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Ja wo laufen sie denn? Es gab eine Zeit, da wurden sie gefragt, da fand man sie, weil sie bekannt waren. Sie schrieben Bücher, die von Massen Interessierter gelesen wurden und überzeugten durch die Qualität ihrer Gedanken und Argumentationen. Man denke an die Frankfurter, vor allem Adorno und Marcuse. Ja selbst Reaktionäre wie ein Nolte belebten noch einmal die Diskussion, indem ihnen Widerspruch entgegen schlug. Immer ging es um Inhalte und benennbare Standpunkte. Es wurde gestritten. Die Themen ließen sie sich nicht von Politik oder Medien vorgeben, aber wenn ihnen daran etwas nicht passte, äußerten sie sich.

Es folgte, in der Phase nach 1968, die Ära der akademischen Sozialdemokratie. Schriftsteller und Platzhalter wie Böll, Grass und Habermas definierten, was und wie Demokratie zu sein hätte. Immerhin noch in einer gedanklichen Auseinandersetzung, aber schon begrenzt aufs Tagesgeschäft und innerhalb des Narrativs. Marxist sein ging nicht mehr und etwas anderes, das in fundamentaler Opposition stand zum System, blieb aus. Der Vorzeigephilosoph Habermas, ein Abklatsch und Revisionist seiner Lehrer, wurde prominent ohne dass je wer hätte sagen können, wieso. An seinen Werken kann es nicht liegen, die wurden ja nicht einmal von seinen Claqueuren zitiert.

Tief schießen

Danach das nackte Grauen. “Ökonomen” übernahmen, Hand in Hand mit der Springerpresse und dem anderen Boulevard, zu dem auch die verkommenen Reste eines ehedem kritischen Journalismus gehören. “Deutschlands klügster Professor”, ein neoliberaler Hardliner. Der Holocaust, das ist für ihn inzwischen Kritik an Managern, Zitat:

Auch in der Weltwirtschaftskrise von 1929 wollte niemand an einen anonymen Systemfehler glauben. Damals hat es in Deutschland die Juden getroffen, heute sind es die Manager.” Ein Intellektueller ganz nach dem Geschmack der Diekmanns.

Flankiert wird dieser Kotau vor der Herrschaft durch Entertainment, gern wird beides im Mix angeboten. Letzterer wurde geradezu verkörpert durch Peter Sloterdijk, einem schon modisch ausgewiesenen ‘Intellektuellen’ mit dem Chic des Existenzialisten. Leider ist seine ‘Philosophie’ ein geseiftes Manifest der Beliebigkeit. Die Reflexionen gar nicht einmal uninteressant, leider nur liegt die Spannung darin, dass statt gedanklicher Qualität launisches Lamentieren herrscht. Man weiß nie, was als nächstes um die Ecke kommt. Von Sloterdijks Genie sind vor allem Weisheiten überliefert wie:

In solchen Anschauungen gründet der für den Marxismus, aber nicht nur für diesen, charakteristische moderne Habitus der Respektlosigkeit vor dem geltenden Recht, insbesondere dem bürgerlichsten der Rechte, dem Recht auf die Unverletzlichkeit des Eigentums.

Der Laberfachmann

Philosophie als neoliberale Talkshow. Das Beste aus dieser Charge hat wenigstens gar nichts mehr zu sagen und schwätzt munter heute dies und morgen jenes, an das man sich schon Minuten später nicht mehr erinnern kann. Richard David Precht steht für die Verschwiegersohnung des geisteswissenschaftlichen Treibguts. Attitüde konnte Sloterdijk vielleicht sogar besser, aber Precht ist dabei noch sympathisch. Vielleicht wird er einmal Rektor der Günther-Jauch-Universität.

Wenn das der Führer wüsste! Der hatte mit dem Großschwätzer Heidegger wenigstens einen korrupten deutschen Geistesdackel, dessen Plappermechanik man sich erarbeiten musste. Das hatte mehr Stil und Unterhaltungswert und war auf einer Ebene reaktionär, die wirklich nur Experten verstehen. Völlig untauglich für ein Schaulaufen eitler Propagandisten. Höchstens Matusseks finden an dergleichen heute noch Gefallen, weil man das so schön beten kann. Kostprobe:

Der Brauch lässt, Fug und Ruch verfügend, in die Weile los und überlässt das Anwesende je seiner Weile.

Ja sicher! Gibt es denn gar keine Menschen mehr, die durch klare Gedanken, gute Ideen oder wohlorganisiertes Wissen den Diskurs bereichern können? Na klar, aber die sind nicht nur Verschwörungstheoretiker, sondern auch einfach zu anstrengend. Entweder man versteht sie nicht, oder, was wirklich furchtbar wäre: man verstünde sie und gäbe das ganze Gewese des Betriebs der angemessenen Lächerlichkeit preis.