Narrativ konkret (2): Fleiß und Nation
Posted by flatter under kunstlyriklamauk , narrativ[17] Comments
06. Mai 2016 17:47
Der Deutsche ist fleißig. Die anderen demzufolge abgestuft faul. Alles, was südlich liegt und zum Urlaubsland taugt, wird von besonders faulen Gesellen bevölkert. Die haben es nicht so mit dem arbeiten. Das weiß der Deutsche seit Jahrzehnten, ganz egal, ob er sich in in der Algarve, bei Antalya, in Rimini oder auf Naxos bedienen lässt, ob seine Gastarbeiter von dort kommen, seine Pizzabäcker und Dönerschmiede, Gyrospommes oder der Kleinwagen, der Deutsche weiß sich den Ausländern überlegen.
Der Fleiß nämlich, der durfte ihm auch nach den zwölf Jahren, in denen er das tausendjährige Reich durchgebracht hatte, noch angeboren bleiben. Der macht ihn besser als die Fremden. Aber nicht nur das, und hier lauert eine dieser typischen Brüche in der Erzählung, eine Kluft gar: Der Deutsche ist immer fleißig, es sei denn, er ist ein Habenichts, dann ist er auch faul. Wie das jetzt kommt, das ist natürlich ein Problem, denn angeborener Fleiß, der durch Armut zu Faulheit wird, das kriegt man schwerlich auf eine Kette.
Fremd, faul, schuldig
Hier kommt etwas ins Spiel, das die Erzählung zwar ins Absurde abgleiten lässt, sie aber dennoch beieinander hält, nämlich die Schuld. Schuld ist etwas sprichwörtlich Mythologisches, weshalb Religion auch nicht ohne sie auskommt. Schuldig ist, wer schuldig ist, das kann jeden treffen. Die göttliche ‘Ordnung’ und Fügung ist es, die allein dafür sorgt, das jeder kriegt, was er verdient, und da diese Idee in jeder irdischen Ordnung völliger Schwachsinn ist, muss sie halt mit viel Omm-omm und Tamtam eingesetzt werden. Das Mittel: die Schuld, die immer die “Selber schuld!” ist.
Bei den faulen Kanaken ist das selbstredend, hätten sie halt fleißig sein und sparen sollen! Bei den faulen Deutschen ist das wie gesagt etwas schwieriger. Die Einen pfeifen infernalisch im Walde auf die Arbeitslosen das Lied der Eigenverantwortung®, wohl wissend, dass es sie jederzeit selbst erwischen kann. Das ist so neu übrigens nicht, schon früher wusste die Volksseele, dass wer wirklich Arbeit sucht, auch welche findet.
Die Geburt der Nation
Da spreizen sich jetzt die Probleme auf, denn wenngleich man mit geübter Ignoranz darüber hinweg gehen kann, dass sich die Zahl der Arbeitslosen unmöglich nach deren individueller Faulheit richten kann, sind die Rollen der Fleißigen und Faulen eben vergeben. Was macht man aber, wenn man immer mehr Leute kennt, die als fleißige Deutsche faule Arbeitslose werden, die man aber durchaus als fleißige Arbeiter kannte? Wenn zudem fleißige Deutsche von ihrer Arbeit nicht mehr leben können, obwohl sie doch so bescheiden sind und noch aufs Existenzminimum verzichten?
An der Stelle werden die faulen Fleißigen wie von Blitz getroffen Nation®. Nation sind die, die unschuldig zu Schuldigen wurden und jetzt ganz fix wen brauchen, der ihnen das abnimmt. Nation weiß, dass es nur der Ausländer gewesen sein kann, der Fremde. Das kann der Jud sein, der Moslem, der Pakistani, der Pole oder Putin, nur eines ist sonnenklar: Eine fremde Macht, aka das Böse® macht immer alles durcheinander und sorgt dafür, dass der Deutsche nicht glücklich sein kann. Das funktioniert übrigens auch tadellos, leicht abgewandelt, in anderen Nationen®. Nicht zufällig gibt es da kaum einen Unterschied zwischen Nation und Christenheit, nur dass Nation® übersichtlicher ist, aber grundsätzlich sind Nation und Kirche ein Inzestgezücht.
Ungleichheit für alle!
Gut, jetzt kann der Schwabe vielleicht nicht wirklich mit dem Bayern und der Rheinländer nicht mit dem Sachsen, aber das wäre schon wieder eine dieser Differenzierungen, für die der Patriot sich das Studium nicht leisten kann. Was wirklich wichtig ist, und da lässt er sich weltweit einzigartig absolut nichts vormachen: Mach, was du willst, sei, wer du bist, so lange du bloß nicht Kommunist wirst! Gleichmacherei, Verachtung der Leistung und ihrer Träger, Sozialneid und immer dieses Gelaber von “Ausbeutung”; das ist nicht nur undeutsch, das ist unmenschlich, das ist Unrechtsstaat® und Diktatur.
Neben dem Judentum hat die Nation der Fleißigen den Kommunismus so gut ausgerottet wie es eben geht, da stört ihn auch nicht, dass es in fast jedem anderen Land der Welt normal ist, wenn Kommunisten in Parlamenten sitzen und sich hier und da an Regierungen beteiligen. Das wird wohl damit zusammenhängen, dass die alle fauler sind als wir. Ehe wir einen Arbeitgeber oder Leistungsträger enteignen, sorgen wir durch Bescheidenheit und Fleiß dafür, dass Deutschland immer wirtschaftlich erfolgreich bleibt. Gern arbeiten wir auch mehr für weniger. Wir wissen ja, wer für uns sorgt, und wenn es wieder einmal nicht für alle reicht, wissen wir, wer es uns wegnimmt. Die zünden wir dann aus alter Tradition an und fühlen uns gleich besser.
Mai 6th, 2016 at 18:47
Boah, jetzt hast Du mir mindestens zwei Beiträge, die grad in Arbeit sind, mit den Themen “Schuld” und “Faulheit” schon vorweg genommen. Tztz. ;-)
Eines vorweg: Die Faulheit gilt zwar in der Arbeitswelt als Todsünde, ist im Konsum aber das Verkaufs- und Innovationsargument. Online-Shopping, Fernbedienungen, Rolltreppen, Umzugshelfer, Essen-Lieferservice etc. etc. gäbe es alles nicht, wären die Leute abseits der Lohnarbeit nicht so schrecklich faul.
Mai 6th, 2016 at 18:55
Arbeit, so weiß das Bildungsbürgerli, ist eines der Übel aus der Büchse der Pandora.
Mai 6th, 2016 at 19:43
Die einen vergeben die Arbeit, die anderen nehmen sie sich. Weil: Geben ist seliger denn nehmen.
Mai 6th, 2016 at 20:37
Der Fleiß-Link tut nicht. Die Farbe für gelesene Links soll auf hellrot bleiben?
Sonst: ‘sorgen wir durch Bescheidenheit’. Ein paar andere sind seit meiner ersten Lektüre offenbar schon raus.
Mai 6th, 2016 at 22:08
Thnx. Das Rot ist aber ein Gelb ;-)
Mai 7th, 2016 at 07:34
@Katze
Vertust Du Dich da nich? Heißt es nich Arbeitgeber und Arbeitnehmer? *duck_unn_wech*
Jaja, immer diese Begriffsverirrungen; und die Drecksäcke, die sich auf die Umdeutungen draufsetzen.
@flatter
Das macht Sinn: Blau & Gelb ;-)
Mai 7th, 2016 at 18:46
Sehr feyn beschrieben, leider fehlt zur Einsicht da völlig jeder Rückhalt in der breiten Bevölkerung
Aber hey, Maximalrenditen würden den Verband zur Wahrung der Interessen von Industrie und Wirtschaft wählen™, kaum bekommt einer ein paar Cent über Hades4 zugestanden, sieht er sich bei den Millionären und verteidigt deren Privilegien nach vorne, schließlich ist Armut in Deutschland ein “Randphänomen”.
Man schreibt eben an, gegen eine multimilliardenschwere mediale Kriegsmaschinerie und deren Massenverblödugswaffen.
Mai 7th, 2016 at 21:39
Jetzt war ich ein paar Tage Netzabstinent und nun knallst du mir gleich zwei solcher Texte um die Ohren…
Kannst du mir sagen warum ich beim lesen unwillkuerlich an den mit der Adenauer Sippe verschwaegerten rheinischen Milionaer, Wilhelm Werhahn, denken muss, der staendig schwadronierte:”Wir haben es nicht vom Geben, sondern vom Nennen”?
Mai 7th, 2016 at 21:40
Jetzt war ich ein paar Tage Netzabstinent und nun knallst du mir gleich zwei solcher Texte um die Ohren…
Kannst du mir sagen warum ich beim lesen unwillkuerlich an den mit der Adenauer Sippe verschwaegerten rheinischen Milionaer, Wilhelm Werhahn, denken muss, der staendig schwadronierte:”Wir haben es nicht vom Geben, sondern vom Nehmen”?
Mai 7th, 2016 at 21:52
OT: Ah, hier eine schöne Vorlage für eine hässliche VT: Da die Geheimdienste, die sich völlig gegen Strafverfolgung abschotten, entsprechend Kriminelle anziehen – insbesondre solche, deren Delikte mit Daten zu tun haben, tummeln sich dort ‘Pädophile’. So weit, so logisch.
Als solche kennen sie nicht nur ihre Gesinnungsgenossen aus der Politik, können sie für höhere Ämter empfehlen und bei Bedarf abschießen; sie können sie auch problemlos mit ihrem eigenen Dreck beliefern, gern auch ohne deren Wissen.
Best Buy Democracy.
Mai 8th, 2016 at 07:01
@ flatter: Fuer deine Theorie spricht, dass die ermittelnde Behoerde die Arbeitsplatzcomputer der eigenen Mitarbeiter kontrolliert hat und, oh Wunder, bei nicht einem (“zero”) einschlaegige Seiten gefunden haben.
Soetwas passiert augenscheinlich nur bei anderen wichtigen staatl. Behoerden. ;)
Mai 8th, 2016 at 09:19
Moin,Oh neues aus dem Sumpf,wenn ich mich recht erinnere hat beim Edathy Fall eine Mitarbeiterin des BKA beizeiten beschied gewusst und auch gemeldet wurde aber mundtot gemacht und “weggelobt”
Auch Vorgesetzte sollen verstrickt..–.. was sonst ;-)
Mai 8th, 2016 at 10:10
OT: Brüssel will angeblich nicht in den spanischen Wahlkampf eingreifen – und verschiebt daher wohl eine Strafzahlung, weil sie die regierende PP benachteiligen könnte. Gleiche Chancen für alle – regiert hier jemand? Hier regiert doch niemand! Die Strafe trifft dann eben die nächste Regierung, sehr hilfreich insbesonders, wenn’s dann doch nichts nützen sollte.
Die Logik dieser Strafzahlungen ist übrigens auch nicht anzufechten – eine nicht getilgte Schuld hat sich automatisch zu vergrößern, auch wenn die Tilgung dadurch letztlich ganz unmöglich wird und ewige Verdammnis droht. Der Westen ist aufgeklärt und vernünftig. Amen.
Mai 8th, 2016 at 11:29
@Peinhart: Aufklärung ist prima – Nur ändern darf sich nix.
OT: Schafe identifizieren leicht gemacht mit Churchix:
Churchix is a face recognition based event attendance tracking software. Developed as a desktop application, Churchix identifies event attending members in videos and photos. All you need to do is enrol high quality photos of your members into the software data base, then connect a live video USB camera or upload recorded videos or photos – and Churchix will identify your members!
Dabei dachte ich immer, Gott sähe alles. Egal: The Monkees – I’m a Believer
Ganz vergessen: Nächsten Sonntag ist die Revolution angesagt: Global Debout/de
Mai 8th, 2016 at 12:48
@R@iner
Churchix ?..was kann da schon schief gehen :D
Mai 9th, 2016 at 13:57
Das passiert halt wenn “Arbeit” zum Selbstzweck verkommt. Wenn sich nur noch wenige ob des Sinn und Zweck bestimmter Arbeiten Gedanken macht. Was das Ziel der Arbeitsteilung war, welche andere Interessen/Kriterien zu beachten sind (Umwelt, Soziales, Ressourcen, Gesundheit, usw.).
Je mehr der Fokus nur noch auf Profit liegt, desto mehr und mehr zeigen sich diese Widersprüche, da das System quasi die Realität immer weiter ausblendet. Oder zumindest den Schein wart, dass es noch funktioniert damit die Nutznießer es nicht aufgeben müssen.
Wir (be)werten ja auch Jobs anhand der Höhe des Einkommens und setzen das quasi oft gleich mit der Kompetenz, Risiko, physische oder psychische (die sog. “Verantwortung”) Belasung, etc… Angebot und Nachfrage spielen angeblich auch noch eine Rolle. Und hier beginnt die Realität auch zu bröckeln. Versucht mal eine Welt ohne Putzkräfte oder Bäcker zu betreiben. Und jetzt das ganze mal ohne sagen wir Versicherungsvertreter. Was ist wohl eher essentiell zum (Über)Leben? Wie gesagt, über sowas wird heut nicht mehr debattiert. Alles ist quasi alternativlos und Naturgesetz. So wie der Status Quo ist, muss es sein und basta.
Mai 11th, 2016 at 18:09
“Alles, was südlich liegt und zum Urlaubsland taugt, wird von besonders faulen Gesellen bevölkert. ” Da muß ich doch bei meinem nächsten Urlaub in der Schweiz mal genauer hinschauen.