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Eine höchst interessante Karte hat Burks da ausgegraben. Demnach darf man eine Nähe von Protestantismus und faschistischer Ideologie annehmen bzw. eine Empfänglichkeit von Protestanten für die nationalsozialistische Ideologie. Ein Bindeglied zwischen Kapitalismus und Nationalsozialismus bzw. Faschismus wäre daher eine Religiosität, die beidem nahesteht.

Religiosität und Kapitalismus, da war doch was? Ja sicher, Max Weber war da und sein (Pflichtlektüre) Aufsatz “Die protestantische Ethik und der Geist des Kapitalismus“. Weber legt dar, dass eine bestimmte Heilslehre die Entstehung des Kapitalismus ungemein begünstigt hat. Brutal zusammengefasst, verlangt diese Ethik von ihren Anhängern, Reichtümer anzuhäufen, weil es gottgefällig ist, aber dennoch bescheiden zu leben, weil Pomp und Protz eben nicht gottgefällig sind. Das Resultat ist sinnlose Akkumulation, wie sie im Kapitalismus zum Selbstzweck wird.

Unnütze Fresser

Das Menschenbild, das diese Heilslehre prägt, ist das eines Untertanen, der dem Reichtum und der Herrschaft dient und dabei weder sich noch anderen etwas gönnt. Nützlichkeit und freudlose Unterwerfung sind die prägenden Eigenschaften dieses Menschenschlages.

Ich habe jüngst in den Kommentaren dargelegt, was für mich der Kernaspekt des Rassismus ist. Dieser Begriff klärt auch das seltsame Vehikel “Sozialrassismus”, ein Paradoxon, das häufiger in politischen Blogs erscheint: Es geht dabei darum, andere abzuwerten, und zwar in der Art, dass es nicht ihr Handeln ist, das zu verurteilen wäre, sondern ihr Sein. Der Makel haftet ihnen an, “die sind so“. Diese Art, Menschen zu identifizieren, ist etwas durchaus Alltägliches. Man macht sich vereinfachte Vorstellungen von bestimmten Gruppen, sei es nach ihrer Herkunft, ihrem Beruf, ihrer Religion oder Freizeitgestaltung und bildet entsprechende Stereotypen aus.

Das kann recht harmlos bleiben, rassistisch wird das Ganze aber wie gesagt, wenn es den so Abgeurteilten als Eigenschaft anhaftet. In Form der Rassentheorien oder einer kruden Auffassung von Genetik (wie etwa bei Hitler oder Sarrazin) wird das sehr offensichtlich. Trifft diese Form des Identifizierens Anderer bzw. von Gruppen auf eine sprichwörtlich religiöse Ideologie der Nützlichkeit, ist Faschismus die logische Konsequenz. Menschen werden eingeteilt in nützlich und unnütz, wobei bestimmten Gruppen unveränderliche Nutzlosigkeit nachgesagt wird. Gott will diese Kreaturen nicht. Sie arbeiten nicht, sie schädigen die Fleißigen, sie beten fremde Götter an, sie vergnügen sich hemmungslos, und all das liegt ihnen im Blut.

Die sind so

Wir kennen das in vielen Varianten, als Antisemitismus, als Islamhass, Ausländerfeindlichkeit und Hass auf alles, was man sonst noch diskriminieren kann. “Sozialrassismus” bleibt ein Sonderphänomen, weil Arbeitslose keine Volksgruppe sind, dafür fällt aber das Vorurteil des faulen vergnügten Arbeitslosen auf besonders fruchtbaren Boden. Eine schlimmere Sünde gibt es nicht, und im Gegensatz zu Katholiken wird Protestanten keine Sünde je erlassen.

Zum Schluss noch ein kleiner Rückgriff aufs Narrativ, das natürlich stark geprägt ist von dieser Ideologie. Adenauer hat sich die zugrundeliegenden Erkenntnisse schön zurechtgebogen, sonst hätte er nämlich auf seine Christen losgehen müssen. Aber da gab es ja welche, die schon immer alles schuld waren. In der berühmten Kölner Rede von 1946 heißt es:

Der Nationalismus* hat den stärksten geistigen Widerstand gefunden in denjenigen katholischen und evangelischen Teilen Deutschlands, die am wenigsten der Lehre von Karl Marx, dem Sozialismus, verfallen waren!“. Nein, er hat sich vielmehr dort rasant ausgebreitet, wo die protestantische Arbeitsethik nur einen Schritt davon entfernt war, Untermenschen als Stückgut zu betrachten.

p.s.: Im Text ist bis zu dieser Stelle von “Nationalsozialismus” die Rede. Hier liegt der Verdacht nahe, dass das Transkript fehlerhaft ist.