Nein, auch ich kann Sebastian Edathy nicht leiden. Spätestens nachdem er seine Möglichkeiten dazu eingesetzt hat, eine Journalistin mundtot zu machen, die ihn als Vorsitzenden des Innenausschusses zur Überwachung von Paketen durch US-Behörden befragt hatte. Damals nannte man das übrigens noch einen “Datenschutzsskandal”. Heute glaubt niemand mehr an Datenschutz, und vor dem Hintergrund der Enthüllungen Snowdens macht sich das aus wie ein müder Scherz.

Edathy hatte sich bis zur Untersuchung der NSU/Verfassungsschutz-Sache auch immer nur als Holzschnitt eines Innenpolitikers Präsentiert: Für Überwachung (Vorratsdatenspeicherung), alle Rechte den Strafverfolgungsbehörden! Gern trat er mit der in der Charge nicht unüblichen Arroganz auf. Als er dabei erwischt wurde, wie er auf seinen Facebook-Account urheberrechtlich geschützte Bilder verwendet hatte, quittierte er dies mit einem fröhlichen “Leck mich”. Ein Unsympath ersten Ranges.

Als die SPD beinahe kritisch war

Tatsächlich war ich überrascht, dass er im Untersuchungsausschuss deutliche Worte fand. “Das war eines Rechtsstaates unwürdig“, meinte er und und warf den Sicherheitsbehörden multiples und “historisch beispielloses” Versagen vor. Dies in jenem Wimpernschlag der Geschichte, als man der SPD beinahe so etwas wie eine kritische Haltung abnehmen wollte – Thomas Oppermann veröffentlichte bekanntlich das Bild von der komplett geschwärzten Akte.

Ausgerechnet jetzt finden ausgerechnet jene Versager bei ausgerechnet Edathy also “Kinderpornographie”. Ich sehe das im Groben zunächst einmal genau wie Fefe, der schrub:

Mir ist Edathy aber nie als jemand aufgefallen, der aktiv gegen die Dienste arbeitet. Der hat immer nur gefordert, was sich gerade nicht mehr vermeiden ließ. Daher glaube ich das erstmal nicht. Aber das Timing ist durchaus auffällig.”

Etwas anderes finde ich noch wesentlich auffälliger, nämlich dass “aus Ermittlerkreisen” mithilfe der wie immer heillos geschwätzigen Presse kolportiert wird, es handele sich um “einen minderschweren Fall“. Was zur Hölle soll das sein? Hat er ein Handtuch über den Monitor gelegt? Hat er die “Kinderpornographie” nur kurz ausgeliehen? Ist er nur Gelegenheitspädophiler?

Fall eröffnet, Mann erledigt

Nein, Edathy ist vernichtet, wenn er nicht seine Unschuld beweisen kann. Man hat ihm aber angedeutet, dass man ihn vorläufig nicht in den Knast bringen will. So lese ich das. Vernichtet wurde der Mann durch Vertreter jenes Konglomerats von Erpressern, Versagern und Geheimpolizisten, denen er die Leviten gelesen hat. Sollte ihm das also nicht untergejubelt worden sein, ist er eh erledigt. Falls doch, weiß er jetzt, dass sie das jederzeit steigern können. Vor allem aber: Es ist egal, ob etwas dran ist. Jemand hat beschlossen, ihn jetzt abzuschießen. Woher die ‘Informationen’ kommen, ob es nicht bloß eine Denunziation ist, wer soll das beurteilen?

Niemand kontrolliert die Datenströme aus der Jauche deutscher Behörden, die in einer mutigen Überbietung Orwellscher Sprachvergewaltigung auch noch “Aufklärer” genannt werden. Wie so oft zeigt sich, dass die Struktur dazu angelegt ist, unmittelbar vernichtende Macht auszuüben: Geheim werden Daten gegen jemanden gesammelt, die dann von Komplizen aus der Presse, die das Wasser nicht halten können, ausgeplaudert werden. Fall eröffnet, Mann erledigt. So einfach ist das.

Als kritischer Beobachter sieht man sich einmal mehr in der verzwickten Situation, entweder über eine Verschwörung zu spekulieren oder den ‘Sicherheitsbehörden’ zu glauben. Wem Letzteres noch gelingt, der muss völlig taub sein um die Nase. Der Gestank ist längst unerträglich.