ich auch tue – bedeutet aber eben nicht, prinzipiell Lohnarbeit zu befürworten oder gar zu ‘wollen’ – was ich ja auch nicht tue. Es bedeutet eigentlich erstmal nicht mehr als Lohnarbeit als gegebenen Ausgangspunkt auch noch nicht einmal zu ‘akzeptieren’ als vielmehr hinzunehmen. Das ist nun mal der Stand der Dinge, wie auch die Existenz eines Staates Stand der Dinge ist. Die Frage ist wie gesagt, ob das dann schon wieder Ende der Fahnenstange sein soll. Ähnliches gilt für mich zB auch für die von Wagenknecht aktuell favorisierte ‘Demokratisierung der Wirtschaft’ durch genossenschaftliche Strukturen.
Wo da ‘Die Linke’ als Gesamtpartei zZt konkret steht, weiß ich allerdings auch nicht zu sagen. Du könntest in Bezug auf eine Kritik der Partei also durchaus richtig liegen, mE aber eben nicht schon an der der Position als solcher.
Mai 29th, 2016 at 20:41
@Peinhart: Du musst doch nur den Antrag lesen, dann ist alles klar.
Apropos Linke: Katholikentag: Ramelow kritisiert eine „Renaissance von Kirchenfeindlichkeit“
Katholikentag: Thüringens Ministerpräsident Ramelow (Linke) sieht eine «Renaissance von Kirchenfeindlichkeit» in Deutschland. Davon nehme er auch Tendenzen in seiner eigenen Partei nicht aus.
Mai 29th, 2016 at 20:57
Übrigens, es heißt wohl “ihre willige(n) Sklaven”. Wenn mal Haarspalterei erlaubt ist. War mir eben erst aufgefallen, man liest ja meist, was da stehen müsste, nicht was da steht. Geht mir bei eigenen Texten erst recht und sowieso so.
Mai 29th, 2016 at 21:15
Yo, danke, Ich seh eh nix und am wenigsten das, was direkt vor meinen Augen leuchtet ;-)
Mai 29th, 2016 at 21:19
@Peinhart: Du mahst mir Sorgen ;-) Erst lässt du Texte ab, die mich denken lassen, dass du Veränderung quasi für unmöglich hältst und jetzt kaprizierst du dich auf “Verbesserungen der Arbeitsbedingungen”. Das Kapital hält doch nicht solche Arbeitsbedingungen vor, wel es sadistisch ist und es wird doch nicht sagen: “Ach komm, wir legen was drauf und lassen auch kürzer arbeiten”, wenn die Linke mit irgendwem regiert. Daher mein Hinweis auf Staatssozialismus, denn in einem kapitalistischen Staat wird der niemals die Arbeitsbedingungen maßgeblich beeinflussen, geschweige denn prägen.
Mai 29th, 2016 at 21:33
@flatter(9) – Bei mir ist beim Pferd immer noch woanders vorne ;)
Was meinst Du eigentlich wo und wann erst der 10-Stunden-Arbeitstag und später der 8-Stunden-Arbeitstag ‘eingeführt’ wurde?
… daß damit die Arbeits- und Lebensbedingungen erheblich verbessert wurden, steht außer Frage, odda?
Mai 29th, 2016 at 21:50
Und du glaubst, dass das heute noch möglich wäre? Im Ernst?
Mai 29th, 2016 at 22:18
Ja.
Mai 29th, 2016 at 22:23
Boah ey, wer soll das denn erwirken? Wie denn? Die Gewerkschaften? Die SPD? Das fliegende Spaghettimonster?
Ich komme mir gerade vor wie der letzte Marxist unter Sozialdemokraten.
Mai 29th, 2016 at 22:29
Ja, verdammich ;) ist das denn damals vom Himmel gefallen? Sogar die Bismarcksche Sozialgesetzgebung, die heute ‘alle’ so toll finden, ist nur die Antwort auf bestehende und sich immer weiter ausbreitende solidarische Strukturen gewesen…
Mai 29th, 2016 at 22:48
Ach, und
1) wo sind die jetzt genau, die sich immer weiter ausbreitenden solidarischen Strukturen?
2) wo ist die Übermacht eines Staates über das Kapital wie zu Bismarcks Zeiten, respektive
3) war es nicht vielmehr so, dass das Kapital immer mitgespielt hat, weil es entweder musste oder sich bessere Profitmöglichkeiten davon versprach?
Ihr macht mich jeck.
Mai 29th, 2016 at 22:53
Hello @Wat.: Auch morgen werd ich den Markt meines Vertrauens aufsuchen und gegen Geld Dinge erwerben, möglicherweise sind rabbatierte Waren dabei.
Wo ist die Gegenbuchung? Buchung erzwingt Gegenbuchung, is nu nu ma so.
Mal ein Gedankengang der durchaus angreifbar aber mathematisch richtig ist. Setze die linear sinkende Arbeitszeit ins Verhältnis zur konstanten Warenmenge (die is konstant weil Rohstoffe usw…). Der Quotient steigt gegen unendlich, (meine Behauptung) das ist die Inflation. Hat Folgen. Es steigen nicht nur die Konsumgüterwarenpreise, auch die Investgüterpreise, auch diese expotentiell. Hat Folgen, dramatische. Der Kreditbedarf wächst gegen unendlich. Setze diesen ins Verhältnis zur Warenmenge (konstant über die Zeit). Ergebnis zu finanziellem Aufwand, was is das? Es ist die Kapitalrendite.
Der Quotient fällt gegen Null, das is die Deflation (meine Behauptung).
Es wird keine Industrialisierung Afrikas geben, es wird keine Verbesserung der Aarbeidsbedingungen geben, es wird keinen grünen Kapitalismus geben. All das ist nicht finanzierbar, schlicht weil unrentabel…
Das Kapital hat schlicht Flasche leer, da geht nichts mehr, aus und vorbei…
Mai 29th, 2016 at 23:36
OT: heute schon gekotzt?
“Bigott in Frankreich – In Frankreich zeigt sich, wie ein allzu großer Sozialstaat an seinen eigenen Versprechen erstickt“, spont der SpOn. Mehr als den Teaser kann ich nicht verdauen. Schmeckt auch so schon nach Scheiße.
Mai 29th, 2016 at 23:38
Das Gute an schlechter Arbeit ist ja, dass sich immer jemand findet, diese zu verrichten. Solidarität ist daher mehr als die Summe aller Einzelinteressen. Aber zu dieser Addition kommt es ja gar nicht erst, warum auch immer.
Mai 29th, 2016 at 23:46
@ 15
Mich auch.
Das liest sich hier immer so, als wäre das Kapital eine Familie von Bösewichten. Ist es wirklich so schwer zu begreifen, dass es ihm, Eurem Kap., eben auch ums Überleben geht?
Aber sei´s drum. Los gehts. Die Arbeit abschaffen. Damit den Lohn abschaffen. Schon gibts keine Lohnarbeit mehr. Außer Löffel und Unterhose kein Eigentum mehr (Hose und Löffel nur aus hygienischen Gründen). Kein Neid mehr. Missgunst weder Wort noch Fremdwort.
Und Wat´s Ferd rennt rückwärts, damit es kein vorne mehr gibt.
Ich weiß nicht, warum man mich als Papierkorb nicht privatisiert. Weiß nur, dass ich mehr als randvoll bin.
Mai 29th, 2016 at 23:52
Bullshit. Sorry, auf solche Beiträge habe ich keinen Bock.
Mai 30th, 2016 at 00:24
Und übrigens, was der SpOn spont zum Thema Frankreich, ist aus Sicht der Kap.-Familie, zu der er gehört, natürlich die Wahrheit, und nichts als die Wahrheit. Dass die nach Scheiße schmeckt, ist allerdings mindestens ebenso wahr.
Mai 30th, 2016 at 07:12
“Diese Verhältnisse waren nie anders.” Na, dann iss ja gut! Keine Veränderung, keine Aufregung.
SCNR
Nachtrach: “Die Linke” sollte schleunigst ihren Namen ändern.
Mai 30th, 2016 at 08:57
@flatter(15)
“Ach, und
1) wo sind die jetzt genau, die sich immer weiter ausbreitenden solidarischen Strukturen?
2) wo ist die Übermacht eines Staates über das Kapital wie zu Bismarcks Zeiten, respektive
3) war es nicht vielmehr so, dass das Kapital immer mitgespielt hat, weil es entweder musste oder sich bessere Profitmöglichkeiten davon versprach?”
1) Da, wo wir sie selbst machen
2) Staat war damals nichts anderes als heute
3) Warum sollte das denn heute anders sein
“Ihr macht mich jeck.”
Dieses “Geht nicht (mehr)” ist eine Friedhofsbank.
Sorry @flatter, was alles geht und nicht geht, läßt sich im Zweifelsfall nur ausprobieren.
Und ausprobieren sollten wir, denn wer hätte denn je ernsthaft geglaubt, daß Einzelkapitale nach einem bGE rufen…
Wenn hier nichts mehr ginge, wäre das für uns nur dann ein Gewinn, wenn wir schon anderes wüßten und auch wirklich könnten…
Das Verständnis, was Kapitalismus ist und ihn ausmacht, ist nicht dazu gedacht, daß wir uns hinsetzen und warten.
Es ist insofern nützlich, daß wir dadurch wissen, was entschieden anders sein müßte, um ihn dauerhaft(!) los zu werden.
Wie das konkret aussieht, müssen wir selbst herausfinden.
Sämtliche ‘Bedienungsanleitungen’, so gut auch immer sie möglicherweise gedacht waren, haben sich in der Praxis als Bullshit erwiesen.
Alle neuen aufgeschriebenen detaillierten Modelle, die ich mir bisher angeguckt habe, scheitern schon in der Theorie und führen in den Staatssozialismus. Die Produktionsmittel gehören da ‘wahlweise’ einem ‘Planungsgremium’ aus wechselnden Personen oder gleich den Experten…
Jeck werden oder sein, kann nicht schaden. Ist eine gute Voraussetzung nach anderen Lösungen zu suchen ;)
Mai 30th, 2016 at 09:25
»denn wer hätte denn je ernsthaft geglaubt, daß Einzelkapitale nach einem bGE rufen…«
Beispiel: Früher betrieb der Minenbesitzer zusätzlich die Kolonialwarenläden für die Arbeiter, sodass die Löhne gleich wieder dort ausgegeben werden konnten.
Heute plädiert der Minenbesitzer für eine Erhöhung der Kaufkraft ohne sein Mitwirken, denn weil er die Löhne gesenkt hat, soll nun der Staat den Arbeitern das Geld geben.
Du hast “Bullshit” gesagt. :-)
OT: Nette Geschichte aus Spanien: 5 Angeklagte kommen wegen Drogenhandel vor Gericht. Bei der Verhandlung werden mitgeschnittene Telefongespräche als Beweise vorgelegt. Es stellt sich heraus, dass die Behörden seit 2004 in der Lage sind, jedes Mobiltelefon ab dem Moment an dem es angerufen oder mit dem aktiv ein Anruf getätigt wird, beliebig lange abhören können. Es verwandelt sich, ob man das Gespräch annimmt oder nicht(!), in eine Abhörwanze. (Una sentencia revela que la policía puede convertir los teléfonos pinchados en micrófonos de ambiente)
Und wieder eine VT weniger.
Mai 30th, 2016 at 11:36
Du machst mir Sorgen ;-) Erst lässt du Texte ab, die mich denken lassen, dass du Veränderung quasi für unmöglich hältst und jetzt kaprizierst du dich auf “Verbesserungen der Arbeitsbedingungen”.
Immer nach dem Motto ‘Wir haben keine Chance, also nutzen wir sie’. Und was den durchaus berechtigten Einwand angeht, das Kapital könne bessere Bedingungen gar nicht mehr gewähren oder verkraften: dann muss eben genau das auf den Tisch, wozu man das ‘eigentlich Selbstverständliche’ – zB wenigstens auskömmliche Löhne – aber eben auch erstmal wirklich einfordern müsste. Wenn man allerdings daran mangels ‘Solidarität’ schon scheitert…
Ich habe gerade das Buch ‘Ungerechtigkeit’ von Barrington Moore begonnen, einem linken Harvard-Soziologen, der sich darin – übrigens am Beispiel deutscher Arbeiterbewegungen – fragt, warum ‘Unrecht’ manchmal einfach stur-apathisch hingenommen wird, und unter welchen Bedingungen dann doch mal ‘gerechter Zorn’ entsteht. Ich fürchte, es wird auch nicht allzu aufmunternd.
Mai 30th, 2016 at 11:42
@Wat.: “Wie das konkret aussieht, müssen wir selbst herausfinden” Aber das ist doch die konkrete frage, die ich hier stelle. Vor 35 Jahren hätte man noch streiken können. Heute gibt es keine Gewerkschaften mehr. Da hätte man sagen können: Lasst uns streiken. Es gab in den 70ern einen gigantischen Wohungkonzern der BRD-Gewerkschaften, der wurde durch Korruption und schlechte Presse zerschlagen. Das war konkret. Mir reichen hier schon Ideen, aber nur praktikable. Das ist es, was mich interessiert.
Mai 30th, 2016 at 13:24
Alle Ideen, die ich hier schon einwarf (Suchfunktion kannst Du), hast Du weggewischt – und ich habe wenigstens welche eingeworfen – weil Du nicht an sie glauben mochtest, das vor x-Jahren schon nicht lief, heute so und so nichts mehr geht, usw. usf.
@flatter, ich kann Dir keinen Glauben an eine pos. Zukunft schenken, schon gar nicht ein Vertrauen in Deine Mitmenschen/ Nachbarn. Das kannst Du nur bei Dir selbst suchen und finden.
Mai 30th, 2016 at 13:26
Du meinst jetzt aber schon mich? *kopfkratz*
Ich brauche kein “Vertrauen in meine Mitmenschen”, schon gar nicht von dir oder irgendwem. Ich suche hier Ideen und scheinbar reichen mir deine nicht. Vertrauen in Mitmenschen ist mir zu religiös.
Mai 30th, 2016 at 13:33
Ja, ich meine Dich @flatter.
Es hat eine ganze Weile gedauert, bis Du so weit warst, daß der Kapitalismus systemisch nicht rettbar ist, dann bist Du aber gleich dazu übergegangen, hier alles für unmöglich zu erklären.
Dazwischen gibt es a) noch so einiges, wieviel wird sich in der Praxis zeigen, und b) kommen wir hier nur wirklich raus, wenn wir uns ‘zusammen gerauft’ haben. Sprich: Wenn wir wissen, was wir statt dessen wollen und auch wirklich können bzw. was wir (jeder einzelne) vielleicht doch noch an einzelnen Fertigkeiten und Fähigkeiten lernen müßten.
Btw. Philosophen, Blogger, Texter sind zwar nett, wird aber auch zukünftig nicht unbedingt zur Produktion materieller Dinge taugen…
… auch wenn Peinhart und Du die Arbeit immer noch abschaffen wollen und ich nur die abstrakte. ;)
Edit: Sicher, das habe ich ja verstanden, daß Dir meine sogar anscheinend nicht reichen.
Mai 30th, 2016 at 13:46
“alles für unmöglich zu erklären”
Welch ein Blödsinn! Ich gehöre nur nicht zu der Fraktion, die glaubt, mit esoterischen Parolen könne man gegen das Monster Kapitalismus betehen. Ich gehe nicht mit dem Messer zur Schießerei. Ich suche Ansätze und Hebel. Von meiner Bewertung hängt auch nicht ab, wie sich die Welt entwickelt. Wenn dir deine Ideen reichen, musst du sie ja nur verwirklichen. Sie überzeugen mich bloß nicht.
p.s.: “Btw. Philosophen, Blogger, Texter sind zwar nett, wird aber auch zukünftig nicht unbedingt zur Produktion materieller Dinge taugen…”
Dieser Satz ist so reaktionär, da bleibt mir die Luft weg.
p.p.s.: Zuletzt habe ich hier einsam darauf bestanden, dass man Hartzer und andere Abgehängte nicht abschreiben soll. Da wart ihr diejenigen, die meinten, das ginge nicht, weil sie keine Zeit hätten und zu deprimiert seien. So viel zur Unmöglichkeit.
Mai 30th, 2016 at 17:01
Man erreicht Massenwirksamkeit ausschließlich mittels einer Religion oder alternativ mittels einer Ideologie.
Als neue Ideologie schlage ich die Ächtung jeder Art von Konkurrenz und Wettbewerb vor. Als Religion die Heiligsprechung aller denkbaren Formen der Kooperation bis hin zur Liebe des Übernächsten.
Mit der Muttermilch den Menschlein einzutrichtern. In den Bauch aller werdenden Mütter einzuimpfen.
Aber lasst mich bitte, bitte wenigstens fünfhundert Jahre vor der Geburt der Monster störben.
Mai 30th, 2016 at 17:43
Hier ein Rechenbeispiel von mir zu der Forderung nach Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich.
Die Arbeitszeit ist von 8 auf 7 Stunden reduziert und es werden 5 Tage in der Woche gearbeitet.
Dies nur um zu zeigen, dass Verbesserungen zu Gunsten der Lohnarbeit, sich in anderer Weise wieder zum Nachteil der Lohnarbeit entwickeln.
Sei es dadurch das die höheren Lohnkosten auf die Preise umgelegt werden müssen oder Unternehmen nicht mehr konkurrenzfähig sind und pleite gehen und dadurch Arbeitsplätze verloren gehen.
Abgesehen von organisatorischen Problemen in den Unternehmen, die man noch durch Schichtarbeit lösen könnte.
Ich komme bei einer 35 Stunden-Woche zu einer Steigerung der Lohnsumme von 14,3 %.
Dabei möchte ich nicht missverstanden werden: Ich bin unbedingt dafür, dass für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Lohnarbeit gekämpft werden muss.
Man sollte sich allerdings darüber im Klaren sein, dass diese Verbesserungen im Kapitalismus nur Scheinerfolge sein können.
Und es hat schon etwas wie Selbstbetrug an sich, wenn man ausgerechnet in der existenziellen Krise des Kapitals daran glaubt, dass solche Forderungen noch durchsetzbar wären.
Wirtschaftskrisen sind immer der schlechteste Zeitpunkt für die Lohnarbeit, Forderungen an das Kapital zu stellen.
Bei vollem Lohnausgleich
50 Arb. 2000 Std. 13 Euro Lohnsumme 26.000 Euro
50 Arb. 1750 Std. 14,86 Euro Lohnsumme 26.000 Euro
Bei vollem Personalausgleich
57 Arb. 2000 Std. 14,86 Euro Lohnsumme 29.740 Euro
Lohnkostensteigerung bei gleicher Produktion 14,3%
Wer Lust hat, kann das ja mal auf eine 30-Stunden-Woche umrechnen.
Mai 30th, 2016 at 17:48
Ich schreibe ja seit Jahren das der Staat das Werkzeug der besitzenen Minderheit ist,der deren verfassungsmäßiges Recht sicherstellt die besitzlose Mehrheit zum eigenen Vorteil auszubeuten sowie dafür zu sorgen das die Gewinne da bleiben wo hin sollen nämlich in private Hände.
Mai 30th, 2016 at 18:51
Hallo Lazarus,
habe ein gutes Jahrzehnt bei einer Bank mein Leben verschwendet.
In den 80igern haben die den Rechenstift angelegt.
Rendite nur 2,3 %.
Dafür schleppen wir so viel Personal mit uns rum. Gewinnbeteiligung, 13. Monatsgehalt, Urlaubsgeld,6 Wochen Urlaub, Freistellungen bei Geburtstagen und Hochzeiten, Kostenausgleich bei Zahnbehandlungen, günstige Kreditkonditionen, kostenlose Fortbildungsseminare, Kantinenverpflegung… .
Die Kontenführung der Lohnarbeiter mehr Aufwand als Ertrag, also konzentrieren wir uns auf die Kunden, die wirklich Geld haben.
Und machen wir dort Geschäfte, wo es sich lohnt. An den internationalen Börsen in New York und London.
Das was sie dann eingespart haben, dass haben sie in der Spekulation wieder vergeigt.
Aber wenn es kritisch wurde, dann hat der Staat seine schützende Hand unter ihren A…h gehalten.
Mai 30th, 2016 at 20:47
Ich gehe nicht mit dem Messer zur Schießerei.
Das wäre auch verfehlt, ‘Blume’ wäre richtig gewesen. :p Im Ernst, die Schießerei kannst du eben von vornherein nicht gewinnen mit dem Gelump, dass du dir da vielleicht gerade noch so beschaffen könntest. Was du hingegen tatsächlich gewinnen kannst, ist das Vertrauen von und in deine Mitmenschen. Ohne das dürfte wirklich nichts gehen.
Da wart ihr diejenigen, die meinten, das ginge nicht, weil sie keine Zeit hätten und zu deprimiert seien. So viel zur Unmöglichkeit.
Not quite. Wir haben nur Gründe angeführt, warum sich da nichts tut. Und genau die müsste man ja erstmal überwinden, wenn sich da was tun soll. Und auch da ginge es wieder um Vertrauen, in andere und jeweils auch sich selbst.
…ist mir zu religiös.
Wäre denn die ja auch hier immer wieder gesuchte ‘Neue Erzählung’ wirklich etwas so Grundverschiedenes?
Mai 30th, 2016 at 22:16
“Und genau die müsste man ja erstmal überwinden,”
Völlig richtig. das ist ein Ziel.
“Und auch da ginge es wieder um Vertrauen”
Selbstverständlich (was nur geht, wenn man den Genannten etwas zutraut. , auch was die Erzählung anbetrifft. Was ich meine, ist dass es eine Perspektive geben muss, wirklich Gegenmacht aufzubauen. Einfach wurschteln, selbst wenn es hier und da erfreuliche Projekte bewirkt, ist m:E. keine Perspektive, denn so wie es ist, wird alles erstickt werden, was zu klein bleibt.
Mai 30th, 2016 at 23:11
Bei den Milchbauern sieht man gerade übrigens anschaulich genug, wie toll der sich selbst regulierende Markt doch funktioniert.
Das die Milchkühe hierbei nur Sklaven sein können, ist den Herren wohl bewusst.
Mai 31st, 2016 at 08:15
@flatter(30)
Kriegste wieder Luft?
zu Deinem p.s. – Was ist daran reaktionär, daß diese Fähigkeiten nicht unbedingt zur materiellen Produktion beitragen?
Ist ein tolles ‘Rahmenprogramm’, das ich nicht missen möchte, aber ‘Essen’ produziert es nicht…
zu Deinem p.p.s. – Dazu hatte ich im dortigen Thread gar nichts geschrieben. Ich käme nicht mal auf die Idee überhaupt jemanden abzuschreiben, nicht mal die, die noch irgendwie eine Möglichkeit finden, sich vor Hartz4 ‘zu drücken’, weil sie es schaffen, einen anderen Gelderwerb für sich zu generieren.
Mai 31st, 2016 at 08:57
‘Rahmenprogramm’ äh … Nahrung für Seele/Geist? Notwendig!! wie Materie! Vllt. auch noch “Mind over Matter”? Zu erst iss der Gedanke an den Löffel, dann der Löffel.
Mai 31st, 2016 at 09:21
Nee @Vogel erst ist Hunger, dann Gedanke an was anderes und auch erst, wenn Du satt bist, wenigstens einigermaßen.
Mai 31st, 2016 at 11:01
ot oder für zwischendurch, meinetwegen auch als “Nahrung für Seele/Geist” – frühstück hatte ich schon und den kaffee hab’ ich eh auf.
Heine und die Menschenware
Mai 31st, 2016 at 11:13
@flatter #36 – Sowas vielleicht: Aufbruch in Österreich. Oder wenigstens schon mal der Aufruf dazu: “So wie bisher kann es nicht weitergehen – mit den gesellschaftlichen und politischen Verhältnissen in Österreich, in Europa, ja in der ganzen Welt. Das trifft aber auch auf uns selbst zu. So weiter zu machen wie bisher, in vereinzelten Projekten oft nebeneinander, manchmal auch gegeneinander arbeitend, wäre fahrlässig.”
Mai 31st, 2016 at 11:18
@Wat.: Das ist purer Antiintellektualismus. Du redest doch nicht zufällig von “Blogger und Texter” im Gegensatz zu Produzierenden, ein Mittel, mit dem Menschen, die sich durch solche Tätigkeiten auszeichnen schon immer ihre Nutzlosigkeit vorgeworfen wurde. Mit derselben Haltung kann ich dir entgegenhalten, dass ‘Deppen’ wie du noch mit den Fingern im Boden herumkratzen würden, während wir lieber den Traktor benutzen.
Und du bist doch nicht die Erste, ich lese das doch ständig. Die Beleidigung ist eine doppelte. Es ist nicht nur mangelnder Respekt vor der Mühe und dem Schmalz, den wir investieren, es sugegeriert auch noch, wir täten nichts anderes. Reaktionär ist es obendrein, weil darin die dumpfe Forderung liegt, doch erst mal arbeiten zu gehen, und zwar was Anständiges.
Meinst du nicht so? Dann solltest du dich solcher Rhetorik nicht bedienen, sonst ist es auch noch unreflektiert.
Mai 31st, 2016 at 11:44
Nunja, man muss ja nicht gleich das Fass “Antiintellektualismus” aufmachen. Es reicht ja darauf hinzuweisen, dass die ewige Rumreiterei auf der Produktion von materiellen Gütern als einzig “bewiesen” notwendiger und im Zweifel auch hinreichender Bedingung für eine mögliche Alternative ziemlicher Wahnsinn ist in einer Welt, die sowohl ideologisch (also der Kapitalismus) als auch rein materiell (Ressourcen etc.) an ihrer Überproduktivität zugrunde geht.
Ich weiss ja nicht, auf was für Leute ihr so trefft, aber das “einfache Volk” (also die, die hauptsächlich mit der Produktion materieller Güter befasst sind), das mir so begegnet, haut zum Grossteil derart Beängstigendes raus, dass für mich die materielle Produktion nicht vorangestellt (weder zeitlich, also “erstmal das regeln” noch prioritätenmässig) werden kann. Es ist zwar unbestritten wichtig, darüber übereins zu kommen, wann wer wie und wo das Brot backt, aber es hat für mich Vorrang sich darüber zu verständigen, dass nur das Brot in den Ofen gehört und nicht dieser oder jener Mensch (Menschengruppe). Also eine Verständigung darüber wie wir miteinander leben wollen und können. Das hat nix mit Moral oder “geistiger Gesundheit” zu tun sondern ist grundlegende Voraussetzung für meine (und die anderer) materielle Existenz. Dieses Bedürfnis danach, welche, die es vermeintlich verdient hätten, loszuwerden ist nämlich offensichtlich nicht daran gekoppelt, ob man Brot für alle produzieren kann oder nicht.
Mai 31st, 2016 at 12:49
@flatter: Es geht weder um Nutzlosigkeit noch um Aufwärmung eines alten Proletenkults.
Es geht einzig und allein darum, daß durch allein geistige Tätigikeit kein ‘Essen’ auf den Tisch kommt und daß es dazu Fertigkeiten und Fähigkeiten bedarf.
Auch der, der ‘Essen’ auf den Tisch stellen, sprich: produzieren kann, kann viel zu wenig, als sich derzeit auch nur irgendwie mit anderen über eine Produktion/ Nutzung von was auch immer ‘vernünftig’ zu verständigen.
Damit daß ich pro Frühstück 2 – 3 Brötchen brauche, ist es ja nicht getan. Umwelt, Gesundheit, Arbeitsschutz und Arbeitszeiten sind da auch ein Thema.
@Amike – Nein, daran ob genug Brot für alle produziert werden kann, daran ist es tatsächlich nicht gekoppelt. Wohl aber daran, wer (oder was) darüber befindet, von wem das Brot hergestellt wird.
Mai 31st, 2016 at 12:59
@ Wat: Genau das glaube ich eben nicht. Und vermutlich werden wir auch nach der 800. Diskussion nicht einig werden. Du wirst immer die reine materielle Produktion als erste Priorität haben und ich eben nicht. Wird sicher seine Gründe haben sowohl bei dir als auch bei mir.
Mai 31st, 2016 at 13:06
So wird es mit den Gründen wohl sein @Amike.
Mai 31st, 2016 at 13:17
@Amike, Wat.: An eurer Meinungsverschiedenheit haben sich schon andere abzuarbeiten versucht: Historischer Materialismus – Kritik und Gegenkritik, mit oder ohne Alternativen
Ich mache es mir einfach und glaube vorläufig an gar nichts.
Mai 31st, 2016 at 14:09
@Wat.: In Meiner Welt ist die Produktion von Brot hauptsächlich geistige Tätigkeit bzw. das Bedienen und Instandhalten von Automaten. Wir müssen Milliarden versorgen, das wird industriell bleiben müssen und wo es keines Mehrwerts bedarf, mit so wenig Manpower wie möglich.
p.s.: Da sowohl das Wissen als auch die Geräte bereits dort sind und jeder Depp das bedienen kann, sind die Konzepte entscheidend, nicht individuelle Fertigkeiten. Ich gehe sogar noch weiter: Jede Kompetenz kann vermittelt werden und dazu bedarf es der Kommunikation. Die ist A und O, das Kneten und Treten ist absolut nachrangig.
Mai 31st, 2016 at 14:16
@Peinhart(42): Mal sehen, was dabei rumkommt.
Mai 31st, 2016 at 14:31
OT: Großartig: “Deutsche wollen mehr Autobahnen” titelt spon.
Endlich haben wir ein Wahlkampfthema.
Mai 31st, 2016 at 14:32
Wenn ER das wüsste …
Mai 31st, 2016 at 14:39
Auch spOn: “Bürgerkrieg in Libyen: Waffen für den Frieden” (via dWüdW). Gehirne wie vom Weißen Riesen gespült, porentief rein, da weiß man, was man hat!
Mai 31st, 2016 at 20:00
@Wat. – Auch der, der ‘Essen’ auf den Tisch stellen, sprich: produzieren kann, kann viel zu wenig, als sich derzeit auch nur irgendwie mit anderen über eine Produktion/ Nutzung von was auch immer ‘vernünftig’ zu verständigen.
Könntest du den Satz vielleicht noch mal etwas näher aufdröseln? Was genau zB fehlt da zur vernünftigen Verständigung?
Mai 31st, 2016 at 20:11
@oblomow – Vielen Dank mal wieder für den Hinweis. Das ‘Sklavenschiff’ gehört definitiv zu meinen literarischen Lieblingsstücken – eine besonders schöne Version findet sich übrigens auf dem Album ‘Jazz und Lyrik – Heinrich Heine’, gesprochen von Gert Westphal und ‘untermalt’ vom Attila Zoller-Quartett.
Bei weiterem Stöbern fand ich dort dann noch ‘Stellt Euch vor, das Proletariat kommt in Bewegung – und die Linke ekelt sich!‘, den ich hiermit mal der versammelten und geneigten Aufmerksamkeit empfehlen möchte.
Mai 31st, 2016 at 21:19
Querfront, Queeeerfroont!!
Gut beobachtet, das. Nur der letzte Satz kommt dann doch recht parolenhaft daher. So abstrakt lockt er mich nicht von der Friedhofsbank.
Mai 31st, 2016 at 21:43
@Peinhart(55)
Es fehlt (eigenes) Wissen, nicht ausschließlich auf s.g. Expertenmeinungen/ einschätzungen angewiesen sein. Meinetwegen auch die Einschätzungen von Experten selber beurteilen zu können, nicht nach Nase des Experten; nach Inhalten der Einschätzungen dieser.
Das heißt, es braucht eine (andere) Bildung, viel breiter und ‘allgemeiner’ als Grundlage als heute. Breiter auch als die, die die DDR vorsah – die war ‘bildungstechnisch’ schon nicht wirklich schlecht ‘unterwegs’ – auch wenn’s da bei Lichte betrachtet, auch nur um Verwertungsmöglichkeit(en) ihrer Bildungsinvestition ging.
Du kannst Dir Wissen heute ganz anders als früher holen, siehe ua. Internet, oder wir starten mal sowas wie eine private ‘AllgemeinBildungsOffensive’ – aber die Zeit mußt Du erst mal für so was haben (wollen, können, dürfen)
Wenn’s also doch noch mal um so etwas wie “Keine Herren, keine Sklaven” geht, ‘darf’ es höchstens Leitungsstrukturen innerhalb von Projekten geben, aber dauerhaft keine sich aus manifestierter, fehlender Bildung.
Wenn einer was nicht wissen möchte – egal. Dann wird eben, wenn ihn das nicht interessiert im Detail oder überhaupt, ohne ihn entschieden.
Es macht aber einen Unterschied, ob ich nicht möchte, weil ich keine Lust habe, meine, daß das andere schon irgendwie ‘ordentlich’ hinbringen – oder ob ich nicht (‘vernünftig’) entscheiden kann, weil ich die Zeit u/o das Wissen dazu niemals kriegen konnte.
Ich versuche eben, obwohl zZt. reichlich lädiert, immer noch alles, nicht das Direktticket in den Resozismus zu buchen…
Mai 31st, 2016 at 21:47
“Wenn einer was nicht wissen möchte – egal. Dann wird eben, wenn ihn das nicht interessiert im Detail oder überhaupt, ohne ihn entschieden.”
Das ist ein großes Problem im gängigen Format vom ‘Demokratie’, da ist es beinahe Bedingung, nichts zu wissen, um gefragt zu werden und selbstverständlich, dass ‘gleichbereŕechtigt’ mitbestimmt, wer keine Ahnung hat, worum es geht.
Mai 31st, 2016 at 21:54
Biste mir wieder lieb @flatter, jedenfalls hast Du gut erfaßt, worum es mir geht. Dieses Bildungsdefizit ‘darf’ auf keinen Fall so bleiben.
Juni 1st, 2016 at 00:02
@Ach, Wat.chen ;-), ich bin dir nie bös, ich zank mich nur mit dir. Was wär das öde ohne.
Das “Bildungsdefizit” ist das nächste Problem. Ich will ja auch niemanden erziehen, aber Beteiligung heißt nicht bloß Brot zuwerfen, sondern einbeziehen, das wäre dann Bildung. Übrigens der nächste Hochverrat der Sozen, die das ja noch auf der Agenda haben und wie immer das Gegenteil dessen tun, was sie versprechen.
Juni 1st, 2016 at 08:39
Bildung: Erstaunlich fand ich, was der hier dazu sagt: Bildung und Lesch Wie sollte Bildung funktionieren (yt, 6 Min.)
Juni 1st, 2016 at 09:06
„Die Franzosen […] haben den Sinn der Wirklichkeit, des Handelns, Fertigwerdens, – die Vorstellung geht unmittelbar in Handlung über. […] Wir haben allerhand Rumor im Kopfe und auf dem Kopfe; dabei lässt der deutsche Kopf eher seine Schlafmütze ganz ruhig sitzen, und operiert innerhalb seiner.“ (Hegel)
Anknüpfend an R@iner der hinweis auf einen beitrag bei “Streifzüge”, aus dem obiges zitat stammt:
Warum Bildung bei der Überwindung der Machtverhältnisse nicht hilft, zu deren Erhalt aber ganz wesentlich beiträgt
Bei der gelegenheit auch der ergänzende hinweis zu Peinharts link in #55:
“Es ist die Wut des Gegenwärtigen, die sich hier fortwährend entlädt und gegen die die herkömmlichen Agenturen und Apparate in Machtlosigkeit erstarren.”
Juni 1st, 2016 at 09:43
@oblomow: Ich möchte ja nicht als völlig unintellektuell abgestempelt werden, aber Texte, in denen Sätze wie
“Die Unterordnung alles Seienden unter einen abstrakt-logischen Formalismus raubt der Vernunft völlig ihre Potenz zur kritischen Reflexion der Prämissen der gegebenen Gesellschaftsformation.”
stehen, lassen mich eigentlich nur am Verstand des Autors zweifeln. Wenn ich so etwas jedenfalls im Umkreis von einem Kilometer meiner Wohnung raushaue, dann habe ich danach keine (eigenen) Zähne mehr.
Leicht leserlich indessen finde ich die Art und Weise, wie Fabian Scheidler das Schulwesen in “Das Ende der Megamaschine” beschreibt.
Ein kurzer Abschnitt daraus:
[..] Das Ziel dieser ganzen Prozedur bestand darin, eine reibungslos funktionierende Lernmaschine zu schaffen, wie sie der »Vater der modernen Pädagogik« Johann Comenius bereits im 17. Jahrhundert erträumte: »Sobald es uns gelingt, die geeignete Methode zu finden, wird es nicht schwieriger sein, Schüler in jeder gewünschten Anzahl zu unterrichten, als mittels der Druckerpresse täglich tausend Blätter mit der saubersten Schrift zu bedecken. Erziehung nach meinem Plan ausgeführt zu sehen, wird so erfreulich sein, wie eine automatische Maschine zu betrachten, und der Prozess wird so fehlerlos sein wie diese mechanischen Vorrichtungen, wenn sie geschickt konstruiert sind.«
Auch wenn einige allzu grotesk oder brutal erscheinende Disziplinarmethoden im Laufe der letzten 200 Jahre aus dem Schulwesen verschwunden sind, blieben die Grundpfeiler des Systems doch bis heute dieselben. Ein Schüler hat – zumindest jenseits der Grundschule – im Klassenraum weder das Recht, auf eigene Initiative zu sprechen noch sich zu bewegen, sondern nur auf Geheiß einer Autorität. Er darf von sich aus nicht einmal zum Fenster gehen, um Luft zu schnappen. Er darf mit seinem Tischnachbarn nicht kommunizieren, sondern nur entlang der zentralen Achse zum Lehrer und nur über die von ihm vorgeschriebenen Themen. Selbst Gefangene im Zuchthaus haben mehr Rechte als Schüler im Klassenraum.
Auf den ersten Blick muss die Hartnäckigkeit dieses Systems überraschen. Denn es ist seit langem bekannt, dass die Logik von Befehl und Gehorsam das Lernen eher behindert als fördert. Menschen lernen nachweislich am besten durch Neugier und nicht durch Angst, durch Interesse und nicht durch die fremdbestimmte Vorgabe von Aufgaben, deren Sinn sie nicht verstehen. Dass sich trotz dieser Kritik an den Grundpfeilern des Schulsystems – von oben vorgeschriebene Lehrpläne, die unterschiedslos für alle gelten, Zerlegung des Stoffs in Fächer und Stunden, Notengebung usw. – seit dem 19. Jahrhundert wenig geändert hat, erscheint zunächst irrational. Doch wenn man genauer hinschaut, zeigt sich ein einfacher Grund für diese institutionelle Lernverweigerung. In der Schule ging es von Anfang an gar nicht so sehr um das Erlernen von Stoff, sondern um ein anderes, übergeordnetes Lernziel. Die Schule übt einen Modus ein, der für die spätere Funktion im Wirtschaftsgetriebe unabdingbar ist: den Modus der Entfremdung. Sie bereitet Schüler darauf vor, austauschbare Aufgaben zu erledigen und dafür Punkte in einem abstrakten System von Strafen und Belohnungen zu sammeln, anstatt ihren eigenen Interessen zu folgen und Fähigkeiten zu entwickeln, die unmittelbar dazu dienen, menschliche Bedürfnisse zu befriedigen. Die Einübung dieses Entfremdungsmodus ist die Voraussetzung dafür, dass Menschen später bereit sind, ihren Platz in einer entfremdeten Ökonomie einzunehmen.
Nur wenn Menschen verlernen, ihren eigenen Impulsen nachzugehen, wenn Sie es für unabänderlich und selbstverständlich halten, dass Arbeit darin besteht, Aufgaben zu erfüllen, die sich andere ausgedacht haben, wenn sie ihr Leben an den Punkten, die ihnen von anderen zugesprochen oder abgezogen werden, orientieren, können sie in einer globalen Ökonomie, die jeden Arbeitsablauf nach den Kriterien der Effizienz und Nutzenmaximierung zerlegt, funktionieren. Die moderne Ökonomie braucht den entfremdeten Menschen. An die Stelle von Interesse und Sinnerfahrung tritt in ihr der Lohn, ein abstrakter Geldwert, der für die oft als sinnlos oder zermürbend empfundene Arbeit entschädigen soll – genau wie in der Schule die Note an die Stelle der erfüllenden Lernerfahrung tritt. [..]
Er erwähnt auch – ganz wichtig – Michel Foucaults “Überwachen und Strafen”.
Zu Wort kommt auch Olof Palme in einer Fußnote:
»Wenn man die Gesellschaft verändern und demokratisieren will, so ist die Schule ohne Zweifel eines unserer vornehmsten Instrumente. Allerdings sollten wir nicht allzu große Hoffnungen an die Demokratie in der Schulklasse knüpfen, wenn wir nicht gleichzeitig bereit sind, Demokratie auch an den Arbeitsplätzen außerhalb der Schule zu verwirklichen.« (Zitiert nach: Thomas Meyer: Praxis der Sozialen Demokratie, Wiesbaden 2006, S. 65)
@Amike #64: Ja. :-)
Juni 1st, 2016 at 09:51
@R@iner: Der Lesch hat aber auch nur eine extrem bürgerliche und m.E. realitätsverweigernde Kritik am Bildungssystem. Wenn man sich dafür interessierte, könnte man wissen, dass Schule in erster, zweiter, dritter und vierter Linie zur Disziplinierung dient. Irgendwann dann kommen Inhalte. Für die ist halt kein Geld da, so wie für allen anderen Sozialklimbim auch nicht. Da hilft es auch wenig eine romantisierende Sicht darauf zu pflegen, dass die Kinder ja auch Zeit zum “Kind sein” bräuchten, aber gleichzeitig auch mehr praktische und verwertbare Kenntnisse eingebläut bekommen müssten (interessant auch wie diese komplette Dissonanz da reibungsfrei als zusammenhängende Vision vorgetragen wird; der Typ ist ja nicht blöd, allerdings ist diese Art Merkbefreitheit ziemlich gang und gäbe, auch und gerade bei gebildeten/klugen Leuten).
Der Hauptaufgabe sind Schulen nach wie vor gewachsen, nämlich den jungen Menschen von Anfang an einzuschleifen, dass sie sich zur Verfügung zu stellen haben, jeden Tag, so wie eben auch auf dem Arbeitsmarkt.
Sorry, falls das jetzt nur den Inhalt des von oblomow verlinkten Artikels wiederholen sollte, den hab ich (noch) nicht gelesen.
Nachtrag: Sind wir wohl gleichzietig auf die Idee gekommen, was dazu zu schreiben. Die Kritik, die du zitierst, geht mir insofern nicht weit genug, da sie sich auf Inhalte, Strukturen und v.a. “Entfremdung” konzentriert. Das Problem beginnt m.E. eben schon früher, schon mit der Verfügungsgewalt der Institution über die Lebenszeit (selbst wenn man das nett ausgestaltet mit allerlei Wahlmöglichkeiten und Bastel- und Spielschischi).
Juni 1st, 2016 at 10:00
@Amike: Ich kann schlecht das ganze Buch zitieren. Natürlich fehlt dort die von dir angemerkte Kritik nicht. Sie schwebt nach einleitenden Erklärungen als Metathema über den Kapiteln.
U.a. schreibt Scheidler ebenda:
[..] Durch die immer akribischere Kontrolle über Raum, Zeit und Bewegung wurde die Lohnarbeit zu einem ähnlich herrischen Disziplinarinstrument wie die Armee und die Schule. Die Menschen wurden einer »Tyrannei der abstrakten Zeit« (so der deutsche Publizist Robert Kurz) unterworfen, einer Diktatur der Effizienz: Nicht mehr die Rhythmen der Gemeinschaft, die Zyklen der Natur oder die Eigenzeit des tätigen Menschen prägten das Leben, sondern der einförmige Takt der Wecker, Stechuhren und Signalglocken. Das komplexe Sinngefüge von Beziehungen, auf denen gemeinschaftliches Leben beruht, wurde durch maschinelle Ketten aus Befehl und Gehorsam ersetzt. Der Fluchtpunkt dieser Entwicklung ist eine Gesellschaft, deren einziges Ziel die unendliche Steigerung der Güterproduktion ist und die dabei alles auslöscht, was diesem Zweck nicht dient. [..]